TEIL 2
Ein neues Gesundheitskonzept
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EIN NEUES GESUNDHEITSKONZEPT IST NOTWENDIG
Im 20. Jahrhundert haben sich alle Bereiche des Lebens in einem atemberaubenden Tempo verändert. So auch die Medizin. Die meisten Ärzte wie auch ihre Patienten glauben fest an den Segen des medizinischen Fortschritts. Schließlich werden die Menschen immer älter, und das kann ja nur auf den Fortschritt in der Medizin zurückzuführen sein.
Wirklich? Wenn heute ein Mensch 85 Jahre alt wird und dadurch die statistische Lebenserwartung erhöht, wurde er ja auch schon vor 85 Jahren geboren. In den Genuß der neuesten medizinischen Errungenschaften kam er also erst, als er schon ein beträchtliches Alter erreicht hatte. Gerade aber die hohe Kindersterblichkeit war es, die in früheren Zeiten die Lebenserwartung stark senkte. Verbesserungen in diesem Bereich sind im Wesentlichen auf bessere Hygienemaßnahmen zurückzuführen. Ein Beispiel hierfür ist die Ausrottung des Kindbettfiebers durch Ignaz Semmelweiß, der als erster die Bedeutung der Hygiene bei der Geburt erkannt hatte. Dies hat aber nichts mit medizinischem Fortschritt im Sinne von Heilung zu tun.
Im übrigen stieg die Lebenserwartung nur in Gebieten, in denen vor der industriellen Revolution ständig im kleinen Kreis geheiratet, d.h. Inzucht betrieben wurde.[1] Kulturkreise, in denen die Inzucht aus religiösen oder sozialen Gründen nicht gestattet war, haben trotz aller medizinischen Neuerungen keine signifikanten Änderungen in der Lebenserwartung aufzuweisen.
Auch die Ausrottung der großen Seuchen, die über lange Zeiträume zu den häufigsten Todesursachen gehörten, ist in erster Linie auf die bessere Hygiene, nicht auf medizinische Fortschritte zurückzuführen.[2] Darüber hinaus ist es ja wohl nicht nur bedeutsam, wie alt wir werden, sondern vor allem, wie wir alt werden. Unsere Gesundheit ist für die Lebensqualität erheblich wichtiger als das erreichbare Alter in Jahren. Was nun die Gesundheit betrifft, so sieht aber die Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte in den Industrienationen gar nicht gut aus. Die chronischen Zivilisationskrankheiten breiten sich immer mehr aus. Zu diesen gehören z.B.: Herz-Kreislaufkrankheiten, rheumatische Krankheiten, Allergien, Neurodermitis, Multiple Sklerose, Nieren- und Gallensteine, Magengeschwüre, Zöliakie, Morbus Chron, Osteoporose, Alzheimer, Parkinson, Karies, Parodontose, Diabetes, Hypoglykämie und viele andere.
Besonders erschreckend ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß die Opfer der Zivilisationskrankheiten immer jünger werden. In Deutschland beispielsweise leiden derzeit etwa zwei Millionen Kinder an Neurodermitis.
Rund 40% der Mortalität in Westeuropa gehen auf das Konto von Herz-Kreislaufkrankheiten, über 20% auf das von Krebserkrankungen. Doch selbst wenn alle Menschen an Altersschwäche sterben würden, wären die vielen degenerativen Gesundheitsstörungen ein Grund, nach den Ursachen dieser Entwicklung zu fragen.
■ Verwirrung über wahre Krankheitsursachen
Am Beispiel der Allergien ist die allgemeine Verwechslung von Krankheitsursachen und den Auslösern der Symptome einer Krankheit gut zu veranschaulichen. Gegen Ende der sechziger Jahre litt in Deutschland etwa 1% der Bevölkerung an einer Allergie. Zu Beginn der neunziger Jahre waren es bereits 20%, Tendenz steigend. Ähnliche Zunahmen der Allergien sind überall in Europa und Nordamerika zu verzeichnen. Als Ursache für eine Allergie werden von den Ärzten immer wieder die allergieauslösenden Substanzen genannt. Wenn also jemand an Pollenallergie leidet, so sind Pollen schuld. Wäre dem tatsächlich so, dann ist es zumindest sehr verwunderlich, daß früher so wenige Menschen an Allergien litten. Seit es den Menschen gibt, hatte er Kontakt mit Pollen, mit Tieren, mit Nüssen und Erdbeeren, und nun auf einmal sollen diese Dinge Krankheiten erzeugen? Natürlich lösen sie eine krankhafte Reaktion des Immunsystems aus, aber warum reagiert dieses Immunsystem so? Nie zuvor gab es eine derartige Häufigkeit von allergischen Reaktionen auf ganz natürliche Bestandteile unseres Lebens. Es ist ganz offensichtlich, daß es tiefer liegende Ursachen für die sprunghafte Zunahme von Allergien geben muß als die symptomauslösenden Substanzen.[3]
Bei Herz-Kreislaufkrankheiten wird von medizinischer Seite oftmals auf überhöhten Blutdruck als Risikofaktor hingewiesen. Dies ist zwar oberflächlich betrachtet richtig, aber ein Bluthochdruck ist bereits ein Symptom eines kranken Organismus. Mit Blutdruckmedikamenten schaltet man nur ein wichtiges Warnsignal des Körpers aus und täuscht so eine falsche Sicherheit vor. Bevor nicht die wahren Ursachen des Bluthochdrucks abgestellt werden, kann auch das Herzinfarktrisiko nicht gesenkt werden.
