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Heute noch jagen?

Das Waidwerk - geliebt und geächtet

AutorHans-Dieter Pfannenstiel
VerlagFranckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG
Erscheinungsjahr2017
Seitenanzahl304 Seiten
ISBN9783440153994
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
In den letzten Jahren wird die Jagd immer mehr zum Gegenstand öffentlicher Kritik. Tierschützer ziehen ihre Legitimation in Zweifel, Naturschutz und Forstwirtschaft beurteilen sie rein aus der Perspektive der Waldwirtschaft. Ein ebenso kompetenter wie streitbarer Experte setzt sich in diesem Buch mit den Antijagd-Strömungen auseinander. Schlüssig belegt er die Berechtigung und Notwendigkeit nachhaltiger Jagd in unseren naturfernen Kulturlandschaften und weist den Weg für ein zukunftsfähiges Waidwerk.

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Leseprobe

Das Waidwerk in der Kritik

Warum jagen wir? Das ist eine der Fragen, an denen sich heute in der naturentfremdeten Gesellschaft die Geister scheiden. Jagd, eigentlich seit der Entstehung des Menschen eine Selbstverständlichkeit und für die evolutive Ausbildung von Kooperationsfähigkeit in der Gruppe offenbar sehr wichtig, muss sich also heute rechtfertigen.

Gute Begründungen sind aber tatsächlich sehr wichtig, denn die Jagd der Zukunft wird sich nur im gesellschaftlichen Konsens entwickeln können. Wir Jäger sind in Deutschland eine absolute Minderheit, selbst wenn unsere Zahl seit 1990 um 20 Prozent auf über 370 000 gestiegen ist. Insofern kommt dem Erklären des jägerischen Tuns enorme Bedeutung zu. Das haben leider manche Jäger nicht verstanden, die davon ausgehen, dass mit der Jagd alles so weitergehen wird, wie unsere Altvorderen es uns überliefert haben.

Wenn jedoch kleine Parteien und Gruppierungen mit ideologisch ausgerichtetem Naturverständnis meinen, sie könnten ihrerseits diesen gesellschaftlichen Konsens im Alleingang herbeiführen, dann sind auch sie auf dem Holzweg.

Tiere töten?

Das ist eine sehr wichtige Frage, die uns heute oft gestellt wird. Um sie zu beantworten, muss man etwas weiter ausholen. Im Laufe der Evolution sind aus einer ursprünglich gemeinsamen Stammart Pflanzen und Tiere entstanden. Pflanzen gewinnen ihre Energie letzten Endes durch die Photosynthese. Dabei wird mit Hilfe der Sonnenenergie Wasser (H2O) gespalten. Der dabei frei werdende Wasserstoff (H2) wird zusammen mit Kohlendioxid (CO2) aus der Luft zum Aufbau energiereicher Verbindungen wie Stärke oder Zucker genutzt. Sauerstoff (O2) wird bei diesem Prozess frei und in die Luft abgegeben. Der grüne Farbstoff in Pflanzen, das Chlorophyll, ist bei diesen Stoffwechselprozessen besonders wichtig.

Neben Chlorophyll gibt es noch andere Farbstoffe, die Photosynthese ermöglichen. Nur Pflanzen mit solchen Farbstoffen können Photosynthese betreiben. Pflanzen stellen also energiereiche Substanzen selbst her. Sie werden deshalb als autotrophe Organismen bezeichnet. Tiere, die sich andere Energiequellen erschließen müssen, werden als heterotroph bezeichnet. Es gibt aber auch Pflanzen, die heterotroph sind, wie z. B. der Sonnentau (z. B. Gattung Drosera mit etwa 200 Arten). Diese Pflanzen fangen mit Hilfe von ausgeschiedenen Klebstofftröpfchen Insekten und verdauen sie.

