2. Eingrenzung des Themas mit Hilfe begrifflicher Abgrenzungen
Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Thema der Anpassung von Managern und Unternehmen an die zunehmenden interkulturellen Begegnungen in diesem Jahrhundert. Sie wird die Frage beantworten, welche Fähigkeiten und Ansichten bzw. persönliche Einstellung Mitarbeiter, die für ein transnational agierendes Unternehmen tätig sind, einbringen müssen, um den multikulturellen Herausforderungen, die ihr Arbeitsumfeld auszeichnen, gewachsen zu sein.
Zu diesem Zweck werden zunächst einige Begrifflichkeiten geklärt. Anschließend wird auf den aktuellen Forschungsstand bzgl. des Phänomens „Kultur“ eingegangen und geklärt in wie weit Führung auf kulturelle Besonderheiten eingehen kann und z.T. muss. Als nächstes werden Lösungen in Form von interkultureller Kommunikation und dem Aufbau von interkultureller Kompetenz aufgezeigt. Diese führen im letzten Kapitel dieser Arbeit zur Beantwortung der Leitfrage.
Wieso treffen immer häufiger fremde Kulturen aufeinander? Reflektiert man diese Frage auf GM, kann man sie wie folgt umformulieren: Warum gründete GM nicht ein eigenständiges, autonomes Automobilwerk in Europa, sondern kauft ein bereits bestehendes? Die Antwort darauf ist nachvollziehbar: Bestimmte Transaktionen können konzernintern kostengünstiger durchgeführt werden als zwischen mehreren autonomen Unternehmen. Dieser Effekt wird als Internalisierung bezeichnet.
(vgl. Krugmann, Obstfeld 2004, Internationale Wirtschaft, S.240ff) Sobald Prozesse für das Unternehmen nachhaltig und für die Geschäftspolitik bedeutsam sind und über Staatsgrenzen hinausreichen, kann der Begriff der Internationalisierung Synonym für Internalisierung verwendet werden. Dies ist auch in der vorliegenden Arbeit der Fall. (vgl. Hentze et al. 2001, Betriebswirtschaftslehre, S.570) Der Prozess der Internationalisierung von nordamerikanischen Unternehmen kann in vier Phasen eingeteilt werden. Diese sind als international, multinational, global und transnational gekennzeichnet. (s. Abb. 1) (vgl. Gilbert 1998, Konfliktmanagement, S.46ff und Walter 2004, Internationale Projekte, S.11ff)
Abb. 1 Grundstufen der Internationalisierung
Quelle: Walter 2004, Internationale Projekte, S.8 - vgl. auch Gilbert 1998, Konfliktmanagement, S.47
Die erste Stufe ist die der internationalen Unternehmung. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass das Inlandsgeschäft im Vordergrund steht und sich alle Aktivitäten an der Muttergesellschaft orientieren. Internationale Unternehmenstätigkeiten werden lediglich als Ergänzung zum täglichen Kerngeschäft wahrgenommen. Die Auslandsnachfrage wird durch Exporte gedeckt. Bei diesem Ansatz können Probleme dadurch auftreten, dass länderspezifische Gegebenheiten, wie z.B. Gesetzgebung oder Qualifizierung von Mitarbeitern im Hinblick auf ihre Berufsbezeichnung, nicht berücksichtigt bzw. unterschätzt werden. (vgl. Gilbert 1998, Konfliktmanagement, S.48ff und Walter 2004, Internationale Projekte, S.7ff)
Die zweite Stufe der Internationalisierung stellt die multinationale Unternehmung dar. Die multinationale Strategie richtet sich sehr stark an den lokalen Gegebenheiten aus, die im jeweiligen Land bzw. auf dem jeweiligen Markt vorherrschen. Hierzu zählen z.B. rechtliche Rahmenbedingungen, Präferenzen der Bevölkerung oder aber auch die vorhandene Infrastruktur. Durch diese Vorgehensweise sollen Wettbewerbsvorteile generiert werden. Die Muttergesellschaft gibt lediglich die umfassende Strategie vor. Die Tochterunternehmen sind weitestgehend unabhängig und haben größere Entscheidungsbefugnis als auf der ersten Stufe. Allerdings können bei dieser Strategie häufig keine Synergie- und Verbundeffekte erzeugt werden, da sie losgelöst von den anderen existiert und jeweils nur auf den eigenen Markt bzw. auf ein bestimmtes Land bezogen ist. (vgl. Gilbert 1998, Konfliktmanagement, S.49ff und Walter 2004, Internationale Projekte, S.9ff)
Bei der globalen Unternehmung, die im vorangegangenen Schaubild als dritte Stufe gezeigt ist, steht die Verbesserung der globalen Wettbewerbsfähigkeit im Vordergrund. Diese soll durch Standardisierung der Produkte und Dienstleistungen sowie der Prozesse und Produktionsverfahren erreicht werden. Jede der Tochtergesellschaften ist im globalen Gesamtsystem integriert und kann im Rahmen der ihr zugedachten Rolle eigenverantwortlich handeln. Kern des globalen Gesamtsystems ist die Muttergesellschaft, bei der wichtige Ressourcen, Verantwortlichkeiten und Entscheidungen zentralisiert sind. (vgl. Gilbert 1998, Konfliktmanagement, S.50ff und Walter 2004, Internationale Projekte, S.10)
Die vierte Stufe bildet die transnationale Unternehmung. Hierbei handelt es sich um den letzten Grad der Internationalisierung. Sie versucht die Nachteile, die die vorangegangenen Ansätze aufweisen, zu kompensieren und die positiven Aspekte zu nutzen. „Sie begreift globale Effizienz, multinationale Flexibilität und weltweites Lernen als gleichberechtigte Ziele und versucht, in verschiedenen Märkten unterschiedliche Strategien und Organisationskonzepte zu verwirklichen.“ (Gilbert 1998, Konflikt-management, S.52) In diesem Fall kann nicht eindeutig von zentraler oder dezentraler Steuerung gesprochen werden. Selektive Entscheidungsprozesse, wie z.B. Kundenbetreuung zentral durch die Muttergesellschaft und Personalwesen auf die Tochtergesellschaft delegiert, stehen im Mittelpunkt.
