6 Machen Sie ein Face-Reading
Sicher wissen Sie, dass man in Gesichtern lesen kann. Gesichter sind ein wunderbar ehrliches Kommunikationsmittel und jede Furche, jedes Zucken und Blinzeln kann Aufschluss über eine Gemütslage geben.
Doch an einem Gesicht lässt sich nicht nur der augenblickliche Gemütszustand ablesen, vielmehr ist es ein Spiegel unserer Persönlichkeit und wie ein offenes Buch mit Informationen über unser Leben und unsere Gesundheit. Die Antlitz- und Seelendiagnose wird bei allen Naturvölkern der Erde praktiziert. Es sind die großen Medizinmänner und Fährtenleser der Seele, die Wahrheiten rund um die Persönlichkeit und Krankheitsgeschichte aufdecken. Weltweit gehört das intensive Schauen in Gesichter und das Wahrnehmen von körperlichen Veränderungen zu einer medizinisch wenig anerkannten, jedoch erfolgversprechenden Vorgehensweise zur Erstellung einer Diagnose. Auch unsere Medizinstudenten hierzulande lernen ein bisschen über Psycho-Physiognomik. Leider zu wenig, um es später in der Praxis erfolgreich anwenden zu können. Der moderne, durch die westliche Welt geprägte Arzt verlässt sich lieber auf computergesteuerte Programme für die Diagnose oder direkt auf eine medikamentöse Breitbandbehandlung.
Der Begriff Psycho-Physiognomik geht auf den Wissenschaftler und Anthropologen Carl Huter zurück, der die Sprache des menschlichen Gesichts als Ausdruck der Seele verstanden hat. Hier trifft Psychologie auf Biologie und die drei Begriffe Psyche (Seele), Physis (Körper) und Gnoma (Kennzeichen, Meinung) stehen für eine ganzheitliche Betrachtung und Wahrnehmung. Ziel ist es, die im Inneren verborgenen seelischen Bedürfnisse im Außen als entsprechende Ausdrucksform an Körper und Gesicht zu erkennen. Die Gesichtsdiagnostik bietet eine Hilfestellung bei jeder Art von Kommunikationsproblemen – ob allgemeine Menschenkenntnis, Beurteilung in Personalsituationen, bei der Partner- und Berufswahl und vor allem bei der Selbsterkenntnis oder Bewusstwerdung eigener Bedürfnisse. Dabei ist es ausgesprochen wichtig, eine Diagnose nur in einem Gesamtkontext zu stellen. Die auch Face-Reading genannte Diagnostik kann eine wertvolle Unterstützung sein, darf allerdings nicht als festgeschriebene Gesetzmäßigkeit verstanden werden.
6.1 Lesen Sie es sich an der Nase ab
Mein Wissen und meine Ausbildung habe ich hauptsächlich aus der Gesichtsdeutung der Chinesischen Medizin. Doch auch diese Erkenntnisse will ich Ihnen lediglich als Angebot präsentieren. Bitte verstehen Sie diese Anregungen nicht als „einzige Wahrheit“. Es liegt mir fern, mit erhobenen Zeigefinger als dogmatische Lehrmeisterin aufzutreten nach dem Motto: So ist das, und nicht anders! Sehen Sie es also mehr als Zusatzinformation und als Bereicherung, um Ihnen eine Selbsterkenntnis zu erleichtern.
Das heißt, wenn ich beispielsweise etwas „an der Nase ablesen“ kann, dann können Sie das auch. Im Face-Reading steht zum Beispiel eine größere Nase oft für eine große Ich-Stärke. Das wiederum lässt die Schlussfolgerung zu, dass Menschen mit großen Nasen, gern „die Nase vorn“ haben oder „die Nase in den Wind“ halten. Es könnte bedeuten, dass dieser Mensch stark und selbstsicher auftreten und sich durchsetzen kann. Vielleicht kann und macht er es aber nicht, und seine große Nase dient ihm als sinnvoller Richtungsweiser, um einen (noch nicht ausgelebten) Führungsanspruch durchzusetzen. Besitzern kleinerer Nasen wird nachgesagt, sie seien anpassungsfähiger und kompromissbereiter. Auch das ist kein Gesetz, denn es gibt Menschen, die sogar aufgrund einer kleinen Nase oder einer zierlichen Körpergröße besonders verbissen „nach oben“ bzw. in Führung gehen wollen.
Es ist also ausgesprochen wichtig, auch andere Parameter miteinzubeziehen und sich selbst Fragen zu stellen, die eine Grundmotivation und Rückschlüsse auf gemachte Erfahrungen deutlich machen. Im Übrigen erhalten Sie hier nur einen stark begrenzten Ausschnitt einer umfassenden und ganzheitlich geprägten Gesichtslesekunst. Sie finden im Anhang ein Literaturverzeichnis mit den weiterführenden Quellenangaben.
