Liebe Leserin, lieber Leser,
ich habe immer schon den ganzen Apfel gegessen, mit Kernen, Stiel und allem. Meine kleine Küche ist übersät mit Schraubgläsern, in denen zum Beispiel das Bratfett der Koteletts vom vorherigen Abend ist (in dem ich mein Gemüse dünste – so füge ich die richtigen Fette für die Aufnahme lebenswichtiger Vitamine hinzu) oder das Wasser, in dem ich Mangold gedämpft habe (perfekt zum Verlängern einer Suppe) oder Olivenöl von dem marinierten Feta, das meine Freundin gerade weggießen wollte, als ich letztes Wochenende bei ihr zum Essen war (fertiges Salatdressing, Leute!).
In meinem Kühlschrank leuchtet ein Regenbogen aus fermentierten Gemüsen; ich habe sie aus den »unschönen« Produkten gemacht, die auf dem Markt niemand kaufen wollte. Mein Gefrierschrank beherbergt einen kleinen Plastikeimer mit Fischresten, die ich vor ein paar Wochen bei der Dinnerparty einer Freundin gerettet habe. Sie werden bald in Fischbrühe verwandelt, von der ich dieser Freundin als Dankeschön einen Liter zurückschicken werde. Und ich sollte erwähnen, dass dieser Fischbeutezug stattfand, nachdem ich den Abfalleimer meiner Freundin inspiziert und eine Tüte mit noch frischen Sellerieblättern herausgezogen und gefragt hatte, ob ich die behalten könnte ... für mein Reste-Pesto.
Wenn sie Glück hat, bekommt sie auch davon eine Portion.
Ich sollte auch erwähnen, dass ich dafür bekannt bin, Fremde am Restauranttisch neben uns zu fragen, ob ich ihre Reste mitnehmen kann (wenn sie selbst sie nicht wollen); meist ist es ihnen recht, und ich koche beispielsweise aus edlen Aberdeen-Rinderstreifen eine vietnamesische Suppe. Bestimmt sind Sie jetzt froh, mich nicht in Ihrem näheren Umfeld zu haben!
All das erzähle ich Ihnen, um zu erklären, warum ich mich entschlossen habe, ein Buch über die Verwertung von übrig gebliebenem Essen zu schreiben. Nachhaltigkeit war immer eins der Prinzipien meiner Bücher, auch wenn es sich hinter hübschen Rezepten und glänzenden Fotos von mir verbarg. In meinen Rezepten verwende ich Reste und weniger begehrte Fleischstücke. Ich habe meine Zuckerfrei-Plattform auch eingesetzt, um bei den Leuten für Doggie Bags und, ähm, Blumenkohl zu werben.
Außerdem: Was kann noch kommen, wenn man Goodbye Zucker und Goodbye Zucker für immer geschrieben hat? Goodbye Zucker im Jenseits?!
nacchaltige
Andere (nachhaltige) Dinge, die ich mache (gesammelt von meinen oft verblüfften Freunden und Familienangehörigen):
- * »Einmal hat sie Sardinenköpfe mitgenommen, die von einem Fotoshooting für mein Buch auf meiner Dachterrasse übrig waren Sie hat daraus einen Pizzabelag gemacht.« – Joice
- * »Jeden Sonntagabend kommt sie zu mir, um zu kochen. Dann durchwühlt sie meinen Kühlschrank und macht aus meinem alten Gemüse ein tolles Essen« – Ricky G
- * »Ich hab einmal gesehen, wie sie einen alten Teebeutel aus dem Papierkorb im Büro gefischt hat, weil er ›nur einmal benutzt worden war‹« – Zoe
- * »In unserem Stammlokal verspeiste sie einmal unsere übrig gelassenen Fischhäute und -köpfe Seither packen wir die Gräten und andere Reste gleich auf ihren Teller« – Brad
Wie viele von Ihnen sicher wissen, habe ich im Januar 2011 angefangen, keinen Zucker mehr zu essen, weil eine Autoimmunkrankheit meine Lebensfreude erheblich einschränkte. Ich wollte ein besseres, ein erfüllteres, ein schönes Leben, deswegen versuchte ich, mich ohne Zucker zu ernähren. Es funktionierte super, also führte ich das Experiment noch etwas länger fort. Auf diesem Weg stieß ich auf größere, tiefer gehende Themen. Mir wurde klar, dass die Verschwendung von Essen ein großes Thema ist. Ein riesengroßes sogar. Und ich fand, dass es nicht nur die schrullige Obsession von ernsten Typen mit großen Nerdbrillen, Jutebeuteln und Fixie Bikes (?!) sein sollte.
Also, es ist so: Die größte CO2-Emissionsquelle auf dem Planeten ist Essensverschwendung (nicht Autos, nicht Fabriken). Die größten Essensverschwender sind die Konsumenten (wir!), nicht die Bauern, nicht die Lebensmittelindustrie. Jede Woche werfen wir bis zu 50 Prozent unserer Lebensmittel weg.
Ich sag’s geradeheraus: Das ist unverantwortlich, und die Veränderung, die wir uns im Leben so sehr wünschen (für unseren Planeten, für unser Dasein), kann und muss von jedem von uns kommen. Jeder von uns ist verantwortlich. Für alles. Und für jedes menschliche Wesen.
