2. Zum Stand der Imageforschung
Um mit dem Begriff des Images arbeiten zu können, ist es wichtig, sich vorerst mit ihm auseinander zu setzen. Deshalb wird an dieser Stelle ein Überblick über die Begriffsentstehung, den Zusammenhang von Image, PR und Werbung und über die Definition von Image in Abgrenzung zu anderen Begriffen gegeben. Weiterhin sollen die Eigenschaften und Funktionen des Images, seine Entstehung und Veränderung sowie Wirkung und Nutzen besprochen werden.
2.1 Überblick über die Imageforschung
Der Imagebegriff geht etymologisch auf die lateinische Wurzel „imago“ zurück, was mit „Erscheinungsbild, Wertbild, Vorstellung“[39] übersetzt wird. Nachdem verschiedene Versuche, eine deutsche Übersetzung zu finden, sich nicht durchsetzen konnten, hat sich der Begriff „Image“ im deutschen Sprachgebrauch eingebür- gert[40] und kann heute als einer der zentralen Begriffe der PR- und Werbepsychologie[41] bezeichnet werden.
Die Imageforschung hat eine lange Tradition: Der Schwerpunkt der anfänglichen Beschäftigung mit diesem Phänomen ist innerhalb der Psychologie zu finden[42], so wurde der Begriff Image im deutschen Sprachraum bereits Ende des 19. Jahrhunderts u. a. von Vertretern der Würzburger Schule der experimentellen Denkpsychologie verwendet[43]. In der Kommunikationswissenschaft war es der amerikanische Journalist Walter Lippmann, der sich als einer der Ersten mit dem Image-Phänomen auseinander setzte. In seinem zentralen Werk „Public Opinion“ von 1922 beschäftigte er sich mit den „mental images“ und stellte erstmalig die Wichtigkeit von Stereotypen in der menschlichen Kommunikation heraus[44]. In der Marktpsychologie sorgten die Arbeiten von Burleigh B. Gardner und Sidney J. Levy in den fünfziger Jahren zu einer Verbreitung des Phänomens[45] und 1956 führte Kenneth E. Boulding den Imagebegriff in die Sozialpsychologie ein[46]. Innerhalb des deutschen Sprachraums hat sich Gerhard Maletzke als erster Kommunikationswissenschaftler mit der Bedeutung der Rolle von Images in der öffentlichen Kommunikation auseinandergesetzt[47].
Nachdem Image begriffsgeschichtlich zunächst erkenntnistheoretisch und weltanschaulich verwendet wurde, bekam der Begriff Anfang des 20. Jahrhunderts im Rahmen von Imago-Theorien und sozialpsychologischer Forschung Bedeutung und wurde in den 50er Jahren in die Marketingpsychologie eingeführt. In jüngerer Zeit ist die non-profit-Dimension hinzugekommen[48].
Die neuere Imageforschung hat ihren Untersuchungsgegenstand noch weiter ausgedehnt und beschäftigt sich zusätzlich mit dem Image von Reisezielen. Solcherlei Arbeiten sind vorwiegend in der Tourismuswissenschaft und der Geographie zu finden[49].
2.2 Image, PR und Werbung
An dieser Stelle soll nicht der gesamte Bereich der kommunikationswissenschaftlichen PR- und Werbeforschung und die Beziehung der beiden Systeme untereinander thematisiert, sondern nur ein knapper Einblick in den Zusammenhang von Public Relations und Image, und Werbung und Image gegeben werden.
Für die Public Relations beschreibt der Imagebegriff eine fiktionale Größe von zentraler Bedeutung[50]. Klaus Merten und Joachim Westerbarkey definieren Public Relations als „[...] einen Prozess intentionaler und kontingenter Konstruktion wünschenswerter Wirklichkeiten durch Erzeugung und Befestigung von Images in der Öffentlichkeit“[51]. Michael Kunczik geht in seinen Ausführungen auf die internationale PR ein und definiert folgendermaßen:
„Internationale Public Relations bezeichnet die bewusst geplante, dauerhafte Verbreitung interessengebundener Information mit dem Ziel, ein positives Image eines sozialen Systems (z. B. Unternehmen, Staaten oder internationale Organisationen) [...] bei bestimmten Teilöffentlichkeiten aufbauen oder stabilisieren bzw. ein negatives Image abbauen zu wollen“[52].
Auch für die Werbung hat das Image eine zentrale Position. Ganz allgemein und kurz gesagt, hat Werbung die Funktion, Bedürfnisse zu wecken und diese auf das entsprechende Angebot oder Produkt zu lenken. Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive dient Werbung der Intensivierung des Wettbewerbes sowie der Markttransparenz. Aus Anbietersicht dient sie der Verkaufssteigerung. Daraus ergibt sich die Funktion der Werbung, ein Image aufzubauen, zu stabilisieren bzw. zu verbessern[53].
