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E-Book

Emotionale Kompetenz bei Kindern

AutorFranz Petermann, Silvia Wiedebusch
VerlagHogrefe Verlag GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl299 Seiten
ISBN9783840927102
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis26,99 EUR
Der Begriff der emotionalen Kompetenz umfasst eine Reihe von Fertigkeiten in den Bereichen Emotionsausdruck, Emotionsverständnis und Emotionsregulation. Emotional kompetente Kinder sind sich ihrer eigenen Gefühle bewusst, sie können ihre Gefühle mimisch und sprachlich zum Ausdruck bringen sowie eigenständig regulieren, sie können die Gefühle anderer Personen erkennen und verstehen, und sie können sich im Umgang mit anderen empathisch und prosozial verhalten. Das Buch beschreibt aus entwicklungspychologischer Sicht die Ausbildung dieser zentralen Basiskompetenz in den ersten sechs Lebensjahren und zeigt Bezüge zum Sozialverhalten, schulischen Erfolg und Wohlbefinden von Kindern auf. Es werden sowohl temperamentsbedingte und familiäre Einflüsse auf die emotionale Entwicklung im Kindesalter diskutiert als auch Risikofaktoren aufgezeigt. Altersspezifische Verfahren zur Diagnostik emotionaler Kompetenz bei Kleinkindern, Vorschul- und Schulkindern werden vorgestellt. Zu den ausführlich beschriebenen Interventionen gehören Programme zur Förderung eines responsiven Erziehungsverhaltens von Bezugspersonen (Eltern, pädagogische Fachkräfte) sowie Trainingsprogramme zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenz von Vorschul- und Grundschulkindern. In die 3., überarbeitete Auflage des Buches wurden sowohl eine Vielzahl aktueller empirischer Befunde zur emotionalen Entwicklung als auch Neuentwicklungen im Bereich diagnostischer Verfahren und präventiver Programme zur Förderung sozial-emotionaler Kompetenz aufgenommen.

Prof. Dr. Franz Petermann, geb. 1953. Studium der Mathematik und Psychologie in Heidelberg. Seit 2007 Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychologische Diagnostik an der Universität Bremen. Seit 1996 Direktor des Zentrums für Klinische Psychologie und Rehabilitation. Prof. Dr. Silvia Wiedebusch, geb. 1963. Studium der Psychologie in Münster. Klinisch-psychologische Tätigkeiten in der Betreuung chronisch kranker Kinder und ihrer Familien. Seit 2008 Professorin für Entwicklungspsychologie an der Hochschule Osnabrück.

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Kapitelübersicht
  1. Emotionale Kompetenz bei Kindern
  2. Kapitel 1: Was ist emotionale Kompetenz?
  3. Kapitel 2: Entwicklung von Emotionsausdruck und Emotionsverständnis
  4. Kapitel 3: Entwicklung der Emotionsregulation
  5. Kapitel 4: Familiäre und außerfamiliäre Einflu¨sse
  6. Kapitel 5: Störungen beim Erwerb emotionaler Kompetenz
  7. Kapitel 6: Diagnostik emotionaler Kompetenz
  8. Kapitel 7: Interventionen zur Förderung emotionaler Kompetenz
  9. Literatur
Leseprobe
Kapitel 3 Entwicklung der Emotionsregulation (S. 69-70)

Emotionale Zustände werden durch die Intensität der erlebten Gefühle und die Erregungsschwelle für emotionale Reize beeinflusst sowie durch regulative Prozesse initiiert, moduliert und beendet (Campos, Frankel & Camras, 2004). Die Fähigkeit zur Emotionsregulation setzt sich aus diesen beiden Komponenten, nämlich der physiologischen Reaktivität und der Verfügbarkeit von Regulationsstrategien, zusammen (Grolnick, McMenamy & Kurowski, 1999; vgl. Abb. 3). Nach Walden und Smith (1997) ist bei der Bewertung der emotionalen Kompetenz zu berücksichtigen, dass ein Kind auf zwei verschiedene Arten den Eindruck erwecken kann, seine Gefühle gut kontrollieren zu können:

• Erstens kann von vorneherein eine geringe emotionale Erregbarkeit des Kindes bestehen, die mit einem geringeren Regulationsbedarf einhergeht und

• zweitens kann ein kompetenter Umgang mit emotionalen Erlebnissen vorliegen, der durch einen erfolgreichen Einsatz von Regulationsstrategien hervorgerufen wird.

Beide Komponenten der Emotionsregulation sind eng miteinander verbunden: Zum einen erfordert das Ausmaß der physiologischen Reaktivität, die auch als Stressanfälligkeit aufgefasst werden kann, unterschiedliche Emotionsregulationsstrategien für die verschiedenen Erregungsgrade (Grolnick et al., 1999). Wenn Kinder etwa bedingt durch eine niedrige Erregungsschwelle mit hoher Frequenz und Intensität negative Emotionen erleben, behindert dies eine effektive Emotionsregulation. Zum anderen können die eingesetzten Regulationsstrategien auch die Intensität und Dauer emotionaler Erregung, also die physiologische Reaktivität, modulieren (Petermann & Kullik, 2011).

