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Einführung
1.1 Allgemeine Grundlagen
1.1.1 Von den Ozeanen zum Trinkwasser
Wasser gibt der Erde (dem blauen Planeten) ihre blaue Farbe. Mit der Farbe Blau verbindet der Mensch positive Vorstellungen von Frische, Reinheit und Leben. Etwa 70 % unserer Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Die Wassermenge beträgt etwa 1,4 Milliarden Kubikkilometer und stellt aufgrund der natürlichen Kreisläufe, eine nahezu unveränderliche Größe in der Natur dar.
Wasser ist einer der wichtigsten Stoffe auf der Erde, stellt es doch den Quell allen Lebens dar. Mit bloßem Auge ist es eine farblose, geruchlose und geschmacklose Flüssigkeit. Man weiß heute, dass es aus vielen Molekülen besteht, die ständig in chaotischer Bewegung sind. Die Wassermoleküle bestehen aus Atomen. Es ist eines der kleinsten Moleküle und besteht aus zwei Wasserstoffatomen mit einem Sauerstoffatom. Hier haben sich zwei Wasserstoffatome H und ein Sauerstoffatom O zu einem Wassermolekül H2O (Abb. 1.1) verbunden. Kaum eine chemische Bindung ist so einfach aufgebaut und hat doch unseren Planeten so nachhaltig geprägt. Kein anderer Stoff beeinflusst täglich das Klima der Erde durch Wetterbildung wie Wasser. Es bildet Landschaften aus, sorgt für Regen, Schnee, Hagel, Nebel und ist in einen natürlichen Kreislauf eingebunden. Ohne Wasser wäre niemals Leben entstanden. Wir können Wochen ohne feste Nahrung auskommen, jedoch nur vier Tage ohne Wasser. Jeder Körper besteht zu etwa zwei Drittel aus Wasser. Ähnliches gilt auch für den überwiegenden Teil der Pflanzen und Tiere. Selbst unsere Erbsubstanz, die DNS, würde ohne Wasser augenblicklich in sich zusammenfallen. Wasser ist allgegenwärtig, selbst Menschen, die mit dem Begriff Chemie nur recht wenig anzufangen wissen, kennen die Formel H2O. Wasser hält somit im wahrsten Sinne des Wortes den Kreislauf des Lebens am Leben.
Doch Wasser hat eine Vielzahl von merkwürdigen Eigenschaften deren Funktionsweise der Wissenschaft sich bis heute nicht ganz erschlossen hat. Warum dehnt sich Wasser aus, wenn es gefriert? Alle anderen Stoffe ziehen sich zusammen und verkleinern ihr Volumen. Wieso hat Wasser die Eigenschaft, die meisten Stoffe zu lösen? Warum bildet Wasser (H2O), eine Verbindung aus zwei Gasen, bei Raumtemperatur überhaupt eine Flüssigkeit, während ähnlich zusammengesetzte Stoffe nur als gasförmige Elemente vorkommen? Mit der Erforschung des Wassers beschäftigt man sich seit Jahrhunderten und hat im Laufe der Zeit mehr als 70, teilweise skurrile Eigenschaften (Anomalien des Wassers) entdeckt. Als die wichtigsten Anomalien sind zu nennen:
Abb. 1.1 Wassermolekül.
- Wasser kommt auf der Erde überwiegend in flüssiger Form vor,
- die flüssige Substanz verflüchtigt sich bei 100 °C und einem Partialdruck von 1013 mbar,
- gefriert flüssiges Wasser zu Eis, dehnt es sich aus,
- Wasser ist ein perfektes Lösungsmittel,
- Wasser stellt den Hauptkomplex bei den biochemischen Vorgängen im menschlichen Körper.
Um die Besonderheit des Wassers zu verstehen, muss man sich die Struktur und Form, die H2O zugrunde liegen, einmal genauer ansehen. Die besonderen Eigenschaften des Wassers basieren auf der ungewöhnlichen Beschaffenheit seiner Moleküle. Diese molekularen Gebilde sind so klein, dass ein Wassertropfen mit einem Durchmesser von 4 mm etwa 1,67 Trilliarden Moleküle enthält. Die Gestalt der Wassermoleküle hat – stark vereinfacht – die Form eines V (s. Abb. 1.1). Dort wo die beiden Schenkel des Moleküls zusammenlaufen, befindet sich ein Sauerstoffatom, welches mit zwei Wasserstoffatomen am Ende der Schenkel verbunden ist.
Die Wasserstoffatome (positiv geladen) und das Sauerstoffatom sind mit Elektronen (negativ geladen) verbunden. Diese umschwirren die Kerne. In der Wissenschaft nennt man dies, auch Bindungselektronen (Bindungsenergie). Das Wassermolekül ist jedoch eine ungleiche Verbindung, da der Kern des Sauerstoffatoms rund sechzehnmal schwerer ist als der des einzelnen Wasserstoffatoms. Ferner übt das Sauerstoffatom eine stärkere Kraft (Sog) aus, sodass es zu einer gewissen Unwucht im Kräfteverhältnis der Atome kommt. Die negativ geladenen Elektronen halten sich daher häufiger an dem Sauerstoffatom auf. Dadurch kommt es zu einer leicht negativen Ladung des Sauerstoffatoms und einer leicht positiven Ladung des Wasserstoffatoms. Genau diese Verschiebung der Kräfte und Ladungsverhältnisse ist dafür verantwortlich, dass Wasser flüssig ist und unter normalen Bedingungen bleibt.
