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E-Book

Frauen nach der Paarungszeit

Warum wir jetzt viel wollen und Männer so wenig bieten -

AutorVera Sandberg
VerlagDiana Verlag
Erscheinungsjahr2010
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783641040499
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR
Zwei Dinge stehen der Partnersuche ab 50 im Wege: erstens die Frauen - zweitens die Männer
Alleinlebende Frauen ab fünfzig sind selbstbewusst, krisenerprobt, klug und anspruchsvoll. Doch wenn's um Männer geht, sind sie Prinzessinnen, die gefunden und erobert werden möchten. Aber von wem? Von dem glatzköpfigen Kettenraucher, dem verschuldeten Unternehmer, dem verheirateten Abenteurer auf Abwegen? BRIGITTE-Autorin Vera Sandberg zeigt, dass der Mann als Vollkasko für die zweite Lebensphase ausgedient hat, weil Frauen das meiste längst allein besser hinkriegen ...
Frauen sind mit den Jahren klüger, entspannter, selbstsicherer geworden - aber bei der Partnersuche fallen sie zurück in alte Muster. Der Mann soll Wunden heilen, auf Händen tragen, Wünsche von den Lippen ablesen. Die Erwartungen sind hoch. Wer sich jetzt noch mal bindet, will keine faulen Kompromisse mehr. Aber die Männer auf der freien Wildbahn haben auch ihre Probleme, können und wollen die Rolle des Prinzen auf dem weißen Pferd nicht mehr spielen. Liebe in der Lebensmitte - eine aussterbende Kunst? Nein, sagt BRIGITTE-Autorin Vera Sandberg, aber die Kunst besteht darin, unabhängig zu bleiben und die Partnersuche mit Humor und Gelassenheit anzugehen. Wie das geht und wie Frauen neue, aufregende Wege beschreiten können, zeigt sie in diesem Buch.
Ein amüsantes und aufschlussreiches Buch über die neue Rolle der Frau und die Fallstricke der Partnersuche. Mit Tipps und Tricks: Wie entlarve ich Nieten, und wer könnte mein Leben bereichern?

Vera Sandberg, geboren 1952 in Berlin, absolvierte ihr Journalistik-Studium in Leipzig und war 12 Jahre lang Redakteurin einer Tageszeitung in Ost-Berlin. Im Juni 1989 wurde ihr die Ausreise bewilligt, seit 1990 ist sie Autorin bei BRIGITTE und hat mehrere Bücher geschrieben, zuletzt 'Krebs. Und alles ist anders'. Vera Sandberg ist Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Kindern und lebt seit 2000 bei Berlin.

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Leseprobe
Über fünfzig - und ganz Frau
Die Paarungszeit ist vorbei - die Fortpflanzung ist abgeschlossen, die Mutterfunktion ist umgestellt von Gebären und Versorgen auf gegenseitige Liebe und Achtung, das Großmutterglück ist eventuell im Anmarsch. Was jetzt? Was für Frauen werden wir?
Ist die Weiblichkeit auf dem Rückzug, wenn die Wechseljahre im Anmarsch sind? Bleiben Erotik und Sinnlichkeit auf der Strecke, wenn der Körper allmählich seine Form verändert? Werden Liebe und Sex unwichtiger, wenn Männer nicht mehr Schlange stehen?
Im Gegenteil. Jetzt haben Frauen Zeit und Muße für ein Frauenleben aus dem Vollen. Auch ohne knackig-straffen Körper mit Idealmaßen. Was Frauen jetzt brauchen, ist das Gefühl, ganz Frau zu sein. Die Mär von der Tarnkappe, die Frauen dieses Alters unsichtbar macht, ist von gestern. Immer mehr Frauen ab fünfzig sind fit, körperbewusst, sexy und anspruchsvoll. Sie verändern das öffentliche Image der sogenannten älteren Frau.
Keine muss sich heute mehr voreilig als Auslaufmodell mit drohender Arthrose verstehen. Keine sollte vorzeitig im geschlechtslosen Einheitsbeige der Seniorenwandergruppe abtauchen.
Die bekannten Altersgrenzen werden derzeit durch Frauen frisch aufgemischt. Auch Siebzigjährige sind noch schön und stark, wenn sie Glück haben, genug Bestätigung bekommen, aktiv leben, erfolgreich berufstätig sind.
