Die 1926 gegründete W. H. Küster GmbH & Co.KG ist mit derzeit 149 Mitarbeitern und ca. __ Millionen EUR Umsatz in 2000 das kleinste produzierende Unternehmen in der Küster-Gruppe. Sie hat ihren Sitz in Ehringshausen/Hessen und ist in der zweiten Generation in Familienbesitz. Das Unternehmen fertigt und vertreibt in den unterschiedlichsten Konstruktionen und Abmessungen Stahldrahtseile aus blanken, verzinkten und rostfreien Drähten sowie speziellen Sonderwerkstoffen. Die Produkte finden ihren Einsatz in verschiedenen industriellen Verarbeitungsprozessen (z.B. in der Automobilindustrie, in der Schmuckherstellung, für Telekommunikation, für Medizintechnik, im Bergbau usw.). Alle Erzeugnisse können im eigenen Werk zusätzlich durch Kunststoffummantelung und Konfektionierung veredelt werden. Die Berücksichtigung von individuellen Kundenwünschen, die über die ursprünglichen Aufgaben des Drahtseils (Fördern, Spannen und Tragen) hinausgehen können, prägen eine auftragsbezogene Kleinserienproduktion. Das spiegelt sich in ca. 400 Kleinkunden aus den unterschiedlichsten Branchen wieder, die zusammen nur einen Anteil von ca. 10% am Gesamtumsatz haben. Die restlichen 90% verteilen sich auf __ Großkunden mit jeweils über 100.000 EUR Jahresumsatz, wobei man mit der heutigen Produktpalette allerdings stark von der Automobilbranche abhängig ist, für die man Drahtseile für Betätigungszüge und Fensterhebersysteme fertigt. __ Kunden aus dieser Branche haben einen Anteil am Gesamtumsatz von ca. __%, wobei über __% innerhalb der Küster-Gruppe entstehen. Der Küster-Konzern ist über Joint-Ventures und Beteiligungsgesellschaften weltweit als Automobilzulieferer tätig.[116] Das untersuchte Unternehmen gehört diesem Konzern bis heute nicht an. Mit der Holding des Konzerns besteht jedoch eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft.
Zunächst gilt es, die vorgegebenen hard- und softwaremäßigen Voraussetzungen für die KLR kurz zu beschreiben und ihre Einbindung in die im Unternehmen eingesetzten DV-Systeme zu skizzieren. Sie geben den Gestaltungsrahmen für die zu entwickelnde Konzeption vor. Am Arbeitsplatz steht dem Controller ein Client-Server-PC[117] mit Anbindung an eine AS/400[118] der Firma IBM zur Verfügung. Dort sind alle relevanten Softwareprogramme installiert:
Abb. 4: Verfahrensunterstützende Datenverarbeitungsprogramme
Das materialflußorientierte PPS ist dabei das zentrale Instrument mit dem alle Abteilungen arbeiten und über das somit technische und kaufmännische Mitarbeiter verbunden werden. In den Einzelmodulen vom Einkauf über die Produktion bis hin zum Vertrieb wird ein Großteil der Leistungserstellung und –verwertung zeit-, mengen- und wertmäßig in Form von zahlreichen Stamm- und Bewegungsdaten dargestellt.[119] Um einen Sachverhalt zu erfassen, muß in mindestens einem der Module ein entsprechender Stammdatensatz als Basisbezug existieren.[120] Eine Schnittstelle[121] ist ausschließlich zur Finanzbuchhaltung (DKS) vorhanden. Hier findet ein täglicher Datentransfer auf die Debitoren-, Kreditoren- und Sachkonten statt. Auch die Lohn- und Gehaltsabrechnung sowie die Anlagenbuchhaltung liefern einmal im Monat relevante Daten an die FIBU. Obwohl diese keine Mengenbewegungen abbilden kann, ist sie der wichtigste Datenlieferant an das PST-MIS[122], welches als Basissystem für die Durchführung der KLR gedacht ist. Diese Software wurde im Sommer 1999 wegen nicht zu behebender Probleme beim bevorstehenden Jahrtausendwechsel und einer organisatorischen Aufsplittung in der Küster-Gruppe neu angeschafft. PST-MIS ist modular aufgebaut, branchenneutral und unterstützt mit Dialoganalysen und leistungsfähigen Berichtsgeneratoren alle gängigen Kostenrechnungsverfahren.[123] Es soll systemübergreifend sämtliche relevanten Daten für unternehmerische Entscheidungen aus den Vorsystemen in einer alles umfassenden, integrierenden Controller-Datenbank abbilden können (Data-Warehouse-Konzept).[124] Genutzt wird PST-MIS zur Zeit jedoch ausschließlich für die Durchführung und Auswertung der Kostenstellenrechnung. Für die Kostenträgerrechnung wurden zwar Schnittstellen programmiert, PST-MIS konnte allerdings bis heute keine zumindest gleiche Funktionalität im Vergleich zur alten Lösung anbieten, da die alten Datenstrukturen im neuen System erst mühsam vom Controller wieder aufgebaut werden müssen, wobei die eigentliche Auswertung der Daten sowieso durch einen „Download“ in MS-Excel über Data-Express erfolgen wird. Die Kostenträgerinformation aus dem PPS steht somit auf unbestimmte Zeit weiterhin außerhalb von PST-MIS in einer MS-Access-Datenbank zur Verfügung, die durch SQL-Abfragen (Queries) individuell ergänzt werden kann. Die MS-Access-Datenbank enthält für jede Abrechnungsperiode jeweils sechs Dateien:
Alle Umsätze und Verkaufsmengen getrennt nach Kunde und Produkt.
