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E-Book

Erziehung im Nationalsozialismus

AutorMagdalena Kempny
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl62 Seiten
ISBN9783640559671
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Vordiplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Pädagogik - Geschichte der Päd., Note: 1,0, Universität Bremen, Sprache: Deutsch, Abstract: [...] Dabei bin ich induktiv vorgegangen, angefangen bei den erziehungstheoretischen Ansätzen Hitlers, die er zu allererst in seinen Werk 'Mein Kampf' geäußert hat. Grundlegend für die Pädagogik im Nationalsozialismus waren auch die Erziehungstheorien von Ernst Krieck und Alfred Baeumler, die ich darauffolgend untersucht habe. Im weiteren Verlauf meiner Arbeit habe ich mich nach der Entwicklung des Kindes gerichtet und die verschiedenen Erziehungsinstanzen aufsteigend, entsprechend ihrer Bedeutung für die jeweilige Entwicklungsstufe des Kindes, geordnet und untersucht. Angefangen bei der erzieherischen Rolle der Familie, über die pädagogische Praxis der Vorschulerziehung, sowie der Schule inklusive ihrer ganz speziell auf die nationalsozialistischen Erziehungsideale ausgerichteten Elite-Schulen. Um schließlich die außerschulischen Erziehungsinstanzen, die durch systematische Gleichschaltungsprozesse allein in der Hitlerjugend gebündelt waren und gleichzeitig höchste Priorität in der nationalsozialistischen Erziehung genossen, genauer zu betrachten. Bezüglich der Hitlerjugend erachtete ich es als relevant die sozioökonomische Situation der Jugendlichen in der damaligen Zeit zu berücksichtigen, da sie eine wichtige Voraussetzung und Erklärung für die anfängliche Begeisterung der Jugend bot. Bei der Darstellung der Erziehungsinstanzen lag mein Fokus auf den theoretischen Erziehungskonzeptionen und nicht auf ihrer realitätsgetreuen Abbildung. Mir ist bewußt, dass es sich um eine starke Vereinfachung handelt, wenn ich von der theoretischen Basis aus verallgemeinernd von 'der Familie', 'der Vorschulerziehung', 'der Schule', 'der Elite-Schule' und 'der Hitlerjugend' spreche, da die Erziehungspraxis in einer starken Abhängigkeit zu der individuellen Einstellung der 'Erzieher' und ihrer 'Zöglinge' steht und sich keinesfalls aus einer Theorie ableiten lässt. Anhand dieser Vorgehensweise wollte ich die Intention der Machthaber darstellen und die dafür vorgesehen Pädagogik skizzieren, ohne mich auf die direkte Umsetzung zu beziehen. Abschließend versuchte ich die Nachwirkungen der damaligen Pädagogik bis in die heutige Zeit hinein zu untersuchen, denn nur unter Einbeziehung dieser Grundlage scheint es mir möglich sich kritisch mit der totalitären Erziehung des Dritten Reiches auseinanderzusetzen und letztendlich Adornos Forderung, 'daß Auschwitz nicht noch einmal sei' zu erfüllen.

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Leseprobe

2. Hitlers Erziehungstheorien[1] in seinem Werk  „Mein Kampf“


 

Als Adolf Hitler am 30.01.1933 zum Reichskanzler gewählt wurde besaß die von ihm geführte NSDAP noch keine parteioffizielle pädagogische Doktrin. Die ideologischen Grundlagen der Partei bestanden zu diesem Zeitpunkt fast ausschließlich aus Haßaussprüchen gegen Juden und andere Völker, sowie Sozialisten. Das fehlende positive Programm der Partei war bewußt nicht entwickelt worden, da präzise Ideen eine größere Menge an Gegnern zur Folge gehabt hätten. Es war dementsprechend die Grundvoraussetzung für den Erfolg der NSDAP als “Massenpartei“.

 

So galt es nach der Machtergreifung eine neue, der nationalsozialistischen Ideologie entsprechende erziehungswissenschaftliche Theorie zu entwickeln und zu verwirklichen.

 

Einziger Ausgangspunkt war zu diesem Zeitpunkt das von Adolf Hitler im Jahr 1922 verfasste Buch „Mein Kampf“. Seine die Erziehung betreffenden Ausführungen sind im zweiten Teil des Buches, genauer in dem Kapitel über den Staat zu finden. Jedoch ist es wichtig, sie nicht losgelöst vom Kontext zu betrachten. Vielmehr sollten Hitlers erziehungsspezifische Vorstellungen dem Zweck dienen seine ideologischen Vorstellungen durchzusetzen.

