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E-Book

Freimaurer Politiker Lexikon

von Salvador Allende bis Saad Zaghlul Pascha

AutorRobert Minder
VerlagStudienverlag
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl350 Seiten
ISBN9783706558433
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Umfassend und kompakt bietet das 'Freimaurer Politiker Lexikon' einen Überblick über 1.000 prominente Politiker, die sich dieser großen Idee der Menschheit verschrieben haben. Dieses Lexikon unterzieht die historischen Verflechtungen zwischen Freimaurerei und Politik einer kritischen Betrachtung. Der Autor hat auch jene Persönlichkeiten aufgenommen, die dem Bund fälschlicherweise zugeordnet werden.

Robert A. Minder, Jahrgang 1943, lebt und arbeitet als Publizist in Wien.

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Leseprobe

Großbritannien


England


England ist das Geburts- und Mutterland der Freimaurerei, wie wir sie auch noch heute kennen.

„Weil sie sich von Sir Christopher Wren (auch Großmeister Wren genannt) vernachlässigt fühlten“, schlossen sich vier Logen zusammen und gründeten die erste Großloge. Der berühmte Baumeister Sir Christopher Wren (1632-1723) hatte den Wiederaufbau Londons nach dem großen Brand von 1666 geleitet. Er war ursprünglich Wissenschaftler und Astronom, bevor er sein erstes Bauwerk entwarf. Wren wurde 1691 von einer Londoner Loge als Mitglied aufgenommen, hat aber in der spekulativen Freimaurerei keine Rolle gespielt.

Am 24. Juni 1717, dem St. Johannistag, trafen sich vier Logen – „Zur Gans und zum Bratrost“, „Zur Krone“, „Zum Apfelbaum und zum Römer“ und „Zur Traube“ (die Logennamen bezogen sich auf das Gasthaus, in dem sie zusammenkamen) – und wählten Anthony Sayer zum ersten Großmeister. Ein Jahr später übernahm George Payne für 1718/19 und 1720/21 dieses Amt. Er erwarb sich große Verdienste um die freimaurerische Forschung, forderte die Brüder auf, alte Schriften und Protokolle beizubringen. In seiner zweiten Amtszeit erwarb er für die Großloge das aus dem 15. Jahrhundert stammende Cook-Manuskript. Der bedeutendste Großmeister war jedoch Théophile Désaguliers, der dieses Amt 1719/20 über hatte. Nach diesen drei waren alle folgenden Großmeister, und das bis heute, von adliger oder sogar königlicher Abstammung. So 1721/22 John Duke of Montagu und Philip Duke of Wharton 1722/23. 1724 wurde Karl Lennox, Herzog von Richmond und Aubigny, Großmeister. Sein Vater war Karl Lennox, ein natürlicher Sohn Karls II. von England, seine Mutter die von dem französischen König Ludwig XIV. nach England gesandte politische Emissärin Louise de Kéroual. So wurde die Großloge auch gesellschaftlich anerkannt und durch ihre adligen Großmeister auch hoffähig.

In diese Amtszeit fallen der Beschluss von Maßregeln gegen die Winkelmaurerei und die Gründung des Armenfonds der Großloge.

Ein starkes Zeichen der Offenheit dieses Bundes zeigt sich auch darin, dass im protestantischen England 1730 der Katholik Thomas Howard, der achte Herzog von Norfolk, Großmeister wurde.

Reverend James Anderson (1679-1739), presbyterianischer Geistlicher in London, gehörte nicht zu den Gründern der ersten Großloge, wurde erst 1721 Mitglied einer schottischen Loge. Trotzdem hat er wesentliches bis heute Gültiges für die Freimaurerei geleistet. Er wurde nämlich beauftragt, einen Text der „Alten Pflichten“ auszuarbeiten. So erschienen am 28. Februar 1723 „The Constitutions of the Free-Masons“. Als die Auflage vergriffen war, gab Anderson 1738 einen etwas revidierten Text unter dem Titel „The Old Charges of the Free and Accepted Masonry“ heraus. Diese Konstitutionen und „Old Charges“ sind bis heute in unveränderter Form für alle regulären und anerkannten Freimaurer gültig.

Anfänglich entwickelte sich die Großloge von England nur langsam. 1721 gehörten ihr erst 12 Logen an, doch bis 1735 waren es doch schon 138. Nach einer Teilung in „Moderns“ (387 Logen) und „Antients“ (260 Logen) dauerte es bis zum Jahr 1813, bis es am St. Johannes-Tag (diesmal des Evangelisten) am 27. Dezember zum Zusammenschluss kam. Dabei war eine Besonderheit dieser Teilung, dass beide Großlogen von Mitgliedern des englischen Königshauses geleitet wurden. So war der Prinz von Wales (der spätere Georg IV.) von 1790 bis 1813 Großmeister der Großloge der Moderns und wurde in diesem Jahr von seinem Bruder August Friedrich, Herzog von Sussex, abgelöst, während sein anderer Bruder Eduard, Herzog von Kent (beide Söhne Georgs III.), im gleichen Jahr Großmeister der Ancients wurde. Und der erste Großmeister der „United Grand Lodge of Ancient Freemasons of England“ wurde der Herzog von Sussex, weil sein Bruder freiwillig auf dieses Amt verzichtete.

