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E-Book

Gesundheitsmonitor 2015

Bürgerorientierung im Gesundheitswesen - Kooperationsprojekt der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

VerlagVerlag Bertelsmann Stiftung
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl302 Seiten
ISBN9783867937023
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Der Gesundheitsmonitor analysiert und bewertet das gesundheitliche Versorgungssystem und -geschehen aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger. Er liefert fundierte Informationen über gesundheitsbezogene Einstellungen und Verhaltensweisen der Bevölkerung, Versorgungsprobleme und wahrgenommene Fehlentwicklungen sowie zur Akzeptanz und Zufriedenheit mit dem Gesundheitssystem. Grundlage dafür bilden repräsentative Bevölkerungsbefragungen, Versicherten- und Patientenbefragungen sowie Ärztebefragungen. Der diesjährige Gesundheitsmonitor widmet sich mit mehreren Beiträgen aktuellen Themen der Prävention und Gesundheitsförderung. Weitere Beiträge analysieren die Bekanntheit von Gesundheitsgesetzen, die Wahrnehmung des Patientenrechtegesetzes durch die Ärzteschaft oder gehen der Frage nach, ob die Apotheke ein Supermarkt oder Gesundheit ein käufliches Produkt sei. Wie aufschlussreich die Versichertenperspektive zur Analyse des Versorgungsgeschehens ist, belegt exemplarisch eine Untersuchung zur Inanspruchnahme von Zusatzangeboten in der Schwangerschaft. Eine weitere Studie zeigt, dass sich das Internet als Informationsquelle im Gesundheitswesen fest etabliert hat.

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Leseprobe

Wie nimmt die Ärzteschaft Patientenrechte und das Patientenrechtegesetz wahr? Ergebnisse einer Ärztebefragung des Gesundheitsmonitors


Dieter Hart, Thomas Brechtel, Martin Buitkamp

Das neue Patientenrechtegesetz (PatRG)


Das Patientenrechtegesetz (PatRG) vom 20. Januar 2013, im Bundesgesetzblatt I vom 25.2.2013: 277 ff. verkündet, ist am 26. Februar 2013 in Kraft getreten. Seine Ziele werden in der Gesetzesbegründung beschrieben:

»Transparente gesetzliche Regeln geben deshalb beiden Seiten die nötige Sicherheit. Verlässliche Informationen schaffen für die Patientinnen und Patienten Orientierung. Diese Informationen sind nicht Selbstzweck, sondern die Voraussetzung dafür, dass die Patientinnen und Patienten eigenverantwortlich und selbstbestimmt im Rahmen der Behandlung entscheiden können. Effektiv durchsetzbare und ausgewogene Rechte sichern das Gleichgewicht zwischen Behandelnden und Patientinnen und Patienten. Außerdem gilt es, Risiko- und Fehlervermeidungssysteme zu fördern, um die Behandlungsabläufe in immer komplexer werdenden medizinischen Prozessen zu optimieren.«

Das PatRG regelt insbesondere den Behandlungsvertrag als neuen Gesetzestypus und Unterfall des Dienstvertrages. Die Regelungen betreffen die Qualität und Sicherheit der Behandlung, die ärztlichen Verpflichtungen zur Information von Patienten, die Dokumentationspflicht, das Recht auf Einsicht in die Krankenunterlagen und beweisrechtliche Fragen. Zusätzlich sollen die Fehlervermeidungskultur und damit die Patientensicherheit gefördert und die Unterstützung von Patienten durch die Krankenversicherung verpflichtend gemacht werden.

Rechtssicherheit, Transparenz und die Durchsetzung der Patientenrechte sollen durch das PatRG gewährleistet werden. Der Gesetzgeber setzt auf Bewährtes, auf das jahrzehntealte Recht der Rechtsprechung – er regelt nichts Neues (Hart 2013; Thole 2013; Montgomery et al. 2013; Thurn 2013; Klebb 2013). Die wissenschaftliche und praxisbezogene Bewertung des Gesetzes durch Rechtswissenschaftler und -praktiker ist in einem Sammelband dokumentiert (Lorenz 2014). Deren Bewertungen reichen von hilfreich (»besser ein Gesetz als eine unübersichtliche Rechtsprechung«) über überflüssig (»die Rechtsprechung ist besser, als ein Gesetz sein kann«) bis schädlich (»das Gesetz schafft neue Interpretationsprobleme«); sie sind sehr heterogen.

Werden Rechtssicherheit und Transparenz gewährleistet und werden durch das Gesetz die Patientenrechte besser durchgesetzt? Die im November und Dezember 2014 durchgeführte Ärztebefragung sollte zur Klärung beitragen, ob diese Ziele aus der Sicht der Ärzteschaft erfüllt, teilweise oder gar nicht erfüllt werden. Sie soll auch zeigen, wie Ärzte auf das neue PatRG beziehungsweise auf Patientenrechte reagieren. Und schließlich wird untersucht, ob und gegebenenfalls welche Verhaltensänderungen das PatRG beziehungsweise die Patientenrechte bei ihnen auslösen. Zum Zeitpunkt der Befragung wird das Gesetz etwa anderthalb Jahre praktiziert. Empirische, datenbasierte Untersuchungen – und insbesondere aus der Sicht der Ärzteschaft – zu diesem Thema existieren bisher nicht.

