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E-Book

Fußball in München

Eine Stadt zwischen Rot und Blau

AutorRobert Schöffel
VerlagVerlag Friedrich Pustet
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl136 Seiten
ISBN9783791760377
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Anlaufschwierigkeiten, Weltkriege, Platzprobleme: Der Münchner Fußball musste im Laufe der Geschichte viele harte Zeiten durchstehen. Robert Schöffel zeichnet im vorliegenden Band der Kleinen Münchner Geschichten die über 100-jährige Geschichte des runden Leders an der Isar nach - von den ersten Gehversuchen bis zu den jüngsten Erfolgen und Tragödien. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei natürlich auf den beiden bekanntesten Münchner Vereinen TSV 1860 und FC Bayern - denn eines ist sicher: Die 'Blauen' und die 'Roten' können absolut nicht miteinander. Ohne einander aber noch viel weniger!

Robert Schöffel, geb. 1979, arbeitet als Redakteur beim Bayerischen Rundfunk und als freier Journalist mit den Schwerpunkten Sport und neue Medien.

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Leseprobe

Die „englische Krankheit“ infiziert München


Der Fußball hat eine Geschichte, die mehrere Tausend Jahre zurückreicht. Bis es zu einem gepflegten Spiel mit klaren Regeln kam, galt es aber viele Schwierigkeiten zu überwinden. Nach München schwappte der „englische Sport“ erst relativ spät herüber, und er hatte es zu seinen Anfangszeiten alles andere als leicht.

Von der Massenprügelei zum modernen Sport


„Football’s coming home“ – was die britische Band „Lightning Seeds“ 1996 anlässlich der Fußball-Europameisterschaft in England sang, wurde zwar zu einer der größten Hymnen des Sports überhaupt, war aber nicht ganz korrekt. Zwar lässt sich die Frage, wo das erste Mal Fußball gespielt wurde, nicht mehr eindeutig beantworten, denn fast jede alte Kultur ging ihrer eigenen Art des Ballspiels nach. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass der populärste Sport unserer Zeit in Fernost das Licht der Welt erblickte. Schon vor über 4000 Jahren, so nimmt man an, wurde im heutigen China einem Ball nachgejagt. So zeigen prähistorische Felsmalereien in der chinesischen Provinz Yunnan Personen bei der Ausübung eines Sports, dessen Ziel es war, eine mit Stoff oder Federn ausgestopfte Lederkugel mit dem Fuß in ein Tor zu befördern. So gesehen hat sich in den vergangenen Jahrtausenden am Grundprinzip des Fußballs wenig geändert.

Auch aus Ägypten, Mittelamerika, Griechenland, Japan, Rom und dem Florenz der Renaissance sind Spiele überliefert, die als Vorgänger des Fußballs gelten. Gemein hatten die Sportarten das Spielgerät – und oftmals einen Mangel an Regeln. Erlaubt war fast alles, um an den Ball zu kommen. Wie eine Variante des Spiels im Mittelalter ausgesehen haben könnte, zeigt der heute noch in der englischen Grafschaft Derbyshire zelebrierte „Royal Shrovetide Football“: Ein Spielfeld von mehreren Kilometern Länge wird von mehreren Hundert Spielern beackert; Körperkontakt ist ausdrücklich erwünscht, nur Mord und Totschlag sind verboten. Bisweilen glich das Spiel in der Vergangenheit mehr einer Massenprügelei denn einer Sportveranstaltung. Hinzu kamen Lärm, Zerstörungswut und Alkoholexzesse – testosterongeschwängerte Szenen, die man auch heute noch von den gefürchteten britischen „Hooligans“ kennt.

Den Herrschern auf der Insel war das brutale Treiben schon damals ein Dorn im Auge. 1314 ließ König Eduard II. den Fußball offiziell verbieten und sorgte damit paradoxerweise für die erste urkundliche Erwähnung des Spiels. Mehrere seiner Thronfolger versuchten ebenfalls, den Sport zu unterbinden, was die Frühgeschichte des Fußballs somit auch zu einer Geschichte von Verboten macht.