Recycling und Kompostieren allein bringt es nicht. Etwas gar nicht erst zu kaufen, etwas nicht zu verschwenden – das bringt es. Wir müssen also aufbrauchen, was wir sowieso haben, unsere Reste verarbeiten, das ganze Lebensmittel essen – Kerne, Schale, Stängel, Blätter, die Lake, Haut, Fett und alles. Das ist die Zukunft, liebe Freunde.
Ich habe schnell gemerkt, dass diese Art zu kochen und zu essen das Leben besser macht. Denn wenn man lernt, seine Reste zu verwerten und weniger zu konsumieren, bekommt das Leben einen neuen Rhythmus, es ist im Flow. Die Dinge werden einfacher, eleganter; alles wird klarer und ergibt einen nachhaltigen Sinn. Man muss sich keine Sorgen mehr machen, ob es besser ist, regional oder bio oder ohne Eigelb zu essen oder ob das Essen nun als Superfood durchgehen würde. Nein, man gleitet einfach so zum richtigen Ergebnis hin – im Flow und ohne den ganzen Wirbel.
Zum Beispiel: Wenn man aufhört, Zucker zu essen, hört man automatisch auch auf, industriell verarbeitete Nahrungsmittel und all die damit zusammenhängenden schlechten Zusatzstoffe zu essen. Man profitiert also nicht nur davon, keinen Zucker mehr zu essen, sondern gleichzeitig vom Weglassen einer ganzen Reihe anderer giftiger Chemikalien, schlechter Fette und leerer Kohlenhydrate. Zucker wegzulassen steuert einen automatisch zum richtigen Ergebnis.
Zeitvergleich: Kochen oder Fertigessen kaufen?
Freunde erzählen mir, dass sie nicht kochen, weil es zu viel Zeit koste und zu kompliziert sei. Aber ich habe Tests durchgeführt Ich habe die Zeit gemessen, die verging, bis meine Freunde ihr Take-away-Essen auf dem Tisch hatten, und die, die ich für das Kochen meines Rindfleischeintopfs benötigte (von dem noch sechs Portionen übrig blieben!) Meine Freunde brauchten 37 Minuten (Autoschlüssel suchen, hinfahren, in der Schlange warten, jedes Gericht einzeln aufwärmen), während ich 11 Minuten brauchte Und wenn man die noch durch sechs teilt, na ja das bekommen Sie selber raus.
Und wenn man keine industriell verarbeiteten Nahrungsmittel mehr isst, bleiben einem echte, vollständige Lebensmittel, die man kochen muss – stimmt’s? Das bedeutet, man ist motiviert (gezwungen?) zu kochen, was wiederum heißt, man spart Geld und Zeit und wird dabei auch noch gesünder. So bleibt man bei dieser Ernährungs- und Lebensart, denn sie fühlt sich richtig gut an. Und die Nachhaltigkeit bleibt im Flow.
Schongarer verbrauchen weniger Energie als eine Glühbirne! Und sie gehen nie kaputt – deswegen sieht man keine Werbung für sie.
Noch ein Beispiel: Wenn man weniger begehrte Fleischteile isst, spart man Geld (sie sind viel günstiger!) und verhält sich auch ethischer und umweltfreundlicher, denn es wird mehr von dem Tier gegessen (oder weniger verschwendet). Fleischteile »zweiter Güte« gart man am besten im Schongarer, was weniger Energie verbraucht (wobei man wieder spart). Diese Teile sind sehr nahrhaft – noch nahrhafter, wenn sie schonend gegart werden. Außerdem braucht man für seine Gerichte nicht so viel Fleisch, da die Zubereitung im Schongarer den Geschmack intensiviert. So spart man wieder Geld und schont die Umwelt ... ich glaube, Sie verstehen schon! Muss ich noch sagen, dass die weniger begehrten Fleischteile in diesem Buch bevorzugt werden?
Langsames Kochen auf niedriger Temperatur erhält die Enzyme des Fleischs und löst wunderbare, darmgesunde Gelatine und Mineralien.
Und noch etwas:
Wollten Sie schon mal ein Rezept nachkochen und merkten dann, dass Ihnen ein oder zwei Zutaten fehlten? Also haben Sie mit dem improvisiert, was Sie dahatten – und es hat Ihnen sogar besser geschmeckt? Meine liebsten Gerichte sind solche wie der Eintopf beim Campen, den ich mit Studentenfutter gewürzt habe. Oder solche, bei denen ich aus Mangel an Gemüsefach-Vorräten eine Kühlschrank-Überraschung kreiert habe (meine Kreationen finden Sie auf Instagram unter #fridgesurprise).
Ich glaube, dass es uns Spaß macht, zu improvisieren und etwas aus dem zu zaubern, was wir gerade dahaben. Wir mögen es sogar, wenn irgendetwas fehlt, denn dann werden wir kreativ! Wir sind auch froh, wenn unsere Eckschränke nicht mit Waffeleisen überquellen. Und wenn hinten im Gemüsefach kein angeschimmelter Salat herumliegt.
Wir kochen also mit dem, was wir haben, mit Resten von Lebensmitteln, und so werden wir kreativer und glücklicher. Wir fahren nicht mehr dauernd zum Supermarkt, um einen einsamen Chicorée oder einen Becher Sahne zu kaufen; das spart Zeit, Benzin und Geld und verhindert, dass man von Fertigessen in Versuchung geführt wird. Und all das macht uns glücklicher und beherzter. So gleiten wir elegant dahin und unser Leben ist im Flow. Flow, flow, flow ...
Dieses Buch macht Speisereste...