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E-Book

Einfluss sensorischer Sensitivität und Erfahrungen auf Lebensmittelpräferenzen in den ersten Lebensjahren

AutorMiriam Busemann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl121 Seiten
ISBN9783638740999
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis36,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Gesundheit - Ernährungswissenschaft, Note: 1,0, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Sprache: Deutsch, Abstract: Voraussetzung für die Ableitung gesicherter Empfehlungen zur Ernährungserziehung von Kindern ist das Verständnis der Entstehung von Lebensmittelpräferenzen. Schon von frühester Kindheit an ist ein günstiges Ernährungsverhalten von Bedeutung, da in der Kindheit erlernte Verhaltensweisen oft bis ins Erwachsenenalter beibehalten werden. In dieser Arbeit sollen Einflussfaktoren auf die Ausbildung von Lebensmittelpräferenzen in den ersten Lebensjahren aufgezeigt werden. Dabei werden einerseits genetische Veranlagungen, wie die Sensitivität auf die Grundgeschmacksqualitäten und die genetisch bestimmte Schmeckfähigkeit von PROP näher betrachtet. Andererseits wird eine Vielzahl von verschiedenen Umweltfaktoren beleuchtet, die einen Einfluss auf Vorlieben und Abneigungen für bestimmte Lebensmittel und Geschmacksrichtungen haben. Es wird deutlich, dass Geschmackspräferenzen bereits durch die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft und der Stillzeit geprägt werden. Durch das Fruchtwasser bzw. die Muttermilch sammeln Kinder, auch schon vor der Geburt, erste Erfahrungen mit Aromen der Lebensmittel die von der Mutter konsumiert werden. Aber auch nicht gestillte Säuglinge werden durch die Art der erhaltenen ersten Nahrung in ihren Geschmackspräferenzen geprägt. So bilden sich sensorisch spezifische Präferenzen je nach Art der erhaltenen Säuglingsnahrung aus. Dem soziokulturellen Umfeld des Kindes, sowie seinen Eltern, Geschwistern und sonstigen Bezugspersonen, wird ebenfalls ein Einfluss auf die Ausbildung von Lebensmittelpräferenzen zugeschrieben. Gerade durch die Beobachtung Anderer beim Verzehr von Lebensmitteln werden das Essverhalten und damit auch die Lebensmittelpräferenzen beeinflusst. Eltern und Erziehende beeinflussen allerdings nicht nur durch ihre Vorbildfunktion die Präferenzen und Abneigungen des Kindes. Sie fördern bzw. hemmen die Akzeptanz bestimmter Lebensmittel zudem durch Maßnahmen, wie die Beschränkung des Zugangs zu beliebten Lebensmitteln oder durch den Einsatz von Belohnungen für den Verzehr von unbeliebten Lebensmitteln. Zur Förderung eines günstigen Ernährungsverhaltens des Kindes lassen sich somit Empfehlungen an Eltern und Erziehende, sowie an Verantwortliche im Bereich der Ernährungserziehung von Kindern ableiten.

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Leseprobe

3 Grundlagen der Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern


 

3.1 Die Ernährung des Säuglings


 

Als Säuglinge werden Kinder im ersten Lebensjahr bezeichnet; Kinder im Alter von ein bis drei Jahren werden als Kleinkinder bezeichnet.[69] In diesem Zeitraum ändert sich die Ernährung sehr stark. Aufgrund des hohen Wachstums von Neugeborenen ist der Bedarf an Energie und Nährstoffen, bezogen auf das Körpergewicht, in den ersten Lebensmonaten am höchsten und nimmt dann kontinuierlich ab.

 

Ernährung ist, besonders für Säuglinge, mehr als nur die Deckung des Nährstoffbedarfs.[70] Sie bietet dem Kind auch Nähe und Geborgenheit, erweitert seine sensorischen Eindrücke und ermöglicht ihm das Entdecken seiner Umwelt. Konzepte für die Säuglingsernährung sollten daher neben dem ernährungsphysiologischen Bedarf auch die entwicklungsphysiologischen Bedürfnisse im Verlauf des ersten Lebensjahres berücksichtigen und möglichst praktisch in Form von Lebensmitteln und Mahlzeiten formuliert sein.

