Tag für Tag neue Motive
»Man geht nie zweimal in denselben Garten«, lautet ein schönes Gärtnersprichwort. Ein Garten verändert sich ständig, denn er lebt und verändert sich, manches über Jahre, anderes bereits im Laufe eines Tages. Ein Garten hält ständig neue Ansichten und für den Fotografen neue Motive bereit. Allein der Sonnenlauf am Tag verändert die Ausstrahlung von Blüten und Pflanzen. Mit dem Blick für Details lassen sich spannende Bildmotive einfangen, die Begeisterung auslösen.
30 MM :: F/5.6 :: 1/200 S :: ISO 125
Blühendes Strauchbasilikum vor einer Steinfigur.
Schön ist, was gefällt
Gelungene Garten- und Pflanzenbilder sind meist nicht das Ergebnis zufälliger Schnappschüsse, sondern der Handwerkskunst eines Fotografen. Wie bei allen Kunstformen entscheidet schlussendlich der persönliche Geschmack, denn »schön ist, was gefällt«. Als Unterstützung gibt es einige Regeln und Techniken, um bestimmte Details hervorzuheben und Bilder harmonisch zu gestalten. Ein Garten bietet unzählige Motive, wenn er nicht nur aus Rasen oder Betonpflaster besteht. Im Gegensatz zum herkömmlichen Fotostudio befindet sich die Fotokulisse im Freien – mit allen Vor- und Nachteilen. Blumenbeete aus Gehölzen, Stauden, Gräsern und Sommerblumen sind perfekte Motivspender. Fast ganzjährig findet man Details und Situationen, für die sich der Einsatz der Kamera jederzeit lohnt. In seiner Fläche ist ein Hausgarten jedoch beschränkt. Viele Gartenpflanzen sind mehrjährig und bleiben über Jahre an ihrem Platz. Das setzt der Gartenfotografie Grenzen. Im Großen und Ganzen wird man im Hausgarten Pflanzenporträts fotografieren. Motive sind vorrangig Blüten, Pflanzenmerkmale oder die gesamte Pflanze an ihrem Standort.
Stiefmütterchen
25 MM :: F/8.0 :: 1/160 S :: ISO 200
Stiefmütterchen (Viola Wittstockeriana-Hybriden) zählen zu den beliebtesten Frühjahrsblühern im Garten. Die Schärfe und das Licht legen im Bild eine Blickdiagonale von Mitte links nach oben rechts.
Blütengesichter im Rampenlicht
Blumen und Pflanzen sind Lebewesen. Es wäre nicht natürlich, wenn es nicht auch die weniger prächtigen Seiten gäbe. Abhängig vom Alter oder dem Vegetationsstadium zeigen Pflanzen Merkmale, die im Detail ihre Reize spielen lassen. Das kann der junge Austrieb im Frühjahr, das intensiv gefärbte Blatt, die Blüte oder der Samen sein.
Vier Schritte zum perfekten Close-up
Blüten sind die Gesichter der Blumen und Pflanzen. In ihrer Mitte befinden sich Frucht- und Staubgefäße, die Augen symbolisieren. In der Gartenfotografie liegen sie im Fokus. Bei den nachfolgenden Detailaufnahmen handelt es sich in der Regel um Nahaufnahmen, die als Closeup bezeichnet werden. Die vier Schritte zu einem guten Close-up sind:
- Motiv suchen – Blütenanordnung analysieren.
- Perspektive finden – Kamera ausrichten und Bildausschnitt wählen.
- Fokus legen – Fokuspunkt im Bild suchen und Schärfe fixieren.
- Schärfentiefe steuern – mehrere Aufnahmen mit unterschiedlicher Blendenöffnung.
Kokardenblume
25 MM :: F/4 :: 1/250 S :: ISO 100
Durch den Einsatz des Reflektors wird das Rot der Kokardenblume (Gaillardia 'Burgunder') vor dem dunklen Hintergrund noch brillanter.
Sterndolde
200 MM :: F/11 :: 1/180 S :: ISO 200
Die große Brennweite sorgt bei diesem Blüten-Close-up der Großen Sterndolde (Astrantia maxima) für ein aufregendes Bokeh.
Pflanzenporträt
Porträts in der Gartenfotografie unterliegen den gleichen Gestaltungsprinzipien wie normale Porträts. Hierbei werden entweder einzelne Pflanzenmerkmale oder die gesamte Pflanze von ihrer schönsten Seite aufgenommen. Um Details hervorzuheben, spielt der Hintergrund bzw. die unmittelbare Umgebung im Blumenbeet eine maßgebliche Rolle.
Springkraut
85 MM :: F/8 :: 1/180 S :: ISO 100
Eine außergewöhnliche Blütenform kombiniert mit Wassertropfen sorgt bei dem Springkraut (Impatiens balfourii) für eine gelungene Bildgestaltung.
Traubenhyazinthe
50 MM :: F/2.8 :: 1/180 S :: ISO 400
Der beliebte Frühjahrsblüher ist als Traubenhyazinthe (Muscari botryoides) bekannt. Im Nahbereich lässt sich gut mit der selektiven Schärfe experimentieren.
Muskatellersalbei
50 MM :: F/4 :: 1/180 S :: ISO 200
Interessante Motive lassen sich kreieren, wenn das Motiv einen Bezug zum Hintergrund hat. Die Blüte des Muskatellersalbeis (Salvia sclarea) wiederholt sich unscharf im Hintergrund.
