Instruction
für
die Compagnie Feldscheers des
Infanterie-Regiments,
General-Major von Niesemeuschel
1.
Ein jeder Kompanie-Feldscher soll in seinem ihm anvertrauten Posten laut des geleisteten Eides, sich jederzeit treu und fleißig ordentlich und folgsam bezeigen, die Kranken mit Vorsatz niemals versäumen, sondern dieselben nach besten Verstand und Wissen mit Liebe und Teilnahme behandeln, sie auch durch Unachtsamkeit oder Trunkenheit, oder sonst gefährliche Weise nicht verwahrlosen.
2.
Dabei soll er sich der Verschwiegenheit eifrigst befleißigen, seine Kenntnisse durch fleißiges Studieren und genaues Beobachten am Krankenbette immer mehr und mehr erweitern, bei anbefohlenen Sektionen und Untersuchungen der Wunden und Beschädigungen allen möglichen Fleiß anwenden und darüber ein gewissenhaftes Zeugnis ausstellen.
3.
Ein jeder Feldscher muss ferner die im 4ten Kapitel des ersten Buches des Dienstreglements vorgeschriebene Disziplin in allen Stücken die pünktlichste Folge leisten.
4.
Diese Disziplin besteht aber nach den § 1 dieses Kapitels in der strengsten Ordnung, alle Befehle behende und ohne Widerrede in das Werk zu richten, und in der unausbleiblichen Züchtigung der Übertreter.
5.
Es ist daher § 3 eben dieses Kapitels nicht genug, dass ein Feldscher sein Metier gelernt und versteht, sondern er muss auch häuslich gezogen, bescheiden und sittsam sein. Es muss ihm die Redlichkeit, die Treue gegen seinen Landesherrn und der Gehorsam gegen seine Oberen begleiten.
6.
Der Feldscher muss demnach wie jeder andere Soldat, den in und bei dem Regiment und Kompanie vorgestellte kommandierenden Offiziers und den ihm besonders vorgesetzten Regiments-Feldscher allen Gehorsam und Respekt leisten, nach deren Gebot, Verbot und Kommando weder mit Worten noch viel weniger mit der Tat bei Strafe an Leib und Leben, Ehre oder sonst sich vergreifen.
7.
Die Kompanie-Feldschere werden von den Capitains zwar bescheiden und glimpflich behandelt, aber auch wohl – und scharf zu ihrer Schuldigkeit angehalten. Wenn daher ein Feldscher seine Schuldigkeit nicht tut, sondern seine Kranken mit Vorsatz vernachlässigt, oder sich dem Trunk oder anderen Ausschweifungen überlässt, so soll derselbe erst durch Zureden ermahnt, wenn solches aber nichts hilft, mit Arrest belegt, und wenn auch dieses nichts fruchtet vom Regiment getan werden.
8.
Die Feldscher sind im Betreff ihres medizinischchirurgischen Dienstes bloß allein dem Regiments-Feldscher untergeordnet, und müssen dessen Befehlen und Anordnungen, auch in moralischer Hinsicht pünktlichste Folge leisten.
9.
Gegen seine Kameraden soll der Feldscher allezeit freundschaftlich und zuvorkommend sich benehmen. Den ältren und erfahrnern soll er in bedeutenden Fällen um Rat zu fragen, sich nicht entbrechen. Den jüngern und unerfahrnen soll er überall mit Rat und Tat beistehen und unterrichten. Niemals aber darf er sich ohne ausdrücklichen Befehl des Regiments-Feldschers in den medizinisch-chirurgischen Dienst eines andern mischen, am allerwenigsten aber Kranke von des andern Kompanie übernehmen und heimlich behandeln.
10.
Wenn aber bei einem entfernten Bataillon oder Kompanie der Regiments-Feldscher einem Feldscher den Befehl gibt, die Aufsicht über seine Kameraden zu führen, so sind letztere gehalten ersterem in allen bedeutenden Fällen um Rat zu fragen und seinen Anordnungen zu folgen.
11.
Der Feldscher muss sich auch niemals in eine allzu große Vertraulichkeit mit den Gemeinen einlassen, weil ein solches vernachlässigtes äußeres Betragen ihm die gute Meinung und das notwendige Vertrauen seiner Vorgesetzten und Kranken entzieht.
12.
In allen militärischen Verrichtungen soll derselbe nach Vorschrift der General-Inspektions-Ordre d.d. Dresden den 9ten Juli 1795 in völliger Montierung mit einer schwarze Halsbinde und in Stiefeln erscheinen. Und ob ihm gleich zugelassen wird, außer der Musterung eine feine Montierung zu tragen, so darf selbige dennoch nur mit glatten Knöpfen besetzt sein, und sich auf keine Weise der Offiziers-Uniform sich nähern.
13.
Außer dem Dienst ist dem Feldscher jedoch nur einzig in seinen medizinisch-chirurgischen Verrichtungen erlaubt, eigene Kleider zutragen, damit er seine Montierung beim Eingeben, Verbinden, und so weiter nicht verunsaubere. Diese Kleider müssen aber reinlich und anständig sein, und denselben niemals auszeichnen.
14.
