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Grundlagen und Benennungen
2.1 Erfahrungen
Die ursprünglich im Tunnelbau bevorzugten Lösungen mit Ableitung des Bergwassers über Entwässerungsleitungen zum Portal ermöglichten in vielen Fällen Tunnelquerschnitte in Hufeisenform mit Sohlplatte, da sich hierbei bei funktionsfähiger Entwässerung kein Wasserdruck aufbauen kann. Lediglich in wenig tragfähigem oder veränderlich festem Gebirge und/oder bei nicht abbaubarem Wasserdruck wurden mit Sohlgewölbe ausgestattete und rundum abgedichtete Querschnitte vorgesehen.
Negative Erfahrungen mit versinternden und damit sehr wartungsintensiven Entwässerungseinrichtungen sowie die zunehmende Tendenz zur Ablehnung dauerhafter Absenkungen des Bergwasserspiegels durch die Genehmigungsbehörden führten zu neuen Überlegungen hinsichtlich der Abdichtungs- und Entwässerungskonzeptionen von Tunnelbauwerken.
Wo auch zukünftig eine Ableitung des Bergwassers sinnvoll und wasserwirtschaftlich zulässig ist, sollte eine leistungsfähige, wenig anfällige und wartungsfreundliche Tunnelentwässerung eingebaut werden. Zur Verringerung der Versinterungsneigung werden Entwässerungseinrichtungen mit ausreichend großen Rohrdurchmessern sowie Teilsickerrohre mit ausreichend großer Schlitzweite für den Wasserzutritt und mit glatter Fließsohle verwendet (Richtlinie RI-BWD-TU für Straßentunnel (BASt, 2007)). Im Gegensatz dazu wurden beispielsweise alle Eisenbahntunnel der Neubaustrecke Köln–Rhein/Main (1995–2003) ohne Entwässerung mit druckwasserhaltender Abdichtung und geschlossenem Tunnelquerschnitt ausgeführt.
Aufgrund von Schäden bei KDB-Abdichtungen wurden Systemmodifikationen entwickelt, z. B. blockweise Abschottung und Verpresssysteme, die gezielte Nachbesserungsmaßnahmen ermöglichen.
In Tunnelabschnitten, in denen nur ausnahmsweise der Bemessungswasserdruck überschritten wird und deshalb eine Bemessung auf Maximaldruck sehr unwirtschaftlich wäre, oder bei wenig durchlässigem Gebirge mit nur geringem Wasserzulauf zum Tunnel können die Teilabsenkung des Bergwasserspiegels und eine damit einhergehende Druckreduzierung sinnvoll sein. Dies kann mit einer Teilentspannung über Öffnungen in der Innenschale und im Tunnelinneren verlegte Druckleitungen erreicht werden.
Bei der Systemauswahl und Baudurchführung sind die Wechselwirkungen zwischen Bergwasser und Dichtungssystem zu berücksichtigen. Folgende Fälle können beispielsweise auftreten:
- – Die vorübergehende Absenkung des Bergwasserspiegels während der Bauzeit ist ohne besondere Probleme durchführbar und wird durch Verschließen der temporären Entwässerungs- oder Absenkeinrichtungen wieder aufgehoben.
- – Im Gebirge existiert eine undurchlässige Schicht über dem Tunnelscheitel, sodass das darunter anstehende Bergwasser entspannt werden kann und das darüber befindliche Grundwasserstockwerk unbeeinflusst bleibt. Nach Fertigstellung des Tunnels wird die Absenkmaßnahme im unteren Stockwerk beendet und die ursprünglichen Verhältnisse stellen sich wieder ein.
- – In bestimmten Fällen kann es sinnvoll und notwendig sein, nach dem Wiederanstieg des Bergwassers die durch den Tunnel verursachte Entwässerung an den Portalen durch Gebirgsabschottungen zu unterbinden.
- – Bei wechselnder Lage des Bergwasserspiegels und Speicherkapazität im Gebirge über dem Tunnel kann sich die Notwendigkeit ergeben, zwischen Bereichen mit unterschiedlichen hydrogeologischen Verhältnissen eine Abschottung – einen sogenannten Dammring – einzubauen. Dadurch können beispielsweise nicht druckwasserhaltend abgedichtete von druckwasserhaltend abgedichteten Tunnelabschnitten getrennt werden.
- – Der chemische Angriff hängt vom Chemismus des Bergwassers, der durch das umgebende Gebirge beeinflusst wird, sowie von der Zusammensetzung des Spritzbetons ab. Wenn bei starkem chemischem Angriff die Kunststoffdichtungsbahn beschädigt wird und Leckwasser zutritt, dient die Abschottung der Blockfugen mit außenliegenden Fugenbändern dem Schutz der Betonkonstruktion; sie verhindert das Nachfließen aggressiven Bergwassers.
- – Hohe oder niedrige Temperaturen des umgebenden Bergwassers und Temperaturschwankungen sind zu berücksichtigen.
Gebirgsverformungen oder Spannungsumlagerungen können zu erhöhten Beanspruchungen des Bauwerks und seiner Abdichtung führen.