 

Des Weiteren darf nicht außer acht gelassen werden, dass es sich bei dem Buch „Mein Kampf“ nicht um eine politische Aufklärungsschrift handelte, sondern um reines Propagandamaterial, dessen Ziel es war die, breite Masse anzusprechen. Als Propagandaschrift bot es zwar viele Identifikationsmöglichkeiten, jedoch wenig praktisch anwendbare Erziehungstheorien.

 

Die ideologischen Grundsätze Hitlers beziehen sich hauptsächlich auf den Begriff der Rasse. Das Leben sei ein „Kampf ums Dasein“ (Hitler 1939, S.637 ff) in dem, der Stärkere sich nicht nur als überlegen, sondern gleichzeitig als höherwertig erweist, womit ihm das Recht schwächere zu unterdrücken zukommt. Die arische Rasse bilde nach Hitler die Herrenrasse. Ihre Aufgabe sei es, andere Rassen zu unterdrücken und zu beherrschen und gegebenenfalls, zum Zweck einer Erweiterung des „Lebensraumes“ und der Schaffung eines „germanischen Staates deutscher Nation“ auszulöschen. (ebd., S.637 ff)

 

Hochgeschätzt wurden von ihm menschliche Eigenschaften wie Treue, Opferwilligkeit, Verschwiegenheit, Robustheit- also die Eigenschaften, welche einen guten Soldaten ausmachten (vgl. ebd., S 461 ff), während er die geistigen Eigenschaften verachtete (vgl. ebd., S. 637 ff). Aus dieser Verachtung entspringt auch seine völlige Missbilligung ethischer Normen, welche für ihn durch die naturbedingten, biologischen Gesetze außer Kraft gesetzt würden.

 

Auf der Basis dieser Prinzipien können nun die erziehungstheoretischen Grundsätze genauer untersucht werden, da sie vor allem „der ersten Aufgabe des Staates, gerade den rassisch wertvollsten Kern des Volkes und gerade seine Fruchtbarkeit zu steigern“ (ebd., S. 400) dienen.  Die Verwirklichungsmöglichkeiten dieses Vorhabens sah Hitler einerseits in einer „Rassenhygiene“, welche darauf gerichtet war, alle „Fremdrassigen“ und „irgendwie ersichtlich krank und erblich Belasteten“ aus dem „Volkskörper“ (ebd., S. 400) zu entfernen und andererseits in einer Erziehung die das „kostbarste Gut des Volkes“ (ebd., S. 395 ff.), also das Kind, „im  Dienste der Allgemeinheit“ (ebd., S. 426) forme.

 

Für die Erziehungsziele formulierte er folgende Prioritäten:

 

„Der völkische Staat hat (...) seine gesamte Erziehungsarbeit in erster Linie nicht auf das Einpumpen bloßen Wissens einzustellen, sondern auf das Heranzüchten kerngesunder Körper. Erst in zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Hier aber wieder an der Spitze die Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschlußkraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit, und erst als letzes die wissenschaftliche Schulung." (ebd., S. 454).

 

In der damaligen Zeit war eine Rangordnung dieser Art nichts Außergewöhnliches, da in der bürgerlichen Reformpädagogik bereits eine Tendenz zur körperlichen Erziehung und weg von der Stofffülle bestand. Jedoch verweist die Formulierung „das Heranzüchten kerngesunder Körper“ schon darauf, dass es sich hier nicht um eine Erziehung im Sinne des Individuums handelte sondern viel mehr um die Erfüllung der rassistischen Grundsätze Hitlers. Auf der nächsten Seite formuliert er ganz klar, dass „die körperliche Ertüchtigung (...) im völkischen Staat nicht eine Sache des einzelnen, auch nicht eine Angelegenheit, die in erster Linie die Eltern angeht (...) sondern eine Forderung der Selbsterhaltung des durch den Staat vertretenen und geschützten Volkstums“ sei. „Der völkische Staat hat seine Erziehungsarbeit so einzuteilen, daß die jungen Körper schon in ihrer frühsten Kindheit zweckentsprechend behandelt werden und die notwendige Stählung für das spätere Leben erhalten.“ (ebd., S. 411). Hitler hielt in diesem Sinne den Boxsport für besonders geeignet. Hier würde „blitzschnelle Entschlusskraft“ verlangt und „Angriffsgeist“ gefördert (ebd., S. 454). Darüber hinaus sei es wichtig, dass die Jungen durch diesen Sport lernten Schläge einzustecken. Gerade in diesem Sport tritt die symbolische Bedeutung dieser Sportart zum Vorschein und es sind viele Parallelen zu der dahinterstehenden Ideologie zu finden.

