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E-Book

Fachdidaktik Englisch

Tradition - Innovation - Praxis. E-Book

VerlagErnst Klett Sprachen GmbH
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl420 Seiten
ISBN9783129090183
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Das grundlegende Standardwerk in der Aus- und Fortbildung von Englischlehrkräften, in zweiter, vollständig überarbeiteter und erweiterter Auflage: Umfassend Von den Grundlagen der Fachdidaktik, über Ziele, Inhalte und Methoden des Englischunterrichts bis zur Bewertung von Schülerleistungen Praxisorientiert • Für die ersten Schritte im Englischunterricht sowie im Studium und Referendariat • Impulse, Tipps und Materialien für erfahrene Kolleginnen und Kollegen Wissenschaftlich fundiert und aktuell • Fachwissenschaftliche Zusammenhänge leicht verständlich und klar dargestellt • Berücksichtigt aktuelle Lehrwerke, Lehrpläne, Standards und den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen Online-Extra Mit zahlreichen Unterrichtsbeispielen, adaptierbaren Arbeitsblättern - fortlaufend aktualisiert

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Leseprobe

1 Grundlagen und Bezüge der Fachdidaktik Englisch


1.1   Die Fachdidaktik Englisch im Spannungsfeld der Bezugswissenschaften

Williams und Burden beschreiben den Prozess des Sprachenlehrens in der folgenden Form:

“[Language teaching] is a highly complex process involving an intricate interplay between the learning process itself, the teacher’s intentions and actions, the individual personalities of the learners, their culture and background, the learning environment and a host of other variables. The successful educator must be one who understands the complexities of the teaching-learning process and can draw upon this knowledge to act in ways which empower learners both within and beyond the classroom situation” (Williams & Burden 1997: 5).

Wie sieht dieses Wissen um das Sprachenlehren, das dem Lehrenden dabei behilflich ist, diese komplexe Situation zu meistern, aber nun aus? Auf der einen Seite bringen Lehrerinnen und Lehrer subjektive Theorien zum Lehren von Fremdsprachen mit, die sie aus der eigenen Schulerfahrung sowie aus ihrer professionellen Erfahrung in Lehr-Lernkontexten entwickelt haben. Die kontinuierliche Reflexion der professionellen Erfahrungen im Englischunterricht führt im Laufe der Zeit zur Ausbildung eines reflektierten Erfahrungswissens. Dieses erlaubt es den Lehrenden, die vielen hundert Entscheidungen in der täglichen persönlichen Interaktion mit Lernenden sinnvoll zu treffen.

Dabei helfen ihnen publizierte Wissensbestände, wie das vorliegende Buch, das Englischlehrenden methodisch-didaktisches Wissen nahe bringt. Auf Grund der oben angedeuteten komplexen Klassenraumsituation, in der Lernende und Lehrende in ganz spezifischen Kontexten miteinander agieren, speist sich dieses Fachwissen zur Englischdidaktik aus einer Vielzahl von verschiedenen Disziplinen, die man überblicksartig folgendermaßen darstellen kann:

Die ursprünglichen Disziplinen, die sich mit dem Bereich des Lehrens und Lernens fremder Sprachen auseinander setzen, sind die Fremdsprachendidaktik, die Sprachlehrforschung und die angewandte Linguistik. Bis heute hat man sich noch nicht auf einen Begriff einigen können, obgleich ähnliche Bereiche bearbeitet werden. Aus diesem Grunde ist eine genaue Abgrenzung der einzelnen Gebiete auch nicht möglich. Die allgemeine Didaktik und die Schulpädagogik, die sich mit den generellen Prinzipien und Absichten menschlicher Erziehung beschäftigen, stellen weitere Bezugswissenschaften dar, auf die wir hier aber nicht eingehen können. Im Folgenden möchten wir die Hauptgebiete kurz darstellen.

1.1.1 Fremdsprachendidaktik

Die Fremdsprachendidaktik nimmt Wissensbestände aus den anderen Disziplinen auf und macht diese für die Vermittlung von Fremdsprachen nutzbar. Als eigene Disziplin des Lehrens moderner Sprachen hat sie sich im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelt.

1.1.2 Linguistik

Systemlinguistik

Die Linguistik oder Sprachwissenschaft beschäftigt sich mit dem Aufbau und der Funktion von Sprache. Die Systemlinguistik beschreibt Sprache als ein System menschlicher Kommunikation. Sie unterscheidet dabei verschiedene Gebiete:

Phonetik

Phonologie

Morphologie

Syntax

Semantik

Die Phonetik beschäftigt sich mit den kleinsten Einheiten der Sprache, den Lauten, und ist somit für die Ausspracheschulung im Englischunterricht von großer Bedeutung. Die Phonologie untersucht bedeutungsrelevante Lautelemente einer Sprache (z.B. minimal pairs wie cut und hut, die sich genau in einem Laut unterscheiden). Die Morphologie beschäftigt sich mit der Struktur von Wörtern und bildet eine Basis für das Erlernen von Wortschatz. Die englische Grammatik erfährt ihre Grundlage in der Syntax, der Frage also, nach welchen Prinzipien englische Sätze konstruiert werden. Auch die Semantik, die Lehre der Wort- und Satzbedeutung, ist entscheidend für die Entwicklung des Wortschatzes.

