Unter dem Zelttuch eines großen Hangars arbeiten Mechaniker an dem Motor eines Flugzeugs. Draußen, an den Ecken des Flugfelds, lungern andere herum und warten, dass ihre fliegenden Aufgaben aus dem Himmel zurückkehren. In der Nähe des Hangars steht ein Zelt in Form einer Hütte. Davor sind mehrere Flugzeuge mit kurzen Flügeln in einer Reihe aufgestellt; drinnen räkeln sich drei oder vier junge Männer auf geflochtenen Stühlen.
Sie tragen die Uniform der französischen Armeeflieger. Diese Uniformen und die düster aussehenden Maschinenkanonen, die auf den oberen Flügeln der kleinen Flugzeuge angebracht sind, sind die einzigen kriegsähnlichen Zeichen in dieser friedlichen Szene. Der Krieg wirkt weit entfernt. Es ist schwer zu glauben, dass die größte Schlacht aller Zeiten – Verdun – gerade einmal fünfundzwanzig Meilen entfernt im Norden wütet und dass das Feld und die Hangars und die Mechaniker und die Flieger und die Flugzeuge alle eine Rolle darin spielen.
Plötzlich ist das entfernte Summen eines Motors zu hören. Einer der Piloten tritt aus dem Zelt heraus und starrt in den blauen Himmel. Er zeigt mit dem Finger und ich erkenne einen kleinen schwarzen Fleck, hoch droben im blauen Himmel. Der Motor verstummt und der Fleck wird größer. Er bewegt sich in starkem Sturzflug und kreisend auf den Boden zu und als er näher heranschießt, nimmt er die Form eines Flugzeugs an. Nun kann ich die roten, weißen und blauen Kreise unter den Flügeln ausmachen, die es als französisches Kampfflugzeug markieren, und das unverwechselbare Abzeichen des Piloten an den Seiten.
»Ton patron arrive!«, schreit ein Mechaniker einem anderen zu. »Dein Boss kommt!«
Die Maschine taucht scharf über das Zeltdach des Hangars hinweg, legt sich nahe der Erde gerade und saust mit einer schwindeligen Geschwindigkeit nur wenige Meter über dem Boden, verliert in einer überraschend kurzen Zeit viel Schwung und berührt den Boden mit dem Schwanz und den Rädern. Sie hüpft ein paar Meter am Boden entlang, der Motor surrt nun wieder, sie dreht sich, rollt zum Hangar und stoppt. Eine menschliche Form, verhüllt mit einem speziellen Anzug, der für viele einem Tauchanzug gleicht und außerdem mit einer Brille und einer Ledermütze verziert ist, erhebt sich wackelig im Cockpit, klettert unbeholfen über Bord und rutscht herunter auf den festen Boden.
Eine Gruppe von Soldaten, die gerade einen Kurzurlaub, fernab von den Schützengräben, in einer Unterkunft nahe dem Flugfeld genießen, kommen herbei und erkundigen sich schüchtern über das Flugzeug, während sie mit offenen Mündern lauschen, was der Pilot zu sagen hat.
»Hölle!«, murmelt der Gentleman, als er damit beginnt, sich aus seinem Fliegergewand zu schälen.
»Was ist nun verkehrt?«, fragt einer der Bewohner des Zelts.
»Alles, oder ich werde verrückt«, ist die ärgerliche Antwort, während er ein Bein aus seinem Teddybärenhosenbein zieht. »Warum, ich habe ein komplettes Magazin auf einen Boche in direkter Entfernung von nicht mal fünfzehn Metern leergeschossen. Sein Maschinengewehr hörte auf zu feuern, sein Propeller drehte sich nicht mehr und trotzdem hing der Blödmann dort oben, als wäre er an eine Wolke angebunden. Sag mal, ich war mir so sicher, ich hätte ihn, dass es mich zornig machte – ich fühlte mich, als würde ich in ihn hineinfliegen und schreien: ›Jetzt fall schon runter, du Penner!‹«
Die Augen der Poilus[2] lassen Überraschung erkennen. Nicht ein Wort dieses Dialogs, gesprochen in feinstem Amerikanisch, ist für sie verständlich. Warum spricht ein Flieger in einer französischen Uniform eine fremde Sprache, fragen sie sich gemeinsam. Endlich, einer von ihnen, ein kleiner Bursche in einer vom Schlamm an der Front ausgebleichten, ehemals himmelblauen Uniform, fragt flüsternd einen Mechaniker nach der Identität dieser merkwürdigen Fliegerpersonen.
»Aber sie sind Amerikaner, mein Alter«, erklärt ihm der spürbar herablassend.
Erneut erstaunt, verlangen die Infanteristen weitere Details. Sie erfahren, dass sie die Rückkehr eines Fliegers der amerikanischen Escadrille[3] – bestehend aus Amerikanern, die sich freiwillig gemeldet haben, für die Dauer des Kriegs für Frankreich zu fliegen – zu seiner Basis in der Nähe von Bar-le-Duc, fünfundzwanzig Meilen südlich von Verdun, erlebt haben, der von einem Flug über die Front bei der Meuse zurückkehrte. Sie haben diese Neuigkeiten kaum verdaut, da erscheinen weitere Flecken im Himmel und einer nach dem anderen verwandelt sich in ein Flugzeug, während sie herunterkommen. Letztendlich sind alle Sechs, die sich in der Luft befanden, wieder auf dem Boden und die amerikanische Escadrille kann sich weitere Einsätze auf die Fahne schreiben.
