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E-Book

Ich liebe Schnecken

Sammlung vieler schöner Gedichte einer schizophrenen Künstlerin

AutorChristina Noack
VerlagBookRix
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl67 Seiten
ISBN9783743844148
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
Hier die Sammlung der Gedichte zu der Autobiografie 'Joan ist ein netter Mensch'. Die Autorin schreibt Liebesgedichte an einen Mann (einen Mit-Schizo), Liebesgedichte an eine Frau (die göttliche Psychiaterin), Gedichte über Gott und Teufel, Gedichte über den Sinn und Unsinn der Schizophrenie und noch einige über diverse Themen, u.a. die Schnecke.

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Leseprobe

Gedichte Schizophrenie


MITTERNACHTS-WACHE

 

Die falsche Zeit, der falsche Ort,

schlafwandeln, mondsüchtig vom Lampenschein,

ich erwache!

Der Dämon reißt mich aus den Träumen,

Schatten der Nacht rings umher.

 

Alles schläft, ich aber halte Wache.

Augen, so scharf wie Raubtierlichte,

das Ohr am Pulsschlag der Erde,

erschleicht sich meine Metamorphose.

 

Tierische Verwandlung.

Zum Segen und zum Schrecken

erwachen schlafende Sinne,

die Tod und Leben bringen.

 

Engelsstimmen im kühlen Gehölz

und Feenreigen unter Tannen,

doch hört man die Herzen sprechen

und Schuld schreit aus bedeckten Gräbern.

 

Der Morgen naht,

doch das Tier verlässt mich nicht.

Es flieht voller Angst,

denn es weiß nicht wohin

  • und muss getötet werden.

 

 

Im Gedenken an eine Psychose.

 

 

 

 

DIE FLUCHT

 

Unterirdisches Leben im Plattenbau,

dicht gedrängte Masse,

zum Auffressen nah,

Explosion der Gefühle,

ein Schrei nach Licht.

 

Existenzielle Bedrohung,

Versorgungsnot!

Umzingeltsein in der Festung,

halb lebend, halb sterbend,

liegt menschliches Leben brach.

 

Der stille Schrei um Hilfe

Und Retterhand trägt mich fort.

Ausbrechen!

 

Sonnenstrahlen fallen auf das geblendete Auge

Und von innen keimt Leben herauf.

Blicke essen sich satt

Wie Giraffen an den Bäumen.

Sinnestaumel unter dem Himmel.

 

Nur noch eine Heimkehr,

dann Freiheit für immer!

Wir werden uns ein Nest errichten –

Dort wo uns keiner bedrängt,

einschlafen im Duft der Bäume.

 

Leben in der Natur:

Eisigem Wasser trotzend,

warm gehalten von offenem Feuer

- doch endlich Luft,

doch endlich Tageslicht!

 

 

 

 

Raffael und Joan

 

Wir trafen uns beim Irrenarzt,

Als ganz normale Menschen.

Doch etwas hat uns hingebracht,

Man kann ´s Verwirrtsein nennen.

 

Es wird verleugnet in der Welt,

„Nichts von dem existiert!“

„Ihr habt in Eurer irren Welt

Nichts als halluziniert.“

 

Doch gibt es dort nie Einzelzellen,

Ne gute Quarantäne.

Denn es wär besser in den Fällen,

Dass nichts zusammen käme.

 

Als „Raffael“ nun „Joan“ erzählte,

Was er die Jahre so erlebte,

Verdichtete sich das Gemälde

Der jenseitigen Ebene.

 

Drei ganze Jahre glatt dasselbe!

Zur selben Zeit Gleiches geschehn.

Wir tranken aus der gleichen Quelle

Und haben Gleiches auch gesehn.

 

Es lag anscheinend in der Luft,

Was uns krankhaft bewegte.

Man riecht nicht stets den gleichen Duft,

Da gibt ´s kein allgemeines Schema.

 

Der Weltgeist, ein Meer von Symbolen,

Sucht sich die passenden Empfänger.

Gott, Engel, Teufel und Dämonen

Scheinen der Botschaften Absender.

 

Ihr, die Ihr einen Glauben habt,

Habt das mit eingeschlossen.

Was man in Kirch´ und Schule lehrt,

Dafür wurd´ mancher weggeschlossen.

 

Das halbe Land an Dogmen haft´,

An ausgedachten Lügen –

Kann nicht mal die Wissenschaft

Der „Irren“ Weltbild fügen?

 

Millionen Köpfe voll davon,

Was auf der andren Seite wäre.

Von kommerziellen Häuptern abgestimmt.

Für Propheten aber Ignoranz und Leere.

 

 

 

 

 

 

Ohne Rechtfertigung / Verrückt sein

 

Man kann es nicht erklären.

Man kann es nicht gestehen.

Man kann es nicht zerreden.

Man kann es nicht verstehen.

Man kann und kann es nicht rechtfertigen.

 

Alles auf der Welt hat einen Grund-

Hass und Liebe, gute sowie böse Taten.

Doch grundlos, das ist ungesund.

Sogar grundlose gute Taten.

Ich fühl mich reif fürs Irrenhaus.

 

Wo ist mein Recht, wo ist mein Grund?

Ich bin nicht wie die Andern!

Ich fühl mich krank, ich fühl mich wund,

Steh nicht an einem Fleck, muss wandern.

