Woher kommt das Geld für die Familie?
Wie decken Eltern die zusätzlichen Kosten, die mit der Geburt eines Kindes auf sie zukommen? Vor allem, wenn den höheren Ausgaben ein tieferes Einkommen gegenübersteht, weil – was nach wie vor die Regel ist – die Frau ihre Berufstätigkeit reduziert, wenn das Kind da ist. Glücklicherweise unterstützt der Staat Eltern mit verschiedenen Massnahmen. Ausserdem hilft ein genaues Haushaltsbudget, den Überblick über Einnahmen und Ausgaben zu behalten.
Das Einkommen der Eltern
Die Kosten für das erste Kind deckt ein Paar zu einem grossen Teil dadurch, dass es sich einschränkt und für sich selber weniger Geld ausgibt. Im Übrigen deckt es die Auslagen normalerweise in erster Linie aus seinem Einkommen.
Dabei stehen höheren Auslagen meist weniger Einnahmen gegenüber, da viele Mütter mit der Erwerbsarbeit aufhören, wenn das Baby da ist, oder zumindest ihre Berufstätigkeit reduzieren. Immer häufiger wollen aber auch die Väter ihre Berufsarbeit reduzieren, um einen Teil der Betreuungsarbeit zu übernehmen.
Weniger für sich selber brauchen
Gemäss der Studie «Kinderkosten in der Schweiz» finanzieren Eltern beim ersten Kind die direkten Kinderkosten praktisch ausschliesslich durch Wohlstandsverzicht. Sie strecken sich nach der Decke und haben, wenn das Kind auf der Welt ist, oft auch gar nicht mehr das Bedürfnis, abends noch auszugehen. Weniger auswärts essen und seltener ins Kino oder Theater gehen, spart schon einiges. Zudem kaufen junge Eltern weniger oder günstigere Kleider und Einrichtungsgegenstände und verzichten auf Luxusferien und Luxusartikel – einfach, weil sie nun weniger repräsentative Kleider brauchen und weil das alte Sofa mit einem Kleinkind sowieso praktischer ist. Oder auch, weil der Flug auf die Malediven mit einem Zweijährigen ohnehin kein Vergnügen ist und es eine weniger teure Uhr ja auch tut.
Je mehr Kinder ein Paar hat, umso kleiner wird gemäss Studie übrigens der Anteil der Kosten, der durch Wohlstandsverzicht gedeckt wird.
Verschiedene Erwerbsmodelle
Neben dem Verzicht auf Luxus, Annehmlichkeiten und Nichtdringliches werden die Kosten der jungen Familie in der Regel aus dem Erwerbseinkommen der Eltern finanziert. Dabei steht nach der Geburt eines Kindes den höheren Ausgaben häufig ein tieferes Familieneinkommen gegenüber. Viele Frauen reduzieren ihr Arbeitspensum nach der Geburt oder hören ganz auf mit der Erwerbsarbeit.
Gemäss dem neusten Familienbericht 2017 ist bei Paaren mit Kindern heute das Erwerbsmodell «Mann Vollzeit, Frau Teilzeit» am weitesten verbreitet. Dieses Erwerbsmodell findet sich bei gut 49 Prozent der Eltern von Kleinkindern (0 bis 3 Jahre) und bei 57 Prozent der Eltern von 4- bis 12-jährigen Kindern. Kaum erhöht haben sich in den letzten Jahren die Zahlen für das Doppelverdiener-Modell, bei dem Vater und Mutter vollzeitlich berufstätig sind: Es ist am ehesten noch bei Familienbetrieben in der Landwirtschaft, im Gewerbe oder bei Dienstleistungsfirmen zu finden. Wenig durchgesetzt hat sich anderseits auch das Modell «Halbe-Halbe», also die Teilzeitarbeit beider Elternteile, kombiniert mit gleich hoher Beteiligung an der Kinderbetreuung. Väter besetzen nach wie vor eher selten Teilzeitstellen, auch wenn der Trend leicht ansteigend ist. 2016 waren etwa zehn Prozent der Väter teilzeitlich beschäftigt. Wenn Mütter nach der Geburt des ersten Kindes aufhören zu arbeiten, steigen sie im Durchschnitt nach gut fünf Jahren wieder ins Erwerbsleben ein. Ihr Beschäftigungsgrad ist jedoch deutlich tiefer als derjenige der Mütter, die nach dem Mutterschaftsurlaub direkt weiterarbeiten.
Der Familienbericht 2017 erwähnt auch, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit von Paaren in der Phase vor der Geburt des ersten Kindes ansteigt. Namentlich bei Frauen ist die Lebenszufriedenheit vor der Geburt des ersten Kindes und im Jahr danach besonders hoch. Danach sinkt sie allerdings wieder, speziell bei gut ausgebildeten Müttern. Auch die Geburt eines zweiten und dritten Kindes lässt die Lebenszufriedenheit nicht mehr auf dasselbe Niveau ansteigen wie die des ersten. Dass bei Vätern die Lebenszufriedenheit vor und nach der Geburt eines Kindes im Allgemeinen weniger ansteigt, wird auf die grosse finanzielle Verantwortung zurückgeführt, die oft auf ihnen lastet.
