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E-Book

Gott im Leid begegnen

AutorTimothy Keller
VerlagBrunnen Verlag Gießen
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl416 Seiten
ISBN9783765573507
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Buddhismus, dass es real ist; anders als die Karma-Lehre, dass es oft ungerecht ist - und anders als der Säkularismus, dass es einen Sinn hat. Leid ist sinnvoll, und richtig betrachtet, kann es uns in die Liebe Gottes hineintreiben und uns mehr innere Stabilität und Kraft geben, als wir uns vorstellen können.' Mit seiner besonderen Art zu schreiben, die sowohl christliche und religiöse als auch säkulare Leser anspricht, hat Timothy Keller sich einer der schwersten Fragen überhaupt angenommen! - Einer Frage, der kein Mensch auf dieser Erde letztlich ausweichen kann.

Timothy Keller, Jahrgang 1950, ist in Pennsylvania geboren und aufgewachsen. 1989 gründete er zusammen mit seiner Frau Kathy die Redeemer Presbyterian Church in New York City. Heute kommen über 5.000 Menschen regelmäßig in die Sonntagsgottesdienste; die Gemeinde hat auch bei der Gründung von fast 200 neuen Gemeinden in aller Welt mitgeholfen. Timothy Keller hat u.a. auch Warum Gott?, Warum Gerechtigkeit?, Jesus - seine Geschichte, unsere Geschichte, Ehe, Berufung und der zugewandte Jesus geschrieben. Timothy Keller ist selber im Jahr 2002 an Schildrüsenkrebs erkrankt.

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Leseprobe

EINLEITUNG


Unter der Oberfläche rumort die große Lebensangst


Meiner Ansicht nach besteht Lebensernst in Folgendem: Was immer der Mensch auf diesem Stern anfängt, es muss in der lebendigen Wahrheit und angesichts des Schreckens der Schöpfung, des Absurden, der Panik, die wie ein kommendes Erdbeben alles erzittern lässt, vollzogen werden. Anderenfalls ist es geheuchelt. (Ernest Becker, Dynamik des Todes)1

Ich will den HERRN loben allezeit; sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein. Meine Seele soll sich rühmen des HERRN, dass es die Elenden hören und sich freuen. Preiset mit mir den HERRN und lasst uns miteinander seinen Namen erhöhen! (Psalm 34,2-4, LUT)2

Leid ist allgegenwärtig; wir können ihm nicht ausweichen und das Ausmaß erdrückt uns oft. Wenn Sie eine Stunde lang in diesem Buch gelesen haben, sind in der gleichen Zeit über fünf Kinder in der Welt an den Folgen von Misshandlung und Gewalt gestorben.3 Wenn Sie einen ganzen Tag gelesen haben, sind über hundert Kinder einen gewaltsamen Tod gestorben. Und das ist nur eine von unzähligen Arten des Leidens. Jede Stunde sterben Tausende durch Verkehrsunfälle oder Krebs, und Hunderttausende erfahren, dass ihre Lieben plötzlich nicht mehr sind. Zusammen verschwindet so jeden Tag die Bevölkerung einer kleineren Stadt und lässt die trauernden Freunde und Lieben fassungslos zurück.

Wenn sehr viele Menschen auf einen Schlag umkommen – wie bei dem Wirbelsturm Bhola in Ostpakistan (dem späteren Bangladesch) 1970, dem Tsunami im Indischen Ozean 2004 oder dem Erdbeben in Haiti 2010, mit jeweils über 300.000 Toten –, sind die Schlagzeilen und der Schock groß. Aber Zahlen können täuschen. Solche historischen Katastrophen ändern nicht viel an der allgemeinen „Leidensrate“. Täglich kommen auf der Erde Zehntausende tragisch und unerwartet ums Leben, und Hunderttausende Hinterbliebene taumeln unter der Wucht des Schocks und der Trauer. Die allermeisten von ihnen schaffen es nicht in die Schlagzeilen, weil in dieser Welt Elend und Schmerz die Norm sind.

Shakespeare verstand dies, als er schrieb:

An jedem neuen Morgen

heulen neue Witwen, weinen neue Waisen;

neue Sorgen schlagen dem Himmel ins Gesicht …4

Das Böse und das Leid sind dermaßen allgegenwärtig, dass die gerade genannten statistischen Zahlen uns kaum mit der Wimper zucken lassen. Aber wir sollten mit der Wimper zucken. Ernest Becker hat über die Gefahr der Verdrängung des Elends und der Willkür des Leidens geschrieben. Wenn wir etwas Schlimmes hören, setzt sofort ein tief verwurzelter Abwehrmechanismus ein. Wir denken, dass solche Dinge halt den anderen passieren oder den Armen oder denen, die nicht aufgepasst haben. Oder dass wir sie abstellen können, wenn wir an unseren Sozialsystemen arbeiten und die richtigen Leute ranlassen.

Becker war der Meinung, dass ein solches Denken einen Mangel an „Lebensernst“ verrät, der es versäumt, sich dem „Schrecken der Schöpfung“ und „der Panik, die wie ein kommendes Erdbeben alles erzittern lässt“ zu stellen.5 Diese Panik ist die Angst vor dem Tod, dem großen Unvorhersehbaren und Unerbittlichen.

