2 Seenklassen nach Fischbestand und Besatz
Welche der nachstehenden natürlichen und künstlichen Gewässer für einen Besatz mit den einzelnen Fischarten geeignet sind, muss ein Gutachter des Fischgesundheitsdienstes bzw. eine Fischereifachberatung aus dem jeweiligen Bundesland entscheiden.
Die nachstehenden Besatzangaben der einzelnen Gewässertypen sind aus diesem Grund in der Regel Empfehlungen bzw. Erfahrungswerte oder resultieren aus den Ergebnissen von Fangbüchern, Hegebefischungen, Befischungsmaßnahmen, Abfischungsergebnissen durch die Berufsfischerei (Zugnetz, E-Befischung u. a.) und Angelfischerei (Auswertung der Fangbücher, Besatz-Wiederfang), Kap. 8.4. Einfacher dagegen ist die Neubesetzung mit Fischen nach einem Fischsterben oder eines neu entstandenen Gewässers, Kap. 8.2.
In Deutschland werden nach dem Fischbestand und den Fischarten sehr unterschiedliche Klassifizierungen dokumentiert. Eine der ökologischen Bewertungen der Gewässer erfolgt auch nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie* (WRRL).
In der ökologischen Bewertung der Gewässer gemäß WRRL wurden für die Seen in Deutschland (2005) folgende Typisierungen, von einem Autorenkollektiv aus jeweils einem Bundesland, erarbeitet [36].
Es wurden insgesamt 16 Seentypen nach den Regionen Alpen, Mittelgebirge und Tiefland vorgestellt. Als Kriterien waren das Einzugsgebiet* mit Volumenquotient (VQ) angegeben, Schichtung und Geologie nach dem Calciumgehalt (Ca) der Seen. Für jeden Seentyp wurden als Beispiel drei Gewässer in Deutschland genannt. Eingezogen in diese Bewertung wurden alle Seen von über 50 ha. Es wurden insgesamt 769 Seen, davon 112 Talsperren, untersucht. Bis auf einige Sondertypen kommen in den genannten Beispielgewässern verschiedene Fischarten vor, nachzulesen in, [36].
Abb. 2 Die Lebensräume der Fische in einem stehenden, tiefen Gewässer [6], Illustration: Kay Elzner
In jeder Fischregion leben sogenannte Leit- oder Kennfische, nach denen die einzelnen Regionen unterteilt werden. Die Seenklassen, -typen nach dem Gewässertyp, dem Fischbestand, -ertrag, den Fischarten und nach den Trophiestufen (Gewässerqualität), wie oligotroph, mesotroph, eutroph, hypertroph, Erklärung: Kap. 13 Glossar.
Hinweis: Zu den einzelnen Seenklassen finden Sie auch Infos für die einzelnen Fischarten im Kapitel 5.
Gewässertypen nach den Leitfischen und ihr Fischbesatz
Die Auflistung dieser Gewässertypen sagt vieles über den Fischbestand in einem Gewässer aus, Abb. 2.6 u. Besatz u. Hinweise für die hier genannten Fischarten auch Kap. 5 u. Kap. 8.
Tab. 2.1 Stehende Gewässer im Überblick nach den Typen und Fischertragsklassen (Quelle: [17] und [26] (Fischertragsklassen in kg/ha))
Seentypen im Flachland, (sind ein guter Lebensraum für viele Fischarten):
Die Maränenseen bzw. Coregonenseen in Norddeutschland (Abb. 2.1) sind tiefe, oligotrophe* Flachlandseen. Sie haben einen gleichmäßig steil abfallenden Boden und erreichen Tiefen von weit mehr als 20 m mit sandigem Untergrund. Ihr Wasser ist auch im Sommer sehr kühl und bis zum Grund sauerstoffgesättigt. Bei Besatz gedeihen auch Aal und Regenbogenforellen gut. Auch sie sind von der Eutrophierung* (Sauerstoffzehrung am Grund) betroffen. Die Maränen müssen deshalb oft künstlich erbrütet werden. Oft gehen sie in einen Plötzensee über.
Leitfischarten sind: die Kleine und selten auch die Große Maräne
Weitere Fischarten: Hechte, Bleie, Aale, Güstern, Quappen, Barsche, Plötzen, Zander
Erträge: 10 bis 50 kg/ha und Jahr
Besatz: Aale und Regenborgenforellen, Letztere lassen sich wegen der Tiefe des Gewässer aber schwer wieder fangen.
Der Plötzen- oder Rotaugensee, oft tiefe, planktonreiche Flachseen mit Faulschlammbildung in der Tiefe. In Bodennähe kann er dann sehr sauerstoffarm sein. Er kann bis zu 20 m tief und im Sommer noch recht kühl sein. Plankton ist oft reichlich vorhanden und die Uferstreifen sind oft von starken Schilfbeständen bewachsen. In bis zu 8 m Tiefe kann er mit unterseeischen Wiesen bewachsen sein. Der Grund des Sees kann mit einer Schlammschicht bedeckt sein. Die sommerliche Sichttiefe liegt bei 2 bis 3 m.
Leitfischart sind: Große Plötzen
Weitere Fischarten: Hechte, Bleie, Aale, Güstern, Barsche, Schleien, Zander selten
Erträge: 25 bis 80 kg/ha (Ø 50 kg/ha) und Jahr
Besatz: Ein Fischbesatz ist bis auf den Zander nicht nötig.