Frauen in der Mitte des Lebens leben heute ganz anders als ihre Vorgängerinnen. Weil sie gesünder und fitter sind, weil sie besser gelernt haben, was ihnen guttut, weil sie eigenständig geworden sind, weil sie ihre Kraft kennen, weil sie nach der Emanzipation die neue Weiblichkeit wiederentdecken.
Ohne Mann - und keine Endzeitstimmung
Als ich die Idee hatte, das weibliche Befinden nach der Paarungszeit zu erkunden, war ich gerade sehr fröhlich. Verliebt, zufrieden mit mir. Gesund und munter. In gleichmäßiger, wohltuender Bewegung. Es war Sommer, und ich dachte: Leute, macht euch nicht heiß, fünfzig oder sechzig sein ist heute wie vierzig! Es ist noch (fast) alles drin für uns. Bleibt schlank und neugierig, dann klappt's auch mit der Liebe. So in der Art. Das war bisher mein überwiegendes Gefühl beim Alterwerden. Auch weil ich die geborene Optimistin bin und nicht gewillt, das zu ändern - in dem Alter!
Nun sitze ich hier, draußen wird es Winter, Nieselregen mit einzelnen, unentschiedenen Schneeflocken dazwischen, die Wolken hängen gelblich und tief über blätterloser Landschaft. Und ich bin gerade gar nicht richtig fröhlich.
Der Mann der letzten drei Jahre ist weg. Meine Güte, denkt es in mir, hört das denn niemals auf? Anspruchsdenken mischt sich mit einem Schuss Endzeitstimmung.
Einen Anspruch auf Glück hatten wir nie, das weiß ich, auch nicht mit achtzehn. Dennoch hat er uns begleitet, ist mit uns älter geworden, aber nicht geringer.
Jetzt interessiert mich: Wie gehen wir Frauen ab fünfzig eigentlich mit dem Gefühl um, dass wir nicht mehr jung sind und noch nicht alt? Ich beobachte: Viele von uns eint die Überzeugung, insgesamt besser geworden zu sein. Die Jahre haben sich gelohnt.
Wir haben etwas geleistet, viel erreicht. Dabei wird man nun mal nicht dümmer, sondern stärker.
Aber uns verbindet zugleich die Sorge, langsam an Attraktivität zu verlieren. Wohin geht es optisch mit uns, wie kommen wir der Sache mit dem Bindegewebe und der Schwerkraft bei? Vor allem: Welche Rolle spielt das jetzt? Ist Schönheit bald kein Thema mehr? Und was ist, wenn wir uns einen neuen Partner wünschen? Müssen wir da im Seniorenheim fischen gehen?
Gefühlssachen. Heute erleben wir sie so. Morgen sehen sie anders aus.
Eine merkwürdige Zwischenzeit, die wir gerade durchwandern. Es gibt ein Nicht-Mehr und ein Noch-Nicht.
Manche Veränderungen, besonders die sichtbaren, haben etwas Bedrohliches. Aber auch die Begrenztheit von Zeit macht Panik: Alles schaffen wir nicht mehr. Und dann denken wir, wenn der Himmel so trüb ist wie heute, schnell mal: Mir geht die Zeit aus.
Alles oder nichts - das ist natürlich nicht die Frage. Zum Glück gibt es die Erfahrung, dass sich ein Tief verzieht, oft so schnell, wie es gekommen ist. Aber die Gedanken ans Alter schieben sich immer öfter dazwischen, wenn uns etwas nicht gelingt.
Warum? Muss das sein? Wie kommen wir da raus? Können wir nicht einfach aufhören, unsere gelebten Jahre als Last zu betrachten, und uns freuen, dass wahrscheinlich noch ziemlich viele vor uns liegen?
Man kann es nämlich so und so sehen, das Alterwerden. Es gibt dieses herrliche Pfeifen im Walde. Den Witz, mit dem wir der Angst davon laufen. Ich bin gern älter! Noch mal zwanzig? Um Gottes willen, nur das nicht! Alle Nachteile der Jugend - von Pickeln bis zum ersten, beinahe tödlichen Liebeskummer - werden aufgezählt. Das wollen wir nun wirklich nicht mehr! Nein, wirklich, wirklich nicht. Aber so aussehen, als ob ... na ja, ist ja Quatsch. Wir tun unser Bestes, und das muss genügen. Und es genügt auch!
