Wer heute vom „guten alten Kachelofen“ spricht, schwelgt meist in nostalgischer Begeisterung. Aus Überlieferungen wissen wir, welche wichtige Bedeutung solch ein Prunkstück früher hatte. Es war die einzige Wärmequelle im ganzen Haus. Seine gemütliche Atmosphäre lockte Mensch wie Tier an. Nicht selten gab es Zank um die begehrten Plätze auf der Ofenbank.
Die Urform der heutigen wärmespeichernden Öfen findet man in den Pfahlbauten der Bronzezeit. Schon vor 4500 Jahren wurden diese Öfen im süddeutschen Alpenvorland gebaut.[1]
Bild 1: Kachelofen
Die Urform bestand aus einem walzenförmigen Steingebilde mit einem Tonnengewölbe aus Lehm als Oberbau.
Die Steine hatten schon damals die Aufgabe, die Wärme zu speichern. Damit war es dem Menschen erstmals gelungen, die Glut des offenen Feuers zu bewahren und in Strahlungswärme umzuwandeln. Ab dem 10. Jahrhundert gewann der Lehm- oder Steinofen mit dem Rauchabzug über einem eigenen Schornstein an Bedeutung. Diese Öfen
sind gemauert und bestehen aus einem kubischen Unterbau mit einem gewölbten Oberbau. Solche über 1000 Jahre alte Ofenformen sind heute noch in Südtirol anzutreffen.[2]
In der weiteren Entwicklung wurden Becher und Schüsseln aus Keramik zur Verbesserung der Heizwirkung eingesetzt. Daraus haben sich die ersten Ofenkacheln entwickelt. Als es den Töpfern gelang aus den runden keramischen Schüsseln quadratische Kacheln zu fertigen, war es möglich die Ummantelung des Kachelofens komplett aus Kacheln herzustellen.
Im Laufe der Jahrhunderte veränderte sich die Kachel mit den wechselnden Stilrichtungen, von der Gotik, über das Barock, Rokoko, Biedermeier bis in die heutige Zeit. Vor mehr als 500 Jahren setzte sich dann das Prinzip des Grundofens durch. Anfänglich wurde mit sehr einfachen Materialien gebaut wie z. B. Bachsteine und Lehm. Im Alpenraum wurde auch Speckstein verwendet.
Durch die zunehmende Erfahrung im Ofenbau wurde nicht nur eine Verbesserung in der Funktionsweise erzielt, sondern auch die Möglichkeiten der Gestaltung blieben nicht unerkannt.
Mit den üppigen Dekorationsformen des Barock war im 16. und 17. Jahrhundert eine Blütezeit des Ofenbaus erreicht. Allerdings war diese Form der verkachelten Öfen nur den reichen Bürgern vorbehalten.
Mit Beginn des Industriezeitalters geriet die traditionelle Bauweise immer mehr in Vergessenheit. Der massenhaft produzierbare Kachelofen mit einem Metalleinsatz wurde geboren. Mit der Entwicklung der Zentralheizung zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Kachelofen aus den Wohnzimmern der Menschen verdrängt.
Mit der Energiekrise der siebziger Jahre besann man sich seiner wieder als unabhängige Zusatz- und Übergangsheizquelle. Während der achtziger Jahre sorgte der Treibhauseffekt für Gesprächsstoff, um das Image von Holzheizungen zu verbessern wurde die CO2-Neutralität des Holzes postuliert. Gleichzeitig entwickelte sich ein neues, verstärktes Bewusstsein für unsere Umwelt, der Wunsch nach mehr Lebens- und Wohnqualität stieg. Der Kachelofen wurde wieder ein fester und schöner Bestandteil innerhalb des Wohnbereichs.
Zu diesem Zeitpunkt orientierte sich die Gestaltung und Form der Kachel noch überwiegend an der traditionellen Schüsselkachel. Nur langsam entwickelte sich ein, dem Zeitgeist entsprechendes, eigenes Kacheldesign.
Bild 2: Schüsselkacheln
Die Entwicklung des Kachelofens ist ein Stück Geschichte der Gestaltung, aber auch ein Stück Geschichte der Technik. Die Kachelofenbauer waren und sind auch weiterhin bestrebt neue Erkenntnisse der Wärmelehre und der modernen Feuerungstechnik im Kachelofenbau zur Anwendung zu bringen. Schon vor 500 Jahren gab es ein Bestreben dem Kachelofen eine gute technische und wirtschaftliche Innengestaltung in der Konstruktion zu geben. Das zeugte vom hohen handwerklichen und technischen Können des Kachelofenbauers.