 

3.1.1 Ernährungsplan für das erste Lebensjahr


 

Der „Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr“ wurde vom Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund (FKE) in Zusammenarbeit mit der Ernährungs-kommission der deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugend-medizin entwickelt und wird außerdem von der Nationalen Stillkommission empfohlen.[71] Es handelt sich hierbei um ein ganzheitliches Ernährungskonzept, das sich in der Ernährungsberatung in Deutschland seit vielen Jahren bewährt hat.

 

 

Abbildung 6: Der Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr[72]

 

Der in Abbildung 6 gezeigte „Ernährungsplan für das 1. Lebensjahr“ setzt die aktuellen wissenschaftlichen Daten des Energie- und Nährstoffbedarfs in lebensmittel- und mahlzeitenbezogene Empfehlungen um und berücksichtigt hierbei die Ernährungsgewohnheiten und das Lebensmittelangebot in Deutschland.[73]

 

Bei der Ernährung im ersten Lebensjahr werden drei ernährungs- und entwicklungsphysiologisch begründete Altersabschnitte unterschieden:[74]

 

Ausschließliche Milchernährung in den ersten 4-6 Lebensmonaten,

 

Einführung von Beikost ab dem 5.-7. Lebensmonat,

 

Einführung von Familienkost ab dem 10. Lebensmonat.

 

Die genannten Zeitspannen sind als Orientierung mit Spielraum zur Berück-sichtigung der individuellen Entwicklung des Kindes zu verstehen.

 

Mit der Einführung der Beikost wird Monat für Monat eine Milchmahlzeit durch einen Brei ersetzt, wobei der neben der Beikost verbleibende Milchanteil der Ernährung weiterhin durch Stillen gegeben werden kann.[75] Mit der Einführung eines Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Breis wird begonnen. Es folgt ein Vollmilch-Getreide-Brei und schließlich wird ein milchfreier Getreide-Obst-Brei eingeführt. Die Milch- und Breimahlzeiten der Säuglingsernährung gehen etwa ab dem zehnten Lebensmonat nach und nach in die Haupt- und Zwischenmahlzeiten der Familienernährung über.

 

3.1.2 Muttermilch und Säuglingsanfangsnahrungen


 

Stillen

 

Stillen ist die normale Ernährung des Säuglings.[76] In Anlehnung an die Weltgesundheitsversammlung 2001 und in Übereinstimmung mit zahlreichen Expertengremien empfiehlt die Nationale Stillkommission das ausschließliche Stillen in den ersten vier bis sechs Lebensmonaten für die Mehrzahl der Säuglinge.[77]  Bei geeigneter und ausreichender Beikost kann solange weiter gestillt werden wie Mutter und Kind es wünschen. In Deutschland werden die meisten Säuglinge jedoch nicht so lange gestillt wie empfohlen.[78]

 

Die Muttermilch liefert nicht nur eine weitgehend bedarfsgerechte Nährstoff-zufuhr, sondern schützt auch vor Infektionen.[79] So werden gestillte Kinder weniger häufig krank als nicht gestillte. Sie erkranken seltener an Infektionen des Magen-Darm-Traktes, der Luftwege, des Mittelohrs, der Harnwege und der Hirnhäute.[80] Muttermilch ist die ideale Ernährung des jungen Säuglings in Bezug auf Zusammensetzung und Verdaulichkeit. Es mehren sich die Hinweise, dass das Abwehrsystem des Kindes für sein ganzes Leben geprägt wird.[81] Angesichts der unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeit von Kindern ist eine exakte Empfehlung für die Dauer des ausschließlichen Stillens allerdings unsinnig.

 

Geschmacksstoffe aus der Nahrung der Mutter können das Trinkverhalten des Kindes positiv oder negativ beeinflussen.[82] Muttermilch schmeckt also nicht immer gleich. Gestillte Kinder machen – im Gegensatz zu Kindern, die mit Säuglingsnahrung ernährt werden – schon frühzeitig Erfahrungen mit unterschiedlichen Geschmacksstoffen über die Muttermilch.[83] So kommen gestillte Säuglinge schon früh in Berührung mit der Geschmacksvielfalt der Lebensmittel, die von der Mutter verzehrt werden. Dadurch ist möglicherweise die Beobachtung zu erklären, dass gestillte Säuglinge neue Lebensmittel im Rahmen der Beikost leichter akzeptieren als Säuglinge, die industriell her-gestellte Säuglingsnahrung erhalten haben.

