Das Angebot von neuem Gold
5. Woher kommt neues Gold?
Die Frage nach neuem Gold impliziert unmittelbar zwei weitere: Wie hoch sind die geschätzten Gold-Reserven in der Erdkruste, die man herausholen könnte? Und wer sind die größten Förderländer?
Bis in die siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts war Südafrika der herausragende und wichtigste Goldlieferant, zwei Drittel des neuen Goldes kam aus den dortigen Minen. Mit der Aufhebung der Goldpreisfixierung durch die Notenbanken änderte sich die Situation nachhaltig. Höhere Goldpreise regten zusätzliche Explorationen an und die Zahl der Förderländer nahm allmählich zu. Die geförderten Mengen erhöhten sich allerdings nur graduell, nicht schlagartig.
Wurden im Jahre 1970 noch 1480 Tonnen Gold gefördert (von denen 1000 Tonnen aus Südafrika stammten), so verdoppelte sich die Produktion bis zum Jahr 2017 auf 3247 Tonnen. Das meiste Gold wird in den letzten acht Jahren in China gewonnen, gefolgt von Australien, Russland, den USA, Kanada, Peru und Indonesien.
Da die Goldproduktion lange Vorlaufzeiten hat – es muss zunächst geowissenschaftlich exploriert werden, Genehmigungen sind einzuholen, die Mine ist technisch und logistisch einzurichten -, sind in vielen Ländern nur geringe Veränderungen der Fördermengen im Zeitverlauf zu beobachten. Eine große Ausnahme bilden Südafrika und China.
Tabelle 11 zeigt die Veränderungen der Goldproduktion nach Ländern in den letzten 10 Jahren. War Südafrika selbst im Jahre 2005 noch der größte Goldproduzent, so rutschte das Land danach auf den achten Platz ab. China hingegen, das vor 40 Jahren gerade 1,5 Tonnen Gold förderte, hat mittlerweile den Spitzenplatz übernommen und liegt mit einer Gesamtförderung von ca. 426 Tonnen auf Platz 1. Auffallend ist auch die Mengenveränderung in Ländern, die nicht zu den 15 größten Förderern zählen. Hier ergab sich in den letzten 12 Jahren eine Steigerung von ca. 540 Tonnen auf mittlerweile 810 Tonnen pro Jahr, ein Plus von 50 Prozent.
Aus dem internationalen Goldhandel weiß man ziemlich genau, wieviel Gold pro Jahr zur Verfügung steht. Die Fördermengen für die nächsten fünf bis zehn Jahre lassen sich relativ präzise abschätzen aus der Zahl der vorhandenen und in Betrieb gehenden Minen. Nur die Frage nach der Goldreserve für die Zukunft ist wenig exakt zu beantworten.
Tabelle 11 - Goldproduktion nach Ländern in den Jahren 2005 und 2017 (nach GFMS 2014-18)
| Land | Produktion 2005 in t | Produktion 2017 in t |
13 | Papua Neuguinea | 70,9 | 61,9 |
15 | Dem. Republik Kongo | 5,3 | 60,1 |
Welche Menge an Gold birgt die Erdkruste, die sich noch sinnvoll fördern lassen würde? Zwei Unsicherheiten erschweren jede klare Antwort: Zum einen ist die Menge der förderbaren Reserven und Ressourcen stark vom jeweiligen Goldpreis abhängig. Zum anderen ist die Welt noch nicht ‚ausprospektiert‘ und niemand weiß, wie viel Gold sich noch in unentdeckten Lagerstätten befindet.
Zwei Begriffe sind gerade genannt, die zur Beurteilung des noch nicht geförderten Goldes entscheidend sind: die Ressourcen und die Reserven. Der Privatanleger findet Angaben dazu in den Jahres- und Quartalsberichten der Bergbaugesellschaften. Diese orientieren sich an den Definitionen der US-amerikanischen und kanadischen geologischen Bundesbehörden (Canadian Institute of Mining, Metallurgy and Petroleum 2014). Die Zuverlässigkeit der Bestimmung der Vorräte reicht dabei von exakt gemessenen und durch Bohrungen bestimmten Reserven (‚measured reserves‘) bis hin zu eher unverbindlichen, nur grob abgeschätzten Ressourcen (‚inferred resources‘).