Nach dem heutigen Stand der Technik wird der „Kachelofen“ in den technischen Bestimmungen und Normen folgendermaßen definiert:
„Als ortsfeste Kachelöfen alle im Verwendungsort erbauten Öfen, die aus keramischen Baustoffen bestehen und die mit festen, gasförmigen oder flüssigen Brennstoffen sowie mit elektrischem Strom betrieben werden können.“[3]
Die Definition lässt erkennen, dass der Begriff „ortsfester Kachelofen“ sehr umfassend ist und damit auch die Anwendungsmöglichkeiten des Kachelofens sehr vielseitig sind.
Diese Definition möchte ich dieser Arbeit zugrunde legen und die Vielfalt sowohl im technischen als auch im gestalterischen Bereich des Kachelofens herausarbeiten.
Jeder kennt das unbeschreiblich schöne Gefühl: Draußen vor dem Haus auf einer Bank in der Sonne zu sitzen, an die warme Wand sich anzulehnen und zu entspannen, die Alltagssorgen vergessen und die Sonnenstrahlen „bis ins Herz“ eindringen lassen, tief einatmen und das Glück richtig spüren.
Was diesen Augenblick ausmacht, ist die Strahlungswärme von Sonne und Hauswand. Sie durchwärmt den ganzen Körper und regt den Geist zum sensiblen Fühlen, zum positiven Denken und zum neugierigen Erleben an. Sie wirkt beruhigend auf Kreislauf und Nerven wie Labsal nach einem anstrengenden Arbeitstag.
Auch in der kalten Jahreszeit lässt sich dieses entspannende Gefühl erleben. Mit Hilfe eines Grundofens lässt sich eine ähnliche milde Strahlungswärme erzeugen, wie sie die Sonne abgibt.
Bild 3: Strahlungswärme
Der Grundofen ist die ursprünglichste Art zu heizen und stellt nachweislich die sparsamste und gesündeste Art des Heizens mit Holz dar.
Die Holzscheite brennen auf dem Boden des Ofens. Die dicken Ofenwände aus feuerfesten Schamottesteinen nehmen die ungestüme Energie des Feuers in sich auf und geben sie langsam als milde Strahlungswärme an den Raum ab.
Bild 4: Grundofen
Die Wärme des Rauchs wird in einem Labyrinth aus gemauerten Zügen ausgenützt.
Bild 5: Schema Grundofen
Fast wäre der Grundofen in Vergessenheit geraten. Seit geraumer Zeit aber entscheiden sich gerade junge Familien wegen des besseren Raumklimas und der unvergleichlichen Vorteile wieder für die traditionelle Art des Heizens mit Holz und somit für einen Grundofen.
Es gibt zwei Arten von Kachelöfen. So genannte Warmluftkachelöfen, die die Raumluft zum Heizen verwenden und die bereits vorgestellten Grundöfen.
Ein Unterscheidungsmerkmal für Kachelöfen ist die Art und Weise, wie sie die Wärme an den Menschen weitergeben.
Beim Warmluftkachelofen wird ein Metalleinsatz aufgestellt und angeschlossen und mit Kacheln oder Mauerwerk als optisch ansprechende Attrappe umbaut. Der Metalleinsatz heizt sich rasch auf und gibt seine Wärme, schon nach kurzer Zeit, vorwiegend als heiße Luft an den Raum ab. Die Funktionsweise kann mit der Heizung im Auto verglichen werden, die Wärmestrahlung spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Es dominiert die auch gern als „schnelle Wärme“ hochgelobte Konvektion mit den bekannten Nachteilen: hoher Energieverbrauch, kaum Speicherleistung, riechbar trockene, mit Hausstaub angereicherte, drückend heiße Luft. Folgeerscheinungen können ein heißer Kopf und kalte Füße sein.
Bild 6: Konvektion
Der Grundofen hingegen stellt die seit Jahrhunderten bewährte traditionelle Kachelofen-bauweise dar. Er hat keinen Metalleinsatz und keine Luftschlitze. Er wird von „Grund“ auf aus schweren, keramischen Werkstoffen wie Schamotte, Speckstein oder Feuerbeton aufgemauert. Sie werden von Feuer und Rauch aufgeheizt und geben ihre Wärme vorwiegend als Strahlungswärme ab, ähnlich wie die Sonnenstrahlen auf der Bank vor dem Haus. Das Besondere an der Strahlungswärme ist, dass sie nur feste Körper erwärmt. Die Raumluft kann sich deshalb nicht überhitzen und keinen Hausstaub aufwirbeln. Die Durchwärmung der Ofenmasse benötigt zwar etwas Zeit, dafür bleibt die Wärme aber für einen langen Zeitraum erhalten.
Die kurze Aufheizzeit von Warmluftsystemen wird gerne überbewertet und die unangenehmen Auswirkungen von Konvektion auf Energieverbrauch und Wohlbefinden werden unterschätzt.
Hand in Hand...