Studienarbeit aus dem Jahr 1998 im Fachbereich Philosophie - Philosophie des 19. Jahrhunderts, Note: sehr gut (1,0), Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Philosophisches Seminar), Veranstaltung: Interpretationskurs Fichte, Sprache: Deutsch, Abstract: Das letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts ist ein philosophisches Krisenjahrzehnt. In den Jahren 1793 bis 1796 entfaltet Georg Christoph Lichtenberg, der den sprechenden Terminus 'Unphilosophie' prägte, eine Sprach- und Erkenntniskritik, die an Schärfe und Rücksichtslosigkeit gegenüber bisherigen Denkgewohnheiten ihresgleichen sucht. 1798 - die Datierung ist unsicher - schreibt Novalis einen 'Monolog', worin Sprache als 'ein bloßes Wortspiel' entlarvt und der 'lächerliche Irrthum' demaskiert wird, man spreche 'um der Dinge willen'. Sprache mache vielmehr, wie die 'mathematischen Formeln', eine 'Welt für sich' aus, nichts anderes spiegele sich in ihr als 'das seltsame Verhältnißspiel der Dinge.'
Was hier als problematisch erfahren wird: Ob Sprache 'die Dinge' sagen, und zwar wesentlich sagen, ausdrücken könne oder nicht vielmehr ein rein selbstbezügliches System sei, bedenkt das philosophisch äußerst bewegte Jahr 1799 als sowohl ontologisches als auch epistemisches Problem. Das Problem-Bewußtsein hierfür weckte Friedrich Heinrich Jacobi, der in seinem Sendschreiben 'Jacobi an Fichte' (März 1799) dem Autor der 'Wissenschaftslehre' vorwirft, über den von den Dingen vorgeworfenen Anspruch auf Sein mit einem 'Machtspruch der Vernunft' hinweggegangen zu sein. Die Nihilismus-Schelte, die Jacobi in diesem Zusammenhang vorbringt, stößt auf breite Resonanz. Jean Paul schreibt im Dezember 1799 eine Satire mit dem Titel 'Clavis Fichteana seu Leibgeberiana', die Jacobi gewidmet ist und auf dessen Sendschreiben beruht. Fichte selbst publizierte im darauffolgenden Jahr seine 'Bestimmung des Menschen', die allerdings schon vorher kursierte, und auf die sich etwa Jean Paul bezogen hatte. In dieser Schrift setzt sich Fichte sowohl mit dem Vorwurf des Atheismus als auch mit der Nihilismus-Schelte auseinander, liefert aber in erster Linie das eine: ein Krisendokument, nämlich das Dokument der in die Krise gestürzten Subjektphilosophie, das Dokument eines selbstkritisch gewordenen Idealismus, das Dokument einer Wahrheitskrise.
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