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Functional Training

Bewegungsabläufe perfektionieren - Muskelgruppen stärken - individuelle Schwächen beheben

AutorMichael Boyle
Verlagriva Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783864133978
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR
Functional Training ist das Trainingskonzept der Zukunft. In den USA bereits ein integraler Bestandteil der Sportlerausbildung, setzt sich diese aus der Physiotherapie stammende Methode auch hierzulande mehr und mehr durch. So bereitete sich die deutsche Fußballnationalmannschaft schon 2006 mit Functional Training auf die WM vor. Dabei werden mit freien Bewegungen und einfachen Hilfsmitteln wie Gymnastik-Matte oder Medizinball ganze Muskelgruppen trainiert - und nicht nur einzelne Muskeln wie an den Kraftgeräten im Fitnessstudio. Jede Übung verbessert zugleich die Stabilität und Beweglichkeit des Rumpfes, unseres Kraftzentrums, von dem alle Bewegungen ausgehen, sowie die Koordination, Reaktionszeit und das Gleichgewicht des Sportlers. Typische Bewegungsmuster der jeweiligen Sportarten werden perfektioniert und Schwächen gezielt behoben, wodurch auch Verletzungen vorgebeugt wird. Dieses umfassende Standardwerk, das sich an Sportler, Trainer und Therapeuten richtet, kombiniert einen fundierten Theorieteil mit vielen bebilderten Übungen, die sich auf alle Sportarten abstimmen lassen.

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Leseprobe

 

Bevor Sie sich Ihr persönliches Trainingsprogramm zusammenstellen, müssen Sie die Anforderungen Ihrer Sportart genau kennen. Bestimmen Sie zunächst, ob Sie einen Ausdauersport betreiben oder ob in Ihrer Sportart Kraft und Schnelligkeit zählen. Bei den meisten Mannschaftssportarten sind vor allem Schnelligkeit und Kraft wichtig. Auch viele Individualsportarten, wie Tennis, Geräteturnen oder Eiskunstlauf, gehören in diese Gruppe. Die besten Athleten dieser Sportarten sind extrem schnell und wendig und führen ihre Bewegungen besonders effektiv aus. Ihrer Schnelligkeit und Kraft verdanken diese Sportler ihren Erfolg – und nicht ihrer Ausdauer oder Beweglichkeit.

In den frühen 1980er-Jahren haben Profis und hochklassige Amateurmannschaften leider häufig die falschen Fachleute nach Möglichkeiten der Leistungsverbesserung gefragt. Sie arbeiteten mit Trainingswissenschaftlern zusammen, die in der Regel aus dem Ausdauersport kamen und nur wenig Erfahrung im Bereich der Kraft und Schnellkraft hatten. Die Trainingswissenschaftler gingen damals nach diesem einfachen Schema vor:

 

  1. 1. Leistungsdiagnostik des Spielers
  2. 2. Auswertung der Ergebnisse
  3. 3. Anwendung der Ergebnisse im Training

 

 
Mit dieser einfachen Methode glaubte man die schwierige Aufgabe erfüllen zu können, die Leistungen von Sportlern der verschiedensten Sportarten zu verbessern. Doch der Ansatz hatte viele Defizite, und noch zwanzig Jahre danach leiden viele Sportler unter inadäquatem Training.

Ein damals gängiger Ausdauertest, bei dem die aerobe Leistungsfähigkeit und die Sauerstoffaufnahmekapazität (VO2) getestet wurden, führte bei den meisten Athleten zu dem Ergebnis, dass sie über schlechte Ausdauerwerte verfügten. ­Allerdings wurden diese Tests in der Regel auf einem Fahrradergometer durchgeführt, auch wenn die zu testenden Sportler sonst nie auf dem Fahrrad trainierten. Sie wurden also in ­einer Sportart getestet, die ihnen völlig fremd war. Aus den schlechten Testergebnissen zog man den Schluss, dass die Athleten nicht fit genug waren und man ihre maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit (VO2max) erhöhen müsse, um zugleich ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Dahinter steckte die Erkenntnis, dass ein Spieler mit einer höheren Sauerstoffaufnahmefähigkeit weniger schnell ermüdet und sich nach der Belastung schneller regeneriert. Diese Zusammenhänge sind in der Tat wissenschaftlich erwiesen. Dennoch ist dieser Denkansatz für Sportarten mit dem Schwerpunkt Kraft und Schnelligkeit aus mehreren Gründen nicht zielführend:

 

  • Athleten, die in ihrer Sportart überwiegend die schnell kontrahierenden Muskelfasern nutzen, haben in aller Regel schlechte Ausdauerwerte. Diese Werte zu verbessern, ohne dabei an Schnellkraft einzubüßen, ist kaum möglich.
  • Gut trainierte Athleten einer Sportart, in der es viele Unterbrechungen gibt (zum Beispiel alle Mannschaftssportarten), haben mitunter schlechte Werte, wenn ihre Herz-Kreislauf-Funktion bei kontinuierlicher Belastung getestet wird. Dies gilt umso mehr, wenn der Test auf einem Sportgerät ausgeführt wird, das sie sonst nicht nutzen.
  • Training mit konstanter, lang andauernder Ausdauerbelastung kann einen explosiven Sportler seiner Schnellkraft berauben. Wenn er Explosivität und Schnelligkeit verliert, nimmt seine sportartspezifische Leistungs­fähigkeit ab.
  • Schnellkraftsportler entwickeln nicht selten Überlastungsschäden, wenn sie umfangreiches Ausdauertraining absolvieren.

Der Einsatz von Geräten im Herz-Kreislauf-Training ist problematisch. Wenn dem Sportler der Bodenkontakt fehlt und die Hüfte im Bewegungsablauf nicht gestreckt wird, kann es schnell zu Verletzungen kommen.

Auf jeden Fall sollte ein Sportler sportartspezifisch trainieren: Der Radfahrer fährt Rad, der Ruderer rudert, der Sprinter läuft auf dem Boden, und ein Sportler, der springen muss, trainiert Sprungbewegungen.

 

Trainingswissenschaftler haben in der Vergangenheit das Pferd von der falschen Seite auf­gezäumt. Wenn die vermeintlichen Schwächen eines Sportlers in seiner Sportart nicht leistungsentscheidend sind, müssen sie auch nicht aus­gemerzt werden. Wer versucht, die Ausdauerfähigkeit eines Schnellkraftsportlers zu verbessern, der reduziert gleichermaßen seine Schnellkraftfähigkeit. Stattdessen sollte an den Stärken des Sportlers gearbeitet werden. Dies trifft insbesondere für das Training von jungen Sportlern zu. Sie sollten zunächst ihre Kraft und Schnelligkeit verbessern und nicht die Kondition.

Verbessern Sie die Fähigkeiten, die Ihre Sportart fordert


1986 erschien mit The Charlie Francis Training System ein Schlüsselwerk zum Tempotraining (im Jahr 2000 wurde das Buch unter dem Titel Training for Speed neu herausgegeben). Darin beschrieb Francis die physiologischen Eigenschaften eines Sprinters und zog hieraus Schlüsse für ein Training, das diese Leistungsmerkmale verbessert. Seit dem Erscheinen des Buches bilden diese Ausführungen die Basis unserer Trainingsprogramme.

Francis trainierte nicht nur den Olympiasieger Ben Johnson – dessen sportlicher Erfolg später leider in ein schlechtes Licht geriet –, sondern arbeitete auch mit zahlreichen kanadischen Sprintern zusammen. Kanada ist nicht gerade die Heimat der Sprinter, doch Francis brachte in diesem schwach besiedelten Land mit seinem ungünstigen, kalten Klima zahlreiche Weltrekordhalter hervor. Seine Athleten gewannen Medaillen bei Weltmeisterschaften, den Commonwealth Games und auch bei den Olympischen Spielen.