Die britische Freimaurerei nach 1738


Die Stuhlmeister und die Aufseher der englischen Logen nahmen an den Versammlungen der Großloge teil und waren bei Wahlen stimmberechtigt. Aber auf Grund der schlechten Reisebedingungen dieser Epoche war es allein den Mitgliedern der Londoner Logen möglich, an den Sitzungen der Großloge teilzunehmen. Zwischen 1740 und 1750 war die Verbreitung der Londoner Freimaurerei sehr in Frage gestellt, wahrscheinlich wegen des zu schnellen, unkontrollierten Wachstums der Freimaurerei im Ganzen. Um zu verhindern, dass Londoner Logen von der Bildfläche verschwinden, wurde jegliche Neugründung abgelehnt, und das Reglement von 1724, das bestimmte, dass Londoner Freimaurer nur einer Loge angehören dürfen, wurde erneut bestätigt. Die Teilnahme an den Versammlungen der Großloge war rückläufig, und die Großbeamten waren nicht interessiert, an den Arbeiten der Großloge teilzunehmen. Die geringe Teilnahme erklärt sich aber auch damit, dass viele während des Österreichischen Erbfolgekrieges und der unglückseligen Rebellion der Jakobiter im Jahre 1745 zum Kriegsdienst eingezogen wurden.

Unglücklicherweise wurde das Problem durch die Wahl des fünften Lords Byron (der Großonkel des Dichters) zum Großmeister noch vergrößert. Trotz seines feierlichen Versprechens, „sich mit aller Kraft für das Wohl der Freimaurerei einzusetzen“, nahm er zwar an seiner Installierungszeremonie am 30. April 1747 teil, wurde dann aber bis zum 16. März 1752, dem Tag, an dem er seinen Nachfolger benannte, nicht mehr gesehen.

Als erste Rivalin der Großloge erwies sich die Loge von York, der die höchstgestellten Persönlichkeiten der Grafschaft York schon seit 1705 angehörten. Sie bestand darauf, die älteste Bauhütte zu sein, da sie nach der auch von Anderson vertretenen Legende im Jahre 926 von dem Prinzen Edwin gegründet worden sei.

1725 erklärte sie sich selbst zur „Großloge von ganz England“, stellte aber bereits 1735 die Arbeiten wieder ein und erwachte erst 1761 wieder zu neuem Leben. Während ihres dann 67 Jahre langen Bestehens hat die Großloge von York jedoch nur ein Dutzend Tochterlogen eingerichtet. Aus einem Bauriss, die der zweite Großaufseher der Großloge, Sir Francis Drake, aufgelegt hatte, ist zu entnehmen, dass sie bereits im Jahre 1726 in allen drei Graden gearbeitet hat. Ihre Rituale sind unter dem Titel „York-Ritual“ bzw. als „York-Maurerei“ bekannt und werden besonders in den Vereinigten Staaten von Amerika als die älteste und reinste Form maureciseher Rituale angesehen. Aus dem Bestehen der Yorker Schwestergroßloge erwuchsen der ersten Großloge keine nennenswerten Schwierigkeiten, da sich die Großloge von York einerseits auf die Region um York beschränkte und andererseits nur wenige Logenneugründungen vornahm.

Anders verhielt es sich mit dem Erscheinen einer zweiten Großloge, der „Großloge der Alten“, nämlich im Jahre 1751, die in der Mehrzahl von irischen Freimaurern ins Leben gerufen worden war. Die Bildung dieser „Großloge der Alten“ löste anfänglich bei der Ersten Großloge keinerlei Reaktion aus. Erst 1755 findet sich in den Protokollen der ersten Großloge eine erste Erwähnung einer Rivalität, worin die Alten als irregulär erklärt werden und ihnen der Zutritt zu allen Logen der ersten Großloge untersagt wird. Die Konkurrenz brachte neues Leben in die erste Großloge, und dieses Wiederaufblühen wurde dann 1782 durch die Wahl Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich Friedrich Herzog von Cumberland zum neuen Großmeister gekrönt. Die gleichzeitige Ernennung eines geschäftsführenden Großmeisters (heute „Pro Grand Master“ genannt) diente künftig als Beispiel, wann immer ein Prinz königlichen Geblüts zum Großmeister gewählt wurde. Diese königliche Protektion stärkte das Ansehen der Großloge erheblich und führte zu zahlreichen Logengründungen, sowohl in London als auch in der Provinz und im Ausland.

Der Tod des Herzogs von Cumberland im Jahre 1790 war deshalb ein schwerer Schlag für die erste Großloge, der aber glücklicherweise dadurch ausgeglichen werden konnte, dass der Neffe des Herzogs, der damalige Prince of Wales und spätere König Georg IV, die Wahl zum Großmeister annahm. Er zeigte großes Interesse für die Freimaurerei, ernannte aber, wie schon sein Onkel, einen geschäftsführenden Großmeister in der Person des Francis Rawdon (des späteren Grafen Moira und Marquis von Hastings). Moira, wie er von Freimaurerkreisen genannt wurde, erwies sich als eine ausgezeichnete Wahl. Als erprobter Soldat, Staatsmann und Administrator führte er die Großloge sicher durch diese äußerst schwierige Epoche. Die Französische Revolution hatte nämlich in ganz Europa panischen Schrecken ausgelöst. In England richtete sich das öffentliche Misstrauen vor allem gegen die Freimauer, da in zwei in dieser Zeit erschienenen französischen Büchern behauptet wurde, dass die Jakobiner und dadurch auch die Revolution in Frankreich von französischen Freimaurerlogen angeführt worden...

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