Linguistik der Sprachverwendung

Neben der systemischen Linguistik, die (außer im Bereich der Semantik) die Grundlage für Beschreibungen des Sprachsystems stellt, ist vor allem die Linguistik der Sprachverwendung für die Englischdidaktik von Bedeutung, da sie sich mit gesprochener Sprache beschäftigt. Zwei wichtige Bereiche der Linguistik, die einen großen Anteil an der Entwicklung des kommunikativen Fremdsprachenunterrichts hatten, sind die Pragmatik (Sprachverwendung) und die Soziolinguistik, die untersucht, wie Sprache in spezifischen sozialen Kontexten funktioniert. Als Arbeitstechniken in diesem Bereich sind die Diskursanalyse, die Alltagsgespräche analysiert, und die Korpusanalyse zu nennen, die den tatsächlichen Sprachgebrauch anhand von großen Textsammlungen gesprochener wie geschriebener Sprache untersucht und so z.B. Aussagen darüber machen kann, wie häufig bestimmte Worte, Kollokationen oder grammatische Phänomene tatsächlich auftauchen.

1.1.3 Neurolinguistik

Die Neurolinguistik, die sich anfangs vor allem mit verbalen Defiziten beschäftigt hat, die durch Hirnverletzungen entstanden sind, fokussiert heute das breite Gebiet der neurologischen Darstellung von Sprache im Gehirn und der Frage, wie das Sprachverhalten im Verhältnis zu den Gehirnfunktionen zu modellieren ist. Sie ist interdisziplinär ausgerichtet und verbindet Erkenntnisse der Neuropsychologie, der Neurowissenschaften und der menschlichen Kommunikation, vertreten durch die Linguistik und Psycholinguistik. Entgegen der lange verbreiteten Annahme, dass Sprache nur in bestimmten Bereichen der linken Gehirnhälfte verarbeitet wird, zeigen die neuen Untersuchungsmethoden (vor allem der Einsatz von neuroimaging techniques bei der Durchführung von tasks), dass viele Sprachfunktionen durch weit im Gehirn verteilte Netzwerke ermöglicht werden, in der auch die rechte Gehirnhälfte eine wichtige Rolle spielt, z.B. bei den pragmatischen Aspekten von Sprache (vgl. Dörnyei 2009, S. 41). Die parallele Aktivierung von Neuronen im Gehirn während des Lernprozesses führt zu einer stärkeren Vernetzung derselben, d.h. „Lernen bewirkt physiologische Korrelate“ bzw. „mentale Aktivität kann im Gehirn materiale Strukturen […] schaffen“ (Bleyhl 2004, S. 223). Dabei sind die neuronalen Netze, z.B. für bestimmte fremdsprachliche Begriffe wie pets, gleichzeitig mit konkreten Gefühlen verbunden. Diese Erkenntnisse unterstreichen, dass Sprache ein komplexes und dynamisches System ist, in dem kognitive, soziale und Umweltfaktoren interagieren und “where creative communicative behaviours emerge from socially co-regulated interactions (…) and where language is not a collection of rules and target forms to be acquired, but rather a by-product of communicative processes” (Ellis 2007, S. 23). Für die Didaktik bedeutet dies, dass selbsttätiges Lernen über alle Sinneskanäle durch Exploration möglich gemacht werden sollte. Durch Neugier angeregt und durch positive Erfahrungen (z.B. positives feedback des Lehrers) besetzte Lernprozesse führen zu besseren Lernergebnissen. Damit bestätigt die Hirnforschung z.T., was aus der Reformpädagogik schon seit längerem bekannt ist: dass anregende learning environments zu emotional positiv besetzten Lernerfahrungen führen, in denen die Schüler ihr Vorwissen konstruktiv zum Lösen von sprachlichen Anforderungen einsetzen und so ihr Wissen erweitern.

1.1.4 Angewandte Linguistik und ­Second Language ­Acquisition

Angewandte Linguistik

Die angewandte Linguistik ist 1946 entstanden, mit der Gründung des Eng­lish Language Institute an der University of Michigan durch Fries und Lado. Gleichzeitig wurde die Zeitschrift Language Learning - Journal of Applied Linguistics aus der Taufe gehoben. Die angewandte Linguistik setzt sich mit sprachlichen Fragestellungen auseinander, die in der Sprachverwendung auftreten, wie beispielsweise die Frage danach, wie man eine Fremdsprache möglichst schnell und fehlerfrei erlernt oder wie man Sprachstörungen behebt.

Im Gegensatz zur Linguistik ist sie damit auch interdisziplinär ausgerichtet, denn viele Problemstellungen der angewandten Linguistik sind nur zu lösen, wenn z.B. die Didaktik, die Lernpsychologie oder die Anthropologie hinzugezogen werden. Für die Fremdsprachendidaktik ist sie deshalb so wichtig, weil sie sich mit den kommunikativen Aspekten von Sprachen in konkreten Situationen beschäftigt, also der zentralen Rolle der Sprache für die menschliche Interaktion. Sie untersucht u.a. wie linguistische Forschungsergebnisse in der Fremdsprachenpraxis nutzbar gemacht werden können und hat damit auch ein sehr pragmatisches Forschungsziel (s. Spillner 2003).

Second Language Acquisition

Trotzdem war vielen amerikanischen Forschern der Gegenstandsbereich der angewandten Linguistik zu breit, worauf sich in den 1980ern und 1990ern der Bereich der Second Language Acquisition herausbildete, der auf die Zweitsprachenerwerbsforschung der 70er Jahre zurückgeht. Second Language Acquisition wird verstanden als Theorie zur Praxis des Sprachenlernens, wobei sich die Disziplin mit der Frage befasst, wie Menschen eine andere als ihre erste...

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