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E-Book

Gebrauchsanweisung für Bali

3. aktualisierte Auflage 2018

AutorThomas Blubacher
VerlagPiper Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783492971010
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Yogakurs und River Rafting, Schattentheater und Moonlight-Party: Thomas Blubacher, der seit mehr als zwanzig Jahren immer wieder auf Bali zurückkehrt, führt uns durch die Luxusresorts in Nusa Dua, über den »Ballermann« von Kuta und an den Lavastrand in Lovina. Er reist aufs benachbarte Java und Lombok sowie ins Tauch-Dorado der Gili-Inseln. Verrät, warum in Indonesiens hinduistischer Enklave jeder Ort mindestens drei Tempel haben muss und alle Balinesen Maler, Holzschnitzer oder Tänzer sind. Welche Bedeutung die mysteriösen Toiletten-Strichmännchen haben und was man in den Garküchen außer Saté-Spießen sonst noch probieren sollte. Und er erklärt versiert, wo man am besten Dämonen austreiben oder sich wie eine echte Prinzessin massieren lassen kann.

Thomas Blubacher, 1967 in Basel geboren und promovierter Theaterwissenschaftler, ist als freier Autor und Bühnenregisseur in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA tätig. Er publizierte mehrere Bücher, u.a. Biografien über die Geschwister Eleonora und Francesco von Mendelssohn, Gustaf Gründgens, Ruth Landshoff und Ruth Hellberg. Neben seiner »Gebrauchsanweisung für Kreuzfahrten« liegen bei Piper auch seine »Gebrauchsanweisung für das Tessin« und »Gebrauchsanweisung für Bali« vor. Er ist bereits mehr als 60 Mal auf Schiffen aller Größenordnungen in über hundert Länder gereist. Zuletzt erschien bei Piper »Weimar unter Palmen - Pacific Palisades«.

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Leseprobe

Das Lächeln der Balinesen


Hellgrün leuchtende Reisterrassen, über die seltsame bunte Vögel flattern. Farbenfrohe Opferprozessionen auf dem Weg zu alten Tempeln. Mit Alang-Alang-Gras gedeckte Hütten, daneben grasende Wasserbüffel. Traumhafte Strände, leuchtend weiß oder aus schwarzem Lavasand. Einige der besten Surf-, Schnorchel- und Tauchspots der Welt. Ruhige Bergseen mit Tret- und reißende Flüsse mit Schlauchbooten, Erdbeerfarmen und Palmenhaine, heilige Affen und riesige Würgeschlangen. Faszinierende Tänze, Kunst auf beinahe jedem Quadratzentimeter. Das alles begleitet von fremdartig klingender Gamelan-Musik. Und überall der Duft von Räucherstäbchen, Nelkenzigaretten und Millionen Blüten.

Bali ist eine traumhafte Urlaubsdestination für Backpacker und luxusverwöhnte Wellness-Touristen, für Kulturhungrige, Sinnsucher und Abenteurer, für Alleinreisende ebenso wie für Familien. Ich kenne kein Reiseziel, das vielfältigere Möglichkeiten bietet: Ob man die totale Entspannung sucht oder spirituelle Erlebnisse, sportliche Herausforderungen meistern, eine fremde Kultur kennenlernen oder die üppige tropische Natur genießen will – hier ist man richtig. Wer nach Bali kommt, kann zwischen primitiven Privatunterkünften und mondänen Designhotels wählen, zwischen einfachen Garküchen am Straßenrand und einigen der besten Restaurants ganz Asiens. Er kann sich entscheiden, ob er gemütlich durch sattgrüne Reisterrassen spazieren, durch Dschungel wandern oder aktive Vulkane erklimmen will, ob er im azurblauen Meer mit Delfinen schwimmen oder zwischen bunten Fischen tauchen, einen Yogakurs belegen, sich von einem Schamanen heilen oder in einem Wellness-Tempel verwöhnen lassen möchte, ob er jahrhundertealte Kultstätten oder moderne Shoppingmalls bevorzugt, eine Schattentheater-Aufführung oder ein Jazzkonzert, eine traditionelle Verbrennungszeremonie oder eine hippe Moonlight-Party.