Die Umwandlung zum transnational agierenden Großkonzern wird durch die Führungskräfte der Konzernmutter und denen in den Tochterunternehmen weiter vorangetrieben. Bei GM spricht man in diesem Zusammenhang von globalen Plattform-Architekturen. Einerseits erlauben diese, weltweit Produkte zu differenzieren. Dadurch, dass z.T. identische Bauteile eingesetzt werden können, bieten sie andererseits auch die Möglichkeit, kostengünstige Produkte weltweit anzubieten. Seit 2006 haben alle GM-Tochtergesellschaften ihre Lizenzen für Technologien (angefangen bei Motoren und Getrieben bis hin zum Design der Autos und Fertigungsverfahren) an eine weitere Tochtergesellschaft (Global Technologie Organisation [GTO]) verkauft. Durch diese Maßnahme stellt GM Strukturen zur Verfügung, die es ermöglichen, Wettbewerbsvorteile zu sichern und auszubauen und Synergieeffekte in allen Tochterunternehmen zu nutzen. Außerdem fand im Rahmen der letzten Restrukturierung in Europa eine funktionale Neustrukturierung des Konzerns statt. Durch die getroffenen Maßnahmen hat GM die ersten Schritte in Richtung transnationaler Unternehmung getätigt. Weitere werden in naher Zukunft folgen.
Die Veränderung der Konzernstrukturen hat unter anderem zur Folge, dass jeden Tag mehrere hundert Mitarbeiter im Ausland tätig sind, um Vereinbarungen zu treffen, neue Technologien kennen zu lernen oder um verschiedene Projekte umzusetzen. Da all diese Einzelaktivitäten von Menschen koordiniert, kontrolliert und strukturiert werden müssen, damit gemeinsame Leistungen erbracht werden können, ist Führen ein universelles Phänomen. (vgl. Thomas, Stumpf 2003, Führungsverhalten, S.70) In der wissenschaftlichen Literatur gibt es viele unterschiedliche Definitionen. Für die vorliegende Arbeit soll zum einen die Definition von Rosenstil gelten. Er fasst Führung aus organisationspsychologischer Sicht auf, als unmittelbare, absichtliche und zielbezogene Einflussnahme durch Vorgesetzte auf Unterstellte mittels Kommunikation. Zum anderen soll aber auch berücksichtigt werden, dass man dieser eher eng abgegrenzten Auffassung einen breiter angelegten Führungsbegriff gegenüberstellen kann, der das Rollenspektrum beschreibt, das mit einer Führungsposition in einem sozialen Gefüge verbunden ist. (s. Abb. 2) (vgl. Thomas, Stumpf 2003, Führungsverhalten, S.71)
Abb. 2 Unterschiedliche Rollenerwartungen an den Inhaber einer Führungsposition nach Mintzberg
Quelle: Thomas, Stumpf 2003, Führungsverhalten, S.72
In dieser Arbeit wird der Begriff des Managers dem der Führungskraft gleichgesetzt. Auch wird der Begriff „Unternehmensführung“, die sich der zielorientierten Gestaltung von Aspekten des Führungsprozesses, der Führungstechniken und Führungs-instrumente verschrieben hat, verwendet. (vgl. Bea et al. 1997, Führung, S.2)
Innerhalb einer Unternehmung können verschiedene kulturelle Orientierungssysteme aufeinander prallen. Da jedes auf seine eigene Art und Weise versucht die Umwelt zu bewältigen, kann es zu Konflikten kommen. Konflikte ergeben sich immer dann, wenn zwei gegensätzliche Bedürfnisse gleichzeitig existieren und eines nicht befriedigt werden kann. Konflikte sind dadurch dauerhafter Bestandteil des Alltags von Individuen und Unternehmen. (vgl. Gilbert...