Es läuft darauf hinaus, dass beide, Public Relations und auch Werbung, als Zielsetzung eine positive Positionierung des Unternehmens in der Gesellschaft haben[54] (das Unternehmen kann durch Land oder Region ersetzt werden). So viele Unterscheidungen man zwischen PR und Werbung treffen kann, die Zielsetzungen der beiden können übereinstimmen, ohne dass PR und Werbung an sich übereinstimmen. Häufig setzen Werbung und PR die gleichen Kommunikationsmethoden und Medien ein, tun dies jedoch in unterschiedlicher Form und Intensität.
Für diese Arbeit wird bewusst ein Ansatz gewählt, der die Grenzen zwischen PR und Werbung bezüglich der zu verfolgenden Ziele verwischen lässt, da ein solches Vorgehen für den Bereich der Touristik sinnvoll ist[55].
2.3 Begriffsdefinition und Abgrenzung
Der Begriff des ‚Image’ weist keine Eindeutigkeit auf. So beklagen Merten und Westerbarkey „dass dieser [...] Begriff weder präzise definiert noch zufriedenstellend geklärt ist“[56] Dies gelte besonders für die Kommunikationswissenschaft als relativ junge Wissenschaft. James E. Grunig stellt dazu fest: „’Image’ has almost as many meanings as the number of people who use it“[57] und Manfred Rühl bezeichnet ‚Image’ als einen „multidisziplinären Omnibusbegriff“[58]. Um diesen kreisen eine Vielzahl anderer Begriffe, die ihm ähneln, mit ihm verwandt sind, sich mit ihm teilweise überschneiden oder sich sogar fast mit ihm decken. Die folgende Auflistung in Anlehnung an Spiegel[59] soll einen kleinen Einblick in die Vielfalt der Ausdrücke liefern: Ruf, Vorurteil, Stereotyp, Vorstellungsbild, Imago, Bild, Leitbild. Eine Abgrenzung der einzelnen Begriffe ist schwierig und bleibt in der Forschungsliteratur häufig unklar[60]. Die Übersetzung des Wortes ‚Image’ ins Deutsche hat zur Unklarheit der Begriffsdefinition noch zusätzlich beigetragen[61].
Dem Defizit in der Definitionsproblematik kann und soll in dieser Arbeit nicht abgeholfen werden. Somit wird von einer Darstellung der wissenschaftlichen Diskussion abgesehen und stattdessen werden stellvertretend einige als wichtig angesehene Positionen dargestellt:
Eine umfangreiche und systematische, speziell an der Wirtschaftspsychologie orientierte Analyse des Imagebegriffs hat Uwe Johannsen 1971 vorgelegt. Er untersucht und vergleicht Definitions- und Abgrenzungsversuche verschiedener Autoren (u. a. Gardner/Levy, Boulding, Bergler, Kleining und Spiegel)[62]. Die meisten Autoren, die sich mit dem Image-Begriff erst nach Johannsen beschäftigt haben, und neuere Lexika-Definitionen beziehen sich auf seine Ausführungen[63], unter anderem auf seine 18 Thesen, mit denen er den Imagebegriff charakterisiert[64]. So auch Jürgen Müller, wenn er im Lexikon der Public Relations folgende Definition als die allgemein herrschende Auffassung des Image beschreibt:
„Der Imagebegriff [...] bezeichnet [...] die Gesamtheit aller Vorstellungen, die ein Mensch oder eine Gruppe von Menschen mit einem Meinungsgegenstand verbindet. [...] Obgleich mit dem Wort „Vorstellungsbild“ am zutreffendsten ausgedrückt, ist das Image inhaltlich mehr als nur das Bild von einem Gegenstand, hinter dem dann der Gegenstand selber stünde. Es ist der Gegenstand selbst, so wie er dem Verbraucher anschaulich entgegentritt, auch wenn er sich mit ihm konkret noch gar nicht auseinandergesetzt hat, die erlebte Welt, die eigentliche – psychologische – Wirklichkeit für den Menschen.“[65].
Auch Günther Bentele geht von einer Verwandtschaft zum Begriff Vorstellung aus, wenn er sich in seinen Überlegungen zum Image-Begriff auf eine sehr umfassende Definition von Reinhold Bergler (1991) bezieht, der Image am ehesten mit Vorstellungsbild[66] gleichsetzt. Nach Bergler ist ein Image ein Vorstellungsbild, das sich durch seine Vereinfachung, Überverdeutlichung und Bewertung auszeichnet und empirisch nicht gesichert ist. Alle dem Menschen durch Wahrnehmung, Erlebnis und Denken zugänglichen Gegenstände werden zwecks Vereinfachung als Image verarbeitet. Images ziehen ihre Schlussfolgerungen aus Schlüsselreizen, exemplarischen Leistungen, einzelnen Erfolgen oder Misserfolgen und werden kurzfristig auf der Basis minimaler Information gebildet. Die Entstehung ist automatisiert und erfolgt nur durch subjektiv plausibel erscheinende eindeutige Urteile[67]. Aus dieser Definition gehen vier...