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E-Book

Haushaltskonsolidierung

AutorGeorg Wenzelburger, Uwe Wagschal
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl220 Seiten
ISBN9783531918136
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis59,99 EUR


Professor Dr. Uwe Wagschal und Georg Wenzelburger, Diplom-Journalist, sind am Institut für Politische Wissenschaft der Universität Heidelberg tätig.

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Leseprobe
7 Erfolgversprechende Maßnahmen und Strategien zur Umsetzung von Konsolidierungen (S. 209-210)

Basierend auf quantitativen und qualitativen Analysen hat diese Studie gezeigt, dass es keinen Königsweg und kein durchgehend einheitliches Muster der Konsolidierung gibt. Die einzelnen Länder haben unterschiedliche Wege und Strategien gewählt, um ihre Haushalte zu konsolidieren. Nicht jede der gewählten Konsolidierungsmaßnahmen scheint dabei auf die Situation in der Bundesrepublik Deutschland übertragbar zu sein. Dennoch lassen sich im internationalen Vergleich einige wichtige politische Strategien identifizieren, mit denen Budgetkonsolidierungen umgesetzt werden können. Diese Beispiele sollen im folgenden abschließenden Kapitel zusammengefasst dargestellt werden.

7.1 Ausgabenseitige Maßnahmen

Die Durchsetzung von Ausgabekürzungen ist für Regierungen eine schwierige Aufgabe. Denn meistens sind Einschnitte bei Sozialprogrammen oder Subventionen mit massivem Widerstand der betroffenen gesellschaftlichen Gruppen und eventuellem Verlust von Wählern verbunden. Die internationale vergleichende Analyse hat aber gezeigt, dass es durchaus politische Strategien gibt, die zu Ausgabekürzungen führen und gleichzeitig die Widerstände gegen die Einschnitte in Grenzen halten.

Hierzu gehören die „trickreichen" Kürzungen, wie sie beispielsweise in Schweden oder Belgien durchgeführt wurden. In diesen Ländern wurden Indexierungen von Sozialleistungen ausgesetzt bzw. inhaltlich verändert. Indexierungen findet man an verschiedenen Stellen des Sozialsystems sowie des öffentlichen Sektors, etwa bei Lohnverhandlungen, aber auch bei der Gewährung von Sozialleistungen (Rente, Pflegeversicherung u.a.m.). Eine vielversprechende Lösung ist, Indexierungen und Lohnsteigerungen kausal mit der Situation der öffentlichen Finanzen zu verbinden. Einen solchen Junktim hat beispielsweise Schweden während der Budgetsanierung bei der Kalkulation des „basbelopp" eingeführt (siehe Länderbericht).

Für Deutschland könnte der Inhalt einer solchen Regelbindung lauten: Eine vollständige Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung wird nur dann gewährt, wenn das gesamtstaatliche Defizit begrenzt wird und der Schuldenstand unter einer gewissen Marke liegt. Nur wenn die Nettokreditaufnahme kleiner als 0,5 Prozent des BIP und die Schuldenquote unter 60 Prozent des BIP liegt, werden die Leistungen nach oben angepasst. Werden diese Defizitziele verfehlt, gibt es Nullrunden für Transfers und Gehälter. Eine andere konkrete Alternative zur Umgestaltung der Indexierung hat Belgien implementiert.

Dort wurden Preistreiber, z.B. Energiepreise, aus dem Warenkorb ausgeschlossen, der den Inflationsausgleich von Löhnen und Gehältern kalkuliert. Auch dies führt zu einer Reduktion der Ausgaben. Diese „trickreichen" Kürzungen haben den Vorteil, dass durch sie das politische Dilemma – zumindest annähernd – gelöst wird, dass Personen, die ihr Einkommen überwie gend aus Sozialtransfers und Einkommen der öffentlichen Haushalte bestreiten, kein besonderes Interesse an einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung besitzen. Wenn Einkommenszuwächse an einen nachhaltigen öffentlichen Gesamthaushalt geknüpft sind, steigt das gesamtgesellschaftliche Interesse an einer solchen Politik.

