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Glück und Ökonomie: Happiness und Subjektives Wohlbefinden als Grundlagen wirtschaftlichen Handelns

AutorSven Paul
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl87 Seiten
ISBN9783959341431
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Einer der Urväter der Wirtschaftstheorie beschrieb Ökonomie als das Prinzip des größten Glücks. Was hat Ökonomie aber mit Glück zu tun? Macht es glücklich, für jedes noch so konkrete Bedürfnis aus unendlichen Möglichkeiten mit viel Zeit und Mühe ein passendes Mittel zu dessen Befriedigung suchen? Mit dieser Arbeit soll nicht in Frage gestellt werden, dass Menschen abwägen und unter verschiedenen Möglichkeiten diejenige wählen, die ihnen am besten erscheint. In der Arbeit werden aber die Bedingungen und die beschränkte Reichweite solcher Wahl nach Nutzenkalkulation beschreiben. Mit dem Begriff des subjektiven Wohlbefindens, kurz: Glück, kann ökonomisches Handeln in Bezug zur sozialen Umwelt gebracht werden und das ökonomische Handeln als Handlung (und nicht nur deren Ergebnis) betrachtet und beurteilt werden. Wenn wir wissen, wie das Glück entsteht, können wir es auch besser genießen. Das galt im Jahr 2006, in dem der Begriff des Subjektiven Wohlbefindens in den Wirtschaftswissenschaften in einer ersten Welle intensiver diskutiert wurde und in dem dieser Text entstanden ist, genauso wie heute, wo die persönliche Nutzenmaximierung im Zuge globaler Verteilungs- und Ressourcenkonflikte erneut kritisch beurteilt wird.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 4.2.2, Glücksfaktoren unter ökonomischem Einfluss: LAYARD (2005a: 78) hat aus den verschiedenen Studien sieben Glücksfaktoren extrahiert, von denen die finanzielle Lage und Arbeit im vorigen Abschnitt behandelt wurden. Weiterhin nennt er die familiären Beziehungen, das soziale Umfeld, Gesundheit, persönliche Freiheit und die Lebensphilosophie. All diese Faktoren sind in unterschiedlicher Intensität positiv mit Glück korreliert. LANE (2000: 77) sieht die Gemeinschaftlichkeit als Gegenmittel gegen den Verlust von Glück in Demokratien und Marktgesellschaften, und meint damit 'both familiy solidarity and friendship (social support, to social scientists)', also LAYARDS familiäre Beziehungen und das soziale Umfeld. FREY/STUTZER (2000a, 2002a) sehen neben den ökonomischen Faktoren gesellschaftliche Mitbestimmung als eine solche Quelle, was LAYARD (2005a: 85) unter persönliche Freiheiten einordnet. Im Folgenden sollen vor allem die Rückwirkungen der Ökonomie auf soziale Beziehungen und die Familie herausgestellt werden. Das eine gute Nachbarschaft und eine intakte Familie zum guten Leben gehört, ist in diesem Falle nicht die neue Nachricht, auch wenn die detaillierte und valide Messbarkeit überrascht. Die Quintessenz ist eher, dass Menschen versuchen ein höheres Einkommen zu erreichen, um ihren materiellen Wohlstand zu mehren, und dabei unversehens an den sozialen Aspekten des glücklichen Lebens rütteln. Die Konstruktion einer Einkommens- / Freizeitentscheidung legt zwar die Wertschätzung der Freizeit in die Hände des Individuums und könnte die im Folgenden beschriebenen Aspekte also enthalten ohne sie explizit zu nennen. Die ökonomische Modellierung vereinfacht allerdings um einige Punkte, deren Wirkung auf das Glück nicht zu unterschätzen ist. Die familiären Beziehungen sind in den Kriterien der Heirat und dem Vorhandensein von Kindern operationalisiert. Beides wirkt sich zuerst positiv auf das Glück der Menschen aus, lässt bei der Elternschaft bis zur Unkenntlichkeit nach, bei der Ehe bleibt ein messbarer Rest. Im Falle einer Trennung gibt es einen Ausschlag der Glückskurve über die Zeit nach unten, Frauen leiden länger. Wenn sich aber häufiger geschieden oder getrennt wird, was in Deutschland seit den 70er Jahren der