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Immobilien schenken und vererben

Ein Ratgeber für Eigentümer und ihre Erben

AutorBernhard F. Klinger, Manfred Hacker
VerlagVerlag C.H.Beck
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl248 Seiten
ISBN9783406732706
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Inhalt Der Ratgeber erläutert in leicht verständlicher Form die rechtlichen und steuerlichen Aspekte, wenn eine Immobilie an die nächste Generation weitergegeben werden soll. Der Eigentümer der Immobilie findet praxiserprobte Musterformulierungen für rechtssichere Übergabeverträge und Testamente. Anhand zahlreicher Beispiele werden steueroptimierte Gestaltungen erklärt. Neuauflage Aktuelles zur Erbschaftsteuer sowie viele neue Tipps zu Steuervermeidung und Absicherung des Schenkers. Zielgruppe Immobilieneigentümer, deren Nachkommen und Erben.

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Leseprobe

11. Kapitel
 
Die Schenkung von Immobilien


Viele Immobilieneigentümer stehen vor der schwierigen Frage, ob sie bereits zu Lebzeiten Grundbesitz auf Kinder, Enkelkinder oder sonstige Angehörige übertragen sollen. Unabhängig von der Motivation ist es zwingend notwendig, die Chancen und Risiken einer lebzeitigen Zuwendung von Grundbesitz gegeneinander abzuwägen. Dies setzt die Kenntnis der vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten sowie der steuerlichen Grundlagen voraus. Dabei werden den nachfolgenden Überlegungen lediglich Immobilien im Privateigentum zugrunde gelegt.

I. Ziele einer vorweggenommenen Erbfolge


Der Begriff der „vorweggenommenen Erbfolge“ ist nicht allgemein definiert. Unter „vorweggenommener Erbfolge“ versteht man in der Regel alle (jedenfalls teilweisen unentgeltlichen) Vermögensübertragungen unter Lebenden, die in der Erwartung vorgenommen werden, dass der Erwerber im Erbfall das Vermögen ohnehin erhalten würde. Mit der lebzeitigen Zuwendung von Immobilien können verschiedene Ziele erreicht werden:

  • Reduzierung der Steuerlast: Steuerliche Überlegungen dürften die lange Liste der Motive für die Schenkung von Immobilien anführen. Deutschland ist erbschaft- und schenkungsteuerlich eher 2ein Niedrigsteuerland. Das Schenkung- und Erbschaftsteuerrecht enthält diverse Steuervergünstigungen, zum Teil sogar Steuerbefreiungen sowie Freibeträge und – je nach Verwandtschaftsverhältnis – günstige Steuersätze. Dabei können bei rechtzeitiger Übertragung aufgrund der schenkungsteuerlichen Zehnjahresfrist Freibeträge gegebenenfalls mehrfach genutzt werden.
  • Erhaltung des Familienvermögens: Immobilienbesitz, ein Unternehmen oder Kunstsammlungen werden im Erbfall nicht selten zerschlagen. Eine durchdachte lebzeitige Übertragung auf die nächste, unter Umständen auch übernächste Generation, kann nicht nur eine Zersplitterung von Vermögenswerten entgegenwirken, sondern auch einen Nachlassstreit unter den Angehörigen vermeiden helfen.
  • Versorgung des Schenkers und seiner Familie: Ein häufiges Motiv für die Übertragung von Familienbesitz ist, dass der Schenker als „Gegenleistung” von den Kindern/Vertragspartnern für sich und seinem Partner Versorgung im Krankheits- und Pflegefall einfordert und dies auch vertraglich abgesichert werden soll. Aber auch schwächere Familienmitglieder, zum Beispiel minderjährige oder behinderte Kinder, können im Rahmen vorweggenommener Erbfolge abgesichert werden.
  • Pflichtteilsminderung: Grundbesitz ist dadurch gekennzeichnet, dass er zwar oft einen erheblichen Wert hat, im Erbfall aus ihm aber nur sehr schwer liquide Mittel zur Begleichung einer etwaigen Pflichtteilslast gezahlt werden können. Ziel einer vorweggenommenen Erbfolge ist es deshalb auch, vertragliche Regelungen zum Ausschluss oder zur Reduzierung der Pflichtteilshaftung zu treffen. Pflichtteilsberechtigte haben gesetzlich bei Schenkungen den sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dabei bestimmt § 2325 BGB, dass der Wert einer Schenkung jährlich um 10 % abschmilzt. Wurde 6 Jahre vor dem Erbfall eine Immobilie im Werte von 500.000 EUR übertragen, hat diese für den Pflichtteilsergänzungsanspruch nur noch einen Wert von 40 % von 500.000 = 200.000 EUR. Diese Abschmelzung funktioniert aber nicht, wenn sich der Schenker den Nießbrauch an der Immobilie vorbehält und auch dann nicht, wenn eine Schenkung zwischen Ehegatten erfolgt.
  • 3Vermeidung des Sozialhilferegresses: Bevor eine bedürftige Person öffentliche Hilfe in Anspruch nehmen kann, ist erst das eigene Vermögen einzusetzen. Der Sozialhilfeträger kann einen Rückforderungsanspruch des Schenkers gegen den Beschenkten aber nur innerhalb von 10 Jahren auf sich überleiten. Durch eine rechtzeitige Übertragung geht der Sozialhilfeträger leer aus.