Ein jeder Feldscher muss mit seinen eigenen Tascheninstrumenten, Aderlasszeug, Schröpfapparat und Zahninstrumenten vollständig versehen sein, auch überdies die notwendigen Injektions- und Klistier-Spritzen eigentümlich besitzen.
15.
Die Tascheninstrumente und Aderlasszeug soll derselbe jederzeit bei sich führen, und solche beständig sauber, scharf und brauchbar erhalten, und dass sie in dem gehörigen Stande dem Regiments-Feldscher zur Musterung und überhaupt, so oft er solches verlangt, vorzeigen.
16.
Eben so muss er auch mit einer hinlänglichen Anzahl Binden, einer Quantität Charpie und dem notwendigen accidentalen Apparat besonders zur Rettung der Scheintoten versehen sein, und sich daher auch mit der Methode, solche Leute zu retten, sehr genau bekannt zu machen.
17.
Nicht weniger soll ein jeder Feldscher die zu seinem Metier unumgänglich notwendigen Bücher besitzen, damit er fort studieren, seine Kenntnisse erweitern, und in bedenklichen Fällen sich Rat erholen kann. Wenn er diese Bücher nicht besitzt, so soll ihm alle Monate etwas von seiner Löhnung zur Anschaffung derselben abgezogen werden.
18.
Einen jeden Kranken meldet er, wenn er von ihm untersucht und mit Arzneien versorgt worden ist, sogleich an den Capitain und Feldwebel. Alle Morgen aber rapportiert er seinem Capitain das Befinden der in der Kompanie befindlichen und ihm anvertrauten Kranken.
19.
Da § 21 des 4ten Kapitels des 1sten Buches des Dienstreglements durch den Feldwebel der Dienst der ganze Kompanie geht, und er alles an den Kompanie-Kommandanten und übrigen Offiziers zu melden hat; so muss demselben hinwiederum ein jeder Vorfall der Kompanie ohne Zeitverlust genau und pünktlich gemeldet werden.
20.
Beim Rapportieren des Befindens der Kranken muss der Feldscher niemals mehr versprechen als geleistet werden kann. Er muss daher im Vorsagen sehr behutsam sein, und sich vorher von der ganzen Lage der Sachen genau überzeugen, ehe er es wagt, über den Ausgang einer Krankheit zu urteilen.
21.
Alle Morgen im Sommer um 7 im Winter um 8 Uhr soll jeder beim Stab stehende Feldscher dem Regiments-Feldscher, von dem Befinden seiner Kranken Rapport abstatten, nachdem er vorher dieselben genau untersucht und mit Arzneien versehen hat.
22.
Dem Regiments-Feldscher aber wird ein jeder Kranker gemeldet, er mag leicht oder schwer krank sein. Es muss derselbe von jedem Zuwachs und Abgang auf das genaueste unterrichtet werden. Der Regiments-Feldscher bestimmt, ob der Kranke im Quartier bleiben oder ins Lazarett gebracht werden soll. Eben so befiehlt er, was mit einem jedweden weiter geschehen soll.
23.
Wenn ein Offizier krank geworden ist, und nicht etwa einen besonderen Arzt verlangt, so muss sogleich dem Regiments-Feldscher gemeldet und dessen Verordnung eingeholt werden.
24.
Im Standquartier alle halbe Monate, in Kantonnements alle Sonnabende und auf Märschen mit jedem Rasttag muss ein jeder der Feldscher einen vollständigen Krankenrapport nach dem Schemata No I an den Regiments-Feldscher einsenden, entweder durch den die Tour habenden Feldscher, wenn das Bataillon beisammen ist, oder unmittelbar wenn die Kompanien getrennt liegen.
25.
Alle halbe Jahre nämlich den letzten April und Oktober erhält der Regiments-Feldscher einen vollständigen Bericht nach eben dem Schemata No. I. In diesem Rapporte sind sowohl alle an den Stab gemeldete, als auch alle bloß in der Kompanie geführte Kranke monatlich aufgeführt.
26.
Steht das Regiment im Felde, und ein Kranker soll in das Feld-Lazarett gebracht werden, so muss der Kompanie-Feldscher dem einen Feldscher, welcher den Transport begleitet, einen Rapport einhändigen nach dem Schema No. II. Dieser Rapport soll bei Strafe niemals vergessen werden, denn von ihm hängt die ganze künftige Behandlung des gegenwärtigen Kranken ab.
27.
Denselben Rapport bringt auch ein jeder Kranker mit in das Stabs-Lazarett, wenn er dahin von einem entfernten Bataillon oder Kompanie gebracht wird.
28.
Über die bei der Kompanie vorgefallenen Kranken, sie mögen an den Stab gemeldet sein oder nicht, wird ein sehr genaues und vollständiges Tagebuch, in welchen nach dem Schemata No. III nicht nur der Vor- und Zuname und die Charge eines jeden Kranken, das Alter, die Art der Krankheit und ihrer Zufälle, der Anfang und das Ende der Krankheit richtig angegeben, sondern auch den Verlauf derselben und die angewendeten Mittel treulich aufgezeichnet werden sollen. Solche Tagebücher erweitern die Kenntnisse, und legitimieren den geschickten Mann.
29.
Dieses Journal wird dem Regiments-Feldscher zur Muster-Zeit zur Durchsicht...