6.1.1 Eine uralte Methode
Die Psycho-Physiognomik ist eng verwandt mit der Psychosomatik und geht davon aus, dass Körper, Seele und Geist eine Einheit sind. Ist man nicht im Einklang mit sich selbst, dann kommt es zu Problemen, die der Körper in Form einer Krankheit als Warnsignal an unsere Denksysteme schickt. Dieses fehlende Selbstbewusstsein und das Nicht-im-Einklang-mit-sich-selbst-Sein zeigt sich auch im Gesicht. Jedes Erlebnis, jedes Gefühl, jede Überzeugung und jeder Lebensstil hinterlässt Spuren im Gesicht. Sie sehen es an Falten, Schattierungen, an den Augen und an der Hautbeschaffenheit. Es ist sogar möglich, Krankheiten bereits am Gesicht zu erkennen, die noch gar nicht zum Ausbruch gekommen sind. Die Psycho-Physiognomik hat weit zurückreichende Wurzeln in den Lehren der Medizin, der Anthropologie, der Psychologie und Philosophie. Die Sichtweisen sind schon aus alten buddhistischen Schriften aus den Zeiten vor Christus bekannt sowie von Pionieren und großen Namen wie Pythagoras, Sokrates, Platon, Aristoteles, Hippokrates, Paracelsus, Kant, Schopenhauer, Schelling und Goethe, um nur einige zu nennen.
Die klassische Gesichtsdiagnose, die ihren Ursprung als alchemistische Methode im Taoismus hat, genießt in China und in der chinesischen Medizin eine lange Tradition. In China glaubt man an die „Drei Schätze“, die es zu beschützen gilt, um ein langes und erfülltes Leben zu leben. Es sind das Jing (ererbte Konstitution), das Qi (Lebenskraft, Lebensenergie) und das Shen (geistige Ausstrahlung).
6.2 Ein Leuchten, das von innen kommt
Mir persönlich gefällt die Idee von Shen besonders gut. Mit Shen ist die Seele gemeint. Das, was nicht unmittelbar zu sehen ist, jedoch durch die Augen strahlen kann. Es ist der Geist, der einen Menschen strahlen lässt. Ein Leuchten, das von innen kommt.
Das Shen ist nicht zu manipulieren, es kann nicht lügen. Jeder Einzelne von uns kann seine wahren Gefühle verbergen. Wir können lachen, obwohl wir traurig sind. Wir können ruhig reden, auch wenn wir innerlich aufgewühlt und verärgert sind. Wir können aufrecht stehen, selbst dann, wenn wir uns in die Knie gezwungen fühlen oder uns jemand mit Worten beugen will. Wir sind in der Lage, unsere Körpersprache und unsere Mimik zu kontrollieren und gezielt einzusetzen. Doch unser Shen ist unbeeinflussbar, hier hat sich das Geflecht des Nervensystems verankert. Wenn Sie einem Menschen in die Augen schauen, und es leuchtet und blitzt Ihnen nur so entgegen, dann hat dieser Mensch eine starke geistige Ausstrahlung. Es ist eine Kraft, die von innen kommt und nach außen leuchtet.
Wenn Menschen älter werden, dann geht das Shen nach und nach verloren. Es gibt wenige alte Menschen, die noch dieses Strahlen in den Augen haben. Viel zu häufig haben sie Sorgen, Ängste, Kummer und Krankheit durchleben müssen. Viele Menschen haben an Shen verloren. Der Vergleich von Fotos zwischen früher und heute zeigt oft gnadenlos an, dass der Lebensweg auch mit negativen Erfahrungen, mit Enttäuschungen und Verletzungen gepflastert ist. Schauen Sie doch mal die Fotos aus Ihrer Kindheit und frühen Jugend an. Schauen Sie sich nur ins Gesicht. Nur in die Augen. Wenn Sie eine schwere und belastete Kindheit hatten, dann werden Sie mir sicher nicht zustimmen, alle anderen jedoch werden bemerken, dass sie ein „Blinken“ in den Augen hatten. Das ist Shen. Und Shen kann immer wieder aufblitzen und Ihre Augen zum Leuchten bringen, jedes Mal, wenn Sie präsent sind und sich von positiven Emotionen leiten lassen.
Vor einigen Jahren ist unser Hund Murphy gestorben. Ich hatte zuvor noch nie ein totes Lebewesen gesehen. Wenn Sie Mediziner sind oder einen vergleichbaren Beruf haben, dann werden Sie diese Erfahrung schon gemacht haben. Ich habe seine Augen gesehen. Es waren tote Augen. Er war gar nicht mehr da. Es war nicht unser Murphy. Es war eine leblose Fellhülle. Wie sagt man: Die Seele ist aus dem Körper gegangen. Das Shen ist erloschen.
Eine natürliche Shen-Ausstrahlung verstärkt die Anziehungskraft auf Menschen. Denn es bedeutet ja, dass positive Emotionen da sind, und diese sind genau wie gute Laune ansteckend. Es überträgt sich auf Ihr Gegenüber und dieses fühlt sich angelockt und ebenfalls gut. Ein wunderbarer Kreislauf und ein erstrebenswertes Ziel, seine Shen-Energie zu erhöhen und seinem Pfirsich-Glück – Sie erinnern sich – näherzukommen.
6.3 Erste Krankheitszeichen erkennen
Neben den emotionalen Problemen lassen sich natürlich auch handfeste Krankheitszeichen am Gesicht ablesen. Ich habe bereits erwähnt, dass die ersten Anzeichen einer Erkrankung sich schon viele Jahre vorher im Gesicht und am Körper zeigen können, bevor sie zum Ausbruch kommt oder sich messbar diagnostizieren lässt. Vielleicht ist es nicht möglich, eine genaue Krankheitsdiagnose zu erstellen. Die Feststellung einer Tendenz und eine Prognose sind jedoch sehr gut möglich und können uns auffordern, achtsam zu sein und präventiv tätig zu werden.
Natürlich werden Sie auf den nächsten Seiten auch schon einmal ins Stutzen kommen und kritisch hinterfragen, ob Sie diese Information, so wie sie hier geschrieben...