Von der Westspitze bis zur Ostspitze misst Bali, die westlichste der Kleinen Sundainseln, knapp 145, von der Nordküste zur Südküste etwa 90 Kilometer. Mit 5561, inklusive vorgelagerter Inselchen 5632 Quadratkilometern ist es etwa 1,6-mal so groß wie Mallorca, aber wesentlich dichter besiedelt: Hier leben über vier Millionen Einwohner (das sind 4,6-mal so viele wie auf der Baleareninsel), und doch kann man fast menschenleere Regionen finden. Auf engstem Raum trifft man auf die unterschiedlichsten Vegetationszonen: Sandstrände und vorgelagerte Korallenriffe, Mangrovenwälder, tropische Tieflandregenwälder und Nebelwälder, mit Elefantengras oder Kakteen bewachsene Savannen, Bergwälder und Lavalandschaften – drei Viertel der Fläche bedecken Erhebungen vulkanischen Ursprungs. Die höchste ist mit 3142 Metern der noch aktive Gunung Agung, als Sitz der Götter der spirituelle Mittelpunkt des balinesischen Weltbilds. Nicht zuletzt aber sind es Kulturlandschaften, die die berauschend schöne Landschaft prägen: Die kunstvoll terrassierten Reisfelder gehören seit 2012 zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Bali liegt in den sogenannten wechselfeuchten Tropen. Es ist warm hier, die Luft schwer und feucht, alles grünt und blüht geradezu verschwenderisch, und der Boden, so scherzt man, sei so fruchtbar, dass aus jedem Stock, den man in die Reisfelder werfe, ein Baum wachse. Wenn Sie den eisgekühlten Flughafen verlassen, werden Sie erst einmal schier erschlagen – doch keine Angst: Sie gewöhnen sich überraschend schnell an die klimatischen Verhältnisse. Das ganze Jahr über herrschen Tageshöchsttemperaturen um die 30 Grad, am angenehmsten ist es im Juli und August, am heißesten im April, und fast immer betragen die Unterschiede zwischen dem dampfenden Süden und den erfrischenden Bergregionen ein paar Grad. Die Regenzeit dauert von November bis März, die Trockenzeit von April bis Oktober. Statistisch verzeichnet man im Juli und August jeweils nur vier Regentage pro Monat, im Januar hingegen fällt fast täglich Niederschlag, in der Regel länger und heftiger, je näher man den Berghängen kommt. Ohnehin unterscheidet sich das Wetter an vielen Tagen von Dorf zu Dorf, und wer bei Sonnenschein zu einem Ausflug aufbricht, kann wenige Kilometer landeinwärts in einen heftigen Schauer geraten – der meist schnell wieder vorübergeht.

Auf Bali, so schwärmte in den 1920er-Jahren die westliche Welt, erlebe man die einzigartige Einheit glücklicher Menschen und tropischer Natur, die faszinierende Mixtur aus exotischer Spiritualität und Sinnlichkeit. In den Großstadtsalons träumte man sich angesichts von Bildern badender barbusiger Frauen und nackter junger Männer ins schwüle Tropenparadies. Richard Katz’ Reisebuch »Heitere Tage mit braunen Menschen« wurde zum Beststeller – dass der Hamburger Buchhändler Felix Jud es dutzendfach in die Auslage legte, als er 1935 per Erlass dazu verpflichtet wurde, sein Schaufenster zu Hitlers Geburtstag zu dekorieren, sollte freilich nicht für Reisen nach Bali begeistern … Schon in den Dreißigerjahren, als sich zivilisationsmüde Aussteiger, Künstler und Intellektuelle auf Bali niederließen und die internationale High Society zur Stippvisite ins Paradies kam, begann leise der traurige Abgesang auf ein angeblich verschwundenes Eden, der dann während der nächsten Jahrzehnte mit jeder Besucherwelle lauter wurde. Davon gab es einige, von den Hippies und Surfern, die in den 1960er- und 1970er-Jahren Kuta für sich entdeckten, bis zu den sinnsuchenden Fans von »Eat, Pray, Love«, die in den 2000ern nach Ubud pilgerten.