Fall ist, fällt auch das momentane durchschnittliche Glücksniveau (Vgl. LAYARD 2005a: 80). Die Schlussfolgerung ist nicht, Menschen durch sozialen Druck oder wirtschaftliche Abhängigkeit in den Ehekäfig zu sperren, sondern zu untersuchen ob ökonomisches Handeln Trennungen befördert. Auch Kinder profitieren langfristig von intakten Familienverhältnissen im Sinne eines verlässlichen und dauerhaften Bezugs. Eine ähnliche Wirkung hat das soziale Umfeld , das vor allem über die Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit der Mitmenschen gemessen wird. Vertrauen wirkt im Wesentlichen auf das Glück, indem es Sicherheit gibt und Komplexität reduziert. Das Fehlen eines intakten sozialen Umfelds (und einer Familie) macht unser Glücksempfinden anfälliger gegenüber Misserfolgen auf den Märkten. Zudem ist eine verlässliche Referenz entscheidend für die Bildung einer gesunden Persönlichkeit. 'Wir sind soziale Wesen, und unser Glück hängt vor allem davon ab, wie unsere Beziehungen zu anderen Menschen aussehen.' (LAYARD 2005a: 19). Die Wirkung der Ökonomie auf Familie und Gemeinschaft lässt sich anhand der Begriffe Flexibilität und Relationalität systematisieren. Die Bestandteile (diskontinuierlicher Institutionsumbau, Produktionsspezialisierung und Macht ohne Zentralisierung), Ursachen und Wirkungen von Flexibilität analysiert RICHARD SENNETT (2000). Der ständige Wandel unterläuft die Identifikation, schürt Angst und macht Erfahrung überflüssig. Der Mensch als aggregiertes Produkt seiner Vergangenheit wird entwertet. Die Arbeitsverhältnisse werden durch Projekte dominiert. Dort wo kurzfristig Monopolgewinne realisiert werden können, und insofern Menschen für spezielle Tätigkeiten gebraucht werden, braucht man die Arbeitnehmer nur für kurze Zeit. Die Folge ist ein häufiges Wechseln des Arbeitsplatzes oder die Konzentration auf Tätigkeiten, deren Subjekt der Verrichtung austauschbar und deshalb schlecht bezahlt und ohne intrinsischen Wert ist. Dieses Wechseln des Arbeitsplatzes verhindert es, feste Bindungen zu knüpfen, Vertrauen zu fassen, sich auf gemeinsame Werte zu einigen - kurz es verhindert die Entstehung von Gemeinschaften bzw. errodiert sie. Familien, in der ökonomischen Begrifflichkeit 'Haushalte', können sich nur schwer diesen systematischen Bedingungen entziehen - sie haben keine Wahl außer der zwischen einer Fernbeziehung, des ständigen Umziehens oder des Bruchs. Nicht selten dürfte letzteres die Folge sein. Die ökonomische Theorie muss diese asozialen und afamiliären Wirkungen einbeziehen, anstatt jede Bemühung zu protegieren, die die Annäherung der Wirklichkeit an ihre Annahme der 'unendlich schnellen Anpassung' befördert. Wenn hier an den Wählenden verwiesen wird, der ja nicht die besser bezahlte Stelle zu nehmen braucht, wenn er vor Ort bleiben kann, so sind zwei Einwände zu nennen. Erstens profitieren die ökonomischen Größen Einkommen und Beschäftigung von ihrer übersichtlicheren Informationslage: '[O]ur current market democracies have manuals and schools and multiple signs for maximizing wealth but little or non for increasing the benefits of companionships' (LANE 2000: 94). Zweitens beruhen soziale Bindungen auf Gegenseitigkeit. Die Wahl für den Erhalt der Bindung ist von der Unsicherheit geprägt, welche Wahl die jeweils anderen treffen, und durch die Hoffnung verzerrt, am neuen Ort ließen sich neue Bindungen genauso wieder aufbauen, wie sich Supermärkte und Schulen finden würden. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Hoffnung erfüllt wird ist aber, so SENNETT (2000: 198), gering, weil die drohende Fluktuation die Erfolgsaussichten für diese zeitintensive Arbeit schmälert. Die Generierung von Glück durch soziale Beziehungen erhält ihre Schwierigkeit also durch ihre Relationalität, die sich von ökonomischen Beziehungen unterscheidet. ZAMAGNI (2005: 303) unterscheidet zwischen Mensch-Ding-Beziehungen und Mensch-Mensch-Beziehungen, wobei der Nutzenbegriff nur ersteres erfasst. Beziehungen würden auf Verträge (contracts) reduziert, die er als 'the exchange of equivalents' (ebd.: 324) beschreibt. In dieser Sichtweise seien die Personen als Tauschpartner selbst austauschbar, es gehe nur um die angebotenen Dienste bzw. die Waren. Mithin könne im Vertrag auch von einer Mensch-Ding-Beziehung gesprochen werden. Diese Mensch-Ding-Beziehungen können aber wesentliche Bedürfnisse nicht erfüllen: 'If human beings discover themselves in the interpersonal relationship, fulfilling themselves in relation to others, it follows that their fundamental need is a need of relationality' (ebd.: 324). Diese Relationalität lasse sich, so ZAMAGNI, aber nur über das Prinzip des Geschenkes beschreiben, in der die direkte Reziprozität des Tausches zu einer langen 'chain of reciprocal acts' (ebd.: 325) umgewandelt wird. Man könne zwar in diese Ketten investieren, sie würden aber ihre Wirksamkeit verlieren, sobald die Investition als solche erkannt wird: 'The meaning of a generous action towards a friend, a child, or a business colleague lies precisely in its being gratuitous. If we found that action had sprung from a manipulatory logic, it would acquire a completely different meaning, with the result that the modes of response by addressee of action would completely change' (ebd.: 327). LANE (2000: 97) illustriert dieses Merkmal des Glücks aus sozialen Beziehungen und der Familie anhand einer Studie von ROBERT B. HAYS, die den Gewinn von Freundschaften als Erlös plus Kosten beschreibt und damit der ökonomischen Intuition widerspricht. Ökonomisches Handeln kann weite Teile der Wirkungen von Familie und Gemeinschaft auf das Glück des Einzelnen nicht sehen, weil es einen zu direkten Begriff von Reziprozität hat und den 'value of bonds' (ZAMAGNI 2005: 326) als Wertkategorie neben dem Tausch- und Nutzwert nicht kennt. Außerdem steht die Instrumentalität von Zweck-Mittel-Beziehungen der Logik von Gemeinschaften diametral entgegen. 'Companionship without attending the person is not possible' (LANE 2000: 96). Ein anderer Ansatzpunkt um unterschiedliche innere Logiken der Einbindung in eine Gemeinschaft und in ein Tauschsystem als Quelle des Glücks zu erfassen ist der Begriff Pflicht, der im Abschnitt 5.1.2.c erläutert wird.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Sven Paul, Glück und Ökonomie: Happiness und Subjektives Wohlbefinden als Grundlagen wirtschaftlichen Handelns1
Inhaltsverzeichnis3
1 Einleitung7
1.1 Context7
1.2 Content8
2 Vom Glück zum Nutzen11
2.1 Das Prinzip des größten Glücks11
2.1.1 Benthams biografischer Hintergrund12
2.1.2 Die Elemente des Prinzips13
2.2 Die Entwicklung des Nutzenbegriffs17
2.2.1 Das „aktuelle“ ökonomische Nutzenkonzept17
2.2.2 Einflüsse neben dem Utilitarismus19
2.2.3 Einfluss des Utilitarismus über Wohlfahrtsökonomik22
2.2.4 Gemeinsamkeiten von Utilitarismus und Nutzenbegriff24
3 Vom Nutzen zum Wohlbefinden26
3.1 Kritik am Nutzenkonzept: Blinde Flecken und Einwände26
3.2 Ein Rückgriff, kein Rückweg27
4 Das neue Glück in der ökonomischen Theorie33
4.1 Annäherung ans Glück33
4.1.1 Empirie33
4.1.2 Theorie35
4.1.3 Praxis36
4.2 Determinanten des Glücks37
4.2.1 Glücksquellen in der Ökonomie38
4.2.2 Glücksfaktoren unter ökonomischem Einfluss44
5 Exkurs: Zur Maximierung von Glück49
5.1 Vorbehalte nach Entscheidungsebene49
5.2 Das Wesen des Glücks55
6 Ökonomie und Glück – ein Perspektivenwechsel59
6.1 Zwischenfazit59
6.2 Glück und ökonomisches Handeln61
6.3 Produktion63
6.3.1 Glück und die Produktion der Firma63
6.3.2 Seines Glückes Schmied sein – Produktion im Haushalt64
6.4 Prozessorientierung67
6.5 Wohlfahrt72
7 Zusammenfassung75
Literaturverzeichnis78

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