Die Ausgangslage ist sehr ernst. Die Zahl übergewichtiger Kinder hat sich in den letzten fünfzehn Jahren mehr als verdoppelt. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO ist die Tendenz kontinuierlich steigend.[18]
Es verwundert daher nicht, dass Empfehlungen für eine gesunde Ernährung von Kindern wenig umgesetzt werden. „Nirgends sonst wird die Diskrepanz zwischen den wissenschaftlichen Ernährungsempfehlungen und dem tatsächlichen Konsum so offensichtlich, wie in der Ernährung der Kinder.“[19]
Die EsKiMo-Studie aus dem Jahr 2006 hatte als Ziel „eine umfassende, repräsentative und aktuelle Bestandsaufnahme der Ernährungssituation von sechs bis 17-Jährigen zu liefern“[20]. 4125 Kinder und Jugendliche wurden eingeladen. Von 2506 konnten auswertbare Daten, bestehend aus 1234 Ernährungstagebüchern und 1272 DISHES[21]-Interviews, gewonnen werden.
In Anbetracht auf die Repräsentativität der Querschnittsdaten ist es wichtig zu wissen, inwiefern sich Probanden von Nichtprobanden – in Bezug auf ausschlaggebende Merkmale – unterscheiden. Besonders, ob Differenzen in Bezug auf das Ernährungsverhalten zu vermuten sind. Kinder und Jugendliche aus einem sozial niedrigen Status sind weniger unter den Teilnehmern zu finden. Außerdem sind weniger übergewichtige und adipöse Kinder unter den Untersuchungspersonen zu finden.[22]
Die Studie wurde vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, dem Robert Koch-Institut und der Fachgruppe Ernährung und Verbraucherbildung der Universität Paderborn geplant und durchgeführt und ergab, dass bei Kindern das Ernährungswissen und -verhalten nicht immer übereinstimmen.
Im Folgenden werden ausgewählte und für diese Arbeit von Bedeutung erscheinende Ergebnisse der EsKiMo-Studie detailliert angeführt.
Der Fokus der Auswertung wurde auf die sechs bis elfjährigen Kinder gesetzt, da diese Altersgruppe primär in der Grundschule anzutreffen ist.
Energie und Makronährstoffe
Makronährstoffe, Energiezufuhr und Fettanteil entsprechen weitgehend den Empfehlungen. Brot, Süßwaren und Milchprodukte stellen neben Säften und Limonaden die Hauptenergiequellen dar.
Die Fettsäurezusammensetzung ist nicht zufriedenstellend, da gesättigte Fettsäuren in zu großen, mehrfach ungesättigte in zu geringen Mengen konsumiert werden. Milchprodukte, Wurst- und Süßwaren sind bedeutende Fettquellen bei den Kindern.
Die Proteinzufuhr überschreitet besonders bei den sechs bis elfjährigen die Empfehlungen, teilweise über 200 %. Kinder nehmen vor allem durch Milchprodukte, Brot, Fleisch und Innereien Proteine zu sich.
Kohlenhydrate werden durchschnittlich den Empfehlungen entsprechend aufgenommen, wobei der Anteil ungünstiger Mono- und Disaccharide den der günstigen Polysaccharide übersteigt. Brot, Süßwaren und Säfte stellen hier die Hauptquelle dar.
Die Ballaststoffzufuhr ist bei mehr als der Hälfte der Kinder zu niedrig. Die bedeutendste Lebensmittelgruppe ist Brot, gefolgt von Obst und Gemüse.
Die Wasserzufuhr der Kinder liegt etwas unter den Referenzwerten. Mädchen trinken weniger als Jungen. Trinkwasser wird hauptsächlich zu sich genommen, danach Säfte, Limonaden und Milchprodukte.
Vitamine
Vitamin C und Vitamin B 12 werden überdurchschnittlich aufgenommen, wohingegen Vitamin D und Folsäure, welche bedeutend während der Wachstums- und Entwicklungsphase sind, zu wenig aufgenommen werden.
Mineralstoffe
Mineralstoffe wie Natrium, Kalium, Magnesium, Phosphor und Zink überschreiten die empfohlene Zufuhrmenge. Mit Calcium werden die Kinder jedoch nicht ausreichend versorgt. Eisen wird vor allem von Mädchen zu wenig aufgenommen. Die Jodzufuhr entspricht der Hälfte des Referenzwertes.[23]
Getränke
Die meisten Kinder unterschreiten die empfohlene Tagesmenge an Flüssigkeit. Wasser stellt die am meisten zu sich genommene Flüssigkeit dar. Säfte und Limonaden erfreuen sich größerer Beliebtheit als Tee und werden dementsprechend nach Wasser am meisten konsumiert.