Während sich die physiologische Reaktivität schon im Säuglingsalter zeigt, entwickeln sich die Fähigkeiten zur Emotionsregulation bis in die mittlere Kindheit hinein weiter (vgl. Kullik & Petermann, 2012), sodass sich das Zusammenspiel beider Komponenten der emotionalen Selbstregulation im Entwicklungsverlauf verändert. In einer Längsschnittstudie von Murphy, Eisenberg, Fabes, Shepard und Guthrie (1999) mit Vier- bis Zwölfjährigen nahm die negative Emotionalität der Kinder mit zunehmendem Alter ab und die Fähigkeiten zur Regulation von Emotionen nahmen zu. Auch McCabe und Brooks-Gunn (2007) berichteten, dass die Fähigkeit zur Emotionsregulation bei Kindern im Vorschulalter mit dem Alter anstieg, wobei Mädchen ihre Gefühle besser regulieren konnten als Jungen und es den Kindern leichter fiel, ihre Emotionen zu regulieren, wenn sie allein waren als wenn sie sich in einer Gruppe von Gleichaltrigen aufhielten. Frühe Fähigkeiten zur Emotionsregulation erwiesen sich bei vier- bis siebenjährigen Kindern zwei Jahre später als Prädiktor für die Resilienz dieser Kinder (Petermann & Kullik, 2011; Spinrad et al., 2006).

Im Folgenden wird zunächst auf die an der Emotionsregulation beteiligten Temperamentsfaktoren und dann auf die Entwicklung einer eigenständigen Regulation von Emotionen sowie den Erwerb von Emotionsregulationsstrategien eingegangen.

3.1 Kindliches Temperament

Mit dem Temperament eines Kindes wird ein Set von Verhaltenstendenzen beschrieben, das vermutlich biologisch bedingt ist, eine hohe Kontinuität über die Lebensspanne aufweist (Kagan & Fox, 2006; Rothbart & Bates, 2006; Bates, Goodnight & Fite, 2008) und bereits ab dem frühen Säuglingsalter mit spezifischen physiologischen Prozessen assoziiert ist (Huffman et al., 1998). Dabei lassen sich zwei Temperamentsfaktoren voneinander unterscheiden, nämlich

• die physiologische Reaktivität beim Erleben spezifischer Emotionen und

• genetische Einflüsse auf die allgemeine emotionale Befindlichkeit, also die Emotionalität eines Kindes (Zentner, 1999).

Zusammen mit den emotionalen Regulationsstrategien beeinflussen diese Temperamentsfaktoren die Emotionsregulation des Kindes (vgl. Abb. 3).
Inhaltsverzeichnis
Emotionale Kompetenz bei Kindern1
Inhaltsverzeichnis7
Vorwort11
Kapitel 1: Was ist emotionale Kompetenz?15
1.1 Konzepte zur emotionalen Kompetenz16
1.2 Emotionale Kompetenz als Entwicklungsressource21
1.3 Sozial-emotionale Kompetenz24
1.4 Emotionale Kompetenz und Bildung28
Kapitel 2: Entwicklung von Emotionsausdruck und Emotionsverständnis37
2.1 Entwicklung des Emotionsausdrucks39
2.2 Entwicklung des sprachlichen Emotionsausdrucks48
2.3 Entwicklung des Emotionsverständnisses53
Kapitel 3: Entwicklung der Emotionsregulation71
3.1 Kindliches Temperament72
3.2 Emotionsregulation78
Kapitel 4: Familiäre und außerfamiliäre Einflu?sse93
4.1 Emotionales Familienklima94
4.2 Emotionale Kompetenz und Bindung99
4.3 Emotion Talk100
4.4 Sensitiver Umgang mit Emotionen104
4.5 Ko-Regulation von Emotionen108
4.6 Emotionale Erziehungskompetenz110
4.7 Zuku?nftige Forschungsbedarfe116
Kapitel 5: Störungen beim Erwerb emotionaler Kompetenz119
5.1 Risikofaktoren in der emotionalen Entwicklung119
5.2 Temperamentsbedingte Vulnerabilität122
5.3 Entwicklungsstörungen und -retardierungen126
5.4 Verhaltensstörungen132
5.5 Kinder depressiver Mu?tter141
5.6 Misshandelte Kinder151
Kapitel 6: Diagnostik emotionaler Kompetenz159
6.1 Methoden und Probleme der Erfassung emotionaler Fertigkeiten im Kindesalter159
6.2 Diagnostik emotionaler Fertigkeiten mit allgemeinen Entwicklungstests161
6.3 Diagnostik emotionaler Fertigkeiten mit Entwicklungsscreenings164
6.4 Diagnostik emotionaler Fertigkeiten mit spezifischen Erhebungsverfahren170
6.5 Zusammenfassende Bewertung206
Kapitel 7: Interventionen zur Förderung emotionaler Kompetenz209
7.1 Ziele präventiver Interventionen zur Förderung emotionaler Kompetenz210
7.2 Förderplanung213
7.3 Übersicht der Förderprogramme216
7.4 Förderprogramme fu?r Bezugspersonen219
7.5 Förderprogramme fu?r Vorschulkinder223
7.6 Förderprogramme fu?r Grundschulkinder231
7.7 Zusammenfassende Bewertung244
Literatur249

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