Er ist erste Mann, mit dem ich nach der Trennung von Marius schlafen will. Er ist ein komischer Kauz, den ich von diversen Partys und gemeinsamen Freunden flüchtig kenne. Levi ist kein Mensch, den man auf einer Party nicht bemerken kann. Er ist tatsächlich unfassbar witzig, und sein Selbstdarstellungsdrang ist so enorm, dass er innerhalb kürzester Zeit immer die Unterhaltungen in der Runde bestimmt. Er hat so eine große Klappe, dass ich nur immer wieder über sein aufgeblasenes Ego staunen kann. Er beschäftigt sich irgendwie mit Computern und schreibt für ein paar trashige Magazine. Er mag Feuersalamander genauso gerne wie ich. Und er hat eine große Narbe auf der Stirn. Das finde ich sexy.
Ich liege deprimiert im Bett rum, und mein Gleichgültigkeitslevel ist hoch genug, dass ich mich traue, Levi zu schreiben, und dabei weiß, dass mir eine Abfuhr auch nicht mehr viel ausmachen würde. Immerhin sind wir schon Facebook-Freunde – ich schreibe, und er geht sofort darauf ein. Mein erster Social-Media-Flirt – viel einfacher, als ich dachte.
Levi macht mir den Einstieg aber auch extrem leicht. Seine Fragen sind sehr gezielt und so offen und direkt, dass ich sofort begeistert bin. Er will alles wissen: meine Vorlieben im Bett, ob ich auf Sperma stehe und ob ich große Schwänze mag. Ich habe mir bis zu diesem Zeitpunkt nicht mal wirklich Gedanken darüber gemacht, ob die Penisgröße irgendwie ausschlaggebend ist. Vielleicht, weil ich noch nie Sex mit einem Mann mit wirklich kleinem Penis hatte.
Eigentlich will er nur darauf hinaus, mir Bilder von seinem durchaus großen Penis zu schicken. Irgendwie finde ich das befremdlich, aber auch sehr spannend. Soll er mir doch Bilder schicken, wenn er drauf steht. So bekomme ich meine ersten Schwanzbilder. Viele. Erigiert, nicht erigiert, mit Sperma, im Zug, im Bett, im Flugzeug. Meine Unerfahrenheit lasse ich mir nicht anmerken, weil ich irgendwie Angst habe, dass es mich uninteressanter macht. Ihm schicke ich auch meine ersten Nacktbilder. Das ist so aufregend und neu und versaut. Ich fühle mich erwachsen dabei, und später, als die Bilder, seine und meine, mit meinem ersten Laptop ins Jenseits befördert werden, bin ich wirklich traurig.
Levi und ich schreiben uns fast jede Nacht und verstricken uns immer weiter in erotische Fantasien.
Der erste Mann, mit dem ich dann tatsächlich schlafe, sitzt seit ein paar Tagen jeden Abend besoffen und traurig an der Theke bei uns im Club. Ich bestelle mir gerade meinen ersten Feierabenddrink – Wodka-Cranberry mit Limette –, als er mir aus Versehen seinen Drink ins Dekolleté kippt. Whiskey-Cola zwischen den Brüsten mag ich ja besonders gerne. Vollidiot. Aber wir kommen irgendwie trotzdem ins Gespräch. Robin trauert um seine Ex-Freundin, die ihn verlassen hat, und ertränkt das jetzt jeden Abend in einem feinen Mix aus Whiskey und Wodka. Es geht sehr schnell um gescheiterte Beziehungen und die Elefanten in unseren Porzellanherzen.
Und auf einmal finde ich ihn doch ganz heiß. Tätowiert bis unters Kinn, rotzevoll, nur am Pöbeln – eine Schwäche für Punker hatte ich irgendwie schon immer. Wir trinken und pöbeln und stolpern über die Tanzfläche und helfen uns gegenseitig, kurz zu vergessen, was uns quält.
Dass er mich dann tatsächlich sehr höflich fragt, ob er mich küssen dürfe, lässt mich leise kichern. Wir sitzen gefühlte Stunden knutschend an der Theke, bis ich genug Mut dazu habe, ihn zu fragen, ob wir gemeinsam nach Hause wollen. Er ist sofort dabei, und wir teilen uns ein Taxi. Zu ihm. In seine Eigentumswohnung mit Badewanne und Balkon in Mitte. So Punkrock.
Die ganze Bude ist vollgestopft mit komischen Sachen. Im Wohnzimmer steht eine riesige Anlage, deren Boxen Affenkostüme tragen, irgendwo lehnt ein orangener Berliner Straßenmülleimer, Spielautomaten, Straßenschilder, Skateboards in jeder Ecke und riesige, zum Teil echt schlechte Graffiti an den Wänden. Auf dem Klo wohnt ein aggressiver Hummer im Aquarium, den ich wirklich gruselig finde. Aber irgendwie Punkrock.
Er bietet mir ein kaltes Bier an, und jetzt bin ich doch etwas verlegen. Ich stehe unsicher an der Wand in der Küche, er reicht mir die Flasche und zieht seine Jacke aus. Als Robin zu mir kommt, mich küsst und gegen die Wand drückt, weiß ich wieder, warum ich hier bin. Wir ziehen uns gegenseitig aus, Stück für Stück, bis ich in Unterwäsche vor ihm stehe. Es ist wild und unkoordiniert. Ist aber auch richtig schwer, irgendwie aus superengen Jeans rauszukommen, ohne dabei total beknackt auszusehen. Unsere Zähne stoßen oft aneinander, und unsere Zungen verfehlen sich immer wieder. Ich finde es trotzdem super. Weil es neu ist. Und anders.
Wir haben zweimal unspektakulären Sex, und ich komme kein einziges Mal. Vielleicht, weil wir nicht so richtig harmonieren. Oder weil ich so aufgeregt und gespannt...