Fülle an Bildinspiration
Trotz der Einschränkung durch die Leitpflanzen bietet jeder Garten eine Fülle von Bildinspirationen. Es sind das Leben und die stetige Veränderung, die den Hausgarten ständig beeinflussen. Botaniker bezeichnen dies als Lebenszyklus und vegetative Entwicklung. Über das Jahr begleitet man die Pflanzen von ihrem Austrieb über die prachtvolle Blüte bis hin zum Absterben des Sprosses im Herbst. Jede Jahreszeit hat ihren unverwechselbaren Reiz im Blumenbeet. Nicht zu unterschätzen sind zudem die Witterungs- und Standortverhältnisse.
Tränendes Herz
50 MM :: F/3.5 :: 1/125 S :: ISO 400
Schon vor dem Einpflanzen treiben die Wurzelstöcke des Tränenden Herzens (Lamprocapnos spectabilis) in einem frischen Hellgrün aus.
Ein zentraler Punkt bei der Gartenfotografie ist der Lichteinfall. Im Freien ist man auf die natürliche Lichtquelle angewiesen, sodass Bauwerke oder große Bäume in der Nachbarschaft einen direkten Einfluss ausüben.
Gartenfotografie
Die Gartenfotografie ist ein Spezialgebiet der Landschafts- und Naturfotografie. Sie beschäftigt sich in erster Linie mit Blumen und Pflanzen, ihrer Gestaltung und Verwendung im Garten sowie ihrer praktischen Pflege und der Gärtnerpraxis allgemein. Selten fotografiert man den Garten im Ganzen, stattdessen pickt man sich wirkungsvolle Details und Situationen heraus. Machen Sie Gartenspaziergängen zu verschiedenen Tageszeiten. Schauen Sie sich den Garten aus unterschiedlichen Perspektiven an. Hocken Sie sich dabei hin, um in Augenhöhe mit den Blumen und Pflanzen zu sein. So bekommen Sie langsam ein Gefühl dafür, wie sich Details und Situationen im Laufe des Tages ändern.
20 MM :: F/6.3 :: 1/200 S :: ISO 200
Trocknende Tontöpfe auf einem Holzzaun – charmante Details, die gern übersehen werden.
Diamantgras
35 MM :: F/5.0 :: 1/125 S :: ISO 200
Diamantgras (Clamagrostis arundinaceae), auch als Reitgras bekannt, blüht im herbstlichen Staudenbeet.
Jeder Garten ist anders
Die Gartenfotografie, ein Spezialgebiet der Naturfotografie, nimmt sich den schönen Seiten der Botanik an. Diese fotografische Kunstform scheint vergleichsweise einfach und wird leider nur allzu gern auf das „Knipsen von Blümchen“ reduziert. Gartenfotografie ist jedoch weitaus mehr, denn sie verbindet wissenschaftliche Dokumentation mit kunstvoller Ästhetik. Für den Hobbybereich muss man aber nicht die Botanik studieren, denn dort zählt die Schönheit der Blumen im Bild.
Japanische Anemone
46 MM :: F/8 :: 1/200 S :: ISO 200
Japanische Anemonen (Anemone japonica) sind prachtvolle Blütenstauden im Herbst.
Blumen- und Pflanzenbilder gibt es im Internet in Hülle und Fülle. Wozu sollte dann der eigene Garten mit seiner Flora fotografiert werden?
Für Gartenliebhaber stellt sich diese Frage nicht, denn sie wissen, der Garten verändert sich schneller, als man es sich wünscht. Die Gartenfotografie im privaten Rahmen lässt sich gut als Gartendokumentation beschreiben. Sie zeichnet die Veränderungen im Laufe eines und der darauffolgenden Jahre auf. Obwohl die Blumen die Hauptakteure in dieser Fotografie sind, erhalten die Veränderung und der Wandel des Gartens eine besondere Bedeutung.
Wachstums- und Blühphasen dokumentieren
Vor über zehn Jahren pflanzte ich eine panaschierte (gelbgrüne) Stechpalme, die ich als B-Ware preiswert von einer Baumschule erhielt. Sie war nicht sehr ansehnlich, geschweige denn fotogen. Jeder weiß, Stechpalmen sind im rauen Klima schwierig und sehr langsamwüchsig. Fünf Jahre vegetierte sie an ihrem Standort und wuchs nur unwesentlich. Danach änderte ich meine Pflegestrategie, und die Pflanze explodierte förmlich. Heute misst sie knappe drei Meter und zwei Meter im Durchmesser. Zwar habe ich von damals nur Schnappschüsse, aber es macht mich glücklich, den Ausgangspunkt mit dem heutigen Ergebnis zu vergleichen.
Gelbbunte Stechplame
36 MM :: F/3.2 :: 1/200 S :: ISO 80
Die Gelbbunte Stechpalme (Ilex aquifolium 'Argentea Marginata') zählt zu meinen persönlichen Lieblingspflanzen.
Noch schöner sind diese optischen Erlebnisse in einem Blumenbeet. Darin finden sich weitaus mehr Pflanzen. Ihre Entwicklung vom Frühjahr bis zum nächsten Winter fotografisch zu begleiten, macht viel Freude, und man lernt die Natur besser kennen.
Krankheiten und Schaderreger feststellen
Durch die Suche nach Details ist man...