Log-in: Einstimmung
Im Grunde ist Medienerziehung einfach – zumindest so einfach, wie bewusste elterliche Erziehung eben sein kann. Liebe, Zuwendung, Interesse, Offenheit und Lebenslust vorausgesetzt, lassen sich auch unter schwierigen Bedingungen angemessene Entscheidungen treffen.
Seien Sie also einfach zugewandt, interessiert, liebevoll, verantwortungsbewusst, humorvoll, selbstkritisch, authentisch, konsequent, offenherzig und was Ihnen sonst noch als gute Empfehlung für eine wunderbare Elternpersönlichkeit einfällt. Das mag banal klingen, ist aber von enormer Bedeutung.
Vielleicht ist ja auch die entscheidende Frage das Wie:
Wie schaffe ich es als Elternteil, meinem Kind gegenüber überwiegend zugewandt, interessiert, liebevoll … zu sein?
Und diese Frage hat dann mindestens zwei Aspekte. Der erste bezieht sich auf unser eigenes Selbst:
Ist es überhaupt möglich, dass wir in nahezu allen Situationen so vorbildlich handeln können?
Wie können wir erkennen, was von dem, was wir uns von uns selbst wünschen, beim anderen ankommt (v. a. beim Kind bzw. beim Partner)?
Was könnten wir ggf. an unserer Persönlichkeit, unseren Beziehungen, unseren Wirkungen ändern? Auf welche Weise?
Der zweite Aspekt bezieht sich auf unser Kind:
Was kann es von uns wahrnehmen? In welcher Form geschieht das in der Regel?
Welche Hypothesen stellt es vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen über sich auf?
Welche Hypothesen verfestigen sich durch die Art meiner Kommunikation?
Wie wird das Kind meine Worte interpretieren?
Um den Blick in diese Richtung etwas zu weiten, möchte ich zu einigen Beobachtungsexperimenten und Familienspielereien anregen. In Bezug auf den Umgang mit Medien in der Familie braucht man eine Reihe von Entscheidungshilfen.
Wenn Sie sich mit den entscheidenden Fragen zu Ihrem eigenen Handeln beschäftigen, erfahren Sie mit etwas Mut quasi nebenbei eine Menge über sich selbst. Kaum irgendwo sonst lernen wir so viel über uns selbst wie in der Interaktion mit unseren Kindern.
Eigentlich hätte auf dem Umschlag noch stehen können: Achtung, kein Ratgeber! Aber vielleicht wäre das noch nicht einmal ganz richtig. Denn natürlich soll Ihnen dieses Buch neue Perspektiven ermöglichen, hilfreiche Erfahrungen vermitteln und inspirierende Alternativen aufzeigen. Nach einer kurzen Beschreibung von Beobachtungen und Erkenntnissen sollen jeweils anregende Fragen zu eigenen Ideen führen.
Achtung: Gönnen Sie sich zwischen diesen Frageblöcken ausreichend Zeit! Es geht nicht darum, alle Fragen möglichst schnell »abzuarbeiten«. Lassen Sie sich vielmehr einladen, über Dinge nachzudenken, über die Sie so noch nie nachgedacht haben. Wählen Sie einzelne Fragen aus, die Sie ansprechen und inspirieren, und beobachten Sie in aller Ruhe, was in Ihrer Gedankenwelt geschieht!
Manchmal werden kurze Beispiele beschrieben, die das Dargestellte konkretisieren bzw. illustrieren. Wer darüber hinaus noch Interesse an packenden Alternativen zur Mediennutzung für die kleinen Helden hat, kann sich vom Heldentraining am Ende des Buches inspirieren lassen. Sie halten also keinen Ratgeber in den Händen, sondern ein »Anregungsbuch«.
Kinder und Jugendliche auf einen nachhaltig hilfreichen Umgang mit digitalen Medien vorzubereiten ist unbestreitbar eine besonders wichtige Erziehungsaufgabe. Wie das geschehen sollte – darüber lässt sich heftig streiten. Die Behandlung dieser Frage in den Massenmedien trägt nur bedingt zur Orientierung bei.
Ein Umstand macht die Sache besonders knifflig: Der Umgang mit digitalen Medien ist in der Menschheitsgeschichte der erste Bereich, der von der Elterngeneration nicht hinreichend ausgelotet werden kann. Die rasante technische Entwicklung und die ständig zunehmenden medialen Angebote lassen auch nicht erwarten, dass dies in absehbarer Zukunft anders werden wird. Wir bewegen uns also in einer (virtuellen) Umgebung, die wir selbst nur punktuell kennen, und sollen unseren Kindern dennoch Führung und Orientierung bieten?
