In diesem Kapitel werden die Auswahl und die Konstruktion des Erhebungsinstrumentes, die Bestimmung der Population, die Durchführung der Untersuchung sowie das Vorgehen in Bezug auf die Erfassung, Aufbereitung, Auswertung und Interpretation der Daten beschrieben.
Das Ziel der Befragung lag in der Erfassung subjektiver Perspektiven der Führungskräfte. Daher wurde als Erhebungsinstrument eine standardisierte Befragung per Post ausgewählt. In diesem Selbstbild-Fragebogen wurden Sichtweisen von Führungskräften des PP Köln zu ihrer eigenen Person in Bezug auf ihre Personal-, Sozial- und Führungskompetenzen erfasst.
Um die Anonymität der Befragung zu gewährleisten bzw. zu betonen, wurde der postalischer Weg gewählt. Damit eine für die quantitative Analyse des Ist-Zustandes geeignete Datenmenge zur Verfügung steht, wurden standardisierte Antwortvorgaben den offenen bevorzugt.
Exkurs: Aktive Auseinandersetzung mit dem Selbstbild
Bei der Selbstbeurteilung spielen verschiedene psychologische Prozesse eine Rolle. Hierzu gehören z.B. das `Selbstwertgefühl`, die Selbstaufmerksamkeit und auf das Selbstbild bezogene Attributionsprozesse (Wegner, 2002, S. 108). Untersuchungen, die Selbstbeurteilungen den Wahrnehmungen anderer Beurteiler gegenüberstehen, weisen nahezu übereinstimmend auf eine Tendenz zur Milde gegenüber sich selbst, auf den sogenannten `leniency effect` hin (vgl. Donat, 1991, S. 138 sowie Seegers, 1996, S. 164).
Zur Bewertung von Selbsturteilen werden Gütekriterien der empirischen Sozialforschung herangezogen: Mangelnde Beeinflussbarkeit von Urteilstendenzen, Reliabilität und Validität. Bei Selbstbeurteilungen liegt ein Problem darin, dass selbstwertdienliche Antworttendenzen überwiegen. In der Regel ist mit einer hohen Ausprägung positiver Selbsturteile eine geringe Streuung der Beurteilungswerte verbunden (Wegner, 2002, S. 109). Selbstbeurteilungen weisen meist eine befriedigende bis gute Reliabilität auf. Harris & Schaubroek (1988) schätzen die durchschnittliche Reliabilität von Selbstbeurteilungen mit r= .60 ein. Verglichen mit anderen Beurteilern wird die Validität von Selbstbeurteilern in der Regel als gering angesehen. Mabe & West (1982) berichten eine durchschnittliche Validität von r= .29 für zahlreiche Studien, die in ihre Metaanalysen eingingen. Nach der Auffassung von Schuler (1989, zit. n. Sonntag, 1999, S. 23) ist jedoch davon auszugehen, dass Selbstbeurteilungen dann erfolgversprechend genutzt werden können, wenn die Betroffenen nicht befürchten müssen, dass die Daten zu einer Abwägung der eigenen Kompetenz sowie zu negativen Folgen bei Aufstiegschancen und Gehaltsentwicklung führen. Zudem finden Einschätzungen eigener Fähigkeiten in Arbeiten zur Bedarfsbestimmung verstärkte Beachtung (Sonntag, 1999, S. 24).
Dieses Kapitel beinhaltet die Operationalisierung der Anforderungsmerkmale, den Aufbau und das Format des Fragebogens sowie Maßnahmen zur Erhöhung der Rücklaufquote.
Um die Anforderungsmerkmale empirisch messbar zu machen, wurde jedes Anforderungsmerkmal unter Berücksichtigung des polizeilichen Kontextes mittels je zwei positiver bzw. je zwei negativer Items operationalisiert. Die positiven Items entsprechen dabei dem idealtypischen Profil einer Führungskraft. Die negativen Items stellen gegenteilige Aussagen dar. Der Itempool wurde selbst entwickelt. Existierende Diagnoseinstrumente wurden nicht verwendet.
