Nachdem allgemein die Thematik Kennzahlen und Kennzahlensysteme erläutert ist, wird darauf eingegangen, welche Kennzahlen in der untersuchten Branche, der Hotel-lerie, von Relevanz sind. Vorab wird einleitend ein kurzer Überblick über die Hotel-branche und ihren Ist-Zustand gegeben, um für den weiteren Verlauf der Arbeit ein Verständnis zu schaffen, auf welche Besonderheiten zu achten ist.
Die Hotellerie, alternativ auch als Beherbergungsgewerbe bezeichnet, stellt einen Teil-bereich des so genannten Gastgewerbes dar, das wiederum zur Dienstleistungsbranche der Tourismuswirtschaft gehört.[184] Kennzeichnend für das Gastgewerbe, zu dem neben der Hotellerie auch noch die Gastronomie zählt und den wichtigsten Leistungsträger in-nerhalb der Tourismusbranche darstellt, ist, dass touristische Leistungen direkt am Kun-den erbracht werden.[185] Sonstige, nicht zum Gastgewerbe gehörende Betriebe der Tourismuswirtschaft, erbringen nur Nebenleistungen, wie zum Beispiel die Lebens-mittellieferanten.[186] Das Beherbergungsgewerbe im speziellen deckt das Bedürfnis nach Unterkunft und Nahrung außerhalb des persönlichen Haushalts eines Reisenden ab. Da diese Bedürfnisse sehr unterschiedlich sein können, gibt es dementsprechend unter-schiedliche Beherbergungs- und Bewirtungsbetriebe. Dabei kommt es zu einer Haupt-einteilung in Hotellerie und Parahotellerie.[187] Die Hotellerie ist das Kernstück des Beherbergungsgewerbes, hierunter fallen alle Ein-richtungen (Hotel, Gasthof, Pension, Hotel garni, Motel u.ä.), die am Tourismusort den Bedarf des Gastes nach Beherbergungs- und Bewirtungsleistungen decken.[188],[189] Die nachfolgende Abbildung zeigt die Struktur des Gastgewerbes (Abbildung 5):
Abb. 5: Struktur des Gastgewerbes
Quelle: In Anlehnung an Henschel, K. (2001), S. 4-6
Die Einrichtungen der Parahotellerie hingegen (z.B. Ferienheim, Jugendherberge, Campingplatz) bieten fast ausschließlich Beherbergungsleistungen und werden im Nebenerwerb geführt.[190] Der Begriff „Hotel“ ist dabei gesetzlich ebenso wenig definiert wie die anderen Betriebsarten des Beherbergungsgewerbes.[191] Aus diesem Grund wur-den für die Praxis durch die Fachgruppe „Hotels und verwandte Betriebe“ die verschie-denen Arten gastgewerblicher Beherbergungsbetriebe festgelegt.[192] Durch eine Verein-barung zwischen dem DEHOGA, dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband, und dem DFV, dem Deutschen Fremdenverkehrsverband, erfolgt eine Übernahme für den gesamten deutschen Tourismus.[193] Ein Hotel zeichnet sich demnach durch einen Logis-teil mit daran angeschlossenen Verpflegungsvertrieb sowohl für Hausgäste als auch für Passanten aus. Laut DEHOGA müssen als Mindestkriterien erfüllt sein, damit von einem Hotel gesprochen werden kann, dass wenigstens 20 Gästezimmer angeboten werden (wobei der überwiegende Teil mit Bad oder Dusche und WC ausgestattet sein muss) und eine Rezeption vorhanden ist.[194]
„Die Hotellerie weist eine Reihe von Besonderheiten auf.“[195] Diese können in allge-meine dienstleistungsspezifische Eigenschaften und in Besonderheiten, die das Hotel-leriegeschäft ggü. anderen Dienstleistungsbereichen aufweist, eingeteilt werden.[196] Zu beachten ist bei den allgemeinen Eigenschaften, dass die zu erbringende Leistung sich durch die Charakteristika Immaterialität, Nichtlagerfähigkeit und die notwendige Mit-wirkung von Kunden ausdrückt. Branchenspezifische Eigenschaften sind vor allem die Nachfragegebundenheit an die Anwesenheit des Kunden und die stark ungleichmäßige Nachfrage. Diese ist dadurch begründbar, dass die Hotellerie, wie auch die gesamte Tourismuswirtschaft, stark konjunkturabhängig und saisonalen Gegebenheiten unter-worfen ist.[197] Desweiteren ist die Dienstleistung extrem standortgebunden.[198]
Anzumerken ist grundlegend, dass in Hotelunternehmen im Allgemeinen ein hoher Fixkostenanteil vorzufinden ist und ebenso ein hoher Anteil an Anlagevermögen.[199] Verbunden mit der angeführten stark saisonal abhängigen Nachfrage nach hotel-betrieblichen Dienstleistungen ergibt sich eine Eigenschaft der Gewinninstabilität.[200] Aus dieser Tatsache allein lässt sich schon ableiten, dass dem effizienten Einsatz von Controlling-Instrumenten eine bedeutsame Rolle zukommt.
Nachfolgend wird der aktuelle Zustand sowohl für den gesamtdeutschen Markt als auch im speziellen für den Berliner Markt wiedergegeben, da ein Großteil der Untersuchung sich auf diese Region stützt.
