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Gewalt in den Medien, Gewalt in der Realität. Gesellschaftliche Zusammenhänge und pädagogisches Handeln

AutorHelga Theunert
Verlagkopaed
Erscheinungsjahr2000
Seitenanzahl261 Seiten
ISBN9783929061185
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis16,99 EUR

Mediale Gewalt ist nur aus dem Zusammenhang realer Gewalt zu verstehen. Diese Thematik wird in dieser Untersuchung unter einem explizit pädagogischen Blickwinkel betrachtet. Das Buch will pädagogisches Handeln theoretisch fundieren und schildert dazu praktische Modelle für den Umgang mit medialer Gewalt. 

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Kapitelübersicht
  1. Inhalt
  2. Anmerkungen aus der Distanz - Vorwort zur 2. Auflage und Vorwort zur 1. Auflage
  3. Kapitel 1 Die pädagogische Folgenlosigkeit der Gewaltwirkungsforschung
  4. Kapitel 2 Zur Entwicklung und Begründung eines umfassenden Gewaltverständnisses
  5. Kapitel 3 Gewalt in den und durch die Medien
  6. Kapitel 4 Gewalt in der Sicht von Jugendlichen
  7. Kapitel 5 Der Gegenstandsbereich Gewalt in Lernprozessen - Schlußfolgerungen für pädagogische Konzeptionen
  8. Zusammenfassung und Ausblick
  9. Anmerkungen, Literatur und Anhang
Leseprobe

Kapitel 2
Zur Entwicklung und Begründung eines umfassenden Gewaltverständnisses
(S. 59-60)

Die Diskussion der Ansätze und Ergebnisse der Gewaltwirkungsforschung hat auf die Notwendigkeit einer umfassenden Neubestimmung des Gewaltbegriffes verwiesen. Eine solche Neubestimmung muß nach den formulierten Kriterien (vgl. 1.3) die vielfältigen und qualitativ unterschiedlichen Erscheinungsformen von Gewalt in den Medien und in der Realität berücksichtigen, ihre Quellen und Ursachen thematisieren, sie in ihrem gesellschaftlichen Kontext betrachten und sie in pädagogischen Zusammenhängen der Analyse zugänglich machen. In diesem Sinne wurde im Projekt MOPÄD der Gewaltbegriff neu bestimmt.

Orientierungen für diese Neubestimmung bot vor allem der Ansatz von Galtung (1971), der eine systematische Differenzierung von personalen Gewaltverhältnissen beinhaltet und mit der Kategorie der strukturellen Gewalt auf gesellschaftliche Gewaltverhältnisse verweist, die nicht primär in personaler Verschuldung und Verantwortung liegen. Orientierungen boten weiterhin Ansätze psychoanalytisch ausgerichteter Aggressionstheorien, die in der Folge von Marcuse (1968) und Mitscherlich (1969) die gesellschaftlichen Bedingungen individuellen Gewalthandelns thematisieren, und damit die deterministische Sichtweise früherer Aggressionstheorien überwinden (z.B. Horn 1974, 1978; Volmerg 1977a,b). Anhaltspunkte boten schließlich eher philosophische und politologische Auseinandersetzungen mit Gewalt, die die historisch-gesellschaftlichen Konstitutionsbedingungen und Zusammenhänge thematisieren (z.B. Narr 1974, 1980; Rammstedt 1974, 1978; Saner 1978).

2.1 Die Definition von Gewalt und ihre zentralen Bestimmungen

Gewalt ist in dem hier zu diskutierendem Ansatz definiert als „die Manifestation von Macht und/oder Herrschaft, mit der Folge und/oder dem Ziel der Schädigung von einzelnen oder Gruppen von Menschen." (Schorb, Theunert 1982, S. 323 ) Nach dieser Definition liegt Gewalt immer dann vor, wenn als Folge der Ausübung von Macht oder von Herrschaft oder von beidem, oder als Folge der Existenz von Macht- und Herrschaftsverhältnissen Menschen geschädigt werden.

Ein erstes Bestimmungskriterium für Gewalt ist hiernach die bei dem oder den Betroffenen feststellbare Folge, die durch Gewalt bewirkte Schädigung. Diese ist prinzipiell - jedoch nicht zwangsläufig - von den Betroffenen als subjektives ‘Leiden’ erfahrbar. Das Ziel der Gewaltausübung tritt gegenüber der Folge in den Hintergrund, es ist sekundäres Bestimmungskriterium: Auch wenn kein Ziel erkennbar ist, aber eine Folge sichtbar, liegt Gewalt vor. Ziele und Absichten geben Aufschluß über mögliche Gründe für Gewalt, sie sind jedoch keine notwendigen Voraussetzungen für ihr Vorhandensein. Damit wird die in klassischen Theorien zentrale Kategorie der ‘Intention’, die das Augenmerk primär auf den ‘Täter’ lenkt, relativiert. Der Blick ist auf das ‘Opfer’ von Gewalt gerichtet. Die bei ihm bewirkten Schädigungen treten sichtbar zutage und sind damit der Beobachtung zugänglich. Über die Folgen wird mithin die Wahrnehmung und Analyse unterschiedlicher Erscheinungsformen von Gewalt und ihrer Hintergründe möglich (vgl. ausführlich 2.3).

Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
Anmerkungen aus der Distanz - Vorwort zur 2. Auflage10
Vorwort zur 1. Auflage26
Kapitel 1 Die pädagogische Folgenlosigkeit der Gewaltwirkungsforschung30
1.1 Exemplarische Diskussion einer Untersuchung zur Wirkung medialer Gewalt: Die Lernexperimente Banduras35
1.2 Die Defizite der Gewaltwirkungsforschung und ihre Folgen für pädagogische Zusammenhänge42
1.2.1 Unzulängliche Bestimmung des Gewaltbegriffes43
1.2.2 Reduktionistisches Gewaltverständnis44
1.2.3 Methodenproblematik49
1.3 Kriterien für einen pädagogischen Zugang zum Problem Gewalt in den Medien54
Kapitel 2 Zur Entwicklung und Begründung eines umfassenden Gewaltverständnisses60
2.1 Die Definition von Gewalt und ihre zentralen Bestimmungen60
2.2 Der Zusammenhang von Gewalt: Macht und Herrschaft63
2.2.1 Situative Machtverhältnisse und ihr Gewaltpotential65
2.2.2 Generelle Machtverhältnisse und ihr Gewaltpotential66
2.2.3 Herrschaft als Besonderung genereller Machtverhältnisse68
2.2.4 Die historische Dimension von Gewalt71
2.3 ‘Schädigung’ und ‘Leiden’ als Ansatzpunkte für die Wahrnehmung und Analyse von Gewalt75
2.3.1 Die Problematik des aktionistischen Gewaltverständnisses76
2.3.2 Die zentralen Bestimmungen des opferorientierten Zugangs zu Gewalt79
2.3.3 Die Behinderung der Erkenntnis des Gewalterleidens81
2.4 Die Dimensionen von Gewalt85
2.4.1 Personale Gewalt87
2.4.2 Strukturelle Gewalt92
2.5 Gewalt: Ein zu bewertendes Phänomen105
Kapitel 3 Gewalt in den und durch die Medien108
3.1 Gesellschaftliche Zusammenhänge und Funktionen von Massenmedien108
3.2 Medienspezifische Umgangsweisen mit Gewalt am Beispiel des Fernsehens113
3.3 Gewalt im Fernsehen: Eine qualitative Programmanalyse117
3.3.1 Ausgangspunkt und Zielsetzung der Programmanalyse117
3.3.2 Der inhaltliche Zugriff: Fragestellungen und Kategorien der Programmanalyse119
3.4 Darstellung und Vermittlung von Gewalt im Fernsehen - Die Ergebnisse der Programmanalyse127
3.5 Zusammenfassende Einschätzung der Ergebnisse der Programmanalyse - Pädagogische Folgerungen138
Kapitel 4 Gewalt in der Sicht von Jugendlichen142
4.1 Wissenschaftliches versus alltägliches Gewaltverständnis144
4.2 Das Gewaltverständnis Jugendlicher als Gegenstand eines qualitativen Forschungsprozesses147
4.2.1 Die Prinzipien qualitativer Sozialforschung als Rahmenbedingungen für den Forschungsprozeß149
4.2.2 Die Prämissen für den Forschungsprozeß mit Jugendlichen155
4.3 Der forschungspraktische Ansatz des Projektes MOPÄD: Die Arbeit mit Jugendlichen157
4.3.1 Zielsetzungen und Fragestellungen für die Arbeit mit Jugendlichen158
4.3.2 Die Forschungssubjekte: soziokulturell unterschiedliche Gruppen Jugendlicher, und die Forschungssituation: außerschulische Jugendarbeit160
4.3.3 Die Konzeption des Forschungsprozesses als Lernprozeß für die Jugendlichen: Das praktische Vorgehen163
4.3.4 Teilnehmende Beobachtung als forschungsbegleitende Methode182
4.4 Das Gewaltverständnis Jugendlicher und ihre Auseinandersetzungsformen mit Gewalt in medialen und realen Zusammenhängen - Die Ergebnisse des Projektes184
4.5 Zusammenfassende Einschätzung der Ergebnisse der Arbeit mit Jugendlichen - Pädagogische Folgerungen195
Kapitel 5 Der Gegenstandsbereich Gewalt in Lernprozessen - Schlußfolgerungen für pädagogische Konzeptionen202
5.1 Die pädagogischen Prämissen für Lernprozesse zum Gegenstandsbereich Gewalt204
5.2 Die Zieldimensionen pädagogischer Prozesse208
5.3 Die Vermittlungsprinzipien in pädagogischen Prozessen212
Zusammenfassung und Ausblick226
Anmerkungen232
Literatur236
Anhang248
I. Analyseunterlagen248
II. Analyseeinheit250

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