Personale Kompetenzen
1. Selbstkenntnis und Selbstorganisation
2. Ambiguitätstoleranz
3. Frustrationstoleranz
Soziale Kompetenzen
4. Respekt/ Vorurteilsfreiheit / Neutralität
5. Durchsetzungsfähigkeit
6. Kommunikationsfähigkeit
7. Vertrauensbereitschaft
8. Kooperationsfähigkeit/Team-Fähigkeit
9. Einfühlungsvermögen (soziale Sensitivität)
10. Konfliktfähigkeit
11. Fähigkeit zur Konsensfindung
Führungskompetenzen
12. Herstellung eines vertrauensvollen Gruppenklimas
13. Ziele setzen
14. Beteiligung
15. Motivieren
16. Delegieren/Freiräume für selbständiges Arbeiten
17. Mitarbeiter fördern und qualifizieren
18. Feedback
19. Informationsverhalten
Der Fragebogen beginnt mit der Erfassung der soziodemographischen Daten `Geschlecht` und `Arbeitsbereich`. Die Erhebung weiterer sozialstatistischer Angaben war nicht möglich, da der Datenschutzbeauftragte, der Personalrat und der Behördenleiter die Genehmigung zur Durchführung der Untersuchung nur unter der Auflage der Wahrung der Anonymität der Befragten erteilten. Zudem musste bei der Variable `Geschlecht` eine Option eingebaut werden, dass die weiblichen Führungskräfte im Arbeitsbereich Kriminalitäts- oder Verkehrsunfallbekämpfung alternativ auch männlich ankreuzen konnten. Dies war notwendig, weil in diesem Arbeitsbereich nur drei weibliche Führungskräfte tätig sind und es ein Rückschluss auf diese Personen auszuschließen galt.
Der Fragebogen enthält insgesamt 78 Items, die als geschlossene Fragen formuliert wurden. Die 76 Items (19 x 4) zu den einzelnen Anforderungsmerkmalen werden in zufälliger Reihenfolge dargeboten, damit die einzelnen Anforderungsmerkmale nicht so leicht pauschal positiv oder negativ bewertet werden können. Die Fragen wurden möglichst einfach und präzise formuliert.
Für das Antwortformat des gesamten Fragebogens wurde einheitlich eine eindimensionale 6er-Skala verwendet: stimmt völlig - stimmt meistens - stimmt eher - stimmt eher nicht - stimmt kaum - stimmt gar nicht. Um eine inhaltliche „Positionierung“ bei der Beantwortung der Fragen zu erreichen, wurde eine gerade Anzahl von Artwortsmöglichkeiten gewählt bzw. eine mittlere Kategorie vermieden. Die Einheitlichkeit bietet den Vorteil der leichten Vergleichbarkeit der Resultate über alle Fragen hinweg. Die gewählte Skala eröffnet zudem die Möglichkeit, ausreichende Abstufungen beim Grad der Zustimmung bzw. Ablehnung vornehmen zu können
Zur Erhöhung der Rücklaufquote wurden im Begleitschreiben des Fragebogens die Kriterien, die eine höhere Rücklaufquote vermuten lassen (Richter, 1970, S. 148 f.; zit. n. Bortz & Döring, 1995, S. 235-236), berücksichtigt und zudem wurde vier Tage nach Versand des Fragebogens ein Erinnerungsschreiben (siehe Anhang) an alle Befragten verschickt.
Führungskräfte lassen sich in unterschiedlichen Managementebenen (oberstes, oberes, mittleres und unteres Management) einteilen, wobei sich die Aufgaben in den jeweiligen Ebenen unterscheiden (Wegner, 2002, S. 114).
Das obere und oberste Management beinhaltet spezifische Anforderungen, die sich auf die Aufgabenfelder der langfristigen, strategischen Entwicklungsplanung einer Organisation beziehen. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, Leitbilder zu schaffen und zu verwirklichen sowie Konzepte zur Umsetzung von Unternehmenszielen auszuarbeiten (Rosenstiel, 1993, S. 276 f.). Die zentralen Aufgaben der Führungskräfte des mittleren und unteren Managements liegen in der Kommunikation und auf der operativen Handlungsebene, in der es darum geht, die Arbeitstätigkeit der eigenen Mitarbeiter im Hinblick auf die alltägliche Aufgabenwahrnehmung zu kontrollieren und koordinieren. Auf der Kommunikationsebene gilt es, Ziel- und Aufgabenbesprechungen durchführen zu können,...