Sauerstoffproduzent Wald

Ein Hektar Nadelwald erzeugt jährlich grob geschätzt 30 Tonnen Sauerstoff, ein Hektar Laubwald etwa 16 Tonnen. Diese Werte sind aber tatsächlich nur grob geschätzt, denn die Sauerstoffabgabe hängt vom Alter eines Baums und von der Zahl seiner Blätter bzw. Nadeln, vom Standort (gemäßigte Zonen, Äquatornähe), von der Wasserzufuhr und von der Temperatur ab. Gleichzeitig entzieht ein Hektar Wald, wiederum grob geschätzt, der Luft jährlich ca. zehn Tonnen Kohlendioxid. Rechnet man mit einem mittleren Tagesverbrauch von einem Kilogramm Sauerstoff pro Mensch, dann kann ein Hektar Nadelwald etwa 83 Menschen mit Sauerstoff versorgen, ein Hektar Laubwald etwa 44 Menschen.

Tiere sind heterotroph

Tiere können keine Photosynthese betreiben. Sie sind also gezwungen, die benötigte Energie aus anderen Quellen zu schöpfen. Und das tun sie, indem sie entweder Pflanzen fressen oder andere Tiere. So sind im Laufe der biologischen Evolution Tierarten entstanden, die sich auf unterschiedliche Nahrung spezialisiert haben. Neben reinen Pflanzenfressern (Herbivore) gibt es reine Fleischfresser (Karnivore) und auch sogenannte Allesfresser (Omnivore), die sich sowohl von Pflanzen als auch von Fleisch, also von Tieren, ernähren.

Es gibt durchaus Zwischenstufen. Der Dachs beispielsweise ist zwar von der evolutiven Verwandtschaft her eher Fleischfresser. Sein Gebiss weist ihn allerdings als Allesfresser aus. Die Wanderratte (Rattus norvegicus) ist ein Nagetier, vom evolutiven Hintergrund her also Pflanzenfresser, frisst aber auch gerne Fleisch oder Aas. Der Verzehr von Fleisch ist also eine im Laufe der biologischen Evolution entstandene Notwendigkeit für viele Tierarten. Löwen fressen nun mal keinen Salat, zumindest seit der Vertreibung aus dem Paradies nicht mehr, und Hunde werden auch bei noch so hohem Karottenanteil im Dosenfutter nicht zu Vegetariern.

Pflanzenfresser – Fleischfresser – Allesfresser

Die Nutzung pflanzlicher Nahrung erfordert einen entsprechend angepassten Verdauungstrakt, da pflanzliche Kost schwerer zu verdauen ist als fleischliche. Manche Pflanzenfresser weisen deshalb sogar besondere Spezialisierungen des Magen-Darm-Traktes auf, wie z. B. die Wiederkäuer mit ihrem Pansen, Netzmagen, Blätter- und Labmagen oder Kaninchen und Biber mit einem übergroßen Blinddarm. Der Dünndarm, Hauptort der Verdauung und Resorption von Nährstoffen, ist bei Pflanzenfressern im Verhältnis zur Körpergröße extrem lang, bei reinen Fleischfressern wesentlich kürzer. Allesfresser haben mittlere Dünndarmlängen.

Beispiel Reh

Beim adulten Reh mit einem Lebendgewicht von 20 bis 30 Kilogramm ist der Dünndarm etwa zehn Meter lang. Ausgewachsene Löwen wiegen im Mittel knapp 200 Kilogramm. Ihr Dünndarm ist aber nur etwa drei Meter lang. Beim erwachsenen Wildschwein mit einem Lebendgewicht von 50 bis 150 Kilogramm ist der Dünndarm „nur“ etwa 15 Meter lang.

Der Unterschied zwischen Pflanzenfressern, Fleischfressern und Allesfressern manifestiert sich auch beim Gebiss, in der Form und Zahl von Zähnen. Pflanzenfresser müssen ihre Nahrung abbeißen und zur Vorbereitung auf die Verdauung sorgfältig zerkleinern. Sie besitzen deshalb Schneidezähne, die zu Recht so genannt werden, sowie Mahlzähne, also Backenzähne (Vormahlzähne = Prämolaren, Mahlzähne = Molaren). Bei manchen Pflanzenfressern wie Reh und Hirsch ist sogar der Eckzahn im Unterkiefer funktionell zu einem Schneidezahn geworden. Unsere Cerviden haben die Schneidezähne im Oberkiefer im Laufe der Evolution verloren. Die oberen Eckzähne sind beim Rothirsch regelmäßig vorhanden. Sie werden als „Grandeln“ bezeichnet. Beim Damwild ist der obere Eckzahn vollständig verschwunden. Sehr selten findet man beim Rehwild obere Eckzähne. Fleischfresser müssen ihre Beute selbst jagen. Sie besitzen zum Ergreifen der Beute ausgeprägte Eckzähne, die als Fangzähne bezeichnet werden. Die wenigen verbliebenen „Mahlzähne“ besitzen keine Kauflächen mehr, sondern sind zu spitzen und scharfen Reißwerkzeugen umgebildet, mit denen Fleisch aus der Beute herausgerissen wird. Diese Zähne werden dementsprechend auch Reißzähne genannt. Auch Aasfresser, wie beispielsweise Hyänen (z. B. Streifenhyäne – Hyaena hyaena), nutzen ihre Reißzähne entsprechend.

