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Immaterielle, selbst geschaffene Vermögensgegenstände im Jahresabschluss nach HGB und BilMoG

AutorAlexander Ulm
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl88 Seiten
ISBN9783640473410
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1,7, Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Diplomarbeit verfolgt mehrere Ziele. Zum einen soll sie als Leitfaden zur Bilanzierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nach dem neuen HGB dienen. Dabei werden die neuen Ansatz-, Bewertungs- und Ausweisvorschriften und die entsprechenden Gesetzesbegründungen sowie deren Auslegung in der Literatur kritisch dargestellt. Zum anderen wird untersucht, ob der Gesetzgeber die mit dem BilMoG verfolgten Ziele (Schaffung einer Alternative zu den IFRS, Anhebung des Informationsniveaus und Aufrechterhaltung eines hinreichenden Gläubigerschutzes) erreicht hat und das Gesetzesvorhaben dahingehend zweckmäßig umgesetzt wurde. Daneben werden offene Fragen und Ungereimtheiten aufgegriffen und unter Umständen Lösungs- bzw. Verbesserungsvorschläge angeboten.

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Leseprobe

3. Grundsätze und Vorschriften zur Bilanzierung der Höhe nach


 

Aufgrund der Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 Satz 1 HGB n. F. spricht für den Gesetzgeber nichts dagegen, bei der originären Erstellung immaterieller Güter des Anlagevermögens genauso wie bei der Herstellung materieller Vermögensgegenstände zu verfahren.[221] So sind selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, soweit eine Aktivierung nach § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB n. F. nicht ausgeschlossen ist, wie andere Vermögensgegenstände nach § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB n. F. zu behandeln.[222]

 

3.1 Zugangsbewertung


 

3.1.1 Umfang der zu aktivierenden Entwicklungskosten


 

Selbst erstellte Vermögensgegenstände haben keine Anschaffungskosten und können daher nur mit ihren Herstellungskosten angesetzt werden.[223] Zu den Herstellungskosten zählen gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB „die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen“. Auch wenn fremde Unternehmen im Wesentlichen die Herstellung eines immateriellen Guts übernehmen und die Leistung des bilanzierenden Unternehmens lediglich in der Koordinierung der durchgeführten Arbeiten besteht, stellen die von den fremden Unternehmen in Rechnung gestellten Beträge ebenfalls aktivierungspflichtige Herstellungskosten dar.[224]

 

Die Herstellungskosten umfassen gemäß § 255 Abs. 2 Satz 2 und 3 HGB n. F. folgende einbeziehungsfähige Bestandteile:

 

Tabelle 3: Umfang der Herstellungskosten in der neuen HGB-Fassung

 

In Anlehnung an: Küting, K. (2008), S. 151 und 153.

 

 

Im Gegensatz zur alten HGB-Fassung sieht das BilMoG für angemessene Teile[225] der Materialgemeinkosten, der Fertigungsgemeinkosten sowie für den fertigungsbezogenen Werteverzehr des Anlagevermögens eine Aktivierungspflicht vor. Ein angemessener Teil der Gemeinkosten, die keinen Fertigungsbezug aufweisen und daher unabhängig von der erzeugten Menge anfallen, können in die Herstellungskosten einbezogen werden, soweit sie auf den Herstellungszeitraum entfallen. Durch den Übergang zum fertigungsbezogenen Vollkostenansatz sollen „die handelsrechtliche Herstellungskostenuntergrenze an die steuerliche Herstellungskostenuntergrenze angeglichen [und] … der handelsrechtliche Herstellungskostenbegriff an den produktionsbezogenen Vollkostenbegriff der internationalen Rechnungslegung angenähert“[226] werden.[227]

 

Forschungs- und Vertriebskosten dürfen gemäß § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB n. F. nicht in die Herstellungskosten einfliesen. Insofern beziehen sich die Herstellungskosten nur auf die Entwicklungsphase, was dazu führt, dass die schwierige Trennung von Forschung und Entwicklung nicht nur für den Ansatz von selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens, sondern anschließend auch für deren Bewertung zwingend vorzunehmen ist (als Hilfestellung siehe Tabelle 5). Kann die Entwicklungsphase klar abgegrenzt werden, so sind die in dieser Phase entstehenden Herstellungskosten in dem gewählten Umfang zu berücksichtigen.[228] Die Bewertungswahlrechte sind aber projekt- bzw. produktgruppenspezifisch gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB n. F. stetig auszuüben.

 

Bei der Kostenzurechnung erscheint ein Aspekt problematisch, der in IAS 38, nicht aber im neuen HGB geregelt ist. Denn eine Stellungnahme des Gesetzgebers zu der Frage, wie mit ursprünglich als Aufwand erfassten Ausgaben vergangener Perioden zu verfahren ist, sucht man im BilMoG vergebens. Ein explizites Verbot einer rückwirkenden Aktivierung bisher aufwandswirksam verrechneter Entwicklungskosten, wie in IAS 38.71 vorgesehen, kann weder aus dem Gesetz noch aus der Gesetzesbegründung[229] gefolgert werden.[230] Nach § 255 Abs. 2a Satz 1 HGB n. F. sind die „Herstellungskosten eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens .. die bei dessen Entwicklung anfallenden Aufwendungen nach … [§ 255 Abs. 2 HGB n. F.]“. Aus dem Gesetzeswortlaut ist abzuleiten, dass der Eintritt in die Entwicklungsphase mit dem Beginn des Herstellungszeitraums gleichzusetzen ist und alle ab diesem Zeitpunkt angefallenen Entwicklungskosten würden damit in die Herstellungskosten des immateriellen Vermögensgegenstandes einfließen.[231] Diese Auslegung sowie die fehlende Konkretisierung in der Gesetzesbegründung lassen die Schlussfolgerung zu, dass der Gesetzgeber im Gegensatz zu den IFRS im neuen HGB eine vollumfängliche Aktivierung der in der Entwicklungsphase angefallenen Aufwendungen vorsieht. Infolgedessen müssten bereits aufwandswirksam verrechnete Entwicklungskosten vergangener Geschäftsjahre nachträglich aktiviert werden.[232]

