Nicht selten entscheiden sich Pferdebesitzer, ihr Tier mit Freiheitsdressur zu beschäftigen, weil es wegen einer Verletzung oder Krankheit nicht mehr geritten werden kann. Es ist auf jeden Fall begrüßenswert, wenn verletzte, kranke oder auch alte Pferde nicht einfach stehen gelassen werden, sondern abwechslungsreiche und ihrer Befindlichkeit angemessene Aufgaben erhalten. Auf ihren
speziellen Zustand muss aber unbedingt Rücksicht genommen werden. Die Freiheitsdressur stellt höchste Anforderungen an die Elastizität von Bändern, Sehnen und Muskeln, und bei Erkrankungen des Bewegungsapparats (zum Beispiel Gelenke mit Arthrose) besteht daher die Gefahr einer Überbelas–tung. Bei Atemwegserkrankungen hingegen spricht eigentlich nichts gegen das Erlernen von zirzensischen Lektionen, die Untersuchung des Tieres und die Besprechung der Situation mit einer medizinischen Fachperson ist aber sicherlich auch hier empfehlenswert.
… wirkt sich günstig auf die Hilfengebung aus.
Ein Pferd, das mit Lektionen der Freiheitsdressur vertraut gemacht werden soll, muss über eine einfache, aber solide Grundausbildung verfügen. Dazu gehört, dass es problemlos geführt werden kann, dass es ruhig steht, wenn es gehalftert und von einem Menschen am Führstrick gehalten wird, dass es auf ein leises Zeichen hin weicht und seine Hufe heben lässt.
Dies sind die minimalsten Anforderungen an ein Pferd – allerdings meiner Meinung nach nicht nur, um mit ihm in die Freiheitsdressur einzusteigen, sondern auch, um den gemeinsamen täglichen Umgang angenehm zu gestalten. Ein angemessener Respekt des Pferdes dem Menschen gegenüber ist die Grundvoraussetzung für jegliche Arbeit mit dem Pferd.
Hat das Pferd bereits andere Ausbildungen als die Freiheitsdressur durchlaufen und kennt es schon andere Arbeitseinsätze, so kann das, sofern es damit gute Erfahrungen gemacht hat, von Vorteil sein.
Vor allem eine sinnvolle Longierausbildung eignet sich hervorragend als Vorbereitung für die Freiheitsdressur. Auch dabei steht der Trainer am Boden, und das Pferd hat hauptsächlich auf seine Körperhaltung und auf seine Stimme zu achten. Allerdings trifft das nur dann zu, wenn der Longenführer sein Pferd nicht bloß Runde um Runde im Kreis herumrennen lässt, bis es müde und abgestumpft ist, sondern wenn er es körperlich und geistig zur Mitarbeit auffordert. Verschiebungen des Zirkels, Erweitern und Verkürzen der Distanz zwischen Mensch und Pferd sowie Gangarten- und Richtungswechsel können ein Longiertraining zu einer abwechslungsreichen und gymnastizierenden Aufbauarbeit werden lassen. Weiterbildungsangebote auf diesem Sektor gibt es heute viele, und qualifizierte Ausbilder lassen sich ebenfalls finden.
Fantasievolle Longierarbeit ist eine ausgezeichnete Einstimmung für die Freiheitsdressur.
Ein weiteres vorteilhaftes Fundament für die Freiheitsdressur bildet die Bodenarbeit. Auch hier wird das Pferd vom Boden aus durch die Aufgaben hindurch begleitet und lernt sowohl aufmerksam zu folgen als auch selbstständig mitzuarbeiten. Wer sich in diese wertvolle Arbeitsmethode vertiefen will, findet ebenfalls Kurse bei verschiedenen seriösen Anbietern.
Neben dem Training der Freiheitsdressur ist Fahren oder Reiten eine willkommene Abwechslung für das Pferd. Sein natürlicher Bewegungsdrang will befriedigt sein, und mit entspannten Fahrten oder Ritten ins Gelände und möglichst viel Weidegang kommt man diesem Bedürfnis am besten nach.
Je mehr Abwechslung das Pferd hat, desto besser kann es sich regenerieren, desto ausgeglichener, aufnahmefähiger und aufnahmebereiter wird es in der nächsten Trainingseinheit sein. Allerdings ist es nicht ratsam, das Tier gleichzeitig in verschiedenen Bereichen intensiv zu fördern. Wenn es in der Freiheitsdressur gerade neue Aufgaben lernt, sollten die anderen Beschäftigungen vor allem der Entspannung dienen und keine unbekannten Anforderungen stellen. Ist es dann mit den erarbeiteten zirzensischen Lektionen vertraut, kann zum Beispiel reiterlich wieder mehr von ihm gefordert werden und die zirzensischen Lektionen sorgen für Abwechslung.
Ob das Pferd in einer Box steht oder in einem Offenstall, ob es allein lebt oder in Gruppenhaltung, beeinflusst maßgeblich die Art und Weise, wie es sich auf die Freiheitsdressur (oder auf anderes) einlassen wird. Die einzig richtige Stallhaltung gibt es nicht, jedes System hat Vor- und Nachteile, die einfach im Trainingsprogramm berücksichtigt werden müssen.
Ich selbst bevorzuge einen Offenstall, in dem jedes Pferd für die Fütterung und für die Erholung nach dem Training von den anderen separiert werden kann. Meine Pferde halte ich also in einer Gruppe mit individuellen Abtrennungsmöglichkeiten.
Die Gruppenhaltung mit Auslauf kommt den natürlichen Bedürfnissen der Pferde nach Luft, Licht, Bewegung und Sozialkontakten weitgehend entgegen, es gibt aber dabei Aspekte, die sich auf das Training eher ungünstig auswirken. Ein Pferd, das aus dem Herdenverband geholt wird, hat anfangs Mühe, sich auf die Arbeit mit dem Menschen zu konzentrieren, weil seine Gedanken noch bei den Artgenossen sind. Dies ist speziell bei ranghöheren Tieren zu beobachten. Deshalb ist es wichtig, einem solchen Pferd genügend Zeit zu geben, bevor von ihm die volle Konzentration erwartet wird oder bevor es eine völlig neue Aufgabe in Angriff nehmen soll. Treten zu Beginn des Trainings Schwierigkeiten auf, sind sie also häufig nicht auf Widersetzlichkeit oder Unlust zurückzuführen, sondern ganz einfach auf die Natur des Herdentieres.
Bei einem Pferd, das in der Box gehalten wird, ist die Bereitschaft, mitzuarbeiten meistens von Anfang an vorhanden, da es froh ist, der Einsamkeit und Langeweile zu entkommen. Weil es in der Box nur sehr geringe Bewegungsmöglichkeiten hat, ist jedoch vor allem darauf zu achten, dass es gut aufgewärmt und gymnastiziert wird,...