3.2.5 Eheverträge, Ehebruch und Scheidung
Demnach sind Eheverträge, wie auch Zwick vermutet, entstanden, um das Erb- zu sichern. 152 „Auf einem Papyrus oder einer Tonscherbe [wurde] der Bei- trageines jeden Ehepartners, insbesondere die Mitgift der Frau, schriftlich fi- xiert.“ 153 DieseEheverträge griffen, wie heute auch, im Scheidungs- und Todesfall, und legten fest, was jedem Ehepartner zustand. Frei verfügen konnten sie jedoch nur über die von ihm selbst eingebrachten Güter, wodurch die Nachkommen durch eine völlige Verschwendung des Nachlasses durch den überlebenden Partner bewahrt wurden. 154 Ein Ehevertrag konnte folgendermaßen gestaltet sein:
155 Ehevertrag, datiert auf Dezember/Januar 364/363 v. Chr.
155 Zitiert nach: Lüddekens, Erich: Ägyptische Eheverträge, ÄG Abh. 1, 1960, S. 21; zitiert in: Schulze (1987), S. 73 f.
158 Ehevertrag zur Heirat einer wohlhabenden Frau mit einem einfachen Soldaten;
Bei der hier mehrmals erwähnten Frauengabe könnte es sich um eine Art sei- Mitgift gehandelt haben, die der Ehemann der Familie, oder speziell dem Vater, der Zukünftigen zukommen ließ, um seinen Heiratswillen zu bekräftigen. Für diese Vermutungen ließen sich jedoch keine konkreten Hinweise in der Literatur finden.
Die Eheverträge mussten nicht zu Beginn einer Ehe geschlossen werden, son- konnten im Laufe des Ehelebens verfasst werden. Dies wird dadurch be- 156 Zitiertnach: Lüddekens, Erich: Ägyptische Eheverträge, ÄG Abh. 1, 1960, S. 23; zitiert in: Schulze (1987), S. 74.
legt, dass in einigen überlieferten Eheverträgen die Partner bereits Kinder ge- hatten und diese im Vertrag erbrechtlich erwähnt wurden, was normalerweise zu Beginn eines Ehebündnisses nicht der Fall war. 159
Kam es zu einer Scheidung, so konnte diese wie es Zwick beschreibt, grund- von beiden Parteien verlangt werden. 160 Diese Tatsache wird von Robins durch Zeugnisse aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. bestätigt. 161 Gründe für diesen Weg konnten Untreue, Unfruchtbarkeit, Missfallen an der Frau oder der Wunsch eine andere Frau zu heiraten gewesen sein. Zudem vermutet Robins, dass bei Kinderlosigkeit stets die Frau beschuldigt wurde. 162 Allerdings war dem Mann die Wiederheirat deutlich erschwert, falls er die Scheidung ohne Zutun der Frau einreichte. In diesem Fall war er verpflichtet, der Frau die doppelte Scheidungssumme zu zahlen, was durchaus dem halben Besitz entsprechen konnte! 163 Es war jedoch durchaus möglich, sich „nach dem ersten Ehejahr […]
- abgesehen von einer Entschädigung an die Familie der Frau - ohne weitere Formalitäten zu trennen“ 164 . Auch an dieser Stelle ist erneut auffällig, dass die Frau hierbei bevorzug behandelt wurde. „Und obwohl die Scheidung“, wie auch die zeremonielle Hochzeit, „de facto nicht existiert [hat], [konnte] eine schriftliche Vereinbarung abgefasst werden, um den beiden Parteien die Möglichkeit zu geben, einen neuen Hausstand zu gründen […]“ 165 . Dies war von Nöten, um der Beschuldigung des Ehebruchs zu entgehen. 166 Dennoch besaß „die Schei- dung[...] ebenso wenig wie die Ehe eine juristische oder staatsreligiöse Ver- bindlichkeit[…].“ 167 Zudem war es für karriereorientierte Männer durchaus ge- bräuchlich„ihre Jugendgefährtinnen zu verstoßen und eine Frau zu heiraten, die ihrem höheren Rang eher entsprach oder vorteilhafter dafür war“ 168 .
