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Empört Euch!

AutorStéphane Hessel
VerlagUllstein
Erscheinungsjahr2011
ReiheStreitschrift 
Seitenanzahl32 Seiten
ISBN9783843700634
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Mit eindringlichen Worten ruft Stéphane Hessel zum friedlichen Widerstand gegen die Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft auf. Gegen die Diktatur des Finanzkapitalismus, gegen die Unterdrückung von Minderheiten, gegen die ökologische Zerstörung unseres Planeten. »93 Jahre. Das ist schon wie die allerletzte Etappe. Wie lange noch bis zum Ende? Die letzte Gelegenheit, die Nachkommenden teilhaben zu lassen an der Erfahrung, aus der mein politisches Engagement erwachsen ist.« Stéphane Hessels Streitschrift bewegt die Welt. Der gebürtige Berliner war Mitglied der Résistance, hat das KZ Buchenwald überlebt und ist einer der Mitautoren der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen. Mit emphatischen Worten ruft der ehemalige französische Diplomat zum friedlichen Widerstand gegen die Unzulänglichkeiten unserer Gesellschaft auf. Er beklagt, dass der Finanzkapitalismus die Werte der Zivilisation bedroht und den Lauf der Welt diktiert. Er prangert die Lage der Menschenrechte an, kritisiert die Umweltzerstörung auf unserem Planeten und verurteilt die Politik Israels im Gaza-Streifen als Demütigung der Palästinenser. Stéphane Hessel ist das Gewissen der westlichen Welt und »Frankreichs Rebell der Stunde« (FAZ). Erleben Sie 'Empört Euch!' als 'fahrende Lichtinstallation': http://www.youtube.com/watch?v=xGuGid4lLcE 'Der Diplomat Stéphane Hessel' - Ein Kinodokumentarfilm. Jetzt auf DVD: www.derdiplomatstéphanehessel-derfilm.de

Stéphane Hessel, geboren am 20. Oktober 1917 in Berlin, gestorben am 27. Februar 2013 in Paris. Hessel war Sohn des Schriftstellers Franz Hessel. Er 1924 zog er mit seinen Eltern nach Paris; seit 1937 war er französischer Staatsbürger. Ab 1946 gehörte er der Vertretung Frankreichs bei den Vereinten Nationen in New York an und war an der Redaktion der Charta der Menschenrechte beteiligt. Im Auftrag der UNO und des französischen Außenministeriums war er anschließend jahrzehntelang als Diplomat tätig; der französische Staat verlieh ihm den Titel 'Ambassadeur de France'. Stéphane Hessel lebte bis zu seinem Tod in Paris.

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Leseprobe
Empört euch!

93 Jahre. Das ist schon wie die allerletzte Etappe. Wie lange noch bis zum Ende? Die letzte Gelegenheit, die Nachkommenden teilhaben zu lassen an der Erfahrung, aus der mein politisches Engagement erwachsen ist: die Jahre des Widerstands gegen Diktatur und Besetzung – die Résistance – und ihr politisches Vermächtnis. Es war Jean Moulin, der vor nunmehr 66 Jahren alle großen politischen Kräfte des besetzten Frankreich – Widerstand, Parteien, Gewerkschaften – im Nationalen Widerstandsrat zusammenführte. In ihm bekannten sie sich zum gemeinsamen Kampf für ihre Ideale unter der einzigen Führungsfigur, in der sie sich alle wiedererkannten: General de Gaulle. Aus London, wo ich im März 1941 zu de Gaulle gestoßen war, erfuhr ich, dass dieser Rat am 15. März 1944 ein Programm verabschiedet hatte, auf dessen Grundsätzen und Werten die Demokratie des befreiten neuen Frankreich ruhen sollte.[1]

Genau diese Grundsätze und Werte sind uns heute nötiger denn je. Wir alle sind aufgerufen, unsere Gesellschaft so zu bewahren, dass wir auf sie stolz sein können: nicht diese Gesellschaft der in die Illegalität Gedrängten, der Abschiebungen, des Misstrauens gegen Zuwanderer, in der die Sicherung des Alters, die Leistungen der Sozialversicherung brüchig geworden sind, in der die Reichen die Medien beherrschen – nichts davon hätten wir zugelassen, wenn wir uns dem Vermächtnis des Nationalen Widerstandsrates wirklich verpflichtet gefühlt hätten.

1945, als das grauenhafte Drama beendet war, setzten die im Nationalen Widerstandsrat vereinigten Kräfte eine Erneuerung ohnegleichen ins Werk. Damals wurde das System der sozialen Sicherheit geschaffen, wie es die Résistance in ihrem Programm vorgestellt hatte: »Ein vollständiger Plan sozialer Sicherheit mit dem Ziel, allen Bürgern, denen dies nicht durch eigene Arbeit möglich ist, die Existenzgrundlage zu gewährleisten«; »ein Ruhestand, der den Arbeitnehmern ein Alter in Würde gestattet«. Die Energieversorgung, Strom und Gas, der Kohlebergbau, die Großbanken sollten verstaatlicht werden. In diesem Sinne forderte das Programm »die Rückgabe der großen monopolisierten Produktionsmittel, der Früchte gemeinsamer Arbeit, der Energiequellen, der Bodenschätze, der Versicherungsgesellschaften und der Großbanken an die Nation«; »die Errichtung einer echten wirtschaftlichen und sozialen Demokratie unter Ausschaltung des Einflusses der großen im Wirtschafts- und Finanzbereich bestehenden privaten Herrschaftsdomänen auf die Gestaltung der Wirtschaft«. Das Gemeinwohl sollte über dem Interesse des Einzelnen stehen, die gerechte Verteilung des in der Arbeitswelt geschaffenen Wohlstandes über der Macht des Geldes. »Eine rationelle Wirtschaftsverfassung, in der die Individualinteressen dem Allgemeininteresse untergeordnet sind, ohne Diktatur der Sachzwänge nach dem Vorbild faschistischer Staaten« – dies als Auftrag an die provisorische Regierung der Republik.

Eine echte Demokratie braucht eine unabhängige Presse. Die Résistance wusste es, forderte sie, trat ein für »die Freiheit der Presse, ihre Ehre und ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Staat, der Macht des Geldes und den Einflüssen aus dem Ausland.« Das wurde bereits ab 1944 in den Presseverordnungen umgesetzt. Und genau dies ist heute in Frage gestellt. Die Résistance forderte, »dass alle französischen Kinder die effektive Möglichkeit haben sollen, die bestmögliche Erziehung zu erhalten«, ohne Diskriminierung. Die 2008 vorgeschlagenen Reformen sind nicht damit in Einklang zu bringen. Jungen Lehrerinnen und Lehrern, die sich – was ich unterstütze – weigerten, diese Reformen umzusetzen, wurden zur Strafe die Gehälter gekürzt. Sie haben sich aufgelehnt, den Gehorsam verweigert, weil sie diese Reformen nicht im Einklang mit dem Ideal der republikanischen Schule sahen, die zu sehr einer Gesellschaft des Geldes dient und nicht genügend Raum für Kreativität und kritisches Denken gibt.

Dieses gesamte Fundament der sozialen Errungenschaften der Résistance ist heute in Frage gestellt.[2]
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