3. Evaluationsmodelle von Corporate Volunteering
Der Druck auf die Unternehmen steigt, den Nutzen ihres Corporate Volunteering Engagements zu belegen.[187] Durch fehlende Evaluation stellt sich das Engagement der Unternehmen als unreflektiertes Abenteuer dar.[188] Mittelgeber erwarten von ihrer Unterstützung einen größtmöglichen Rückfluss.[189] Für die Mittelverwendung wird höchstmögliche Transparenz gefordert.[190] Ohne ein klares Verständnis von Kosten und Nutzen können Corporate Volunteering Projekte nicht erfolgreich implementiert werden.[191] Nach der Bertelsmann Stiftung mangelt es bei den meisten Organisationen im gemeinnützigen Bereich an der Messung der Ergebnisse und der langfristigen Wirkungen des gesellschaftlichen Engagements.[192] Die Unternehmen streben danach, ihr Engagement effektiver zu gestalten und den Nutzen für die Gesellschaft und das Unternehmen zu erhöhen.[193] Die Evaluation von Corporate Volunteering umfasst die Wirkungen der Aktivitäten auf gesellschaftlicher Seite und auf der Unternehmensebene. Durch das Engagement der Unternehmen entstehen interne wie externe Wirkungen, diese müssen in die Evaluation mit aufgenommen werden.[194] Die Evaluierung von Corporate Volunteering beinhaltet auf der Unternehmensebene die Messung der Reputationsgewinne, der Einflüsse auf die Unternehmenskultur, der Impulse für das Kerngeschäft, der gewonnenen Innovationskraft, der verbesserten Personalentwicklung, der Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit, der stärkeren Loyalität der Mitarbeiter und der positiven Teamentwicklung.[195] Durch die Evaluierung können Unternehmen ihre Erfolge besser nach innen und nach außen kommunizieren.[196] In der Praxis wird es dabei immer den Trade-Off zwischen der Vollständigkeit und der Kompaktheit einer Projektbewertung geben.[197] Clark et al. nennen in ihrem Katalog folgende Modelle, mit denen im Allgemeinen gesellschaftliches Engagement von Unternehmen gemessen werden kann: Theories of Change, Balanced Scorecard, Acumen Scorecard, Social Return Assessment, AtKission Compass Assessment for Investors, Ongoing Assessment of Social Impacts, Social Return on Investment, Benefit-Cost Analysis und Poverty and Social Impact Analysis.[198] In dem Catalog of Approaches to Impact Measurement von Galimidi/Olson werden sogar 25 Modelle vorgestellt, davon alleine fünf Modellierungen der Social Return on Investment Methodik.[199] Die Modelle eignen sich mit einigen Anpassungen zur Evaluierung von Corporate Volunteering Projekten. In Großbritannien hat sich das London Benchmarking Modell für die Messung von Corporate Volunteering etabliert.
Eine Methodik ist ein definierter, belegter Prozess, der angewandt wird, um die tatsächlichen sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Wirkungen von Unternehmensaktivitäten zu bewerten. Von einem Modell spricht man als Gegenstand wissenschaftlicher Methodik und meint damit, dass eine zu untersuchende Realität durch bestimmte Erklärungsgrößen im Rahmen einer wissenschaftlich handhabbaren Theorie abgebildet wird. Ein Modell baut damit stets auf einer Methodik auf. Es gibt, wie im vorherigen Abschnitt dargestellt, eine Vielzahl von Modellen, um den Nutzen von Corporate Volunteering Aktivitäten zu messen. Untereinander stehen die Modelle im Wettbewerb. Bisher konnte sich keines als internationaler Standard durchsetzen.[200] Die einzelnen Modelle gehen von unterschiedlichen Annahmen aus. Die Methoden können kategorisiert werden. Gute Evaluationsmethoden können die asymmetrische Informationsbalance abschwächen.[201] Nach Feeley et al. sind Evaluationsstrategien für Corporate Volunteering geeignet, die mit unterschiedlichen Dimensionen der Performance operiert.[202]