Kohlenhydratreiche Lebensmittel
Der Konsum von der Lebensmittelgruppe, die Kinder laut der Optimierten Mischkost reichlich zu sich nehmen sollen, weicht am meisten von den Empfehlungen ab. Die wichtigsten Kohlenhydratlieferanten in (Vollkorn-)Brot, Getreide, (Vollkorn-)Mehl, Müsli und Kartoffeln werden von den Heranwachsenden nicht in den empfohlenen Mengen verzehrt.
Obst und Gemüse
Die meisten Kinder nehmen weniger Obst und Gemüse als empfohlen zu sich. Gemüse wird weniger konsumiert als Obst. Bei Mädchen sieht der Verzehr jedoch etwas besser aus als bei Jungen. Die internationale Empfehlung von täglich fünf Obst- und Gemüseportionen, an denen sich auch optiMIX® orientiert, wird daher selten erreicht.
Milch und Milchprodukte
Auch die Versorgung mit Milch und Milchprodukten ist ungenügend. Es werden tendenziell mehr Vollfettprodukte verzehrt, was gegen die Empfehlungen spricht.
Fleisch und Wurst
Der Fleisch-, Fleischwaren- und Wurstverzehr liegt deutlich über den Empfehlungen der optimierten Mischkost. Besonders Jungen überschreiten den Konsum um das Doppelte bis Dreifache.
Eier
Kinder nehmen knapp die Hälfte der empfohlenen Anzahl von zwei bis drei Eiern die Woche zu sich. Jungen essen tendenziell mehr Eier als Mädchen.
Fisch
Positiv zu verzeichnen ist, dass Kinder genügend Fisch zu sich nehmen, was sich gesundheitsfördernd, wegen dem hohen Proteinanteil, den Vitaminen und den Mineralstoffen, auswirkt.
Speisefette und –öle
Margarine und pflanzliche Öle werden häufiger konsumiert als tierische Fette, was wegen den wertvollen ungesättigten Fettsäuren und Vitamin E und trotz der hohen Energiedichte erfreulich ist.
Süßwaren, „Knabberartikel“ und Limonade
Diese Lebensmittel sollten aufgrund ihrer niedrigen Nährstoffanteilen und ihrer hohen Fett-und/oder Kohlenhydratdichte wenig verzehrt werden. Dennoch essen 93 % der Jungen und 90 % der Mädchen mehr dieser Produkte als empfohlen. Erschreckend ist, dass etwa ein Drittel die Empfehlungen um das Doppelte und ein weiteres Drittel mehr als das Doppelte bis Dreifache – 35 % der Jungen und 26 % der Mädchen – der empfohlenen Energiemenge aufnimmt. Besonders Backwaren, Süßigkeiten, Limonaden und stark zuckerhaltige Zerealienprodukte werden konsumiert. Die durchschnittlich verzehrte Süßigkeitenmenge ist bei Jungen etwas höher als bei Mädchen.[24]
Es lässt sich zusammenfassend festhalten, dass gesundheitsbezogene Argumente von Kindern und deren Eltern bekannt sind, sie aber keine nachhaltigen Effekte auf ihr Essverhalten darstellen. Mädchen haben eher ein gesundes Essverhalten als Jungen. Die Hälfte der Sechs- bis Elfjährigen nimmt zu wenig Flüssigkeit zu sich. Der Anteil an Limonaden ist bei der Getränkeauswahl recht hoch. Die Referenzmengen für Obst und Gemüse werden nur von wenigen Kindern erreicht. Es werden tendenziell zu viele energiereiche, was die Kalorienzahl betrifft, und proteinreiche Lebensmittel konsumiert, wohingegen ballaststoffreiche Lebensmittel zu wenig verzehrt werden. Die Hauptenergiequelle stellen neben Brot und Milchprodukten, Süßigkeiten dar. Wird ein Blick auf den Kohlenhydratanteil geworfen, lässt sich sagen, dass dieser angestiegen ist und aus Lebensmitteln mit einem hohen Zucker- und Weißmehlanteil, statt aus gesunden, stärke- und ballaststoffreichen Vollkornprodukten, besteht. Der Fettanteil ist durchschnittlich zurückgegangen, wobei etwa 10 % der Kinder 40 % der zugeführten Kalorien aus Fett ziehen. Alles in allem werden zu viele tierische Fette über Fleisch- und Wurstwaren verzehrt, währenddessen pflanzliche Fette und gesunde Omega-3-Fette zu sich genommen werden. Vitamine und Folsäure werden überwiegend ausreichend aufgenommen.[25]
Die Ergebnisse der vorgestellten EsKiMo-Studie stimmen weitgehend mit den Ergebnissen des Verzehrhäufigkeitsfragebogens aus KiGGS[26] überein.[27]
Übergewicht und Adipositas bei Kindern
Betrachtet man die aktuelle Ernährungs- und Sportsituation der Kinder, ist es unumgänglich sich mit dem Thema Übergewicht und Adipositas auseinanderzusetzen. Sie stellen die häufigsten Folgen der Fehlernährung in Deutschland dar.
Adipositas...