Bei in offener Bauweise erstellten Bauwerken sind WUB-Konstruktionen die Regelbauweise.
2.2 Kostenübersicht
Der Kostenaufwand für die KDB-Abdichtung unterirdischer Bauwerke richtet sich nach der Art des jeweils erforderlichen Dichtungssystems. Für in geschlossener Bauweise erstellte Tunnel können die in Tabelle 2.1 genannten Erfahrungswerte für die anteiligen Kosten eingebauter Dichtungssysteme angenommen werden. Die KDB-Abdichtung für in offener Bauweise erstellte Tunnelbauwerke ist etwas kostengünstiger.
Tabelle 2.1 Erfahrungswerte der Kosten für KDB-Abdichtungen in Abhängigkeit von der Art des Dichtungssystems (geschlossene Bauweise).
Nr. | Art des Dichtungssystems | Abdichtungskosten (Erfahrungswerte) in % der Gesamtrohbaukosten |
1 | Sickerwasserabdichtung ohne besondere Dränung | 2,5 bis 3 |
2 | Sickerwasserabdichtung mit Dränung | 3 bis 3,5 |
3 | einlagige druckwasserhaltende KDB-Abdichtung | 4 bis 5 |
4 | doppellagige druckwasserhaltende KDB-Abdichtung | bis 10 |
Durch Schäden in der KDB-Abdichtung fallen erhebliche Zusatzkosten für Nachbesserungsarbeiten an. Der Schadensumfang wächst grundsätzlich überproportional mit dem Wasserdruck. Diese Zusatzkosten können durch geeignete, vergleichsweise kostengünstige Qualitätssicherungsmaßnahmen deutlich verringert werden.
Es wird empfohlen, bereits in der Planungsphase eine gesamtheitliche Kostenbetrachtung unter Berücksichtigung der Baukosten (inkl. Qualitätssicherung und ggf. Nachbesserung) sowie der Kosten für Wartung und Instandhaltung vorzunehmen. Die vergleichsweise hohen Kosten für die doppellagige Abdichtung sind unter diesem Aspekt zu werten.
2.3 Verwendete Benennungen
In den EAG-EDT werden insbesondere Fachausdrücke bzw. Benennungen aus dem Tunnelbau und der Abdichtungstechnik verwendet. Um Missverständnisse bei den beteiligten Fachleuten auszuschließen, werden nachfolgend einige wesentliche in der EAG-EDT verwendete Benennungen definiert. Kursiv gedruckte Begriffe in den Definitionen sind ihrerseits definiert.
Abdichtung
Eine Abdichtung ist eine bauliche Maßnahme zum Schutz von Bauwerken gegen das Eindringen von Bergwasser. Sie kann z. B. als KDB-Abdichtung oder durch Ertüchtigung der Betonkonstruktion gegen das Durchsickern von Bergwasser als WUB-Konstruktion ausgeführt werden. Man unterscheidet Abdichtungen gegen nichtdrückendes und drückendes Wasser.
Abdichtungsträger
Der Abdichtungsträger ist die Oberfläche, auf der die Abdichtung montiert wird:
- – Bei in geschlossener Bauweise erstellten zweischaligen Tunneln die luftseitige Oberfläche der Spritzbetonschale, für die besondere Anforderungen an die Ebenheit und Oberflächenrauigkeit gelten.
- – Bei in offener Bauweise erstellten Bauwerken die bodenseitige Bauwerksoberfläche.
Anschlussband
→ Profilband
Anschlusselement
→ Einbauteil
Auftragnehmer
Als Auftragnehmer wird in den EAG-EDT der Vertragspartner des Bauherrn, z. B. der Generalunternehmer oder eine Arbeitsgemeinschaft, bezeichnet.
Außenliegendes Fugenband
→ Profilband
Bahnenzuschnitt
Bahnenzuschnitte sind abgetrennte Teilflächen aus Kunststoffdichtungsbahnen, die zum Ausgleich geometrischer Abweichungen in der Abdichtungsfläche oder zur Reparatur schadhafter Stellen dienen.
Bauherr
Der Begriff Bauherr wird in den EAG-EDT stellvertretend für die üblicherweise benutzte Benennung Auftraggeber verwendet, um Verwechslungen z. B. im Innenverhältnis zwischen dem Abdichtungsunternehmer und dem Generalunternehmer (Auftragnehmer) zu vermeiden.
Baustoffeingangsprüfung (BEP)
→ Produktnachweise
Bauwerk
Unter diesem Begriff werden in den EAG-EDT alle unterirdischen Bauwerke verstanden, wie z. B. in geschlossener oder offener Bauweise erstellte Tunnel, Schächte, Stollen, Kavernen usw. Soweit Regelungen insbesondere für Tunnel gelten, wird die Benennung „Tunnel“ anstelle von „Bauwerk“ verwendet.
Befestigungssystem/-element
Montagehilfe mit temporärer Funktion zur Befestigung von Abdichtungselementen.
Bergmännische Bauweise
Herstellung eines...