Finanzielle Sorgen könnte sich ersparen, wer frühzeitig, also vor der Familiengründung, Geld zur Seite legen, zum Beispiel monatlich einen bestimmten Betrag auf ein separates Konto überweisen würde. Aber ehrlich: Wer tut das schon?
Wer arbeitet nach der Geburt wie viel?
Damit Ihre Finanzen auch nach der Geburt Ihres Kindes im Lot sind, sollten Sie sich frühzeitig darüber Gedanken machen, wer nach der Geburt wie viel auswärts arbeiten will, kann oder muss und wer wann das Kind betreut. Es ist ratsam, verschiedene Arbeitsmodelle durchzuspielen und ein detailliertes Budget aufzustellen (zum Budget siehe Seite 94 f.).
Wie verändert sich das Budget respektive reicht es finanziell noch, wenn ein Elternteil gar nichts mehr verdient? Wie sieht es aus, wenn die Mutter (oder der Vater) noch 20, 40 oder 60 Prozent berufstätig ist? Wie viel kostet die Kinderbetreuung für die Zeit, in der beide Eltern der Erwerbsarbeit nachgehen (siehe Seite 37 f.)? Wie verändert sich das Budget in diesem Fall?
TANJA G., MEDIZINISCHE PRAXISASSISTENTIN, und ihr Mann Marco, Buchhalter, verdienen im Moment mit ihren Vollzeitjobs zusammen pro Monat 11 000 Franken – sie 4800, er 6200 Franken. In fünf Monaten kommt ihr erstes Kind zur Welt. Tanja G. könnte sich vorstellen, mit der Erwerbsarbeit – jedenfalls vorläufig – aufzuhören und sich voll und ganz auf ihre neue Aufgabe als Hausfrau und Mutter zu konzentrieren. Doch reicht es finanziell dann noch? Die beiden rechnen durch, wie es von den Einnahmen her aussieht, wenn Tanja G. nicht mehr berufstätig ist oder wenn sie noch zwei Tage pro Woche weiterarbeitet (siehe Kasten). Hier ist abzuklären, ob das Baby fremdbetreut werden muss oder ob Tanjas Eltern hüten können. Die Frage ist dann, wie gut das Familieneinkommen in beiden Situationen die Ausgaben deckt (siehe Seite 96).
Beim Entscheid, ob sich ein Elternteil voll und ganz der Kindererziehung widmen soll oder ob einer oder gar beide Elternteile das Arbeitspensum reduzieren wollen und können, spielen neben finanziellen Überlegungen verschiedene weitere Faktoren eine Rolle. Vor allem die längerfristigen Folgen des Entscheids dürfen Sie nicht ausser Acht lassen.
EINKOMMENSBERECHNUNG TANJA UND MARCO G. |
| Heute – beide 100 % berufstätig | Marco G. 100 % berufstätig, Tanja G. 0 % | Marco G. 100 % berufstätig, Tanja G. 40 % * |
Einkommen Marco G. | Fr. 6 200.– | Fr. 6 200.– | Fr. 6 200.– |
Einkommen Tanja G. | Fr. 4 800.– | –.– | Fr. 1 920.– |
Kinderzulagen | –.– | Fr. 200.– | Fr. 200.– |
Familieneinkommen | Fr. 11 000.– | Fr. 6 400.– | Fr. 8 320.– |
* Bei dieser Variante fallen eventuell die Kosten für zwei Tage Kinderbetreuung an (siehe Budget auf Seite 96).
Achtung, Karriere!
Da ist zunächst der Umstand, dass ein Elternteil, der seine Berufstätigkeit ganz aufgibt oder auch bloss reduziert, damit seine Karrierechancen vermindert, wenn nicht begräbt. Denn viele Firmenchefs und Vorgesetzte glauben nach wie vor, dass Führungspositionen mit Teilzeitarbeit nicht vereinbar seien. Auch wird dieser Elternteil später, wenn er wieder einsteigt, weniger verdienen, als wenn er immer gearbeitet hätte. Denn in der Erziehungspause hat er sich wahrscheinlich kaum weitergebildet und verfügt zudem über weniger Berufserfahrung.
Wenn Sie sich überlegen, ob Sie nach der Geburt Ihres Kindes für eine gewisse Zeit ganz pausieren oder noch Teilzeit weiterarbeiten wollen, sollten Sie auch Folgendes bedenken: In gewissen Branchen erweist es sich als schwierig, später wieder einzusteigen, wenn man längere Zeit ganz aus dem Berufsleben ausgeschieden ist. Wenn Sie auch während der Kleinkinderzeit – und sei es nur mit kleinem Teilzeitpensum – berufstätig geblieben sind, sind Sie beruflich einigermassen à jour und auf jeden Fall flexibler im Arbeitsmarkt. Mit andern Worten: Später wieder aufzustocken, ist in den meisten Fällen einfacher, als später überhaupt erst wieder eine Stelle zu finden.
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