Die gleiche Botschaft finden wir in einem Artikel im New York Times Magazine,der erschien, als im Raum Washington, D. C., der „Beltway Sniper“ sein Unwesen trieb, ein Heckenschütze, der seine Opfer offenbar total willkürlich auswählte. Ann Patchett schrieb:

Wir versuchen immer, Mord erklärbar zu machen, damit er uns nicht zu nahe kommt: Ich sehe nicht wie das typische Opfer aus, ich wohne nicht in dieser Stadt, ich hätte mich nie an diesem Ort aufgehalten oder jene Person gekannt. Aber was, wenn es keine Beschreibung, keinen typischen Ort, keine typischen Personen gibt? Was machen wir dann, um uns zu beruhigen? … Tatsache ist: Das Hinauszögern unseres Todes ist eine unserer Lieblingsbeschäftigungen. Ob es Ausgleichssport ist, unsere Cholesterinwerte oder eine Mammografie, unsere Sterblichkeit hält uns ständig auf Trab. Wie sieht das typische Opferprofil aus, und inwiefern bin ich hier aus dem Schneider? Aber ein Heckenschütze, der sein Opfer mit einem einzigen Schuss und mithilfe eines Zielfernrohrs tötet, das erinnert uns grausam an den Tod in Reinkultur, der, so sehr wir uns auch anstrengen, immer noch meistens willkürlich zuschlägt. Und der mit absoluter Sicherheit kommen wird.6

Patchett und Becker legen die Strategien bloß, mit denen wir die große Angst vor dem Tod zu verdrängen versuchen. Dieses Buch ist der Versuch einer Einführung in den von ihnen geforderten „Lebensernst“. Ich möchte meinen Lesern helfen, vor dem Hintergrund dieser schrecklichen Realitäten das Leben gut, ja freudig zu leben. Der Verlust lieber Menschen, Krankheiten, die unser Leben einschränken und irgendwann tödlich enden, Menschen, die uns enttäuschen, finanzielle Verluste und moralische Niederlagen – all dies werden Sie früher oder später erleben, wenn Sie ein normales Lebensalter erreichen. Keiner ist dagegen gefeit.

Egal, wie gut wir vorbeugen, egal, wie gut wir unser Leben gestalten, egal, was wir alles anstellen, um reich, gesund, beruflich erfolgreich und in Freundschaft und Familie glücklich zu sein – irgendwann kommt etwas, das unser schönes Leben beschädigt, ja ruiniert. Mit noch so viel Geld, Macht und Planung können wir es nicht verhindern, dass Tod, Krankheit, zerbrochene Beziehungen, finanzielle Katastrophen und hundert andere Übel über uns hereinbrechen. Das menschliche Leben ist furchtbar zerbrechlich, ausgeliefert an Kräfte, die zu stark für uns sind. Das Leben ist tragisch.

Intuitiv wissen wir dies alle, und die unter uns, die sich mit Leiden und Schmerz auseinandersetzen müssen, lernen nur zu bald, dass dies allein aus ihrer Kraft nicht möglich ist. Wollen wir nicht verzweifeln, brauchen wir alle Hilfe. In diesem Buch versuche ich zu zeigen, dass diese Hilfe nur von Gott kommen kann.

„Dass es die Elenden hören und sich freuen“


An unserem Hochzeitstag tauschten Kathy und ich vor unseren Freunden und Verwandten unser Ehegelübde aus. Dabei ergänzten wir die übliche Formel durch ein Bibelzitat, Psalm 34,2-4, das auf der Innenseite unserer Eheringe eingraviert ist:

Ich will den HERRN loben allezeit; sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein. Meine Seele soll sich rühmen des HERRN, dass es die Elenden hören und sich freuen. Preiset mit mir den HERRN und lasst uns miteinander seinen Namen erhöhen! (LUT)

Es war ein großer Augenblick, und die erhabenen Worte aus der Bibel machten ihn noch größer. Wir standen am Anfang eines lebenslangen gemeinsamen Dienstes für Christus und konnten es schier nicht erwarten, die Botschaft von unserem Gott freimütig in die Welt hinauszutragen. Was wir damals fast ganz übersahen, waren die Worte in der Mitte des Textes, die beschreiben, was einen erfolgreichen Dienst für Gott ausmacht: „dass es die Elenden hören und sich freuen.“ Einer der Gründe für dieses Übersehen war schlicht, wie Kathy das später formulierte, dass „damals keiner von uns auch nur das Elend eines eingewachsenen Fußnagels kannte.“ Wir waren jung, und der Übermut der Jugend kann sich Leid und Schmerz nicht vorstellen. Wir ahnten nicht, wie wichtig es für uns werden würde, anderen Menschen zu helfen, Leid zu verstehen und zu bewältigen. Und es selber zu bewältigen.

Als junger Pastor versuchte ich zu verstehen, warum so viele Menschen nichts von Gott wissen wollten. Schon bald merkte ich, dass der Hauptgrund das Leiden war. Wie konnte ein guter, gerechter, liebender Gott so viel Elend, Schmerz und Not zulassen? Der Leidende wird leicht zum Zweifler. Im Gespräch mit Leidenden war ich oft herausgefordert, auf bittere Zweifel an Gott und am christlichen Glauben Antworten zu finden. Vor einigen Jahren wurde eine Hollywood-Schauspielerin interviewt, deren Geliebter plötzlich tödlich verunglückt war. Sie hatte lange keinen Gedanken an Gott verschwendet, aber jetzt sagte sie: „Wie konnte ein liebender Gott das zulassen?“ Eben war Gott ihr noch egal gewesen, jetzt war sie wütend auf ihn.7 Es sind solche Fälle, die viele Denker zu dem gleichen Schluss gebracht haben wie den französischen Schriftsteller Stendhal: „Die einzige Entschuldigung für Gott ist, dass es ihn nicht gibt.

Doch gleichzeitig lernte ich auch, dass genauso viele Menschen durch Leid und Not zu Gott finden.Sie machen die Erfahrung, dass Not sie zu ihm hintreibt und nicht von ihm weg; sie rüttelt sie wach aus dem unruhigen Schlaf des religiösen Eigendünkels, sodass sie anfangen, ernsthaft nach Gott zu suchen....

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