Die Insel der Seligen habe durch die touristische Invasion ihre Seele verloren, liest man immer wieder, der Zauber sei verschwunden. Kamen 1985 erstmals über 200 000 Besucher, waren es 1995 bereits über eine Million. In diesem Jahr fuhr ich zum ersten Mal nach Bali, doch war die bei Pauschaltouristen so beliebte Insel gar nicht mein eigentliches Ziel: Mehrere Wochen lang war ich in Indonesien unterwegs, wanderte auf Sumatra durch den Nationalpark Gunung Leuser, um Orang-Utans in freier Wildbahn zu erleben, durchquerte per Bus einen Großteil der Insel Java und flog von dort weiter nach Sulawesi, um die faszinierende Kultur der Toraja zu erleben. Vom anschließenden Aufenthalt auf Bali versprach ich mir eigentlich nicht mehr als einen erholsamen Ausklang der anstrengenden Indonesien-Reise. Ein paar Tage am Strand, dazwischen geruhsame Ausflüge zu pittoresken Tempeln, während des Abendessens die eine oder andere Tanzvorführung – nichts also, so glaubte ich, was mit meinen spektakulären Eindrücken der vergangenen Wochen auch nur ansatzweise konkurrieren könne. Etwas jedoch hat mich auf Bali ergriffen, nicht gleich am ersten Tag, aber sehr rasch. Ergriffen und nie mehr losgelassen. Etwas, das ich mir damals nicht erklären, das ich nicht einmal in Worte fassen konnte. Ich fühlte mich, als ob ich am Ziel angekommen oder nach einer langen Zeit in der Fremde wieder nach Hause zurückgekehrt wäre. Es war ein Gefühl der Geborgenheit, der Sicherheit, der Ruhe. Ein Zustand wunschlosen Glücks. Wieder in Deutschland, genügten ein paar Takte Gamelan-Musik, um dieses eigenartige, einzigartige Gefühl wachzurufen. Ich hatte Sehnsucht nach Bali. Ich war verliebt in die Insel, wollte sie wiedersehen, ihre Bewohner kennenlernen, ihre Kultur verstehen. Und bin seither immer wieder dorthin zurückgekehrt. Staunend und begeistert wie eh und je.

Schon vor zwanzig Jahren traf ich viele, die Balis Wandel beklagten, und natürlich habe auch ich bei jedem Aufenthalt weitere Veränderungen registriert. Im Jahr 2009 reisten erstmals mehr als zwei Millionen ausländische Touristen nach Bali, 2013 über drei Millionen, längst ist die Insel eine Topdestination des organisierten Massentourismus. Selbstverständlich sind die negativen Spuren dieser Besucherströme nicht zu übersehen, in manchen Ferienorten könnte man meinen, man befinde sich am Ballermann oder in Pattaya, und wer die Touristenenklaven nicht verlässt, wird es schwer haben, die Magie eines nach wie vor faszinierenden Reiseziels zu entdecken. Denn trotz allem hat Bali seinen eigenen Rhythmus und seine einzigartige Kultur bewahrt. In den balinesischen Dörfern des Hinterlandes verläuft das Leben auch weiterhin in jahrhundertealten Bahnen.

Glauben Sie mir: Die Insel der Götter ist noch immer göttlich. Und genau das ist das Wunder von Bali.

Darüber wundern, dass Bali touristisch perfekt erschlossen ist, wird sich indes wohl niemand angesichts der jährlich mittlerweile vier Millionen ausländischen und mehr als sechs Millionen indonesischen Besucher (von denen besonders viele während des Ramadan kommen). So kann man sich, auch wenn man weder Balinesisch noch Bahasa Indonesia spricht, nahezu überall auf Englisch verständigen – eher selten allerdings auf Deutsch. Die Spitze der internationalen Reisenden bilden die Australier, die am liebsten im Juni und Juli sowie zwischen Oktober und Dezember hier Urlaub machen, schließlich liegt das sattgrüne Eiland gerade mal 1700 Kilometer von ihrer Heimat entfernt. Seit Kurzem werden sie dicht gefolgt von den Chinesen, die besonders im Februar, wenn das chinesische Neujahr gefeiert wird, anrücken, übrigens fast ausnahmslos in großen Gruppen, während die Japaner individuell unterwegs sind, vorwiegend im April und Mai. Immerhin 100 000 Deutsche jährlich machen sich vor allem zwischen August und Oktober auf die gut 11 000 Kilometer weite Reise nach Bali, aus der Schweiz kommen beachtliche 30 000 Gäste, die meisten von ihnen im Juli, hingegen reisen bislang lediglich 13 000 Österreicher per annum nach Bali.

Es erstaunt also nicht, dass in Kuta Eisbein mit Sauerkraut offeriert wird, in Legian Käsefondue...

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