Abb. 2.1 Oligotropher Maränensee, „Schmaler Luzin“ in MV mit steilscharigem Ufer ohne Schilfbewuchs, 140 ha u. 25–24 m tief. Foto: Jürgen Mattern
Der Blei- oder Brachsensee (Abb. 2.2), ein flacher aber auch tiefer Seentyp, ca. 5 bis 20 m. Beide Tiefen kennzeichnen sich durch eine flache, ausgedehnte Uferzone mit starkem Rohr- und Schilfbewuchs und üppigem Unterwasserpflanzenbewuchs aus. Der Boden in der Tiefe ist reichlich mit Faulschlamm bedeckt, in dem sich im Sommer Schwefelwasserstoff bildet. Oft weist er an der Oberfläche eine starke Wasserblüte* auf. Eine wichtige Nahrungsquelle, insbesondere für Cyprinidenarten, sind die reichlichen Zuckmückenlarven. Die sommerliche Sichttiefe liegt ca. 1 m.
Leitfischart sind: reichlich große und auch kleine Bleie
Weitere Fischarten: Hechte, Plötze (Rotaugen), Rotfedern, Aale, Ukelei (Laube), Güstern, vereinzelt Barsche und Zander nur im Typ bis 12 m Tiefe
Erträge: 20 bis 100 kg/ha Ø 50 kg/ha) und Jahr. Im Uferbereich sind die Erträge gewöhnlich um das 5fache höher als im Freiwasser.
Besatz: Ein Fischbesatz kann je nach Ertrag mit Aalen, Hechten und Zandern erfolgen.
Der Zandersee hat in der Regel eine Wassertiefe von 2 bis 5 m, selten bis 10 m. Hat ein schmales, steiniges, wasserpflanzenarmes Ufer, in der Regel nur Laichkräuter. Er ist aber reich an Nährstoffen, was auch das trübe Wasser erklärt. Oft ist er im Sommer schon ab 5 m Wassertiefe frei von Sauerstoff und der weiche Boden ist mit Schwefelwasserstoff bedeckt. Es kann im Sommer zu einer ausgeprägten Blaualgenblüte (Oscillatoria) kommen.
Leitfischart sind: Zander
Weitere Fischarten: Hechte, Aale, Stinte, Moderlieschen und zahlreiche Weißfischarten: Plötzen, Bleie, Güstern, Rotfedern, Ukeleie (Lauben) kommen reichlich vor.
Erträge: 80 bis 200 kg/ha (Ø 100 kg/ha) und Jahr, davon Zander 15 bis 25 kg/ha.
Besatz: Ein Fischbesatz kann, je nach Ertrag, mit Aalen, Hechten und Zander erfolgen.
Es ist dringend erforderlich, vor allem Bleie, Barsche und Plötze zu befischen. Ansonsten führen hohe Vermehrungsraten und Kleinwüchsigkeit im Frühjahr durch das wärmere Wasser in der Uferzone zu einer Verbuttung. Es sollte ein guter Raubfischbestand im Gewässer verbleiben.
Besatzvorschlag/ha Wasserfläche:
Zander (Z1) 30–50 St.
Karpfen (K1) 10 bis 12 St.
Schleie (S1) 10 bis 15 St.
Aal (Ao) Glasaale 80–150 g/ha
Eventuell Hecht (HV) 10 St./ha
Abb. 2.2 eutropher Bleisee mit Gelege* in MV (Schilfbewuchs), 18 ha u. 8–12 m tief, Foto: Jürgen Mattern
Der Hecht- und Schleisee (= Karauschenseen) zeichnet sich durch einen breiten Schilf- und Rohrgürtel aus. Auch haben sie einen reichlichen Unterwasserpflanzenbewuchs, oft über das ganze Gewässer hinweg. Bis zur Seemitte ist er selten 5 m tief und mit Seerosen und anderen Wasserpflanzen bewachsen. Der Seeboden ist weich bis schlammig und die grundnahen Wasserschichten leiden in warmen Sommern oft unter Sauerstoffmangel. Schwefelwasserstoff ist aber in der Regel nicht vorhanden.
Leitfischart sind: Hechte, Schleie und oft Karauschen
Weitere Fischarten: Aale, Bleie (Brachsen), Barsche, Karpfen, Plötzen (Rotaugen), Rotfedern, Güstern und andere Weißfische
Erträge: 25 bis 120 kg/ha Ø 60 kg/ha) und Jahr, bzw. 10 kg Hechte und 60 kg Schleie/ha
Besatz: Ein Fischbesatz kann, je nach Ertrag, mit Aalen, Hechten erfolgen. Schleien vermehren sich von selbst und leiden oft unter dem gefürchteten Kiemenkrebs (Ergasilus sieboldi). Gute Weißfischbestände sind die Grundvoraussetzung von besonders guten Hechtfängen.
Abb. 2.3 Ein Verbindungsgraben, -kanal zwischen zwei stehenden Gewässern ohne Wehre ermöglicht einen reibungslosen Fischwechsel. Er bedarf aber der Pflege, Kap. 7. Foto: Jürgen Mattern
Abb. 2.4 Eine Schleuse eignet sich nur bedingt für einen Fischwechsel. Fischaufstiegsanlagen, Abb. 7.1, schaffen hier Abhilfe. Foto: Jürgen Mattern
Seentypen der Gebirgsregion, kein guter Lebensraum für viele Fischarten
Gebirgsseen haben oft steil abfallende, manchmal auch felsige Ufer und nur stellenweise eine vorhandene Ufervegetation, also mit wenig Wasserpflanzenbewuchs. Es sind klare, kalte Gewässer und haben in der Regel bis in die Tiefe einen hohen Sauerstoffgehalt. Durch ihre Anbindung an Bäche leben dort oft Salmonidenarten, aber auch andere an das kalte Wasser gewöhnte Fischarten.
Gewässertypen sind:
Den Bachforellensee findet man nur im Hochgebirge. Der Fischbestand in den klaren,...