Zur Kenntnis der Ärzteschaft über Patientenrechte und das PatRG: Vermutungen und leitende Hypothesen zur Datenanalyse


Die Diskussion um ein PatRG wird in Deutschland seit Ende der 1990er-Jahre geführt (Francke und Hart 1999). Damals hat man sich für ein informationelles Überzeugungs- und Verbreitungskonzept entschieden und darauf gesetzt, dass die Kenntnis über Patientenrechte bei Patienten und in der Ärzteschaft durch Information verbessert werden sollte und ein Dokument über »Patientenrechte in Deutschland heute« beziehungsweise »Patientenrechte in Deutschland« verbreitet (Hart 2002). Ob dieses Ziel erreicht wurde, ist zwar nicht untersucht worden, darf aber bezweifelt werden, weil insbesondere im Bereich der Patienteninformation als Voraussetzung einer gemeinsamen Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient nach wie vor ein erhebliches Defizit herrscht (Braun und Marstedt 2010 und 2014). Unter anderem das Vertrauen in eine erhöhte Geltungsseriosität der Gesetzesform gegenüber schlichter Information hat dann zu der Entscheidung für ein Gesetz geführt. Es besteht die Erwartung, dass ein Gesetz eher befolgt wird als ein Informationsdokument. Was dieses Gesetz in der Ärzteschaft bewirkt (hat), war Gegenstand dieser Ärztebefragung.

Die Ärzteschaft hat ein Gesetz zu Beginn der Diskussion vehement abgelehnt. Erst als der Gesetzgebungsprozess in der letzten Legislaturperiode in Gang gesetzt war, wurde das Projekt unter der Voraussetzung akzeptiert, dass keine die Ärzteschaft belastenden Neuerungen eingeführt würden.

Aus eigener Kenntnis ist bekannt, dass das PatRG seit seiner Verabschiedung häufiger Gegenstand von Fortbildungsveranstaltungen für Krankenhausärzte und für niedergelassene Ärzte in Praxen war und ist. Im Krankenhaus sind es meist interne Fortbildungen durch die eigenen Rechtsabteilungen, im niedergelassenen Bereich sind die Ärztekammern und private Fortbildungsunternehmen tätig, sodass hier eher eigene Fortbildungsinitiative gefragt ist, während dort eher »obligatorische« Angebote stattfinden. Schon diese Beobachtung könnte dafür sprechen, dass das Gesetz zu einer höheren Beachtung der Patientenrechte in der Ärzteschaft geführt hat.

Andererseits wird vermutet, dass Ärzte der verschiedenen medizinischen Fachgebiete unterschiedlich mit Patientenrechten umgehen beziehungsweise auf sie reagieren.

Im Zentrum des Beitrags und der Analysen stehen Fragen

nach der Kenntnis der Patientenrechte und des PatRG unter den befragten Ärzten,

nach der allgemeinen und rechtlichen Bedeutung des Themas für Ärzte und Patienten,

nach unterschiedlichen Wahrnehmungen dazu in den Versorgungssektoren (niedergelassene Ärzte in Praxen gegenüber Krankenhausärzten),

nach den Informationsgrundlagen der Ärzte zum Thema »Patientenrechte« sowie

nach den Auswirkungen, die Patientenrechte auf das ärztliche Handeln haben.

Gemäß der Anlage der Online-Befragung werden befragte Ärzte nach dem Versorgungssektor unterschieden, in dem sie tätig sind (niedergelassene Ärzte in Praxen und Krankenhausärzte).

Die Hypothesen, die der Befragung zugrunde liegen, lauten:

Die Kenntnis von Patientenrechten innerhalb der Ärzteschaft ist wahrscheinlich nicht sehr hoch entwickelt.

Die Kenntnis des PatRG ist aufgrund seiner erst zweijährigen Geltung weniger verbreitet als die Kenntnis der Patientenrechte.

Wer das PatRG kennt, hat auch eine gute Kenntnis von Patientenrechten, da das PatRG Patientenrechte normiert.

Krankenhausärzte verfügen diesbezüglich über eine bessere Kenntnis als niedergelassene Ärzte in Praxen.

Das Einbringen von Patientenrechten wird in der Ärzteschaft mehrheitlich als Belastung der Arzt-Patienten-Beziehung angesehen.

Die Kenntnis und das Beachten von Patientenrechten unterscheiden sich stark nach ärztlichen Fachgebieten.

Methode der Befragung: Daten, Erhebung, Feldphase und Datensatz


Im Rahmen der Ärztebefragung des Gesundheitsmonitors 2014 wurde eine Online-Befragung unter niedergelassenen Ärzten in Praxen und Krankenhausärzten in Deutschland durchgeführt. Gemäß eines vorgegebenen Schichtungskriteriums für die Online-Befragung, das die Verteilung der Arztgruppen nach einem bestimmten Schlüssel nachbilden sollte, wurde für die Befragung ein Anteilsverhältnis von 70 Prozent (niedergelassene Ärzte in Praxen) und 30 Prozent (Krankenhausärzte) vorgegeben. Zusätzlich zu diesem Schichtungskriterium wurde eine repräsentative Verteilung der Facharztgruppen vorgegeben. Die Geschlechterverteilung entspricht 65 Prozent Ärzten und 35 Prozent Ärztinnen.

Für den vorliegenden Beitrag und seine Datenanalysen liegen 800 Online-Interviews von Ärztinnen und Ärzten vor. Die Datenqualität kann als hoch bewertet werden. Unvollständige Datensätze und Befragungsabbrüche befinden sich nicht im Datensatz. Die Verteilung sowohl der Facharztgruppen als auch die räumliche Verteilung der Befragten nach der geografischen Region (Bundesländer) ist nach den entsprechenden Schichtungskriterien der Stichprobe repräsentativ (Ausreißer oder extreme Fälle befinden sich nicht in den Daten).

Ergebnisse der Befragung


Die Befragung sollte...

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