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Gesetzesbindung: Vom vertikalen zum horizontalen Verständnis.

AutorHans Kudlich
VerlagDuncker & Humblot GmbH
Erscheinungsjahr2010
ReiheSchriften zur Rechtstheorie 236
Seitenanzahl254 Seiten
ISBN9783428526383
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis79,90 EUR
Das Gesetz kann nicht entscheiden. Es braucht dazu den Richter. Aber dieser ist dabei nicht frei, sondern gebunden. Worin bestehen seine Bindungen, wenn er das Recht, an das er gebunden ist, selbst erzeugt? Früher hat man diese Frage mit pathetischen Gesten beantwortet. Der Richter sei in einer kafkaesken Situation, weil er wisse, dass er gebunden sei, aber nicht wisse, woran. Soviel Nichtwissen kann sich ein Richter in der Realität aber nicht erlauben. Er muss sich vielmehr mit den vorgetragenen Argumenten, Schriftsätzen und Vorentscheidungen in knapper Zeit auseinandersetzen. Oder man hat das Richterbild mit der existenziellen Intensität der großen Entscheidung aufgeladen. Der Richter ist hineingehalten ins normative Nichts und steht als einsames Subjekt vor der Notwendigkeit, zwischen Freund und Feind zu wählen. Aber das einsame Subjekt kennt der von Kommunikation überschwemmte Richter nur aus der Literatur. Der heute weitgehend anerkannte Umstand, dass das Gesetz nicht entscheiden kann, muss also weder in die Verzweiflung noch in den Dezisionismus führen, sondern ganz nüchtern in die Analyse der Anschlusszwänge, die bei der Erzeugung von Recht bestehen. Ralph Christensen und Hans Kudlich entwickeln ausgehend von dieser Analyse und im Anschluss an die Holismusdiskussion in der neueren (insbesondere Sprach-) Philosophie ein Modell der Gesetzesbindung, das die Bindung weniger horizontal als vielmehr vertikal in Gestalt eines Netzwerkes der Recht-Fertigung interpretiert. Auf diese Weise kann das Paradoxienmanagement der Gesetzesbindung in einer Theorie der Praxis gelingen.

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Inhaltsverzeichnis
Vorwort6
Inhaltsverzeichnis8
Einleitung12
1. Kapitel: Von der externen zur internen Rationalität des Rechts14
I. Die Emergenz normativer Standards in der Praxis14
1. Normative Standards als Phänomen der dritten Art15
2. Das Rechtsstaatsprinzip als kommunikative Ethik16
3. Leistung und Grenzen methodenbezogener Normen17
II. Interner Rationalität fehlt eine epistemische Garantie18
1. Die Verfassung als Rationalitätsmaßstab18
2. Methodenbezogene Normen19
3. Zirkularität und Paradox19
III. Die Überordnung eines philosophischen Rationalitätsmaßstabs21
1. Direkte Unterordnung als Sonderfall der praktischen Vernunft22
2. Indirekte Unterordnung durch den Anwendungsdiskurs33
3. Das Verschwinden des übergeordneten Maßstabs im Paradox38
IV. Die praktische Entparadoxierung juristischer Rationalität42
1. Das Paradox als Schreckgespenst43
2. Semantisch lexikalische Analyse des Begriffs „Paradoxie“45
3. Der Aufschub endgültiger Rationalität49
2. Kapitel: Vom Gesetz zum Ganzen des Rechts53
I. Rechtsanwendung als holistisches Problem53
1. Widersprüche im Recht54
2. Lücken im Recht60
3. Zwei Wege holistischen Argumentierens64
II. Vom starken zum schwachen Holismus68
1. Die Kritik am starken Holismus69
2. Der Molekularismus zerschlägt die Welt in isolierte Inseln72
3. Die Rückkehr zu einem schwachen Holismus77
3. Kapitel: Von der Semantik des Gesetzes zur Pragmatik des Rechts81
I. Semantische Moderation des Holismus81
1. Bindung durch den Gesetzgeber81
2. Bindung durch das Gesetz89
3. Der Übergang von der Semantik zur Pragmatik105
II. Pragmatische Moderation des Holismus115
1. Das Modell der Gegenstandserkenntnis116
2. Erkenntnis als Präzisierung der Selbstbeschreibung120
3. Das Paradox praktischer Normativität124
4. Kapitel: Von der vertikalen zur horizontalen Gesetzesbindung126
I. Von der Beobachtung der Rechtsquelle zur Beobachtung des Verfahrens127
1. Ontologie oder Verfahren129
2. Beobachtung erster oder zweiter Ordnung132
3. Vertikale oder horizontale Systematik140
II. Von der Ableitungshierarchie zum Netzwerk der Recht-Fertigung142
1. Die Funktion der Präjudizien am Beispiel des EuGH142
2. Vorentscheidungen im Rahmen einer inferentiellen Semantik145
3. Recht als eine sich selbst stabilisierende Praxis147
III. Von der monodirektionalen zur polydirektionalen Gesetzesbindung156
1. Die Konstruktion der Rechtsquelle157
2. Die Rolle der Präjudizien162
3. Vernetzung und Relevanzhorizont einer Entscheidung164
5. Kapitel: Die Anforderungen der Verfassung168
I. Art. 20 III GG: Vom Begriff zum Problem der Gerechtigkeit169
1. Der Begriff der Gerechtigkeit169
2. Gerechtigkeit und Legitimität172
3. Gerechtigkeit als Problem des Rechts173
II. Art. 97 GG: Vom Gesetz als Inhalt zum Gesetz als perspektivischer Form175
1. Auslegung des Art. 97 GG176
2. Gesetzesbindung und Gewaltenteilung178
3. Gesetzesbindung und Rechtsstaat183
III. Art. 103 II GG: Von der vorgegebenen zur hergestellten Wortlautgrenze185
1. Besonderheiten im Strafrecht185
2. Die Wortlautgrenze im Strafrecht186
3. Die Gesetzesbindung im Strafrecht187
IV. Art. 103 I GG: Vom formalen Teilhaberecht zum Beitrag im dialogischen Rechtsfindungsprozess189
1. Formale Garantien und konkrete Ausprägungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör190
2. Beachtungspflicht und Begründungserfordernis191
3. Was heißt „Anspruch auf Beachtung“?193
6. Kapitel: Vom Gesetzestext über die Argumentation zur Begründung196
I. Der Gesetzestext als Medium für Gründe197
1. Die Gewalt der Interpretation197
2. Die Grenze der Auslegung199
3. Die Zeichenkette als sozialer Fokus der Argumentation202
II. Die streitige Argumentation im Verfahren204
1. Das Verfahren als semantischer Kampf204
2. Kampf ums Recht im Raum der Sprache208
3. Der Streit als Material für die Begründung209
III. Die Begründung bezieht die Argumentation auf den Gesetzestext210
1. Kriterien für eine gute Begründung211
2. Die philosophische Argumentationstheorie211
3. Die Geltung als Kriterium212
IV. Transkription als Legitimitätstransfer213
1. Anordnende und rechtfertigende Texte214
2. Begründung und Recht auf Sprache215
3. Der Legitimationstransfer vom Gesetz auf die Entscheidung216
V. Die Gesetzesbindung als Paradoxiemanagement217
Literaturverzeichnis220
Personenverzeichnis244
Sachverzeichnis249

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