Aber es gibt eben auch diese Wehmut: Ach, wie sich alles ändert. Die Zeit wird so schnell. Wir können nicht mehr alles anziehen. Kein Kind mehr kriegen. Die Schwerkraft zerrt am Gesicht und am Gesäß. Die Ehe wird alt, uralt, fast schon scheintot vielleicht, oder sie ist bereits weg. Durch. Und wir sind auf dem Partnermarkt - und natürlich weit und breit kein halbwegs anständiges Angebot. Allein bleiben und älter werden - klingt wie Krebs und Herzinfarkt zugleich. Dabei könnten wir wahrscheinlich besser allein klarkommen als damals, da wir noch den Vater zu unseren künftigen Kindern suchten.
Jetzt kommen uns aber die Geschichten von der unsichtbaren Frau in die Quere, die wir angeblich ab vierzig, allerspätestens mit fünfzig werden: übersehen, beiseitegeschoben, überflüssig - vor allem in der Männerwelt. Und es ist eben eine Männerwelt, immer noch, in der wir leben. Emanzipation, ja, wir haben sie für uns durchgeboxt. War wirklich lustig, die BHs zu verbrennen. Die Unis zu stürmen, den alten Herren, die an der Macht waren, lange Nasen zu drehen.
Aber nun haben wir auch all die Nachteile der selbst eroberten Eigenständigkeit. Sind nicht unbedingt abgesichert und versorgt, stehen auf eigenen Beinen - und wenn die wackelig werden, wackelt es bedrohlicher als einst, da man Omi nicht einfach hängen ließ. Als sie aber auch mit einem Altenteil unterm Dach der Kinder vorliebnahm und abends Strümpfe strickte. Wir dagegen, wenn wir noch was wollen, müssen uns weiter mühen, stehen weiter in der Konkurrenz mit anderen und sind vor allem unseren eigenen, gnadenlos kritischen Augen ausgesetzt.
Wir, stolze Solitäre aus wilderen Zeiten, werden nun älter. Gelernt haben wir das nicht.
Liebe als Gegengift
Älterwerden ist ja kein Verdienst. Und es ist auch keine Schande. Es ist. Punkt. Jeder hat es. Jeder muss es. Vom ersten Atemzug an.
Nur wir - wohlstandserzogen, schönheitsfixiert, jugendlich- keitsorientiert - machen eine höchst komplizierte Angelegenheit daraus. Eine Art Lebenskunst. Nie wurde Älterwerden so misstrauisch und sensibel beobachtet wie heute. Nie war es ein derartiges Problem.
Da es aber nun so ist, wie es ist, muss jede von uns sich mehr oder weniger stellen. Wir werden älter. Und wir müssen entscheiden, wie wir es werden. Es gibt unzählige Möglichkeiten: Von der totalen Ignoranz bis zur elenden Larmoyanz ist alles drin. Im besten Falle tragen wir es mit Humor und einer gewissen oberflächlichen Leichtigkeit. Über Falten, Fett & Co. lachen, sie mit geeigneten Maßnahmen einigermaßen im Zaum halten - und ungeniert weiterleben. Eine bewährte Methode. Sich nicht verrückt zu machen gehört dazu - und trotzdem besser auf sich zu achten. Denn die Veränderungen, die Körper und Seele jetzt durchmachen, warten auf Antwort. Keine kann den Zahn der Zeit aufhalten. Aber das Beste draus machen, das kann jede.
Jeden Tag gelingt es anders. Als ich fünfzig wurde, habe ich mich prompt in einen zwölf Jahre jüngeren Mann verliebt. Wahrscheinlich unbewusst mein Gegengift für dieses Datum. Es war an der Ostsee, es war Sommer. Wir waren wenig bekleidet und braun gebrannt. Ein Sommermärchen, wie ich es mit siebzehn nie erlebt hatte.
Derweil ich an der Ostsee herumtollte, wurde meine beste Freundin nach über fünfundzwanzig Jahren Ehe von ihrem Mann verlassen. Sie fragte sich in langen Nächten: warum? Sie zog Bilanz, sah einen Trümmerhaufen. Mehrere Jahre harte Aufräum- arbeit lagen vor ihr. So ist das, wenn man mit fünfzig sein halbes Leben verliert.