Auch die Untreue spielte damals schon eine Rolle und war demnach einer der Hauptgründe für eine Scheidung. Wurde die Frau beim Betrug erwischt, so konnte sie getötet werden, aber auch der Mann mit dem sie ihren Gatten betrog wurde bestraft. 169 „Die Ablehnung von Männern, die mit verheirateten Frauen schliefen ist tief in der ägyptischen Gesellschaft verwurzelt.“ 170 Dies ist sogar im Negativen Sündenbekenntnis des Totenbuches verankert, indem der Tote erklären musste:
„ ‚Ich habe nicht mit einer verheirateten Frau kopuliert‘, oder ‚Ich habe nicht mit der Frau eines anderen kopuliert‘.“ 171
Trassard bemerkt, dass es sogar vorgekommen wäre, dass Männer Lügen vor- um sich ihrer angeblich treulosen Ehefrauen zu entledigen, um sich dann mit jüngeren Frauen zu vergnügen. Allerdings wurde bei einer Unterstellung des Ehebruchs ohne Beweis die Beschuldigte befragt und sie konnte ihre Aufrichtigkeit beschwören, wobei die Götter sie bei einer Falschaussage bestrafen würden. 173
Man sollte aber nicht vergessen, dass auch Männer - trotz Vielehen - Ehe- begehen konnten. Auch sie wurden, vor allem wenn sie mit einer bereits verheirateten Frau verkehrten, hart bestraft. So blieben sie bei einer solchen Tat von Verstümmelungen, Verbannung oder Tod nicht verschont. 174
Robins zitiert einen Brief aus der 20. Dynastie, in dem es um einen offenbar verheirateten Mann geht, der acht Monate lang ein Verhältnis mit einer anderen
Frau gehabt hatte. Der Verfasser, des aus Deir el-Medineh stammenden Brie- ist Robins nicht bekannt und der Text war ihr schwer verständlich, doch arbeitet sie folgendes heraus:
„Am Ort des Geschehens schlagen die Wogen der Entrüstung hoch, und eine Menge rottet sich zusammen, um die Frau zusammenzuschlagen und ihr Heim zu zerstören. Sie beklagten sich: ‚Acht volle Monate bis heute schläft er mit dieser Frau, obwohl er nicht (der?) Ehemann ist… Wäre er (der) Ehemann, hätte er (dann) nicht seinen Schwur wegen deiner Frau geschworen?‘ “ 175
konnte selbst eine verstoßene Frau, abgesehen von dem Verlust ihres Ehemannes und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten, einen Nutzen aus der Scheidung ziehen, nämlich - wie auch heutzutage gelegentlich praktiziert - ihr Vermögen anreichern.
Trotz der Vielfältigkeit an Sanktionen - wie Verstümmelung, Verstoßung und Tod -, die bei Ehebruch drohten, war „im wirklichen Leben [...] das Endergebnis jedoch höchstwahrscheinlich - wie wir gesehen haben - die Scheidung“ 177 .
Kinder - Segen der Familie 3.3
Echnatons Sonnengesang (Amarna-Hymnus zum Lob des Sonnengottes Aton)
Familie deutlich mehr Vorteile mit sich brachte. „Denn der Sohn [verkörperte] das Einkommen und den Fortbestand der Familie.“ 180 So war es für gewöhnlich die Aufgabe des Sohnes die Stellung des Vaters zu übernehmen und seine Arbeit fortzuführen. 181 „Aber er [war] auch von religiöser Bedeutung, denn theore- tisch[durfte] sich nur ein Sohn um die Darbringung der Opfer für seinen ver- storbenenVater kümmern.“ 182
Zwick und andere Autoren betonen, dass „die Ehe im alten Ägypten das Ziel und den Zweck der Fortpflanzung [hatte]“ 183 . Kinder galten als Garant für den
Fortbestand im Leben und im Tod und hatten demnach zahlreiche Aufgaben zu erfüllen:
„Ihnen oblag es z. B., das Amt der Eltern weiterzuführen, ihren Besitz zu erhalten und für sie im Alter zu sorgen. Vor allem waren sie aber auch verpflichtet, die Eltern zu bestatten und den Totenkult zu vollziehen.“ 184
Außerdem stellt die Autorin heraus, dass die Föten männlichen und weiblichen Geschlechts bereits im Mutterleib als lebendes Wesen gegolten hätten, was sich ebenfalls aus dem Hymnus entnehmen ließe. Da dies z. B. im antiken Griechenland nicht der Fall war - dort „[…] [hatte] das Leben des Kindes [...] vor der Geburt keinen Eigenwert […]“ 186 -, stellt sich die Frage, ob auch die Stellung der Kinder im Alten Ägypten, ebenso wie die der Frauen, eine...