II. Steuerliche Grundlagen


Die Bestimmungen für die Besteuerung von Schenkungen und Erbschaften sind im Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, im Bewertungsgesetz sowie in einer Vielzahl von Richtlinien und Hinweisen geregelt. Letztere enthalten praxisnahe Fallbeispiele und bieten deshalb auch für den steuerlichen Laien hilfreiche Informationen. Wer sich mit dem Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht näher befassen möchte, dem werden die entsprechenden Gesetze, Verordnungen und Hinweise in der Taschenbuchausgabe „Erbschaftsteuerrecht“, Beck-Texte im dtv empfohlen. Einen weiteren Bereich regelt die Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung(ErbStDV). Dort wird vorgegeben, dass und wie die Versicherungsunternehmen, die Banken, die Gerichte, die Standesämter und die Notare die Schenkungen, ggf. den Sterbefall, dem Finanzamt anzeigen müssen. Die Notare müssen dabei unter Angabe des Wertes der Zuwendung, wofür sie die Beteiligten zu befragen haben, eine Abschrift der Schenkungsurkunde dem Finanzamt übermitteln, auch wenn die Schenkung teilweise entgeltlich ist.

Die zweite Säule neben dem ErbStG ist das Bewertungsgesetz. Das Bewertungsgesetz regelt, welchen steuerlichen Wert ein Vermögensgegenstand hat. Welchen Wert ein geschenkter Geldbetrag von 100.000 EUR hat ist klar, nämlich 100.000 EUR. Wird aber einem Kind ein Grundstück geschenkt, steht sein steuerlicher Wert nicht ohne weiteres fest. Das Bewertungsgesetz (BewG) enthält Regelungen, nach denen der Wert des geschenkten Grundstücks festgestellt wird. Zum Bewertungsgesetz sind – wie nicht anders zu erwarten – auch umfangreiche Bewertungsrichtlinien und Hinweise ergangen. Diese sind ebenfalls in den Beck-Texten im dtv enthalten.

41. Steuerpflichten


a) Unbeschränkte persönliche Steuerpflicht

Wenn der Schenker oder der Beschenkte in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (sogenannte Inländereigenschaft) hat, findet immer deutsches Schenkungsteuerrecht Anwendung. Deutsches Schenkungsteuerrecht findet darüber hinaus auch Anwendung, wenn deutsche Staatsangehörige sich nicht länger als fünf Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben. Bei der unbeschränkten Steuerpflicht kommt es nicht in erster Linie darauf an, ob der Schenker oder der Beschenkte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Schenkt also ein in München wohnender Amerikaner, somit Inländer, seiner österreichischen Freundin ein Grundstück in Südfrankreich, dann findet deutsches Schenkungsteuerrecht Anwendung. Unter welchen Voraussetzungen nunmehr ein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt vorliegt, wird für das Steuerrecht in der Abgabenordnung bestimmt.

b) Beschränkte persönliche Steuerpflicht

Eine beschränkte persönliche Steuerpflicht liegt vor, wenn weder der Schenker noch der Beschenkte seinen Wohn- oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland hat, also kein Inländer ist, aber der Schenkungsgegenstand sich in Deutschland befindet. Dieser Fall liegt vor, wenn zum Beispiel ein dauerhaft in Frankreich lebender Franzose seiner ebenfalls in Frankreich lebenden Ehefrau eine Eigentumswohnung in Berlin schenkt. Dieser Vorgang löst auch in Deutschland Schenkungsteuer aus.

c) Doppelbesteuerung

Schenkungen mit Auslandsbezug können einer Steuerpflicht in zwei oder mehreren Staaten unterliegen. In dem oben genannten Beispiel könnte es sein, dass auch Frankreich vom Ehemann oder von dessen Ehefrau Schenkungsteuer verlangt, auch wenn die Wohnung in Berlin liegt. Eine dadurch eintretende Doppelbesteuerung soll durch Doppelbesteuerungsabkommen verhindert oder minimiert werden. 5Diese Abkommen sind völkerrechtliche Verträge mit deren Hilfe die Staaten vermeiden, dass bei demselben Steuerpflichtigen dieselbe Schenkung durch gleichartige Steuern mehrfach belastet wird. Dies kann dadurch erfolgen, dass der Staat, in dem sich die Immobilie befindet, auf eine Besteuerung verzichtet oder diese einschränkt oder dadurch, dass der Wohnsitzstaat des Schenkers auf die Schenkungsteuer verzichtet oder dass eine im Ausland angefallene Schenkungsteuer auf die Steuer in Deutschland angerechnet wird.

Doppelbesteuerungsabkommen für die Erbschaft- und Schenkungsteuer bestehen derzeit mit folgenden Staaten:

  • Dänemark,
  • Frankreich,
  • Griechenland,
  • Schweden,
  • Schweiz,
  • USA.

Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich wurde gekündigt, weil Österreich die Schenkungsteuer abgeschafft hat.

d) Sachliche Steuerpflicht

Nach § 7 des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes wird als Schenkungjede freigebige Zuwendung unter Lebenden definiert, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine Schenkung liegt aber nicht nur in der Übereignung von Sachen, sondern auch in der Gewährung eines anderen Vermögensvorteils, zum Beispiel die unentgeltliche Wohnungsüberlassung oder der Erlass von Forderungen.

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