Steh und steh nicht zu mir.

 

Ach könnt ich tun, was jeder tut.

Ach könnt ich sagen, was alle sagen.

Ein einziger Grund, das wäre gut.

Ich aber saufe ab in Fragen.

Es gibt keinen einzigen Grund.

 

Lass mich drüber schlafen,

Lass mich drüber Pillen schlucken,

Lass mich es vergraben,

Lass mich etwas andres jucken.

Und ich hab ´s bald verschoben.

 

Morgen treff ich Euch alle wieder.

Ihr geht an fürchterlichen Fäden.

Ihr hasst, verachtet Euch schon wieder

Und könnt es alles gut erklären.

Mir ist so was nicht wichtig.

 

Ich brauche keinen Grund zum Hassen,

Ich brauche keinen Schutz zum Lieben,

Denn ich kann es geschehen lassen,

Ich habe mir derweil verziehen.

Ein Herz statt eines Rechts.

 

So und nur so lernt man die echte Liebe.

Sie fällt an einen unbestimmten Fleck.

Sie kommt vom Himmel glatt hernieder

Und landet irgendwo im Dreck.

Der Liebe muss man sich zuallererst erbarmen.

 

JOAN SMITH aus GLASGOW am 14.12.2005,

wo Menschen, die sich als Schotten fühlen, als Andersartige noch nicht einmal bekannt sind

 

 

 

 

 

 

 

Buschfeuer

Kleiner Kater, schleichst Du wieder um die Häuser?

Hohe Dächer, viele Bretter, lauter kleine Fächer.

Und wag Dich nicht hinaus!

Dort vor der Stadt lauert der Busch.

Grenzenlos und rot,

Unter sternenweitem Himmel,

Ewig, grausam und bedrohend.

 

Kleiner Kater, wovor fliehst Du, wohin willst Du?

Willst Du zurück zu Deinen Ahnen,

Zu den Bestien der Vergangenheit?

Willst Du in den tiefen, roten Busch?

Willst Du die Sterne sehen,

Durch Schutt und Dornen gehen?

Dort ist es grenzenlos und weit.

 

Der starke Wind treibt Dich davon.

Die Böe hat gefasst.

Die Sturmnacht reißt ihr düstres Maul auf,

Dich zu verschlucken,

Dich fort zu reißen in dem Strom.

Die Hitze klirrt, das Schwärmchen schwirrt

Mit seinen bizarren, bunten Insekten.

 

Nimm Dich in acht, der Buschmann wacht,

Hat im trocknen Gras Feuer gemacht.

Der böse Buschmann, schwarz und wild,

Hat man Dich nicht vor ihm gewarnt?

Er treibt durchs Land

Und zündet die endlosen Weiten an.

Doch Du stehst nur von Ferne wie gebannt - vor der Glut.

 

Heut wird ein Freudenfeuer entfacht!

Die Sterne fallen und der Himmel lacht.

Die rote Erde lodert röter,

Ein gelber Strom fließt über den Sand,

In dem Du tauchen und fort fegen willst.

Kleiner Kater hat sich die Augen verbrannt,

Sieht in die Flammen wie gebannt.

 

Kleiner Kater, flüchte heim!

Such Herr und Frau, Dein trautes Heim,

Bleib nicht mehr dort im Flammenschein!

Und leck Dir Deine Pfoten!

Die wund vor Dornen stolpern auf Asphalt.

Geblendetes Auge fängt Straßenstaub,

Berauschtes Ohr wird des Hämmerns taub.

 

Und schlaf Dich aus in Deinem Korb,

In Deiner Hütte warmem Hort.

Die Frau hat Dich eingeschlossen,

Hat Dir kalt Wasser übers Fell gegossen

Und die Glutasche fort gewaschen.

Du ruhst bald vor dem Fenster,

Sternschnuppen regnen runter – Du aber träumst Dich fort.

 

 

 

 

 

  Parallel

Im Zoo bin ich geboren.

Der Zoo, das ist mein Leben.

Der Zoo hat mich zurück geholt.

 

Deutschland liebt die Mauern.

Zu meinem leichten Bedauern

Muss ich mich in die Mauern fügen.

Lebensart und Lebenssinn,

Solang ich nicht von Freiheit spinn –

Hier bin ich rein gewachsen.

In den Zoo geboren,

Erwachsen geworden.

 

Ich bin krank,

Doch ich bin chronisch,

Wahnsinnig im Innersten.

 

Renn, dass das Bein bricht,

Fick, bis der Verstand erlischt,

Geistere durch die Nacht.

Brenn das Haus ab,

Trink Dich an Sprit satt,

Preise den Herrn.

Tritt die Türen ein,

Reiß die Ketten ein.

 

Ich bin gestoppt,

Im Innersten gezügelt,

Zum Äußersten gebracht.

 

Lieg mich wund,

Schlaf mich gesund.

Verschlaf mein ganzes Leben.

Kontrollier mich,

Extrahier mich,

Schieb mir den Riegel vor.

Therapie durch Mark und Bein,

Ein halbes, halbes Sein.

 

Ich bin ein Mensch,

Bin eine Frau,

Bin nächtlich auch mal grau.

 

Paralleles Leben,

Irgendwas wird fehlen:

Der...

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