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Erwerbsregulierung in einer globalisierten Welt

AutorLudger Pries
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl301 Seiten
ISBN9783531919560
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Arbeit und Produktion sind im 21. Jahrhundert immer stärker grenzüberschreitend vernetzt. Dies galt aber bisher nicht in gleichem Maße für die Regulierung der Arbeits-, Beschäftigungs- und Partizipationsbedingungen der erwerbstätigen Menschen. Nationale Mechanismen und Institutionen dominieren immer noch die Festlegung etwa von Bezahlung, Arbeitszeit, Arbeitsschutz und Beteiligung der Beschäftigten.
Bei genauerer Betrachtung zeigt sich eine Vielfalt von grenzüberschreitenden Formen der Festlegung z.B. von Mindeststandards für Arbeit und von Verhaltensregeln für internationale Konzerne. Es entsteht eine transnationale Netzwerktextur der Erwerbsregulierung, die internationale Organisationen, staatliche Akteure, Nicht-Regierungsorganisationen, globale Konzerne, Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen einbezieht. Der 'globalisierte Kapitalismus' agiert zwar grenzüberschreitend, aber nicht ungebändigt.


Prof. Dr. Ludger Pries hat den Lehrstuhl Soziologie/Organisation, Migration, Mitbestimmung an der Ruhr-Universität Bochum inne.

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Leseprobe

9 Zertifizierungen, Monitoring und Kampagnen (S. 221-222)

In den bisherigen Kapiteln wurden verschiedenste Formen der Erwerbsregulierung behandelt, die über die Grenzen nationalstaatlicher Bestimmungen und Mechanismen hinausweisen. Dabei spielten die Konventionen der ILO und speziell die Kernarbeitsnormen als normativer und globaler Referenzpunkt eine besondere Rolle. Sie haben inzwischen Eingang in vielfältige internationale Verträge, in freiwillige Absichtserklärung von Unternehmen und auch in die zuvor behandelten IFAs gefunden.

Das Kapitel 7 über den europäischen Sozialen Dialog und die Euro-Betriebsräte hat gezeigt, dass erwerbsrelevante europäische Gesetze in einem komplexen Verfahren durch das europäische Parlament, die Europäische Kommission und die Vertreter der souveränen Mitgliedsländer verabschiedet und dadurch Kompetenzen zur Normenaushandlung und Festlegung im Hinblick auf spezifische Gegenstandsbereiche widerum an definierte Akteursgruppen subsidiär delegiert werden. In diesem Sinne sind durch die Richtlinien zum sozialen Dialog die europäischen Arbeitgeber- und Gewerkschaftsverbände autorisiert, autonom Vereinbarungen zu treffen oder Vereinbarungsvorschläge in die europäischen Normensetzungsprozeduren einzuspeisen.

Im vorangehenden Kapitel 8 schließlich wurden die auf internationale Konzerne bezogenen Möglichkeiten der Erwerbsregulierung behandelt. Neben den unilateralen Aktivitäten der Unternehmensleitungen und der entsprechenden Gewerkschaften erwiesen sich die wiederum prozedural angelegten festen bilateralen Strukturen der Information, Konsultation und Mitentscheidung etwa durch Weltkonzernbetriebsräte als neues Regulierungsinstrument.

Die im letzten Jahrzehnt immer bedeutsamer gewordenen Internationalen Rahmenabkommen wiederum sind feste verbindliche Verträge zwischen Unternehmensleitungen, internationalen Arbeitnehmervertretungsorganen und der entsprechenden internationalen Branchengewerkschaft (GUF). Alle bisher beschriebenen Strukturen und Mechanismen der internationalen Erwerbsregulierung beschäftigten sich vorrangig mit Verfahren der Aushandlung und Definition bestimmter Mindestnormen und mit der Festlegung bi- oder trilateraler Strukturen mit besonderer Betonung der prozeduralen Aspekte von Normensetzung und Aushandlungsprozessen.

9.1 Erwerbsbezogene Zertifizierungen

An vielen Stellen wurde bereits auf ein entscheidendes Defizit der bisher besprochenen Strukturen und Mechanismen der Erwerbsregulierung verwiesen: Zwischen der vergleichsweise generellen Definition materialer Normen (etwa der Kernarbeitsnormen der ILO oder weiterer Bestimmungen in IFAs) und der Festlegung eher prozeduraler Normen für deren Aushandlung und Überprüfung klafft eine große Lücke: die Spezifizierung von Verfahren der Evaluation und Überwachung der getroffenen Vereinbarungen.

Hiermit ist ein wichtiger Aspekt des weiten Bereiches von Zertifizierungen, Labels und Monitoring angesprochen. Unter Zertifizierung kann ganz allgemein ein formalisiertes Verfahren verstanden werden, durch welches die Einhaltung bestimmter Standards für Produkte und Prozesse durch dafür autorisierte Organe gemessen und gleichsam ‚amtlich‘ festgestellt sowie in der Regel durch ein Zeugnis oder Zertifikat bestätigt wird.

Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis5
Abkürzungsverzeichnis7
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis10
Vorwort13
1 Einleitung15
2 Zum Verständnis von Erwerbsregulierung25
3 Erwerbsregulierung in vergleichender Perspektive45
4 Regime der Erwerbsregulierung in ausgewählten Ländern75
5 Divergenz, Konvergenz und/oder Internationalisierung118
6 Globale und internationale Erwerbsregulierung152
7 Erwerbsregulierung in der Europäischen Union174
8 Konzernbezogene Erklärungen, Vertretungen und Abkommen187
9 Zertifizierungen, Monitoring und Kampagnen219
10 Entstehende supra- und transnationale Governance243
11 Perspektiven internationaler Erwerbsregulierung258
Literaturverzeichnis273
Index289

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