Beim Allesfresser Wildschwein sind alle Zahntypen (Schneidezähne, Eckzähne und Backenzähne) in der für plazentale Säuger typischen Zahl (je elf in einem Kieferast, insgesamt also 44) vorhanden und so ausgebildet, dass sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrung aufgenommen und zerkleinert werden kann.

I – Incisivi (Schneidezähne), C – Canini (Eckzähne), P – Praemolares (Vormahlzähne), M – Molares (Mahlzähne). Beim Fleischfresser werden Eckzähne Fangzähne und Molaren Reißzähne genannt, die Eckzähne im Oberkiefer des Rothirschs nennt man auch Grandeln.
Illustrationen: Wilfried Sloman

Grandeln im Oberkiefer eines Rothirschs. Wie bei allen Cerviden fehlen oben Schneidezähne.
Foto: Hans-Dieter Pfannenstiel

Zahnformeln geben Aufschluss

Der Zahnbestand adulter Tiere wird in einer sogenannten Zahnformel zusammengefasst. Dabei werden die Zähne je eines Oberkieferastes und eines Unterkieferastes zahlenmäßig nach Zahntypen erfasst.

Rothirsch: Oberkiefer: 0 Schneidezähne, 1 Eckzahn, 3 Prämolaren, 3 Molaren = 7 Zähne/Unterkiefer: 3 Schneidezähne, 1 Eckzahn, 3 Prämolaren, 3 Molaren = 10 Zähne

Zahnformel Rothirsch Gesamt 34 Zähne

Zahnformel Wildschwein Gesamt 44 Zähne

(Bei etwa einem Drittel der Wildschweine fehlt der 1. Prämolar im Unterkiefer auf einer oder sogar auf beiden Seiten.)

Zahnformel Fuchs Gesamt 42 Zähne

Die Eckzähne des Keilers werden als Gewaff bezeichnet. Die Haderer im Oberkiefer und die Gewehre im Unterkiefer wachsen zeitlebens und werden durch ständiges Abschleifen beim Gegenbiss scharf und spitz gehalten. Sie stellen gefährliche Waffen dar. Das Gewaff des Keilers, also die Haderer (Oberkiefer) und Gewehre (Unterkiefer) sind begehrte Jagdtrophäen.

Koevolution bei Fressen und Gefressen-Werden

Der Nahrungserwerb von Fleisch- und Allesfressern führt dazu, dass sich Populationen sowohl von Beute- als auch Räuberarten ständig wechselseitig im Sinne einer Koevolution beeinflussen. Auch zwischen Pflanzenfressern und deren Nahrungspflanzen findet Koevolution statt.

Koevolution mit „Giftmischerei“

Eiben enthalten in fast allen Pflanzenteilen Taxin, einen Giftcocktail aus verschiedenen Diterpen-Alkaloiden, die bereits in geringen Dosen bei den meisten Säugetieren zum Tode führen können. Lediglich die rote Samenhülle der Eibe ist giftfrei. Rehe, Hirsche und Ziegen können selbst die gifthaltigen Eibenzweige in größeren Mengen aufnehmen, ohne Vergiftungserscheinungen zu zeigen. Diese Pflanzenfresser besitzen relativ große Speicheldrüsen. Im reichlich produzierten Speichel sind Eiweißsubstanzen enthalten, die die Gifte der Eiben binden und...

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