Für die Analyse der Wirkungen von Corporate Volunteering bedarf es bei den Auswahlkriterien um Relevanz, Glaubwürdigkeit, Eindeutigkeit und Bewertbarkeit.[203] Hamming, Köhnke/Nover, Nicholls/Olsen und Scholten beschreiben in der Vorstellung der SROI-Methodik die Vorraussetzungen für die Bewertung von Messindikatoren.[204] Diese lassen sich unter dem Begriff SMART zusammenfassen und als Anforderung an die Messung von Indikatoren verallgemeinern. Indikatoren sind SMART, wenn sie spezifisch, messbar, akzeptabel, realistisch und terminiert sind.[205] Spezifisch heißt, dass es klar ist, was zu untersuchen ist und was sich geändert hat. Messbar ist ein Indikator, wenn es möglich ist, zu überprüfen, ob das Ziel erreicht wurde. Akzeptabel ist ein Indikator, wenn das Ziel nicht zu niedrig gesetzt wurde und es sinnvoll ist, es zu erreichen. Realistisch bedeutet, dass das Ziel machbar sein muss und mit den vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen zu verwirklichen sein sollte. Terminierbar ist ein Indikator, wenn die Umsetzung in einem überschaubaren Zeitraum zu erreichen ist und der Zeitraum klar abgegrenzt wird, in dem das Ziel erfüllt werden soll. Umso mehr Kriterien auf die einzelnen zu messenden Indikatoren zutreffen, desto genauer ist die Analyse der Wirkungen.[206]
Clark et al. unterscheiden in ihrem Double Bottom Line Project die Modelle nach der Bewertung und Beschreibung in drei Kategorien.[207] Die Kategorien sind: Prozess-, Impact- und Monetarisierungsmethoden.[208] Prozessmethoden sind Werkzeuge, die eingesetzt werden, um die Effizienz und die Wirksamkeit von Outputs, Variablen und Indikatoren aufzuzeichnen und zu überwachen.[209] Das Management nutzt diese, um das Tagesgeschäft zu protokollieren. Impactmethoden ordnen Outputs und rastern diese im Verhältnis zu der nächstbesten Alternative.[210] Monetarisierungsmethoden setzen die Wirkungen in ein Verhältnis zu einem finanziellen Wert, der durch die Methode berechnet wird.[211] Diese drei Kategorien ergänzen einander. Eine qualitative Auswertung von Folgewirkungen kann ohne Einsatz von guten Werkzeugen für die Aufzeichnung von kurzfristigen Prozessoutputs nicht erzielt werden. Langfristige Bewertungsdaten sind nutzlos, wenn sie keine sinnvollen Informationen für das Prozessmanagement liefern können.[212] Einzelne Modelle können auch zwei Kategorien zugeordnet werden.
In allen Methoden werden Kausalitätsketten und Annahmen getroffen, die in der Praxis zu fragwürdigen Ergebnissen führen können. Die Wirkungszusammenhänge sind nicht linear und meistens sehr komplex, Kausalitätsketten sind schwierig zu entwickeln.[213] Viele weiche Faktoren wie der Kompetenztransfer bei Mentoring- und Austausch-Programmen können kaum modelliert werden. Die Folgewirkungen der einzelnen Programme lassen sich nur über einen längeren Zeitraum feststellen. Viele Corporate Volunteering Programme laufen dafür noch nicht lang genug, so dass der Gesamtnutzen nur schwer bewertet werden kann.[214] Auch die Zuordnung der langfristigen Wirkungen der einzelnen Projekte ist schwierig. Teilweise ändert sich das Verhalten der Teilnehmer durch äußere Einflüsse, die nichts mit dem Engagement beim Corporate Volunteering zu tun hatten. Kritisch kann außerdem die Auswahl der Gruppen, die durch ein Projekt gefördert werden sollen, gesehen werden. Durch eine einseitige Auswahl von hilfsbedürftigen Akteuren, bei denen am schnellsten und am besten positive Wirkungen erzielt werden können, verzerrt sich das Ergebnis zum Nachteil der Gesellschaft. Unterstützte Jugendliche oder Obdachlose hätten auch ohne die Hilfe durch die Unternehmen einen Arbeitsplatz finden können. Hamming, Köhnke/Nover und Nicholls/Olsen beschreiben die Problematik der Deadweights in ihrer SROI-Analyse. Dabei handelt es sich um die Menge der Veränderungen, die auch ohne ein Projekt entstanden wären und sind nicht den Projekten zuzurechnen. [215]
Die Modelle der London Benchmarking Group und des Social Return on Investment eignen sich für die Evaluation von Corporate Volunteering. Sie unterscheiden sich stark von ihrer Herangehensweise. Nach Clark et al. ist das Social Return on Investment Modell eine Impact- und Monetarisierungsmethode.[216] Das Modell der London Benchmarking Group wird von Clark et al. nicht vorgestellt. Ihrer Systematik folgend handelt es sich hierbei um eine Prozess- und Impactmethode.
Die London Benchmarking Group (LBG) ist ein britisches Unternehmensnetzwerk, das das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen evaluiert. Die Mitgliedsunternehmen haben ein Modell entwickelt, anhand dessen sie ihre Programme miteinander vergleichen können.[217] Es hat sich mittlerweile als Standard in...