Ich hatte mich in meinen Trümmern längst kreativ eingerichtet. Meine erste Scheidung lag lange zurück, die zweite auch. Und ein Provisorium jagte das nächste. Ich hatte es immer als Makel empfunden, mein Lebensmosaik. Jetzt dämmerte mir, dass mir einiges erspart geblieben war.
Unser gefühltes Alter klaffte eine Zeit lang auseinander. Inzwischen ticken wir wieder ähnlich. Meine Amour ist vergessen, ihre Trennung verschmerzt. Wechselnde Phasen mit und ohne Mann haben sie abgelöst, sowohl bei mir als auch bei ihr. Was gibt's Neues bei dir? Wie geht's? Die regelmäßigen Fragen am Telefon betreffen auch unsere Romanzen, unsere Versuche, doch wieder einen Mann zu finden, mit dem zu leben sich lohnt. Unsere Enttäuschungen, dass sich wieder ein solcher Anfangsverdacht als schwachsinnig erwiesen hatte, unsere Traurigkeit darüber und nicht zuletzt unsere Chuzpe, alles nicht so schwerzunehmen.
Unsere früheren Vorstellungen, wie wir in diesem gesetzten Alter sein würden, sind sämtlich geplatzt. Nichts ist wie ursprünglich gedacht.
Das meiste ist einfach viel besser.
Alter werden - anziehend bleiben
Zwei Trends zeigen sich derzeit: das Jammern übers Altern. Und das Lob des Alterwerdens. Tolle, begehrte, bewunderte ältere Frauen auf der einen Seite, Abwertung des Alterwerdens auf der anderen.
Wir, die wir mittendrin stehen und es erleben wie eine Operation am offenen Herzen, wir können uns auf die eine oder auf die andere Seite schlagen. Also: Ab fünfzig will uns keiner mehr, kein Mann, keine Firma. Tja, es gibt Beweise. Altersarmut beispielsweise ist weiblich. Die andere Sicht: Jetzt geht's erst richtig los. Wir sind fit, stark und schön. Wissen besser, wer wir sind, was wir wert sind, was wir können, wollen, brauchen. Weder sind wir abgehängt noch eingerostet, weder technikfeindlich, noch mode- resistent. Klar, dass letztere Einstellung mehr Spaß macht. Manchmal ist sie aber auch anstrengender.
Viele Frauen kennen beide Empfindungen dicht beieinander. Mal wird diese ungeheure Lebenskraft deutlich, die mit den Jahren gewachsen ist, und mal die Hilflosigkeit gegenüber der eigenen Vergänglichkeit. Beides ist wahr. Und beides zusammen macht die Jahre nach fünfzig spannend und uns Frauen in diesem Alter unergründlich, schillernd und attraktiv. Das Wissen um sich selbst macht schön, die Angst vor Falten macht hässlich. Der Wunsch nach Verwirklichung lang zurückgestellter Wünsche macht aktiv, die Furcht, dass vieles schon vorbei ist, bremst. Wechseljahre - so bekommt der Name einen tieferen Sinn. Wir wechseln unsere Befindlichkeit. Und unterm Strich steht: In uns stecken jede Menge Überraschungen.
Wissen macht attraktiv
Das Schönste am Alterwerden ist das Schlauerwerden. Es passiert, wenn wir nichts dagegen tun, genauso wie das Dickerwerden. Wir bauen Wissen an. Es geht nicht verloren, wenn wir es benutzen, es im aktiven Bestand halten sozusagen. Unser wunderbares Gehirn hat unbegrenzte Speicher, es ist elastisch bis zum Ende. Wir müssen es nur in Betrieb halten. Nicht so schnell vor der Handybedienungsanleitung kapitulieren zum Beispiel. Das Gehirn schrumpft zwar, wie man früher glaubte - aber nur wenn wir es im Stich lassen.
Langsamer werden die Schaltprozesse im Kopf, das ist wahr, aber diese kleine Verlangsamung wird dadurch wieder ausgeglichen, dass neues Wissen auf altes trifft, Erfahrungswissen genannt. Das wiederum erleichtert und beschleunigt Entscheidungsprozesse, macht das Denken Älterer sicherer und effektiver. Zu allen Zeiten saßen deshalb weise Altere an den Spitzen der Gesellschaft. Auch bei uns sind die Dreißigjährigen mit ihrer frischen Kreativität, mit ihrem Leistungshunger und der neusten Ausbildung eher nicht in Spitzengremien vertreten. Da regiert die graue Masse. Das gereifte Gehirn.