Die Kenntnis dieser Unterschiede ist auch für den Privatinvestor wichtig, der zum Beispiel in Wertpapiere einzelner Minengesellschaften investieren möchte und dazu auch einen Überblick über die im Besitz befindlichen Reserven und Ressourcen benötigt.
Die englischsprachigen Geschäftsberichte verwirren den deutschen Leser vielleicht mit der doppelten Bedeutung des Begriffs der Ressourcen. Die Ressource im Sinne von Lagerstätte ist der umfassendste Begriff und umschließt nachgewiesene Reserven und andere Ressourcen. Der Begriff Ressource wird daneben aber auch gebraucht im Zusammenhang mit vermuteten, aber noch nicht exakt nachgewiesenen Goldgehalten im Erz (siehe unten d bis e). Somit gilt für eine Lagerstätte (Ressource) folgende Stufenleiter der Verbindlichkeit:
a) Proven Reserve: Durch Bohrungen und andere geo-physikalische Verfahren mit dem höchsten Grad an Verlässlichkeit nachgewiesene Reserven, die nach dem verabschiedeten Minenplan wirtschaftlich gefördert werden können.
b) Probable Reserve: Nachgewiesene Reserven, die soweit abgesichert sind, dass wesentliche wirtschaftliche Investitionsentscheidungen getroffen werden können.
c) Measured Resource: Derjenige Teil einer Lagerstätte, für den die Menge, Goldgehalt oder Qualität, Dichte und Form sowie die physikalischen Parameter mit einer solchen Zuverlässigkeit vorliegen, dass - unter Berücksichtigung sog. Modifizierender Faktoren (aufgrund des Abbaus und des Gold-Gewinnungsprozesses) – eine detaillierte Minenplanung und wirtschaftliche Evaluation durchführen lässt.
d) Indicated Resource: Derjenige Teil einer Lagerstätte, dessen geschätzte Lage, Struktur und Mineralgehalt (grade) soweit bekannt ist, dass einigermaßen zuverlässige Mengen-Abschätzungen gemacht werden können.
e) Inferred Resource: Derjenige Teil einer Lagerstätte, für den ausreichende geologische Informationen und ein vernünftiges Verständnis der Kontinuität und Verteilung der Metallverteilung (Erze) vorliegen, um die Form einer Lagerstätte mit möglichem wirtschaftlichem Nutzen abzuleiten.
In dürren Worten: Die Reserven sind die ‚harte‘ Währung einer Lagerstätte, die Ressourcen sind die Hoffnungswerte.
In den Jahresberichten der Bergbaugesellschaften werden die Ressourcen und Reserven deshalb in der Regel getrennt ausgewiesen nach Reserves P+P (proven and probable) und Resources M+I (measured and indicated) sowie den indicated Resources. Reserven sind meistens in den Ressourcen M+I enthalten, aber nicht immer. Dann ist eine Vergleichbarkeit sehr erschwert.
Da nicht alle weltweiten Goldlagerstätten datenmäßig vollständig erfasst sind, kann man die noch vorhanden Ressourcen und Reserven nur abschätzen. Hilfreich ist dabei eine Übersicht, die die bekannten 580 Lagerstätten mit einem vermuteten Goldgehalt von mehr als 1 Million Unzen erfasst (Natural Resource Holdings Research 2014). Die Übersicht (Tabelle 12) enthält also sowohl Reserven P+P als auch Ressourcen M+I+I.
In diesen Lagerstätten mit mehr als jeweils 1 Million Unzen Goldgehalt befinden sich also ca. 3,7 Milliarden Unzen Gold.
Tabelle 12 -Vorhandene Lagerstätten (deposits) von mehr als 1 Mio Unzen Gold in situ (Ressourcen inklusive Reserven, Stand 2013)
Kontinent | Anzahl der Lagerstätten bzw. Minen | Gesamtmenge an Gold in Unzen (oz) | Durchschnittlicher Goldgehalt (grade) in... |