Im Prinzip trifft diese Problematik auf alle Zivilisationskrankheiten zu, die durch geistige und körperliche Faktoren in der Lebensführung verursacht werden. Symptomunterdrückung anstelle von ursächlicher Heilbehandlung ist leider die Regel. Seit Jahren kann man so gut wie jede Woche neue Sensationsmeldungen in der Presse verfolgen, in denen der bald bevorstehende endgültige Sieg über Krebs, Rheuma oder Herzinfarkt angekündigt wird. Solange aber im wesentlichen die Symptome der Krankheiten behandelt werden, können diese angeblichen Wundertaten nicht vollbracht werden.
■ Eigenverantwortung für die Gesundheit
Bei näherer Betrachtung unserer modernen Medizin muß man also feststellen, daß sie bei der Bekämpfung der Zivilisationskrankheiten bisher nicht den von allen gewünschten Erfolg hatte. Dies soll aber keine einseitige Schuldzuweisung an die Ärzte sein. Die Mediziner von heute sind in eine Rolle gedrängt worden, die unserem Wunsch nach Konsum und Genuß entspricht und nicht den Naturgesetzen. Wir wollen alles genießen, was das Leben zu bieten hat, und wenn der Körper unter diesem Genuß zusammenbricht, soll der Arzt ihn wieder reparieren - aber möglichst ohne Einschränkung unseres Lebensstils. Unsere Gesundheit ist jedoch ein Produkt der Natur und nicht unseres Wunschdenkens. Wenn wir ständig gegen die Naturgesetze verstoßen, werden wir eines Tages die Folgen dafür tragen müssen. Fehlt bei Ausbruch einer ernsthaften Krankheit immer noch die Bereitschaft zur Veränderung des Lebensstils, können wir von keinem Arzt der Welt ein Wunder erwarten.
Sicherlich gibt es auch große Wissenslücken bei den Ärzten, die in ihrem Studium z.B. nichts über Ernährung lernen. Aber selbst wenn von allen Ärzten vor einer schlechten Gewohnheit wie dem Rauchen gewarnt wird, rauchen trotzdem Millionen Menschen unbekümmert weiter. Krankheiten vorzubeugen liegt im wesentlichen in der Eigenverantwortung eines jeden Menschen, denn jeder ist für seinen Lebensstil selbst verantwortlich. Auch bei der Heilung von Krankheiten ist die aktive Mitarbeit des Patienten von größter Bedeutung, sonst kann der beste Arzt nicht viel ausrichten. Wenn wir jedoch die Eigenverantwortung für unsere Gesundheit, gepaart mit dem nötigen Wissen, übernehmen, so sind der Fähigkeit unseres Körpers, gesund zu werden und zu bleiben, kaum noch Grenzen gesetzt.
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KRANKHEIT IST KEINE LAUNE DER NATUR
Da nur sehr wenige Menschen nie krank sind, um schließlich im hohen Alter friedlich zu sterben, wird Krankheit als etwas durchaus Normales betrachtet. Krank zu sein gehört für die Menschen ebenso zum Leben wie der Tod. So entsteht der Eindruck, die Natur sei an sich fehlerhaft und Störungen im Leben seien völlig normal. Ein einfacher Vergleich zwischen dem Menschen und Tieren in der freien Wildbahn zeigt aber deutlich, daß es keine Krankheiten aufgrund von schicksalhaften Launen der Natur geben kann.
Kein wildlebendes Tier bekommt irgendeine der unzähligen Krankheiten, von denen der Mensch befallen wird. Lediglich bei einer zu starken Vermehrung einer Art in einem Lebensraum kommt es zu Infektionskrankheiten oder Degenerationserscheinungen, die eine Dezimierung der betreffenden Art bewirken. Fünf tödliche Krankheiten sind bei wildlebenden Säugetieren bekannt, über 250 sind es beim Menschen - einmal abgesehen von ca. 30.000 Krankheiten, die nicht unmittelbar tödlich sind. In den EG-Ländern sind über 85% der Sterblichkeit auf Zivilisationskrankheiten zurückzuführen, weniger als 8% auf Altersschwäche. Bei unseren nächsten Verwandten im Tierreich, den Menschenaffen, beträgt die Todesrate durch Zivilisationskrankheiten 0%, durch Altersschwäche 98%. Rund 35% der Westeuropäer sind übergewichtig, im Tierreich gibt es kein Übergewicht. Weniger als 1% der Mitteleuropäer werden nie in ihrem Leben von Karies befallen. Bei in Freiheit lebenden Tieren existiert Karies überhaupt nicht.
Wildlebende Säugetiere erreichen ein Lebensalter, das der fünf- bis siebenfachen Wachstumsperiode...