Im gastgewerblichen Markt, speziell in der Hotelbranche, zeichnet sich für 2006 ein positiver Trend ab.[201] Zwar blieb nach ersten Einschätzungen der große erhoffte zusätz-liche Schub durch die „FIFA Fussball-WM“ im Sommer deutlich unter den Erwar-tungen, dennoch konnte ein starker Aufwärtstrend in der deutschen Hotellerie be-obachtet werden.[202] Somit prognostiziert der „Deutsche Hotel- und Gaststättenverband“ (DEHOGA) für 2006 ein Umsatzplus der Branche von 1,5% ggü. dem Vorjahr.[203] Bereits in 2005 hat sich die wirtschaftliche Situation im Gastgewerbe stabilisiert. Zwar konnte noch kein Umsatzplus vermeldet werden, dennoch wurde die seit Anfang 2000 eingesetzte „Talfahrt“ laut Statistischem Bundesamt fast gestoppt.[204] Somit zeigen sich erstmals seit fünf Jahren Anzeichen für eine Trendumkehr. Bei der Entwicklung der letzten Jahre lässt sich wiederum die starke Konjunkturabhängigkeit erkennen.[205] Die gesamte deutsche Wirtschaft war seit 2000, inklusive eines Nullwachstums 2003, rück-läufig und verzeichnet erst seit kürzerer Zeit wieder leichten Zuwachs.[206]
Den größten Anteil an der Umsatzentwicklung im Gastgewerbe hat das klassische Be-herbergungsgewerbe (siehe hierzu und im Folgenden auch Statistiken des DEHOGA im Anhang).[207] Für die Hotellerie, die im letzten Jahr mit einem Zuwachs von rund 5 Mio. Übernachtungen (3% mehr ggü. 2004) erstmals die 200-Millionen-Grenze überschritten hat (200,9 Mio.), wird laut Statistischem Bundesamt mit einem ähnlichen Zuwachs wie letztes Jahr gerechnet.[208] Besonders anzumerken ist, dass der Anteil der ausländischen Gäste bei knapp 39 Mio. Übernachtungen liegt und deren Nachfrage überproportional ggü. der Gesamtnachfrage um etwa 6% ggü. dem Vorjahr stieg.[209] Nahezu zwei Drittel der Hotels erreichten 2005 ein Umsatzplus von 3%, bei der Markenhotellerie lag es so-gar bei 4,6%. Bei einem Belegungsanstieg auf durchschnittlich 64,3% und trotz eines Rückgangs der durchschnittlichen Zimmererlöse von 102,53 € auf 101,62 € in 2005 stieg der Erlös der 200 umsatzstärksten Betriebe 2005 um 3,7% auf 2,63 Mrd. €.[210] Laut DEHOGA verzeichnete das Beherbergungsgewerbe 2005 einen Brutto-Umsatz von insgesamt 18,7 Mrd. € und im 1.Halbjahr 2006 ebenfalls bereits 9,0 Mrd. €.[211] Bei einem Gesamt-Umsatz des Gastgewerbes von 56,2 Mrd. € in 2005 und bislang 26,7 Mrd. € im 1.Halbjahr 2006 ergibt sich ein prozentualer Umsatz-Anteil von jeweils rund 33,7%.[212] Die Beherbergungskapazität lag 2005 insgesamt bei 1,68 Mio. angebotenen Betten und nahm für 2006 leicht auf 1,681 Mio. zu. Dabei beziehen sich die Zahlen ausschließlich auf die gewerblich im klassischen Beherbergungsgewerbe angebotene Kapazität.[213] Insgesamt wurden in 2005 von den 978.400 Beschäftigten des Gastge-werbes rund 291.000 im Beherbergungsgewerbe in 41.000 Betrieben verzeichnet.[214]
Es sind folgende Trends in der Hotellerie zu beobachten:[215] Die Gäste zeigen sich weiterhin preisbewusst und sparsam, vergleichen die Angebote, achten auf Sonder-arrangements und versuchen Rabatte auszuhandeln. Es ist eine Verkürzung der Aufent-haltsdauer zu beobachten. Ebenso hat das kurzfristige Buchungsverhalten zugenommen.
Der Hotelmarkt in Deutschland ist vom Verdrängungswettbewerb und, trotz stagnie-rendem Bettenangebotes, von vorhandenen Überkapazitäten geprägt. Die Konzen-trationstendenzen am Markt werden vermutlich weiter zunehmen. Die besten Chancen auf Wirtschaftszuwächse werden laut Brancheneinschätzung des DEHOGA der Mar-kenhotellerie zugeschrieben. Dem Städtetourismus mit Tagungen, Kongressen sowie kulturellen und sportlichen Events wird laut beobachteten Trendentwicklungen der letzten Jahre ebenfalls ein gutes Wachstumspotential bescheinigt.[216] Das Gebiet des „Wellness“ hat in den letzten Jahren besonders stark an Zuwächsen verzeichnen können und wird nach Einschätzungen auch zukünftig der stärkste Trend innerhalb der Hotellerie bleiben, denn nirgendwo können „Wellness“ und Gesundheitsangebote „…in solch einem gesamtheitlichen Ansatz ausgelebt werden wie in der Hotellerie.“[217]
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