Wo sich die mediale Welt ständig verändert, müssen auch Handlungs- und Verhaltensweisen immer wieder angepasst werden. Es wäre also nicht sinnvoll, Ihnen konkrete Strategien für den Umgang mit bestimmten virtuellen Angeboten zu empfehlen.
Hilfreicher erscheint es, die Beziehungen in der Familie ehrlich zu erforschen und der Frage nachzugehen, wie sie von den benutzten Medien beeinflusst werden.
In der Medienerziehung zeigt sich manchmal wie in einem Brennglas, dass eine didaktisch durchdachte Kindererziehung nicht immer wirklich funktioniert. Ein rationales Durchdenken von Situationen, auf die wir dann im Bedarfsfall überlegt und kindorientiert reagieren, führt leider nur selten dauerhaft zu den gewünschten Ergebnissen. Sicher kann die eine oder andere Situation entschärft werden, und vielleicht lassen sich sogar hilfreiche Rituale etablieren. Letztlich entscheidend sind jedoch die emotionalen Impulse.
Letztlich wird sich ein Kind so lange »interessant« verhalten, bis sein Bedürfnis an Zuwendung und Entwicklung seiner Autonomie gestillt ist. Und es lernt vor allem von unseren Beziehungen: den Beziehungen zu uns selbst, zu unseren Partnern, zu unseren Eltern, unseren Freunden und Bekannten und zur Welt. Die entscheidende Erziehungsfrage heißt also:
Wie geht es uns mit uns selbst (und unserer Familie)?
Wie entscheiden wir, welche Tätigkeiten uns guttun?
Welche Hoffnungen verbinden wir mit dem, was wir tun?
Mit welchen Zielen tun wir, was wir tun?
Welches Interesse haben wir an unseren Mitmenschen?
Welche Ängste sind unsere (ständigen) Begleiter?
Wie haben wir unsere Ängste gebändigt?
Wie neugierig sind wir auf uns selbst und die Welt?
Wo finden wir Liebe, und wie erleben wir sie?
Worin erkennen wir den Sinn unseres Lebens?
Sie merken schon: Hier geht es vor allem um Sie. Und deshalb ist es gut, dass Sie das hier lesen und nicht Ihre Kinder – aber die haben ja wahrscheinlich ohnehin gerade etwas Besseres zu tun …
Als Log-in für die nachfolgenden Ausführungen und Anregungen habe ich unsortiert einige häufig gestellte Fragen zusammengetragen. Vielleicht kommt Ihnen die eine oder andere bekannt vor.
Die anschließenden Bemerkungen stellen so etwas wie einen Antwort-Auftakt dar. Vollends verstehbar werden sie erst durch den nachfolgenden Text.
Was auch Sie sich vielleicht manchmal fragen:
Wie schlimm ist es, dass ich keine Lust habe, mich intensiv mit digitalen Medien auseinanderzusetzen?
Warum nervt mich das ständige Geplinke durch WhatsApp oder SMS auf dem Handy meines Kindes?
Wie kann ich wissen, ob die intensive Nutzung gut oder schädlich für mein Kind ist – auch auf lange Sicht?
Sollte ich Nutzungszeiten festlegen oder die Geräte einfach abschalten bzw. entfernen?
Wie kann ich mein Kind hilfreich begleiten?
Wie kann ich meinem Kind meine Bedenken, Sorgen und Ängste verständlich machen?
Können unterschiedliche Haltungen zur Mediennutzung zwischen meinem Partner und mir für unser Kind zu einer günstigen Rahmenbedingung werden?
Kann und sollte ich noch versuchen, Einfluss zu nehmen, wenn mein Kind schon über 16 ist?
Einige grundsätzliche Antworten und Hinweise:
1) Das Wichtigste sind der Kontakt, die Verbindung, die regelmäßige Kommunikation und das Verständnis für die Anforderungen, denen sich Ihr Kind ausgesetzt sieht. Für Sie als Eltern ist es bedeutsam, dass Sie sich die grundsätzlichen Motive und den emotionalen Gewinn von Ihrem Kind beschreiben lassen und versuchen, es zu verstehen. (Dafür ist es egal, wie das Internet und die entsprechenden Geräte funktionieren.)
2) Es ist hilfreich, wenn Sie Ihren eigenen Umgang mit Computer, Internet, Tablet, Smartphone und Fernseher für sich prüfen.
3) Gemeinsame Regeln mit entsprechenden Konsequenzen...