Ursachen von Stimmbandnervenläsionen (N. laryngeus recurrens)
Stimmbandnervenläsionen stehen im direkten Zusammenhang zur Schilddrüsenerkrankung und dem Resektionsausmaß sowie individuellen Lagevarianten. Während in spezialisierten Kliniken Pareseraten von unter 1% erzielt werden, sind sie deutschlandweit in Abhängigkeit von der Operationsausdehnung signifikant höher.
Schädigungsarten
Nervenschädigungen können mechanisch, thermisch, ischämisch oder selten durch akzidentelle Nervendurchtrennung auftreten. Bei den mechanischen Schädigungsarten stehen Läsionen durch Traktion ( ▶ Abb. 2.1) (Zug beim Vorluxieren des Schilddrüsenlappens), Druck oder Quetschung (durch Instrumente) im Vordergrund. Thermische Läsionen entstehen bei der Anwendung der Elektrokoagulation und der Nutzung von Vessel-Sealern. Ischämische Läsionen sind die Folge einer Präparation mit Skelettierung des Nervs und damit dem Verlust der Durchblutung des Nervs ▶ [23].
Risikofaktoren
Die Verletzungen des N. laryngeus recurrens (NLR) korrelieren mit analysierten Faktoren, die einen Einfluss auf die Schädigungsrate haben. Die chirurgische Expertise in der Darstellung und Schonung des NLR beeinflusst die Schädigungsrate. Recurrenspareseraten von unter 1% sind studienbelegt gebunden an eine Operationsfrequenz mit 60 und mehr Nervendarstellungen (nerv and risk) pro Operateur/Jahr.
Risikosituationen entstehen intraoperativ durch Varianten des Nervenverlaufs:
ventraler Verlauf des NLR über einen dorsal gelegenen Schilddrüsenknoten,
ventraler Verlauf des NLR über ein Tuberkulum Zuckerkandl,
extralaryngeale Aufzweigung des NLR,
seltener nonrekurrenter Verlauf des Nervs bei Anlage einer A. lusoria ( ▶ Abb. 2.2).
Bereits präoperativ besteht ein erhöhtes Risiko für eine Stimmbandnervenläsion in Abhängigkeit zur Schilddrüsenerkrankung. Dies ist belegt für:
lokal fortgeschrittene Schilddrüsenmalignome,
Rezidivstrumen (individuelle Verlagerung des Nervenverlaufs),
retrosternale Strumen (individuelle Verlagerung des Nervenverlaufs),
Operationen bei Morbus Basedow oder Thyreoiditis.
Eine besondere Situation stellt die präoperativ vorbestehende einseitige Parese mit Notwendigkeit der beidseitigen Operation dar. Hier unterliegt die Entscheidung zur Operation der nicht rekurrensparetischen Seite einer besonders kritischen Prüfung ▶ [17] ▶ [23].
Ursachen von Stimmbandnervenläsionen (N. laryngeus superior)
Stimmbandnervenläsionen des N. laryngeus superior stehen im Zusammenhang mit der Präparation am oberen Schilddrüsenpol. Der R. externus überkreuzt, hinterkreuzt oder durchkreuzt die oberen Polgefäße der Schilddrüse ▶ [16]. Der R. externus des N. laryngeus superior innerviert den M. cricothyreoideus. Resultierend daraus ist eine Stimmbandspannung. Gespannte Stimmbänder sind die Voraussetzung für hohe Töne, die beim Singen und Schreien benötigt werden. Sprachberufe sind auf den vollen Stimmumfang angewiesen. Der Nachweis fehlender Stimmfrequenzen erfolgt durch Phoniatrie. Beim normalen Sprechen fällt ein Defekt zunächst nicht auf.
Schädigungsarten
Läsionen können entstehen durch Anwendung thermischer Instrumente im Bereich der oberen Polgefäße. Mechanische Schädigungen können entstehen durch kapselferne („zentrale“) Ligaturen der oberen Polgefäße.
Risikofaktoren
Die Darstellung des Nervenastes gehört nicht zur Routine und wird laut Datenlage auch nicht in der Leitlinie gefordert.
Risikosituationen entstehen durch die Lagevariationen (Kreuzung zu den oberen Polgefäßen, Abstand des Nervenverlaufs zum oberen Schilddrüsenpol).