DAS PERSONAL DER ESCADRILLES
Wie alle anderen lohnenswerten Institutionen, bei der ich die Ehre habe Mitglied sein zu dürfen, wuchs die amerikanische Escadrille stetig. Als der Krieg begann, war es ausgeschlossen, dass sich jemand vorstellen konnte, dass Amerikaner den französischen Luftstreitkräften beitreten würden. Doch bereits im Herbst 1915, nicht einmal ein Jahr später, dienten sechs Amerikaner als ausgebildete Piloten, und jetzt, im Sommer 1916, führt die Liste bereits fünfzehn oder mehr, und eine doppelt so hohe Zahl trainiert in den militärischen Flugschulen, um eine Pilotenlizenz zu erhalten.
Der Pionier von allen war William Thaw aus Pittsburg, der als einziger der Amerikaner ein Offizierspatent der französischen Luftwaffe verliehen bekommen hat. Lieutenant Thaw, in Amerika vor dem Krieg bereits ein angesehener Pilot, trat im August 1914 der Fremdenlegion bei. Mit großer Mühe hatte er sich im Frühjahr 1915 zur Fliegerei versetzen lassen, und im Herbst desselben Jahres fand er sich bereits als Flieger eines Cauldron-Doppeldeckers wieder und leistete exzellente Aufklärungsarbeit. Zur selben Zeit befanden sich die Sergeants Norman Prince aus Boston und Elliot Cowdin aus New York – sie waren die Ersten, die aus Amerika kamen und direkt den Luftstreitkräften beitraten – an der Front und flogen Voisin-Flugzeuge mit Kanonen im Bug.
Sergeant Bert Hall, der aus dem Lone Star State[3] kommt und sich gleich nach Thaw von der Fremdenlegion zur Fliegerei versetzen hat lassen, flog eine Nieuport-Kampfmaschine und unterrichtete wenig später weniger erfahrene Flugschüler der Avord Training School. Sein Kumpel aus der Fremdenlegion, James Bach, der ebenfalls Flieger wurde, hatte den peinlichen Ruf, als erster Amerikaner, kurz nachdem er die Front erreicht hatte, in die Hände des Feindes zu fallen. Als er einem Kameraden, der eine Bruchlandung hingelegt hatte, um einen Spion in die deutschen Linien einzuschleusen, zu Hilfe kommen wollte, zertrümmerte er seine Maschine gegen einen Baum. Beide, er und sein französischer Kamerad, wurden gefangen genommen, und Bach wurde von den Deutschen zweimal vor das Militärgericht gestellt, wegen des Verdachts, er wäre ein amerikanischer Franc-tireur[4] – die Strafe hierfür ist der Tod! Er wurde zwar freigesprochen, aber natürlich schmachtet er in einem Gefangenenlager »irgendwo in Deutschland«. Der Sechste des ersten Sextets war Adjutant Didier Masson, der in den Staaten seine Flugkünste bei Flugschauen zur Schau stellte, bis er – da Carranzas Ambitionen in Mexiko wuchsen – seine Talente als Späher von Federales[5] für General Obregon einsetzte. Als der richtige Krieg ausbrach, hörte Masson auf sein französisches Blut und flog und kämpfte bald für das Land seiner Vorfahren.
Von den anderen Mitgliedern der Escadrille war Sergeant Givas Lufbery, ein amerikanischer Staatsbürger und Soldat, aber auch Weltbürger, einer der Ersten, die die französischen Pilotenschwingen trugen. Flugschauen mit einem französischen Piloten im fernen Osten hatten ihn effizient für seine Aufgabe vorbereitet, geduldig Sprengstoffe von einem langsam fliegenden Voisin, der sein erstes Flugzeug war, auf deutsche Militärzentren abzuladen. Auf den Fersen von Lufbery kamen zwei weitere Fremdenlegionäre – Kiffin Rockwell aus Asheville, North Carolina, der bei Carency verwundet wurde; Victor Chapman aus New York, der, nachdem er sich von seinen Verwundungen erholt hatte, Flugzeug-Bombenwerfer wurde und deshalb Gelüste entwickelte, selbst Pilot zu werden. Etwa zur selben Zeit kam Paul Pavelka, der in Madison, Connecticut, geboren wurde und der vom fünfzehnten Lebensjahr an die sieben Weltmeere befahren hatte. Er schaffte es, von der Fremdenlegion in die Fliegerei zu schlüpfen und zu den anderen Amerikanern in Pau dazuzustoßen.
Es geht scheinbar eine Faszination von der Fliegerei aus, vor allem, wenn diese mit dem Kämpfen gepaart ist. Vielleicht ist das so, weil das Spiel neu ist, aber wohl mehr, weil noch niemand die Regeln kennt. Was auch immer der Grund ist, immer mehr abenteuerlustige Amerikaner wurden davon angezogen. Viele von ihnen waren natürlich nur so weit interessiert, dass sie lediglich darüber sprachen, den Streitkräften beizutreten. Bei den Burschen, die beim amerikanischen Sanitätsdienst dienten, wurden viele Fantasien besprochen, und ein paar traten den Luftstreitkräften auch wirklich bei, als gegen Ende des Sommers 1915 das Kriegsministerium befand, dass die Amerikaner, die bereits dienten, gute Leistungen vollbracht hatten, und deshalb eher bereit war, Beitrittsanträge zu berücksichtigen.
Chouteau Johnson aus New York, Lawrence Rumsey aus Buffalo, Dudley Hill aus Peekskill, N. Y. und Clyde Balsley, aus El Paso ließen einer nach dem anderen die khakifarbene Krankenwagenfahreruniform für die himmelblaue Uniform der französischen Luftstreitkräfte hinter sich. Jeder von ihnen hatte bereits einiges an Action gesehen, Verwundungen unter Feuer...