Der demografische Wandel beschreibt Veränderungen in der Zusammensetzung der Bevölkerung. Hierbei wird zum einen beschrieben, wie sich die Bevölkerung hinsichtlich der Größe und Struktur verändert hat sowie Prognosen aufgestellt, wie sie sich zukünftig noch verändern wird. Es gibt drei Einflussgrößen beim demografischen Wandel: die Geburtenrate, die Lebenserwartung und der Wanderungssaldo (vgl. Günther 2010: S. 3). Im nächsten Abschnitt wird der demografische Wandel anhand der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung dargestellt (Abbildung 1).
Abbildung 1 Bevölkerungszahl von 1950 bis 2060 (Quelle: Pötzsch & Rößler 2015: S. 15 f.)
Das statistische Bundesamt veröffentlich jedes Jahr eine koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Der Bevölkerungsrückgang zwischen dem Jahr 2003 und 2010 wurde aufgrund der Nettozuwanderung in den Jahren 2011 bis 2013 unterbrochen. In dieser Zeit kamen immer mehr Migranten aus aller Welt nach Deutschland. Der Bevölkerungsrückgang wird jedoch auf lange Sicht noch erheblicher sein als in der Vergangenheit. In den nächsten Jahren wird die Gesamtbevölkerung in Deutschland durch die Zuwanderer voraussichtlich noch ansteigen. Doch etwa fünf bis sieben Jahre später nimmt diese wieder drastisch ab. Laut der Berechnung des statistischen Bundesamtes wird frühestens im Jahr 2023 die Einwohnerzahl unter die Einwohnerzahl aus dem Jahr 2013 fallen, de facto auf unter 80,8 Millionen. 2060 wird die Einwohnerzahl zwischen 67,6 Millionen und 73,1 Millionen betragen. Der langfristige Rückgang der Bevölkerungszahlen lässt sich damit erklären, dass die Anzahl verstorbenen Bürger höher sein wird als die Anzahl der neugeborenen Bürger. Die Geburtenrate von etwa 1,4 Kindern je Frau stagniert seit über 40 Jahren und wird deshalb für die Zukunft als konstant bewertet. Dadurch fällt jeder Geburtenjahrgang geringer aus als der der Eltern. Das statistische Bundesamt hat ebenfalls das Szenario ausgerechnet, bei dem die Geburtenrate auf 1,6 Kinder pro Frau steigt, was durchaus realistisch wäre. Dies würde den Prozess der Bevölkerungsverminderung jedoch nur abschwächen. Die Anzahl der Sterbefälle wird zukünftig immer größer. Die geburtenstarken Jahrgänge, welche heute im mittleren Alter sind, rücken in Zukunft in das hohe Alter vor, in dem entsprechend mehr Sterbefälle zu protokollieren sind. Die natürliche Bevölkerungsbilanz wird aus der Differenz der Neugeborenen und der Verstorbenen gebildet. Seit den 1970er Jahren ist diese Differenz bereits negativ. Im Jahr 2013 erreichte das Geburtendefizit seinen höchsten Stand von 212.000 Menschen. Die Tendenz ist stark steigend, im Jahr 2060 wird vermutet, dass ein Geburtendefizit von 500.000 Menschen erreicht wird. Unter Betrachtung der aktuellen Zuwanderung wird diese die Altersstruktur in Deutschland verbessern. Das statistische Bundesamt geht aufgrund dieser Hochrechnung von einem totalen Geburtendefizit von 358.000 Bürgern aus (Pötzsch & Rößler 2015: S. 15 f.).
Abschließend ist zum demografischen Wandel folgendes zu sagen: Es wird einen Rückgang der Berufseinsteiger und somit auch einen Rückgang der qualifizierten Fach-und Führungskräfte geben. Für die meisten Unternehmen ist dies eine enorm hohe Herausforderung, welche die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen und Handwerksunternehmen stark beeinflussen wird.
Aufgrund des demografischen Wandels werden in den nächsten Jahren immer weniger Fachkräfte zur Verfügung stehen (vgl. Demary & Erdmann 2012: S. 4). Dadurch, dass es immer weniger Schulabgänger gibt, kommt es zu einer Verkettung negativer Umstände: Durch die geringe Anzahl an Schulabgängern gibt es weniger potentiellen Auszubildenden und demnach auch weniger potentiellen Fach- oder Führungskräfte, die zur Entwicklung der Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens einen hohen Beitrag leisten. Für Unternehmen sind die Fachkräfte somit von hoher Bedeutung in Bezug auf die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit (vgl. Richter & Kay 2010: S. 10). In Deutschland stufen etwa 35% der KMU den Fachkräftemangel als gegenwärtig und zukünftig größte Herausforderung ein, mit abzeichnender steigender Tendenz (vgl. Demary & Erdmann 2012: S. 4). Dem hinzuzufügen ist, dass seit dem Jahr 2009 mehr Schulabgänger ein Studium begonnen haben als eine nicht akademische Ausbildung. 2,13 Millionen Menschen waren an Universitäten oder Fachhochschulen eingeschrieben. Dem entgegen haben aber nur 2,11 Millionen junge Menschen einen Ausbildungsvertrag unterschrieben. In den Jahren davor war die Verteilung umgekehrt, es gab mehr Auszubildende als Studenten. Die Differenz war 2009 nicht erheblich, aber seitdem steigt die Anzahl der Studenten stetig an. Im Jahr 2012 studierten bereits 2,5 Millionen, wohingegen nur 1,98 Millionen eine Berufsausbildung absolvierten (vgl. Groll 2014: o.S.).