Viele Länder haben zudem im Rahmen der Budgetkonsolidierung die Zugangsregeln für Sozialleistungen und die Kontrollmechanismen, etwa beim Bezug von Arbeitslosengeld, verschärft. Auch dies ist ein Weg, um Ausgabensenkungen und gleichzeitig positive Effekte auf dem Arbeitsmarkt zu erreichen. Allerdings wirken Arbeitsmarktreformen nicht direkt auf die öffentlichen Finanzen wie beispielsweise De-Indexierungen. Vielmehr können positive Effekte erst einige Jahre später eintreten. Da die internationalen Erfahrungen mit quantitativen Schuldengrenzen in der Vergangenheit nur bedingt geeignet waren, eine Konsolidierung der Haushalte in Gang zu setzen, sollte über bessere und wirksamere Regeln nachgedacht werden.

Regelgebundene Schuldenrückführungen, die eine Kürzung der Ausgabenkomponenten vorsehen, wären ein solches Mittel. Die umfassendste Regel hier wäre eine automatische Kürzungsregel („sequestration"), die für alle Ressorts gleichermaßen angewandt wird. Das Beispiel der USA hat aber gezeigt, dass dieses Instrument nur schwer in die politische Praxis umzusetzen ist (siehe Länderbericht). Besser kommunizierbar und sinnvoller wäre jedoch eine Kürzungsregel, die zukunftsrelevante Ressorts von der Kürzung ausnimmt, wie etwa den Bildungs-, Forschungs- und Investitionsetat.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
Vorwort9
1 Einleitung10
1.1 Staatsverschuldung: Ein Problemerzeuger oder ein Problemlöser?10
1.2 Die Messung von Konsolidierungen – Definitorische Grundlagen13
1.3 Eine Definition für Konsolidierungsphasen19
1.4 Anwendung der Definition auf 23 OECD-Länder20
2 Die Konsolidierungen im Überblick23
2.1 Die zeitliche Entwicklung der Verschuldungs- und Konsolidierungsindikatoren23
2.2 Entwicklung der Ausgaben25
2.3 Einnahmeentwicklung innerhalb der untersuchten OECD-Länder36
2.4 Ausgabenseitige versus einnahmeseitige Konsolidierungen48
2.5 Politisch-institutionelle Rahmenbedingungen50
2.6 Ökonomische Rahmenbedingungen der Konsolidierung58
2.7 Auswirkungen der Konsolidierung62
3 Länderberichte65
3.1 Vom Schuldenkönig zum Musterschüler: Die Budgetsanierung in Belgien 1993-200265
3.2 Die Krise als Chance: Budgetsanierung in Schweden 1993-200077
3.3 Der Arbeitsmarkt als Schlüssel: Die Haushaltskonsolidierung in Dänemark 1996-200186
3.4 Zurückhaltung in allen Bereichen: Die Budgetsanierung in Österreich 1995-199796
3.5 Alles auf den Prüfstand: Die Budgetsanierung in Kanada 1992-2000103
3.6 Sparkurs mit Rückenwind: Die Regierung Clinton und die Konsolidierung des US-Haushalts 1992-2000112
3.7 Komplettrenovierung: Die Budgetkonsolidierung in Neuseeland 1992-1995120
3.8 Vom kranken Patienten zum gesunden Vorbild? Die Budgetsanierung in den Niederlanden 1996-2001128
3.9 Italien: Konsolidierung um des Euro willen (1998-2001)137
4 Neun Länder – neun Wege? Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei Haushaltssanierungen150
4.1 Maßnahmen auf der Ausgabenseite150
4.2 Maßnahmen auf der Einnahmeseite157
4.3 Maßnahmen auf institutioneller Ebene162
5 Die Wirkung von Rahmenbedingungen auf Konsolidierungsstrategien170
5.1 Einfluss ökonomischer Rahmenbedingungen auf Konsolidierungsstrategien170
5.2 Einfluss politisch-institutioneller Rahmenbedingungen auf Konsolidierungsstrategien175
5.3 Zusammenfassung182
6 Die Entwicklung in Deutschland183
6.1 Staatsausgaben183
6.2 Staatseinnahmen189
6.3 Staatsverschuldung und ökonomische Rahmenbedingungen196
6.4 Institutionelle Reformen200
6.5 Zusammenfassung201
7 Erfolgversprechende Maßnahmen und Strategien zur Umsetzung von Konsolidierungen204
7.1 Ausgabenseitige Maßnahmen204
7.2 Einnahmeseitige Maßnahmen205
7.3 Institutionelle Maßnahmen206
7.4 „Weiche“ Faktoren207
8 Literatur209

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