 

Die Nachaktivierungen würden aber erhebliche Probleme mit sich bringen. Zum einen genießen bereits erstellte und testierte Jahresabschlüsse vergangener Geschäftsjahre Bestandsschutz. Zum anderen führt eine ergebnisneutrale Nachaktivierung zu einer erneuten Aufwandsbuchung in Form von planmäßigen Abschreibungen bei ursprünglich bereits als Aufwand gebuchten Sachverhalten. Eine ergebniswirksame Nachaktivierung würde wiederum die Ertragslage in der Periode der Nachaktivierung erheblich verzerren.[233] Deswegen wird im Schrifttum vorgeschlagen, Entwicklungsaufwendungen erst ab dem Zeitpunkt als Herstellungskosten zu berücksichtigen, ab dem mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Entstehung eines künftigen Vermögensgegenstandes ausgegangen werden kann, also ab dem Zeitpunkt, der im BilMoG für den Ansatz vorgesehen ist.[234] Bei der Medikamentenentwicklung eines Pharmaunternehmens würde das dazu führen, dass mehrere Millionen € Entwicklungsaufwendungen nicht aktiviert werden dürften, bis die Zulassung des Medikamentes im Genehmigungsverfahren und somit die Vermögensgegenstandseigenschaft hinreichend wahrscheinlich ist. Infolgedessen wird das Patent in der Bilanz nur mit einem Bruchteil der tatsächlich angefallenen Herstellungskosten abgebildet. In der Bilanzierungspraxis sollte diese Empfehlung nicht honoriert werden. Zum einen würde gegen den § 255 Abs. 2a Satz 1 HGB n. F. verstoßen und dem Rechenschaftszweck des Jahresabschlusses nicht Rechnung getragen werden, zum anderen widerspricht dieses Vorgehen der Absicht des Gesetzgebers, materielle und immaterielle Vermögensgegenstände in der Herstellung grundsätzlich gleich zu behandeln.[235] In der Abbildung 6 wird dieser Vorschlag beispielhaft auf einen in der Entstehung befindlichen materiellen Vermögensgegenstand übertragen, wodurch sich am Besten die Schwächen der Empfehlung aufzeigen lassen.

 

Vielmehr sollte die Nachaktivierung ergebniswirksam vorgenommen werden. Diese würde im Gegensatz zur ergebnisneutralen Nachaktivierung dem Kongruenzprinzip entsprechen, da den zukünftigen Abschreibungsbeträgen entsprechende Erträge aus der erfolgswirksamen Aktivierung entgegen stehen und somit die Summe der einzelnen Periodenerfolge vom Gesamtgewinn der Totalperiode nicht abweichen würde.[236]

 

Die Regelungen der § 248 Abs. 2 und § 255 Abs. 2a HGB n. F. sind gemäß Art. 66 Abs. 7 EGHGB nur auf die selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens anzuwenden, mit deren Entwicklung in Geschäftsjahren begonnen wird, die nach dem 31. Dezember 2009 beginnen. Entwicklungskosten dürfen demnach nicht aktiviert werden, wenn sie nach dem 31. Dezember 2009 anfallen, mit der Entwicklung aber vor dem Übergangszeitpunkt begonnen wurde. Auf diese Weise wird eine Teilaktivierung der Herstellungskosten verhindert. Aus Wesentlichkeitsgründen spricht für den Gesetzgeber aber nichts dagegen, in Fällen eine Aktivierung zuzulassen, in denen unwesentliche Teile der Entwicklung vor dem 31. Dezember 2009 liegen. Allerdings ist eine Nachaktivierung dieser vor dem Übergangsstichtag angefallenen Aufwendungen ausgeschlossen. Das Bilanzierungsverbot des § 248 Abs. 2 HGB a. F. ist gemäß Art. 66 Abs. 5 EGHGB letztmals auf Einzel- und Konzernabschlüsse für vor dem 01. Januar 2010 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden (siehe auch Abbildung 7).[237]

 

3.1.2 Aktivierung nachträglicher Herstellungskosten


 

Aufwendungen für die Erweiterung oder wesentliche Verbesserung eines selbst geschaffenen Vermögensgegenstandes unterliegen gemäß der Definition von Herstellungskosten in § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB grundsätzlich einer Aktivierung. Nach § 255 Abs. 2a Satz 2 HGB n. F. ist „die Weiterentwicklung von Gütern oder Verfahren mittels wesentlicher Änderungen“ Bestandteil der Entwicklung. Die Legaldefinition von Entwicklung schließt neben den Kosten für die Entwicklung eines immateriellen Vermögensgegenstandes ebenfalls die Aufwendungen für dessen Weiterentwicklung in die Herstellungskosten ein.[238]

 

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