Durch die Digitalisierung der Gesellschaft in nahezu allen privaten, beruflichen und bildungsbezogenen Kontexten steigt die Relevanz des kompetenten Umgangs mit digitalen Medien und Informationen. Entsprechend wurde diese Kompetenzdomäne als Schlüsselkompetenz des lebenslangen Lernens definiert (Europäische Kommission 2006) und als Teilbereich der »21st Century Skills« deklariert (P21 2015), die für die erfolgreiche Bewältigung der Anforderungen des 21. Jahrhunderts als notwendig erachtet werden. Folglich wurde von der Kultusministerkonferenz (KMK) mit der Empfehlung »Medienbildung in der Schule« die Förderung der Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im Umgang mit digitalen Medien als eine zentrale Aufgabe der Schulen in Deutschland benannt und die vielfältigen methodisch-didaktischen Potenziale digitaler Medien für den Unterricht hervorgehoben (KMK 2012). Aktuell wird bildungspolitisch mit der Strategie »Bildung in der digitalen Welt« (KMK 2016) die schulische Medienbildung weiter vorangebracht und einerseits verschiedene Bildungsabschnitte in der Breite berücksichtigt, aber auch die zu erreichenden Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in sechs Kompetenzbereichen bundesweit verankert. Darüber hinaus wurde seitens des Bundes eine »Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft« (BMBF 2016) initiiert, mit der der Bund rund fünf Milliarden Euro in die IT-Ausstattung der Schulen investieren soll unter den Prämissen, dass in den Bundesländern die Entwicklung von medienpädagogischen Konzepten zum Einsatz digitaler Medien in Lehr- und Lernsituationen an den Schulen und die Lehrerausbildung im Bereich der medienpädagogischen Kompetenz vorangetrieben werden.
Für eine Evidenzbasierung bildungspolitischer und schulpraktischer Handlungsoptionen ist die empirische Untersuchung des Medienkompetenzbereichs und seiner Rahmenbedingungen im Zuge der Digitalisierung der Gesellschaft notwendig, um eine gelingende und nachhaltige Umsetzung zu unterstützen. Der Beitrag gibt daher Einblicke in zentrale Befunde zweier Studien zum aktuellen Stand der Medienbildung in Deutschland, die repräsentative Datengrundlagen umfassen und somit belastbare Ergebnisse einerseits im Sinne eines Monitorings des gegenwertigen Implementationsstands digitaler Medien im Unterricht liefern und auf deren Basis andererseits Impulse für die Schulentwicklung im medialen Kontext abgeleitet werden können.
Die IEA-Studie International Computer and Information Literacy Study (ICILS 2013)
ICILS 2013 ist die erste Schulleistungsstudie, mit der die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der achten Jahrgangsstufe in Deutschland im internationalen Vergleich computerbasiert gemessen wurden (Bos et al. 2014; Fraillon et al. 2014). Zudem wurde untersucht, unter welchen Rahmenbedingungen Schülerinnen und Schüler diese Kompetenzen erwerben. Dabei war die Studie als Bildungsmonitoring angelegt und ging von der Annahme aus, dass die Bedeutung der Fähigkeiten, medial vermittelte Informationen auszuwählen, zu verstehen, zu nutzen und zu kommunizieren, im Zuge des Wandels zur Wissens- und Informationsgesellschaft zunimmt. Daher stehen die Bildungssysteme weltweit in der Verantwortung, die strukturellen und technologischen Möglichkeiten zu schaffen, um Heranwachsenden den kompetenten Umgang mit neuen Technologien zu vermitteln. Die erfassten computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der Achtklässlerinnen und Achtklässler wurden dabei als »individuelle Fähigkeiten einer Person definiert, die es ihr erlauben, Computer und neue Technologien zum Recherchieren, Gestalten und Kommunizieren von Informationen zu nutzen und diese zu bewerten, um am Leben im häuslichen Umfeld, in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft erfolgreich teilzuhaben« (Eickelmann/Bos/Gerick/Kahnert 2014, S. 45). Die Messung der Schülerkompetenzen erfolgte entlang von fünf Kompetenzstufen, wobei die erste Stufe den Schülerinnen und Schülern nur basale und rudimentäre Fähigkeiten bescheinigt und die fünfte Stufe den selbstständigen, sicheren und kritischen Umgang mit digitalen Medien und Informationen umfasst. An der Studie nahmen insgesamt 21 Bildungssysteme teil. Die repräsentative Stichprobe für Deutschland umfasste die Daten von 2225 Schülerinnen und Schülern der achten Jahrgangsstufe. Um zusätzlich weitere Rahmenbedingungen des Kompetenzerwerbs zu erfassen, wurden Fragebogeninstrumente für Lehrkräfte, Schulleitungen und IT-Koordinator/innen eingesetzt.
