3. Nutzung von E-Books
3.1. Einleitung
E-Books waren in der Lesekultur vor der Jahrtausendwende eher als Ausnahmeerscheinung zu betrachten – trotz ruhmreicher Bemühungen für erste E-Bibliotheken wie etwa dem seit den 1970er Jahren bestehenden Project Gutenberg. Waren die anfänglichen E-Books in simplen Textformaten oder umständlich als PDF-Dateien auf CDs verfügbar und ein PC (oder allenfalls Laptop) die alleinige Leseumgebung, so gibt es heute eine Reihe spezieller Formate, die für eine vorwiegend mobile und damit „buchähnliche“ Lektüre auf portablen Endgeräten konzipiert sind. Die technologischen Fortschritte haben E-Books seither zusammen mit erschwinglichen und nutzerfreundlichen Endgeräten einen kontinuierlich wachsenden Anteil am Buchmarkt beschert. Dieses Segment ist einigermaßen umkämpft, was nicht nur eine Vielfalt an Formaten15, Readern (sowohl Reader-Hardals auch Software) und E-Bibliotheken mit sich bringt, sondern auch konkurrenzbedingte Einschränkungen: So unterstützt etwa die populäre Kindle-Reader-Palette den EPUB-Standard nicht, wodurch man sich (falls man EPUB-basierte E-Books am Kindle lesen will) mit Konvertierungswerkzeugen wie etwa Calibre (s. u.) behelfen muss. Zudem sind kommerziell vertriebene E-Books meist mit Kopierschutz bzw. Maßnahmen für Digital Rights Management (DRM) ausgestattet, wofür es mehrere unterschiedliche (und nicht universell unterstützte) Lösungen gibt. Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass sich mit (für die Nutzer/innen bequemen) internetfähigen Readern auch den Herstellern bzw. Vertreibern von E-Books neue Möglichkeiten eröffnen – etwa der Verleih von E-Books, die Erfassung von Daten und Lesegewohnheiten, Vorschläge für weitere Käufe, Lektüre-Flatrates etc. –, die nicht alle im Sinne einer kritischen und aufgeklärten E-Leserschaft sein dürften.
Im Folgenden werden unterschiedliche Reader-Systeme vorgestellt.
3.2. Reader-Hardware
Der oben eingeführte Begriff „Reader“ (teilweise auch: „E-Book-Reader“ oder „E-Reader“) umfasst neben den verschiedenen Ausgestaltungen von Lese-Software (Desktop-Programmen, Browsererweiterungen, Web-Readern, mobilen Apps) auch Lese-Hardware, die – wenn man Texteditoren und PDF-Betrachter vernachlässigt – die ersten Lesemöglichkeiten für „richtige“ E-Books geboten haben.
Die aktuelle Hardware nutzt unterschiedliche Technologien für Displays („elektronisches Papier“), die sich im Gegensatz zu LCD- bzw. TFT-Displays (in Smartphones und Tablets bzw. Monitoren) durch einen geringen Stromverbrauch und bessere Lesbarkeit (bezogen auf längere Lektürephasen) auszeichnen. Über die aktuell verfügbaren Modelle kann man sich beispielsweise bei Preisvergleichsportalen wie Geizhals16 einen Überblick verschaffen.
Abb. 1: Ein populärer Hardware-Reader
Quelle: https://pixabay.com/de/kindle-papierwei%C3%9F-buch-ger%C3%A4t-785684/
3.3. Reader-Software für den Desktop
3.3.1. Adobe Digital Editions
Das schlichte Programm der Firma Adobe, deren Desktop-Publishing-Lösung InDesign den Export von EPUB-Dateien schon relativ früh ermöglichte, dient der Lektüre von E-Books und der Verwaltung der eigenen E-Bibliothek am Desktop. Insbesondere können damit E-Books, die mit der Adobe-eigenen Lösung für Digitale Rechteverwaltung (DRM) namens „ADEPT“ geschützt sind und eine registrierte Adobe-ID erfordern, problemlos gelesen werden.
Abb. 2: Ein individuelles „Regal“ in Adobe Digital Editions
(Version 4.5.1.129278) unter OS X
Adobe Digital Editions ist für Windows und Mac OS (und auch für iOS) verfügbar.
3.3.2. Calibre
Calibre wird unten (Kap. 4.1.2) ausführlicher behandelt, da der integrierte Reader nur einen geringen Teil des Funktionsumfangs der Software ausmacht.
3.3.3. Weitere Anwendungen
Neben diesen beiden Beispielen sind auch Desktop-Reader von anderen Herstellern verfügbar, etwa die Kobo App (https://de.kobo.com/desktop), Amazons Kindle für den Desktop (s. u., Kap. 3.5.3), der FB Reader (https://fbreader.org) oder der Icecream Ebook Reader (http://icecreamapps.com/de/Ebook-Reader/).