Francis hatte einen einfachen und logischen Weg gefunden, Sprinter richtig zu fördern. Er vertrat die Auffassung, dass im frühen Jugend­alter (13 bis 17 Jahre) der Schwerpunkt des Trainings auf Kraft und Schnelligkeit gesetzt werden müsse, damit der genetisch bedingte Anteil an weißen Muskelfasern (das sind schnell kontrahierende Muskelfasern, die für schnelle, explosive Bewegungen zuständig sind) erhalten bliebe. Diese Trainingsform bewirke außerdem eine Umwandlung von im Übergang befindlichen Muskelfasern zu schnellen Muskelfasern (auch FT- oder Fast-Twitch-Muskelfasern genannt). Ausdauertraining sollte hingegen nur begrenzt eingesetzt werden, um eine Umwandlung von weißen in rote Muskelfasern (das sind langsam kontrahierende ST- oder Slow-Twitch-Muskelfasern, die für Ausdauerbelastungen zuständig sind) zu verhindern.

Intensives Ausdauertraining, so Francis, setze die Schnellkraftentwicklung des Athleten aufs Spiel. Sehr schnell könne so aus einem Sprinter ein Ausdauersportler werden – aber in aller Regel ist das nicht das Ziel.

 

Zuallererst kommt es daher darauf an, die Anforderungen zu bestimmen, die in der jeweiligen Sportart über den Erfolg entscheiden. Dann muss ein Trainingsprogramm entwickelt werden, das genau diese Fähigkeiten verbessert. In der Vergangenheit haben Trainingswissenschaftler immer wieder versucht, die Ausdauer von Schnellkraftsportlern zu erhöhen, um deren Leistungs- und Regenerationsfähigkeit zu steigern. Sie argumentierten, dass Fußballspieler während eines Spiels durchschnittlich sieben bis acht Kilometer liefen, Tennisspieler zwei Stunden oder länger auf dem Platz stehen würden. Das ist natürlich richtig, doch in welcher Geschwindigkeit und in welcher Zeitspanne be­wegen sich diese Sportler? In welchem Verhältnis wechseln Stehen und Laufen sich ab? Ent­scheidend ist doch die Tatsache, dass weder in einem Fußballspiel noch in einem Tennismatch kontinuierliche Laufintensitäten gefordert sind. Ausdauertraining verkürzt demnach zwar die Regenerationszeit des Athleten, seine sportartspezifische Leistungsfähigkeit aber bleibt unverändert.

 

Wie also muss ein Fußballspieler trainieren? Dieser läuft zwar acht bis zehn Kilometer während eines Spiels, doch wird diese Laufarbeit auf 90 Minuten (effektive Laufzeit 60 Minuten) verteilt und ist in keiner Weise als kontinuierlich zu bezeichnen. Der Fußballspieler joggt, sprintet und geht abwechselnd. Jeder Sportler kann acht Kilometer in anderthalb Stunden laufen. Tatsäch­lich schaffen die meisten Leute, sogar wenn sie nur flott spazieren, acht Kilometer in 90 Minuten. Entscheidend ist hier, dass gute Spieler auch nach zwei Stunden noch extrem beschleunigen und abstoppen können und dabei stets die Körperkontrolle behalten. Diese Fähigkeiten müssen trainiert werden: wiederholtes Beschleunigen und Abstoppen. Wer im Spiel ­regelmäßig zehn Meter sprinten muss und zwischen den Sprints 40 Sekunden Pause hat, muss genau diese Übungs­form in seinen Trainingsplan einbeziehen.

 

Jede Sportart lässt sich auf diese Weise analysieren: Schauen Sie sich ein Spiel an. Beobachten Sie die besten Athleten Ihrer Sportart, und achten Sie dabei nicht darauf, was diese nicht können, sondern finden Sie heraus, wo ihre Stärken liegen.

Um Ihre eigene Sportart zu analysieren, sollten Sie sich folgende Fragen stellen:

 

  • Muss ich in meinem Sport sprinten oder springen? Wenn ja, dann muss ich die Kraft meiner unteren Extremitäten trainieren. Hier­-zu gehören insbesondere Übungen, die einbeinig ausgeführt werden.
  • Wie lange dauert...
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