 

Neugeborene ziehen Muttermilch industriell hergestellter Säuglingsnahrung vor.[84] Drei bis vier Tage alte Säuglinge bevorzugen unabhängig davon, ob sie gestillt werden oder mit Säuglingsnahrung gefüttert werden, den Geruch von Muttermilch. Zudem ist Muttermilch optimal auf den Nährstoffbedarf des Kindes abgestimmt. Bis auf Vitamin K und Vitamin D sind alle Nährstoffe ausreichend in der Milch enthalten. Die Zusammensetzung der Milch ist allerdings nicht konstant. Sie verändert sich in Abhängigkeit von der Laktationsdauer, während des Stillens und bei einer Erkrankung der Mutter.

 

Säuglingsanfangsnahrung

 

Kann oder will eine Mutter nicht stillen, erhält das Kind meist eine industriell hergestellte Säuglingsmilchnahrung. [85] Mit den heutigen industriell hergestellten Säuglingsmilchnahrungen können Säuglinge sicher und gut ernährt werden. Die Nährstoffzusammensetzung der Produkte ist in der Diätverordnung § 14 gesetzlich genau geregelt.[86] Diese Produkte heißen heute nach einer Regelung der Europäischen Union im Oberbegriff „Säuglingsanfangsnahrung“. Als „Säuglingsmilchnahrung“ werden die Produkte bezeichnet, die aus Kuhmilch hergestellt werden und für alle gesunden Säuglinge geeignet sind. Diese sind in ihrer Zusammensetzung der Muttermilch weitgehend angepasst. Nach ihrem Kohlenhydratanteil lassen sich zwei Gruppen unterscheiden.[87] „Pre-Nahrungen“ enthalten nur Milchzucker und sind daher ähnlich dünnflüssig wie Muttermilch. „1-Nahrungen“ enthalten außerdem etwas Stärke und sind daher etwas sämiger und können zu einer längeren Sättigungsdauer und damit zu weniger Mahlzeiten am Tag führen.

 

Für allergiegefährdete, nicht gestillte Säuglinge wurden so genannte „HA-Nahrungen“ entwickelt.[88] Als allergiegefährdet gelten Säuglinge, deren Mutter, Vater oder Geschwister schon eine Allergie haben. „HA“ steht für hypoallergen, das bedeutet allergenreduziert. HA-Nahrungen werden ebenfalls aus Kuhmilch hergestellt, da aber das Protein der Milch partiell hydrolysiert wurde wirken sie weniger allergieauslösend.

 

Nahrungen für Säuglinge auf der Basis von Sojaproteinisolaten enthalten keine Bestandteile von Kuhmilch und können so beispielsweise bei nicht gestillten Säuglingen streng vegetarischer Eltern eingesetzt werden.[89] Allerdings sind Sojanahrungen für die Vorbeugung von Allergien nicht geeignet, da bei der Ernährung mit Sojanahrung ebenso häufig Allergien auftreten wie bei her-kömmlicher Fertigmilch. Besteht bei Säuglingen schon eine Allergie gegen Kuhmilch, entwickeln viele bei Gabe von Sojanahrung auch eine Allergie gegen Soja.

 

Gerade für Säuglinge, die mit der Flasche ernährt werden, sind Körperkontakt und andere sensorischen Reize besonders wichtig.[90] Sie erhalten zwar im Gegensatz zu gestillten Kindern, eine immer gleich schmeckende und riechende Nahrung und kommen erst bei der Einführung von Beikost mit anderen Geschmackseindrücken in Berührung, aber der Austausch von Berührungs-, Geräusch- und visuellen Signalen ist uneingeschränkt möglich und kann kompensatorisch ausgedehnt werden.

 

3.2 Ernährungsverhalten von Säuglingen und Kleinkindern


 

Die frühkindliche Ernährung spielt eine wichtige und häufig noch unterschätzte Rolle bei der Entwicklung des Ernährungsverhaltens.[91] Kinder machen die er­sten Geschmackserfahrungen schon im Mutterleib, da Aromen aus der mütterlichen Ernährung in das Fruchtwasser übertragen werden. Der Geschmackssinn ist etwa ab dem siebten, der Geruchssinn ab dem achten vorgeburtlichen Monat funktionsfähig. Schon im Mutterleib erfährt der Fötus...

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