 

An dieser Stelle wird ganz besonders deutlich, dass Hitlers Prämisse einem „lückenlosen Erziehungsstaat“ (ebd., S. 452) galt.

 

Die Erziehung wird der Verantwortung der Eltern entzogen und dem Staat zugesprochen.  Jedoch hat nach Adolf Hitler der Staat nicht nur Sorge für eine „zweckentsprechende“ Erziehung zu tragen, sondern auch dafür, dass „nur wer gesund ist Kinder zeugt; daß es nur eine Schande gibt: bei eigener Krankheit und eigenen Mängeln dennoch Kinder in die Welt zu setzen, doch eine höchste Ehre: darauf zu verzichten. (...)Wer körperlich und geistig nicht gesund und würdig ist, darf sein Leid nicht im Körper seines Kindes verewigen. Der völkische Staat hat hier die ungeheuerste Erziehungsarbeit zu leisten.“ (ebd., S. 446 ff)  Dementsprechend kann Erziehung sich nicht nur auf das Kinder- und Jugendalter beschränken sondern muss zum festen Teil des gesellschaftlichen Lebens werden, welches alle Generationen dieser Gesellschaft betrifft. Man könnte schon fast von einer Umkehrung der Generationsverhältnisse sprechen, da die jüngeren den älteren gegenüber im Vorteil sind, weil sie von vornherein nationalsozialistisch geprägt wurden.

 

In „Mein Kampf“ zieht er eine Verbindung zwischen den körperlichen und den geistigen Fähigkeiten die es auszubilden gelte. Sein „Menschheitsideal“ liegt „nicht im ehrbaren Spießbürger (...), sondern in der trotzigen Verkörperung männlicher Kraft“ (ebd., S. 454).

 

Dementsprechend werden die aus der körperlichen Tüchtigkeit entspringenden Eigenschaften „Mutgefühl“, „Angriffsgeist“ und „Angriffsmut“ genauso geschätzt wie Willens- und Entschlußkraft, Verantwortungsfreudigkeit, „Treue und Opferbereitschaft“ und „Schweigsamkeit“ (ebd., S. 408). Mit Verantwortungsbewusstsein ist jedoch nicht die Fähigkeit gemeint eine den äußeren Umständen und ihren Konsequenzen entsprechende Entscheidung zu treffen, sondern sich für bestimmte Zwecke in Grenzsituationen zu begeben, die auch mit dem Tod enden können. Denn, „wer vom Schicksal erst die Bürgschaft für den Erfolg fordert, verzichtet damit von selbst auf die Bedeutung einer heroischen Tat.(...) Diese liegt darin, daß man in der Überzeugung von der Todesgefährlichkeit eines Zustandes den Schritt unternimmt, der vielleicht zu Erfolg führen kann.“ (ebd., S. 463) Dieses neue menschliche Ideal verlangt selbstverständlich auch nach einer völligen Neugestaltung der Leitziele der schulischen Bildung. Die Schule soll „das jugendliche Gehirn im allgemeinen nicht mit Dingen belasten, die es zu 95% nicht braucht und daher auch wieder vergißt.“ (ebd., S. 411) Jedoch „soll kein Knabe und kein Mädchen die Schule verlassen, ohne zur letzen Erkenntnis über die Notwendigkeit und das Wesen der Blutreinheit geführt worden zu sein.“ (ebd., S. 420) Die Aufgabe der Schule besteht folglich nicht mehr aus der Vermittlung möglichst objektiven Wissens sondern hauptsächlich in der Verbreitung einer wissenschaftlich nicht erwiesenen Theorie, sowie in der Unterstützung der „körperlichen Ertüchtigung“ (ebd., S. 402). Somit unterliegt der Schule nicht die Unterstützung der Entwicklung eines kritischen, autonomen Menschen, sondern lediglich die Formung von Nationalsozialisten. Beispielsweise dürfe man bezüglich des Geschichtsunterrichts nicht außer acht lassen, dass er nur „mittel zum Zweck sei“ (ebd., S. 413) „eine fanatische Nationalbegeisterung zu erzeugen“ (ebd., S. 413).

 

In der von Hitler aufgestellten Prioritätensetzung bezüglich der Erziehung steht an dritter Stelle die „wissenschaftliche Schulung“. Diese sei allein dazu da, den Menschen auf sein späteres Berufsleben vorzubereiten. So genüge es, wenn der einzelne ein „allgemeines, in großen Zügen...

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