Von Angela Merkel wird niemand hören, wie schwer es ist, alt zu werden. Sie ist in unserem Alter im Zenit ihrer Macht angekommen. Sie hat Gestaltungsspielräume, von denen Jüngere nicht mal träumen können. Schön ist sie nicht, aber das war sie auch vor fünfundzwanzig Jahren nicht.
Es ist eben alles keine Frage der Zahlen. Wir verfügen über die ganze mentale Kraft der letzten Jahre, wir wissen unendlich viel mehr als am Beginn unserer Reise, und wir sind immer noch ein offenes System - lernen also weiter.
»Amboss oder Hammer sein« - Goethes martialischer Vergleich, drängt sich auf. Es gibt viele Arten, alt zu werden. Die eine, die sich öffentlich immer mehr durchsetzt, ist die selbstbewusste, die kämpferische.
Die unlängst entdeckte Plastizität des Gehirns verspricht lebenslange Entwicklungsfähigkeit. Einzige Bedingung: ein aktives, ereignisreiches, bewegtes Leben. Sagen wir einfach: das Leben jung leben, egal, wie alt wir sind.
Selbsterkenntnis
Ich sehe der Dämmerung draußen zu und spüre drinnen tiefe Zufriedenheit. Meine Mitte, teuer erworben, wertvoll, aber immer wieder angefochten. Der Sturm vom Morgen hat sich gelegt. Mein gewesener Freund hat mir in E-Mails seinen Charakter erklärt. Ich hatte es geahnt - es wird nichts mehr. Neben der Trauer steht das ungewisse Gefühl, dass es für etwas gut sein könnte. Dass es noch etwas Neues für mich gibt. Später. Mein Leben war immer überraschend. So wird es wieder sein. Und für die Trauer ist trotzdem Platz.
So weit, so gut. Alterwerden als Chance zum Besserwerden. Mit der Drohung im Hintergrund, es vielleicht nicht zu schaffen, vielleicht doch nur ein Babyface mit Falten zu sein. Oder ein Auslaufmodell ohne Zukunft. Ein sexloses Mutti-Omi.
Die Angst: Das war's. Mehr ist nicht. Sie ist verständlich. Aber sie darf nicht obsiegen. Jeder Tag stellt ein neues Gleichgewicht her. Heute Kraftpaket voller Ambitionen, morgen ein Häufchen Zweifel ohne Ideen. Alles die Hormone, diese unberechenbaren Biester? Zum Teil auf jeden Fall. Aber es gibt auch eine Haltung jenseits der Stimmungsschwankungen. Die können wir uns erkämpfen. Kampfgeist brauchen wir jetzt mehr denn je. Die Entschlossenheit, Chancen zu nutzen. Jede Chance zu nutzen, jeden Sonnenstrahl, jeden schönen Moment. Und aus jedem das Beste zu machen. Ohne Humor und eine ziemlich große Portion Selbstironie geht das nicht. Wer sich selbst bitter ernst nimmt, kommt nicht gut durch diese Jahre der Neubestimmung, der Selbstfindungskämpfe, in denen sich einfach alles ändert.
Einmal saß ich mit meinem Sohn in einem Straßencafe in Berlin-Prenzlauer Berg. Ich trug Seidenkleid, Stiefel und Lederjacke, die Sonne schien, der Erdbeersmoothie war klasse. Ich sah mir den Sohn voller Stolz von der Seite an. Alles sehr schön. Auf einmal lief eine Frau mit einem Fahrrad durch das Bild. Auf dem Gepäckträger ein Korb mit Obst und Blumenstrauß. Sie trug weite Leinenhose, passende Bluse und einen Zopf. Die Frau stimmte, sie gefiel mir.
Und ich sagte zu meinem Sohn: »Guck mal, wenn ich so alt bin wie die Frau mit dem Rad, dann möchte ich ungefähr so aussehen.«
Mein Sohn sagte: »Mami, du bist so alt.«
Ich verschluckte mich beinahe an einem Stück Erdbeere. Musste mächtig kichern über die Fehleinschätzung der Dinge, wobei unklar blieb, wer sich irrte - er oder ich. Für einen Dreißigjährigen sind alle ab vierzig so alt. Aber was sagt das über uns? Gar nichts. Da stehen wir drüber. Da lachen wir drüber.
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