Das allein ist aber nicht der Hauptgrund für den flächendeckenden Fachkräftemangel. Seit geraumer Zeit beklagen sich Unternehmen, besonders Handwerksunternehmen, über die nicht vorhandenen Qualifikationen ihrer Bewerber (vgl. Heidemann 2012: S. 4). Heutzutage dominieren Lehrlinge mit Hauptschulabschluss die Stellen im Handwerk mit circa 46,4% (vgl. Zentralverband des deutschen Handwerks 2006: o.S.). Diese Situation ist nicht neu, jedoch wird der Rückgang der Auszubildenden als wachsendes Problem erst jetzt ernst genommen. Mit der Zeit ist die Anforderung seitens der Betriebe an die Auszubildenden gestiegen, aber die Lehrlinge erfüllen diese immer weniger. Dies liegt an der sinkenden Ausbildungsleistung der Hauptschulen, welche in den letzten Jahren immer mehr zu Restschulen geworden sind (vgl. Rösner 2007: o.S.).
Darüber hinaus hat das Handwerk mit Imageproblemen zu kämpfen. Nur 10,5% aller Schüler können sich vorstellen, eine Ausbildung im Bereich des Handwerks zu beginnen. Eine klassische Handwerksausbildung kommt für lediglich 17% der Befragten als weitere Option in Frage. Die übrigen 72,5% sind abgeneigt eine Lehre zu beginnen. Die Hauptschüler können sich noch am ehesten eine handwerkliche Ausbildung vorstellen. Aber in dieser Gruppe, der klassischen Rekrutierungsbasis des Handwerks, entspräche es nur für rund 20% voll und ganz ihren Vorstellungen, für weitere 25% wäre eine Lehre im Handwerk noch akzeptabel. Hingegen streben nur 0,4% der Gymnasiasten eine Ausbildung im Handwerk an. Weitere 7% halten eine Lehre immerhin noch für denkbar (vgl. Hampel et al. 2002: S. 19). Dies liegt allerdings nicht an den oft vermuteten fehlenden Möglichkeiten und Chancen für den Aufstieg im Handwerk, sondern an fehlenden Informationen über den Beruf (vgl. Lehner et. al. 2009: o.S.).
Schlussendlich ist festzustellen, dass ein Unternehmen immer nur so gut ist wie seine Mitarbeiter. In Bezug auf den Fachkräftemangel bedeutet dies, dass ein Unternehmen nur dann wachsen und sich zeitgemäß weiterentwickeln kann, wenn auch genügend qualifizierte Mitarbeiter vorhanden sind. Andernfalls würde es zu einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit kommen (vgl. Richter & Kay 2010: S. 10). Fehlt es an Fach-und Führungspersonal, kommt es zu Personalengpässen, welche das Wachstum des Unternehmens behindern, obwohl das Unternehmen anlässlich der positiven Entwicklung der Absatzmärkte expandieren könnte (vgl. Demary & Erdmann 2012: S. 6).
„War of Talents“ bedeutet zu Deutsch „Kampf um die besten Köpfe“ (vgl. Pons 2017: o.S.). Der Kampf um die besten und qualifiziertesten Mitarbeiter hat schon begonnen. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen ist es nicht nur schwierig, geeignetes Personal zu finden, sondern dieses auch langfristig an das Unternehmen zu binden. In nächster Zeit wird dieser Kampf immer mühsamer werden. Konkurrenzunternehmen werden mit immer härteren Methoden versuchen, qualifiziertes Personal abzuwerben, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten (vgl. Flato & Reinbold-Scheible 2008: S. 26).
Das ist der Grund dafür, dass die Unternehmen sich nicht nur auf die Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter konzentrieren sollten, sondern auf die langfristige Bindung der leistungsfähigen Mitarbeiter. Im schlimmsten Fall bildet ein KMU einen jungen Mitarbeiter hervorragend aus, anschließend wird dieser durch einen vermeintlich attraktiveren Arbeitgeber abgeworben, sodass die ganze Arbeit für den Ausbildungsbetrieb vergebens war. Für die KMU wird es fundamental sein sich mit der Frage zu beschäftigen: Wie kann es sein Personal langfristig motivieren und an das Unternehmen binden? Bei Erfolglosigkeit kommt es dann zu mehreren negativen Konsequenzen: Zum einen entstehen wieder neue Personalbeschaffungskosten sowie Einarbeitungskosten. Zum anderen verliert das Unternehmen wichtiges Know-how, beispielsweise von aktuellen Projekten oder internen Kundendaten. Nicht zu unterschätzen ist der Verlust des Images als attraktiver Arbeitgeber (vgl. Jonas 2009: S. 89). Die Autorin Marita Knecht bestätigt diese Aussagen und fügt hinzu, dass sich eine hohe Fluktuation zusätzlich negativ auf das Betriebsklima auswirken und das aktuelle Personal so demotivieren könne (vgl. Knecht 2014: S. 14).
Unternehmen sollten sich also nicht nur auf die Rekrutierung von Fachkräften konzentrieren, sondern auch auf die Mitarbeiterzufriedenheit.
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