Alle Kalkulationswerte der Produkte für eine Mengeneinheit.
Alle Arbeitsgänge an den verschiedenen Arbeitsplätzen und die dafür hinterlegten Fertigungszeiten sowie die Bedienungsverhältnisse bei Maschinenarbeitsplätzen (Mehrmaschinen- oder Mehrpersonenbedienung).
Den Soll-Materialeinsatz in Menge und Wert für jedes gefertigte Produkt.
Die Fertigungsmengen getrennt nach Produkt und Fertigungsauftrag.
Die auf dem Arbeitsplatz hinterlegten Kalkulationsdaten mit ihrer aktuellen Kostenstellenzuordnung.
Von einer einheitlichen Datenbank, wie es das Konzept der PST vorsieht, kann somit noch nicht gesprochen werden.
Eine monatliche Auswertung der Leistungsrechnung wird benötigt, um in der kurzfristigen Betriebserfolgsrechnung die aktuelle Gewinn- oder Verlustsituation des Betriebes darzustellen. Während die Umsatzleistungen mit ihren Erlösen bewertet werden, sind die Lager- und Eigenleistungen (aktivierbar/nicht aktivierbar) mit ihren Kosten (Herstellkosten) zu bewerten.[125] Die Umsatzleistung ist im untersuchten Unternehmen die traditionell am stärksten genutzte Kennzahl der Geschäftsleitung. Durch zahlreiche gute Geschäftsjahre veranlaßt, ist auf eine Analyse der Kostensituation in der Vergangenheit verzichtet worden.[126] Die Auswertungen zur Umsatzentwicklung, ergänzt um Aussagen zur aktuellen Auftragslage, erfolgen heute meist „ad hoc“. Mindestens einmal pro Monat werden jedoch alle Zahlen vom Controlling aufbereitet und den Führungskräften des Unternehmens im Rahmen einer „Ergebnisbesprechung“ komprimiert zur Verfügung gestellt. Die dort verwendete Darstellung des Umsatzes nach fünf unterschiedlichen Produktklassen basiert auf einer Schnittstelle zwischen PPS und FIBU. Jede neue Teilenummer wird bei Neuanlage von einem Vertriebsmitarbeiter einer Produktklasse zugeordnet, so daß bei Fakturierung an den Kunden ein entsprechender Datensatz an das Debitoren-, Ertrags- und Umsatzsteuerkonto der FIBU übergeben wird. Der gebuchte Umsatz kann somit in der FIBU nicht bis auf den einzelnen Kostenträger aufgelöst werden. Zusätzlich werden die Ertragskonten der FIBU, bedingt durch unterschiedliche Vorschriften zur Umsatzbesteuerung, aber regional nach Auslands-, EU- und Inlandsumsätzen getrennt.[127] Bei der übersichtlichen Anzahl an Großkunden ist diese regionale Darstellung schon ausreichend, zumal der Umsatz über die Debitorenkonten der FIBU zusätzlich nach Großkunden gewichtet dargestellt wird.[128] Da bisher keine Umsatzplanung vorhanden ist, wird die aktuelle Entwicklung an den vergangenen Perioden gemessen. Zur näheren Analyse von Umsatz und Auftragslage muß auf die MS-Access-Datenbank zurückgegriffen werden, die aus dem Vertiebsmodul des PPS den Umsatz je Produkt- und Kundennummer extrahiert. Diese Daten sind jedoch zur Zeit schwer auszuwerten, da innerhalb der Stammdaten des PPS keine detaillierte Verdichtungs- und Selektionsmöglichkeit für die Zwecke der KLR existiert. Das hat folgende Gründe:
Die Verantwortung für die Stammdatenpflege ist nicht geregelt.
Die Zugriffe auf die Stammdaten sind zu großzügig geregelt.
Es herrscht große Variantenvielfalt mit zu seltenen Reorganisationen.
Die Angebotskalkulationen blähen die Stammdaten zusätzlich auf.
Nutzung eines schwer verständlichen „sprechenden Schlüssels“.[129]
Stammdatenpflege ist Fleißarbeit. Die Mitarbeiter sind dafür unmotiviert.
Erst durch die KLR ist eine stärkere Integration notwendig geworden.
Neben dem Umsatz kommt der Bewertung der Lagerleistung an fertigen und unfertigen Erzeugnissen eine eher untergeordnete Rolle zu, da i.d.R....