Zentrale Ergebnisse der Studie ICILS 2013
Die Leistungen der Achtklässlerinnen und Achtklässler in Deutschland hinsichtlich der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen ließen sich im mittleren Bereich der 21 Teilnehmerländer der Studie und signifikant über dem internationalen Mittelwert von 500 Punkten verorten (Bos et al. 2014; Fraillon et al. 2014). Im Mittel erreichten die Schülerinnen und Schüler 523 Punkte, womit sich der Mittelwert für Deutschland im Bereich des Mittelwerts der Vergleichsgruppe OECD (516 Punkte) sowie der Vergleichsgruppe EU (525 Punkte) bewegte. Die durchschnittliche Leistungsstreuung in Deutschland betrug 78 Punkte und lag im internationalen Vergleich im mittleren Bereich.
Im Hinblick auf die prozentuale Verteilung auf die fünf Kompetenzstufen zeigte sich, dass fast 30 Prozent der Achtklässlerinnen und Achtklässler in Deutschland lediglich die Kompetenzstufen I und II erreichten und damit nur über sehr geringe computer- und informationsbezogene Kompetenzen verfügten. Dieser Schülergruppe wurden Schwierigkeiten im Hinblick auf eine erfolgreiche Teilhabe am privaten, beruflichen sowie gesellschaftlichen Leben des 21. Jahrhunderts prognostiziert. Der größte Anteil der Schülerinnen und Schüler in der achten Jahrgangsstufe in Deutschland ließ sich auf der Kompetenzstufe III verorten (45,3 %). Diese Jugendlichen waren in der Lage, unter Anleitung Informationen zu ermitteln, Dokumente mit Hilfestellungen zu bearbeiten und einfache Informationsprodukte zu erstellen. Die Leistungen fast eines Viertels (24,0 %) der Achtklässlerinnen und Achtklässler in Deutschland entsprechen der Kompetenzstufe IV, womit diese in der Lage waren, eigenständig Informationen zu ermitteln und zu organisieren sowie selbstständig Dokumente und Informationsprodukte zu erzeugen. Im internationalen Vergleich zeigten sich über alle Teilnehmerländer hinweg sehr geringe Anteile an Schülerinnen und Schülern auf der höchsten Kompetenzstufe V, auf der Schülerinnen und Schüler selbstständig ermittelte Informationen sicher bewerten und organisieren sowie anspruchsvolle Informationsprodukte erzeugen können. Für Deutschland konnte festgestellt werden, dass nur 1.5 Prozent der Schülerinnen und Schüler die höchste Kompetenzstufe V erreichten. Dieser Anteil lag unter den Werten des internationalen Mittelwerts (2,0 %) sowie der Vergleichsgruppe EU (2,2 %) und der Vergleichsgruppe OECD (2,4 %).
Unerwartet deutlich zeigte ICILS 2013, dass Deutschland hinsichtlich der regelmäßigen Nutzung von neuen Technologien im Unterricht das internationale Schlusslicht bildete (Eickelmann/Schaumburg/Drossel/Lorenz 2014). Der Anteil von 34,4 Prozent der Lehrkräfte, die mindestens einmal pro Woche Computer im Unterricht einsetzten, lag nicht nur signifikant unter dem internationalen Mittelwert (61,5 %) und den Mittelwerten für die Vergleichsgruppen EU (58,8 %) und OECD (64,6 %), sondern auch signifikant unter den Werten aller anderen ICILS-2013-Teilnehmerländer. In keinem anderen ICILS-2013-Teilnehmerland setzten Lehrkräfte Computer seltener im Unterricht ein als in Deutschland. Vertiefende Analysen haben zudem gezeigt, dass die derzeitige Mediennutzung im Unterricht nicht mit höheren computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der Achtklässlerinnen und Achtklässler einhergeht (vgl. ebd.), was neben Deutschland auch für die Niederlande und die Schweiz aufgezeigt werden konnte. Für einen Großteil der Teilnehmerländer ergab sich jedoch ein positiver Zusammenhang. Für Deutschland legte dies die Vermutung nahe, dass die erlangten computer- und informationsbezogenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler in Deutschland ...