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E-Book

Homo oeconomicus - ein universell geeignetes Modell für die ökonomische Theorie?

AutorMartin Nehring
VerlagDiplomica Verlag GmbH
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl160 Seiten
ISBN9783842801325
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Der Homo oeconomicus spielt seit dem Beginn der modernen Wirtschaftswissenschaften in der Ökonomie eine entscheidende Rolle. Er bildet das zentrale Modell menschlichen Handelns in neoklassischen Modellen. Durch den bedeutenden Einfluss der neoklassischen Theorie innerhalb der Wirtschaftswissenschaften nimmt er für die gesamte ökonomische Forschung eine signifikante Position ein. Darüber hinaus konnte er auch in anderen wissenschaftlichen Fachrichtungen (Rechts-, Sozial-, Politikwissenschaften, etc.) als Modell etabliert werden und besitzt auch hier einen nicht unerheblichen Einfluss. Doch das Monument bröckelt. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse stellen den Absolutheitsanspruch des Homo oeconomicus zunehmend infrage. Dazu gehören vor allem psychologische Erkenntnisse und Ergebnisse aus der experimentellen Wirtschafsforschung. Auf der anderen Seite bleibt der Homo oeconomicus, auch mangels wirklich geeigneter Alternativen, das einzige Modell, das menschliches Verhalten allgemein gültig abbilden und breit verwendet werden kann. Die Frage bleibt, ob der Homo oeconomicus für die Beschreibung menschlichen Verhaltens grundsätzlich eingesetzt werden kann oder nicht, ob er wirklich ein universell geeignetes Modell für die Wirtschaftswissenschaften darstellt.