Leider ist der größte Teil des Wassers salzhaltiges Meerwasser. Nur ca. 2,5 % der gesamten Wassermenge der Erde sind Süßwasser, das sind etwa 12 000 km3.
Würde man diese Wassermenge auf die derzeitige Weltbevölkerung von 7 Milliarden aufteilen, würden jedem Menschen nur etwa 2100 m3 Wasser zur Verfügung stehen.
Damit könnte Mensch nur etwa 40 Jahre lang seinen Trinkwasserbedarf decken. Ein weiteres Problem, neben der Trinkwassermenge, stellt die ungleiche Verteilung von Süßwasser auf der Erde dar. Glücklicherweise werden die, auch wenn ungleich verteilten, Süßwassermengen durch den natürlichen Kreislauf aus Verdunstung und Niederschlägen erneuert.
Durch den Umstand, dass Wasser nicht verbraucht, sondern nur gebraucht wird, steht es nach einer Reinigung (Wasseraufbereitung) dem Menschen wieder als Trinkwasser zur Verfügung.
Wasser als Kreislaufsystem
Wasser zirkuliert in großen weltumspannenden Kreisläufen der Erde. Durch die Wärmeeinstrahlung der Sonne wird ständig Wasser an die Atmosphäre (Luft) durch Verdunstung abgegeben. Dies geschieht zum einen über den Oberflächen der Landmassen, als auch über der großen Oberfläche der Weltmeere. Im Wasser befinden sich Stoffe, in erster Linie Natriumchlorid, welche nicht mit verdunsten. In höheren Schichten der Atmosphäre kondensiert der Wasserdampf wieder aus. Über Regen und Schneefall gelangt das Wasser wieder ins Grundwasser und ins Meer (siehe Abb. 1.2).
Abb. 1.2 Kreislauf des Wassers.
Abb. 1.3 Wasserverteilung. Quelle: Grundwasserverteilung, Deutschland (Statistisches Bundesamt).
Gedächtnis des Wassers
Durch diesen Kreislauf entsteht Wasser in unterschiedlichster mineralischer Zusammensetzung. Leider kann Wasser außer Natriumchlorid auch Bestandteile von gefährlichen und giftigen Stoffen wie zum Beispiel Brom, Natriumfluorid, Blei, Cadmium, Nickel, Chrom, Arsen, Uran, Quecksilber, Aluminium, Selen, Eisen, Mangan und andere enthalten. Wasser stellt somit auch eine Quelle für die Ansammlung von Verunreinigungen dar. Neben den natürlichen vorhandenen Stoffen im Wasser gelangen auch andere Stoffe wie Arzneimittel, Pflanzenschutzmittel und/oder auch Düngemittel in den natürlichen Wasserkreislauf. Wasser hat daher im übertragenen Sinne ein Art Wassergedächtnis, aus welchem der Mensch ablesen kann, wo es schon einmal war bzw. womit es in Berührung gekommen sein kann.
Wasserentnahme, Nutzung, natürliche Reinigung und Rückführung
In Deutschland wird etwa 70 % des benötigten Wassers für Industrie und Haushalte aus Grund- und Quellwasser entnommen. Die restlichen 30 % stammen aus Wassertalsperren, Flusswasser, filtriertem Uferwasser oder künstlich aufgefülltem Grundwasser. Die natürliche Reinigung des Wassers erfolgt durch Uferfiltration oder durch Gestein beim Versickerungsprozess in das Grundwasser (vgl. Abb. 1.3).
Verschmutzte Abwässer gelangen über Rohrsysteme in Klärwerke, wo sie entsprechend aufbereitet werden, bevor man sie wieder dem natürlichen Wasserkreislauf zuführt.
Der Weg des Wassers reicht von den Entnahmestellen für Grundwasser, Quellwasser oder Oberflächenwasser durch die Wasserversorgungsbetriebe, über die Aufbereitung des Wassers zu Trinkwasser und Weiterleitung in die Industrie und Haushalte.
Um das Trinkwasser vor Verschmutzung zu schützen, gibt es in Deutschland mehrere Barrierestufen: 1. Barriere: Zunächst gibt es ausgewiesene Trinkwasserschutzgebiete. Hier wird dafür gesorgt, dass wenige oder kaum Schadstoffe in das Wasser gelangen; 2. Barriere: da dies nicht immer vermeidbar ist, wird das Rohwasser in den Wasserwerken aufbereitet; 3. Barriere: und über lange Rohrleitungsnetze transportiert, welche einer entsprechenden Wartung unterzogen werden. Dieses System nennt man Multibarrierensystem.
Recht auf sauberes Trinkwasser
In Deutschland ist sauberes Trinkwasser mittlerweile selbstverständlich. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkranken und sterben etwa 4000 Kinder täglich an den Folgen von Durchfallerkrankungen, basierend auf schlechter Trinkwasserqualität. In Europa und speziell Deutschland wird durch Gesetzgebung, Eigenverantwortung und Vorsorge schlechtem Trinkwasser entgegengewirkt.
Stoffe im Wasser
Nützlich und für uns wichtige Stoffe wie Dünger, Arzneimittel oder auch Pflanzenschutz haben manchmal unerwünschte Nebenwirkungen. Obwohl...