Diese blieben aber, wie man unschwer erahnen kann, erfolglos. Im Gegenteil: Über die Jahrhunderte wurde das Spiel in verschiedenen Varianten weiter ausgeübt und fand schließlich den Weg in die öffentlichen Schulen des Königreichs. Diese wurden zur idealen Brutstätte, um aus dem rohen, männlichen Treiben ein geregeltes Spiel zu formen. Immer mehr junge Briten waren von diesem Sport fasziniert, und nicht wenige von ihnen entdeckten eine Leidenschaft, die sie ihr ganzen Leben nicht mehr loslassen sollte.

Als im 19. Jahrhundert der Ruf nach einheitlichen Regeln laut wurde, traf sich 1863 eine Gruppe fußballbegeisterter Vertreter der Schulen in der Londoner „Freemasons Tavern“. Leidenschaftlich wurde in mehreren Sitzungen darüber diskutiert, wie ein allgemeingültiges, verbindliches Regelwerk aussehen könnte. Eine Einigung gestaltete sich allerdings schwierig, denn nicht alle waren damit einverstanden, dass der Ball in Zukunft nicht mehr mit der Hand gespielt werden sollte. Mehrere Männer verließen die Zusammenkunft, da sie nicht von den im Jahr 1846 im mittelenglischen Ort Rugby schriftlich fixierten Regeln abweichen wollten. Die elf verbliebenen Repräsentanten der Sportvereine verständigten sich schließlich auf eine Erweiterung des 1848 in Cambridge und 1858 in Sheffield entwickelten Katalogs, der unter anderem das Treten, Beinstellen, Halten und das Tragen des Balls mit der Hand untersagte. Zudem sorgten sie für einen festen organisatorischen Rahmen der Fußballspiele. Die Football Association (FA), der erste nationale Fußballverband der Welt, war somit gegründet – und England damit doch irgendwie zum Mutterland des modernen Fußballs geworden.

Abb. 1:
Straßenfußball im London des 18. Jahrhunderts

Die Regeln von 1863 (Auszug)

• Die maximale Länge des Spielfeldes beträgt 200 Yards (183 m), die maximale Breite 100 Yards (91 m), die Länge und Breite werden mit Fahnen markiert, das Tor wird durch zwei senkrechte Pfosten gebildet, acht Yards (7,3 m) auseinander, ohne Band oder Latte zwischen ihnen.

• Zur Seitenwahl findet ein Münzwurf statt, das Spiel wird mit einem Anstoß von der Mitte des Platzes durch die Seite, die den Münzwurf verloren hat, begonnen; die andere Seite darf sich dem Ball nicht auf mehr als 10 Yards (9,1 m) nähern, bis der Anstoß erfolgt ist.

• Wenn ein Tor erzielt wurde, führt der Verlierer einen Anstoß durch, die beiden Mannschaften wechseln nach jedem erzielten Tor die Seiten.

• Ein Tor ist erzielt, wenn der Ball zwischen den Pfosten oder über dem Raum zwischen den Pfosten (egal in welcher Höhe) passiert, er darf hierbei jedoch nicht geworfen oder getragen werden.

• Es sind weder Beinstellen noch Treten erlaubt, zudem ist es keinem Spieler erlaubt, seinen Gegner mit den Händen zu halten oder zu stoßen.

• Kein Spieler darf den Ball mit den Händen werfen oder einem anderen Spieler weitergeben.

• Kein Spieler darf den Ball mit den Händen vom Boden aufheben, unter welchem Vorwand auch immer, solange er im Spiel ist.

• Kein Spieler darf Nägel, Eisenplatten oder Guttapercha (Naturlatex, Anm. d. Autors) auf den Sohlen oder Absätzen seiner Stiefel tragen.