Martin Nehring, geboren 1978. Studium der Volkswirtschaftslehre an der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2, Das Modell des Homo oeconomicus: Kapitel 2.1, Die historische Entwicklung: Der Ursprung des Modells des Homo oeconomicus bzw. seine 'Geburtsstunde' ist nicht mehr genau zu ermitteln. Eine Vollständigkeit beanspruchende historische Untersuchung müsste aber wohl bereits die Vorstellungen der antiken Sophisten, die negative Bewertung der Orientierung am Privatnutzen bei Aristoteles, im Neuen Testament und in der mittelalterlichen Philosophie berücksichtigen sowie die Neubewertung des Eigennutzes in der Renaissance. Eine solche Untersuchung sollte die Ansichten der Spätscholastiker ebenso einbeziehen wie die Werke Machiavellis und Hobbes. Neben den zentralen Arbeiten Smiths, Mills und Gossens müssten wohl auch die Werke von Marx und Malthus Beachtung finden, um anschließend das eigentliche Konzept des Homo oeconomicus, wie es in der Neoklassik zum ersten Mal in Erscheinung tritt, darzustellen. Kapitel 2.1.1 Einflussfaktoren vor der klassischen Nationalökonomie: Neben einer solchen umfassenden Betrachtung lassen sich jedoch wesentliche gedankliche Voraussetzungen für die Entwicklung des Modells auch in einem kleineren Rahmen ausmachen. Wichtige Grundlagen für das Modell wurden bereits vor den Anfängen der klassischen Nationalökonomie gebildet. Mit dem Beginn des Merkantilismus wurde die mittelalterliche Bedarfswirtschaft durch eine an Profitmaximierung orientierte frühkapitalistische Marktwirtschaft ersetzt. Die damit einhergehende Veränderung in der Mentalität der Kaufleute, vor allem die Orientierung an dem Prinzip der Profitmaximierung, wurde zu einer frühen Grundlage des Modells des Homo oeconomicus. Auch Hobbes trug im Leviathan zumindest in indirekter Weise zur Modellentstehung bei, indem er den englischen Bürgerkrieg als Ergebnis nicht-intendierter Handlungen betrachtete und den Menschen zur Darstellung gesellschaftlicher Probleme in reduzierter Weise modellierte. Mandevilles Bienenfabel, zwischen 1714 und 1729 in mehreren Auflagen publiziert und eigentlich als Sittenspiegel für den Adel gedacht, rechtfertigte Eigenschaften wie private Selbstsucht, Leidenschaften, Triebbefriedigung, Gier und Laster als wohlstandssteigernd und wies darüber hinaus dem Eigeninteresse und persönlichem Profitstreben eine auf das Allgemeinwohl bezogene Richtung zu. Weitere Voraussetzungen wurden durch den Physiokratismus gebildet. Der Physiokratismus suchte vor dem Hintergrund unangemessen erscheinender Aktivitäten absolutistischer Entscheidungsträger und als Antwort auf den Merkantilismus nach einem wissenschaftlichen System, das die Gesetze menschlichen Handelns zusammenhängend erklären konnte. Die notwendigen Erkenntnisse wollten die Physiokraten durch eine Rückbesinnung auf die Natur erhalten. Dadurch sollte eine universelle Gestaltung der Gesellschaft gewährleistet werden. Insbesondere auf ökonomischer Ebene beabsichtigten die Physiokraten, eine exakte Steuerung der absolutistischen Wirtschaft zu ermöglichen. Aufgrund naturgegebener Anreize und Beschränkungen würde die Ökonomie eines Landes nach physiokratischer Vorstellung von selbst zu einem Gleichgewicht tendieren, wenn diese Prozesse nicht durch äußere Eingriffe behindert würden. Eine der Grundlagen ökonomischer Entscheidungen im Physiokratismus bildete das auf der Maximierungsannahme basierende Rationalitätsprinzip, das das Eigeninteresse der Individuen als Hauptprinzip der natürlichen Ordnung und des menschlichen Handelns rechtfertigte. Das Rationalitätsprinzip wurde von den Physiokraten als das eigeninteressierte Streben nach Genuss bei weitestgehend geringen Kosten ausgelegt. Verbunden damit war die Emanzipation der Wirtschaft von der Ethik. Wirtschaftliches Handeln wurde von nun an als eigenständiger Bereich angesehen, der nicht ein Teilbereich einer politischen Ordnung war, sondern seiner eigenen Logik folgte. Das persönliche Streben nach ökonomischen Vorteilen wurde nicht mehr als negative Leidenschaft betrachtet, sondern vielmehr als positives Interesse bewertet. Eigeninteresse und Hedonismus konnten sich im Physiokratismus zu ökonomischen Prinzipien durchsetzen.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis3
1. Gegenstand der Untersuchung7
2. Das Modell des Homo oeconomicus11
2. 1. Die historische Entwicklung11
2.1.1. Einflussfaktoren vor der klassischen Nationalökonomie11
2.1.2. Die klassische Nationalökonomie13
2.2.3. Der klassische Utilitarismus18
2.1.4. Die Neoklassik21
2.1.5. Modifikationen des Modells im 20. Jahrhundert28
2.1.6. Der Vorwurf des „ökonomischen Imperialismus“32
2.1.7. Anmerkungen zur „historischen Entwicklung“34
2. 2. Die Charakteristika des Modells43
2.2.1. Die Rationalitätsannahme44
2.2.2. Die Eigennutzannahme48
2.2.3. Die Bedeutung von Restriktionen in der ökonomischen Analyse52
2.2.4. Der methodologische Individualismus53
2.2.5. Anmerkungen zu den Modellcharakteristika54
2.3. Stärken des Modells55
3. Die Kritik am Modell58
3.1. Die Kritik an der Rationalitätsannahme59
3.1.1. Das Konzept der eingeschränkten Rationalität60
3.1.2. Verhaltensanomalien62
3.1.3. Die Bedeutung von Emotionen für menschliches Verhalten66
3.2. Die Kritik an den Präferenzen67
3.2.1. Die Kritik an den Präferenzen des klassischen Modells des Homo oeconomicus67
3.2.2. Die Kritik an der Annahme konstanter Präferenzen69
3.3. Begrenzter Eigennutz72
3.3.1. Soziale Präferenzen73
3.3.2. Intrinsische Motivation und Identität78
3.4. Glück als alternatives Konzept zur Wohlfahrtsmessung80
3.5. Die Kritik an den Restriktionen81
3.6. Soziale Normen und Regeln83
3.7. Der methodologische Individualismus84
3.8. Die Kritik an der formalen Ausrichtung und der Orientierung an den Naturwissenschaften85
3.9. Anmerkungen zur Kritik am Modell des Homo oeconomicus87
4. Das Modell des Homo oeconomicus als notwendige heuristische Grundlage für die ökonomische Theorie88
4.1. Die Methodologie der positiven Ökonomik89
4.2. Die Kompensation individuell irrationalen Verhaltens durch Märkte92
4.3. Das Modell als Fiktion für die Bestimmung durchschnittlichen Verhaltens von Wirtschaftssubjekten aufgrund der Knappheit von Ressourcen94
4.4. Das Modell des Homo oeconomicus als Grundlage für die Analyse nicht intendierter Ergebnisse individuellen Handelns98
4.5. Die Rationalitätsannahme als Voraussetzung für die Analyse des Einflusses von Restriktionen auf das Verhalten von Individuen99
4.6. Die Eigennutzannahme als Motiv für die universelle Erklärung menschlichen Handelns102
4.7. Der Vorwurf mangelnder Realitätsnähe111
4.8. Anmerkungen zu den Argumenten der Befürworter des Modells113
4.8.1. Die Methodologie der positiven Ökonomik113
4.8.2. Die Irrelevanz von Verhaltensanomalien für die aggregierte Ebene117
4.8.3. Die heuristische Funktion der Rationalitäts- und Eigennutzannahme120
4.8.4. Die mangelnde Realitätsnähe der Annahmen123
5. Die Auswirkungen des Phänomens Geldillusion auf die Ergebnisse individuellen Handelns auf makroökonomischer Ebene126
5.1. Die Annahme rationaler Erwartungen in der ökonomischen Theorie126
5.2. Das Phänomen Geldillusion130
5.3. Der Einfluss von Geldillusion auf die Anpassung nach einem Schock134
5.4. Der Einfluss von Geldillusion im Zusammenhang mit Fairnessvorstellungen auf die Arbeitsnachfrage140
5.5. Anmerkungen zum Einfluss von Geldillusion und Fairness142
6. Fazit143
Literaturverzeichnis152

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