3.4. Erweiterungen für Webbrowser
Für die E-Book-Lektüre am Desktop-Rechner können auch verschiedene Webbrowser mit geeigneten Erweiterungen (auch „Extensions“, „Apps“ oder „Add-ons“ genannt) aufgerüstet werden. (Ob sich der Webbrowser als Leseumgebung bewährt, bleibt der eigenen Einschätzung überlassen.) Praktischerweise – und wenn entsprechend konfiguriert – öffnen sich dann aus dem Web heruntergeladene E-Books gleich direkt im Webbrowser. Die Erweiterungen sind vom Einsatzzweck und Funktionsumfang her aber nicht mit eigenständigen Readern vergleichbar; neben der meist sehr reduzierten Aufmachung fehlt z. B. die Möglichkeit zur Annotation (die aber aufgrund der fehlenden Synchronisation ohnehin nur sehr eingeschränkt Sinn machen würde).
3.4.1. EPUBReader für Firefox
Da der bekannte Firefox-Browser17 für alle gängigen Plattformen erhältlich ist, steht jeweils auch die Erweiterung EPUBReader zur Verfügung – außer für mobile Versionen von Firefox, dafür gibt es hier jedoch eine Android-App18.
Abb. 3: Die EPUB-3.1-Spezifikation (Entwurf), gelesen mit dem EPUBReader für Firefox
(Version 1.5.0.8, unter Windows 7)
3.4.2. Readium für Chrome
Das Readium-Projekt, das eine Reihe von Open-Source-Entwicklungen umfasst, wurde vom International Digital Publishing Forum (IDPF) angestoßen und wird von der Readium Foundation19 betrieben. Neben einem Cloud-Reader (s. u., Kap. 3.5.4) wird derzeit noch eine Erweiterung für den Google-Browser Chrome20 angeboten, die die Zielsetzung eines „robust, performant, speccompliant EPUB reading system“21 verfolgt; Readium für Chrome ist somit weniger als Alltagswerkzeug einer breiten E-Book-Leserschaft intendiert, sondern vielmehr als Referenzsystem bzw. als Werkzeug zum Entwickeln und Testen von EPUB-3-Büchern.
Abb. 4: Interaktives Sprachlehrbuch mit Memory-Übung in Readium für Chrome
(Version 2.22.3, unter Mac OS X)
3.5. Web-Reader
Eine interessante Alternative zu installierbaren Readern stellen sogenannte Web- oder Cloud-Reader dar, die nicht zuletzt aufgrund der Möglichkeiten von HTML5 realisierbar wurden. Im Unterschied zu Ersteren liegen sowohl die Lesesoftware als auch die eigene E-Book-Bibliothek auf dem Server des Anbieters, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt.
Vorteile:
- Die E-Book-Bibliothek ist prinzipiell von jedem (modernen) Webbrowser aus erreichbar, die Wahl der Hard- und Software ist beliebig.
- Annotationen, Lesezeichen etc. sind gewissermaßen „immer synchronisiert“, da sie nur an einem Ort gespeichert und bearbeitet werden.
Nachteile:
- Eine Internetverbindung ist erforderlich (zumindest zeitweise – einige Web-Reader ermöglichen auch die Offline-Lektüre).
- Die E-Book-Bibliothek befindet sich außerhalb des persönlichen Zugriffs.
3.5.1. MagicScroll
MagicScroll ist äußerst minimalistisch gestaltet – man muss sich nicht einmal registrieren, um den Dienst nutzen zu können (gratis, aber mit Werbeeinblendungen). Hochgeladene Bücher können per URL geteilt und – nachdem man sich mithilfe einer E-Mail-Adresse registriert hat – in der eigenen Bibliothek gespeichert werden.
3.5.2. OverDrive Read
OverDrive Read ist die Web-Reader-Lösung des kommerziellen E-Book-Vertriebs/-Verleihers OverDrive (https://www.overdrive.com/). Auf dem 2012 übernommenen (und mittlerweile eingestellten) Webdienst Booki.sh basierend, bietet OverDrive Read eine attraktive Leseumgebung im Web; eine paar Demo-E-Books kann man lesen, ohne sich registrieren zu müssen.
Abb. 5: Lektüre klassischer Lyrik (Demo-E-Book) in OverDrive Read (Chrome unter Mac OS X)
3.5.3. Kindle: Cloud Reader (und Lese-Apps)
Neben den Hardware-Readern komplettieren mobile Apps, Desktop-Programme und eine eigene Web-App die Kindle-Palette: Der „Kindle Cloud Reader“ ist Amazons Webdienst für die Lektüre und den Erwerb von Büchern aus der Amazon-Bibliothek und bietet damit eine Browser-basierte Alternative zu den populären Kindle-Lesegeräten. Zusätzlich bietet Amazon auch für viele mobile und PC-Betriebssysteme eine Lese-App („Kindle“) zum Download an. Neben der eigenen Bibliothek sind – sofern...