Startschwierigkeiten an der Isar


Dank der einheitlichen Regeln entwickelte sich der Fußball rasch zu einer Sportart, die in England die breite Masse begeisterte. Bereits 1872 kam es zum ersten Länderspiel zwischen einer schottischen und einer englischen Auswahl; die Partie vor 4000 Zuschauern endete mit einem mageren 0:0. Britische Geschäftsleute und Studenten exportierten das Ballspiel bald auch nach Kontinentaleuropa, wo sich der Sport wie eine Epidemie verbreitete. Vor allem in der Schweiz, Dänemark und den Niederlanden fiel der Ball auf fruchtbaren Boden, und so ließen die ersten Vereins- und Verbandsgründungen dort nicht lange auf sich warten.

In Deutschland, und vor allem in München, hatte es der Fußball dagegen deutlich schwerer. Die konservativ eingestellten Turnvereine mit Friedrich Ludwig Jahn (1778–1852) als geistigem Vater betrachteten den neuen Sport als „Fußlümmelei“, „blutiges Spiel“ oder gar als „englische Krankheit“, die ganz und gar nicht geeignet war, „dem Vaterlande ganze, tüchtige Männer zu erziehen“, wie es im „Handbuch der Deutschen Turnerschaft“ (1884) heißt.

Hinzu kam der intensivierte Kampf um die Kolonien, der in Deutschland eine anti-englische Haltung hervorrief – und damit auch eine ablehnende Einstellung gegenüber dem englischen Sport. Die wenigen Fußballspiele, die ab den 1870er-Jahren auf deutschem Boden stattfanden, wurden deshalb zunächst fast ausschließlich von ausgewanderten Briten veranstaltet. Auch die ersten Vereinsgründungen waren oftmals den Zuwanderern von der Insel zuzuschreiben, wie die Klubnamen verrieten: So gilt beispielsweise der Dresden English Football Club (1874) als einer der ersten Fußballvereine in Kontinentaleuropa. Da es in München – anders als etwa in Hamburg oder Berlin – keine größeren Kolonien von Engländern gab, wurde die in vielen anderen Bereichen boomende Stadt in Sachen Fußball zum Spätzünder.

Abb. 2:
Mitglieder von „Terra Pila“ auf der Theresienwiese, 1906

Der deutsche Fußballpionier Konrad Koch

Der Lehrer Konrad Koch (1846–1911) gilt als derjenige, der dem Fußball in Deutschland zum Durchbruch verhalf. Am 29. September 1874 soll er an einem Braunschweiger Gymnasium ohne vorherige Erklärungen einen Rugby-Ball unter die Schüler geworfen haben. Sein Ziel war es, die Schüler mittels Bewegung an der frischen Luft von „Stubenhockertum“ und Kneipenbesuchen abzuhalten. Mitnichten wollte er eine Konkurrenz zum Turnsport aufbauen, vielmehr sah er den Fußball als dessen Ergänzung an. Ein Jahr nach dem ersten Fußballspiel unter seiner Leitung legte er das erste Regelwerk in deutscher Sprache vor. Zudem bemühte er sich, das „englische“ Spiel gegen deutsch-nationale Anfeindungen in Schutz zu nehmen. Er führte deshalb Begriffe aus dem Militär wie Verteidigung, Angriff, Stürmer, Strafstoß und Attacke ein. Sie werden bis heute in der Fußballsprache verwendet und ebneten dem Sport den Weg zum gesellschaftlichen Durchbruch in Deutschland.

Erst als 1889 in München das Deutsche Turnfest stattfand, hatte sich an der Isar die Erkenntnis durchgesetzt, dass mit dem Fußball eine neue Sportart auf dem Vormarsch war. Im Rahmen der Festlichkeiten auf der Theresienwiese war deshalb ein Demonstrationsspiel geplant – bezeichnenderweise zwischen dem ATV Leipzig und Orion London, da es in München noch keinen einzigen Fußballverein gab. An den örtlichen Schulen wurde jedoch sehr wohl bereits Fußball gespielt, wenn auch auf ungewöhnliche Art und Weise. So stand für die ersten und zweiten Gymnasialklassen im Schuljahr 1879/80 ein Geschicklichkeitsspiel ohne Wettkampfcharakter auf dem Lehrplan, bei dem es galt, einen Ball durch gegenseitiges Zuspielen möglichst lange in der Luft...

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